________________________________________
Nach vielen Jahren habe ich gerade im CD-Player eine Aufnahme, die mich schon beim ersten Hören tief beeindruckt hat - "An Dich hab ich gedacht" von Hannes Wader.
Wer mit dem Namen des Sängers nichts anfangen kann - Wader wurde 1942 in Bielefeld in eher ärmlichen Verhältnissen geboren. Er lernte den Beruf des Dekorateurs und übte ihn insgesamt sechs Jahre aus. Mit 20 Jahren beherrscht er Mandoline (sein Vater war Begründer eines Mandolinenorchesters), Gitarre, Saxophon und Klarinette und spielt in einer Jazzband. Nachdem er Musik von Georges Brassens kennengelernt hat, beginnt er selbst Lieder zu schreiben. Graphikstudium in Bielefeld.
1966 sein erster Auftritt beim Folkfestival auf der Burg Waldeck. Er zieht 1968 nach Berlin, ein Jahr später erscheint seine erste Schallplatte. Wader ist nun hauptberuflich Musiker, ein linker Liedermacher. In dieser Zeit nimmt er die Platte "Hannes Wader singt Arbeiterlieder" auf - eine der ganz wichtigen Aufnahmen dieser Revolutionslieder (ähnlich wie die Soldatenlieder von Hein & Oss Kröher, die 10 Jahre zuvor veröffentlicht wurden). Tritt in die KPD ein und wird danach von den Medien boykottiert. Ist in der Friedensbewegung aktiv. 1991 Austritt aus der KPD. Eine seiner bekanntesten Eigenkompositionen aus dieser Zeit ist "Heute hier, morgen dort".
1997 erscheint die Studioplatte "An Dich hab ich gedacht" - eine Auswahl von Schubert-Liedern (mehr darüber weiter unten), in den folgenden Jahren tourt er gemeinsam mit Konstantin Wecker und diese beiden geben auch ein auf CD erschienenes Konzert mit Reinhard Mey.
Im Mai 1998 nahm er ein Live-Album auf, das "Auftritt:Hannes Wader" heißt. Dort findet man auch seine Folk-Interpretationen von "Tagtraum" (basierend auf des Themas der Matthäus-Passion, das schon Jahre zuvor Paul Simon für "American Tune" verwendet hat, des weiteren "An die Musik", das Ständchen aus Don Giovanni. Beendet wird das Album mit "Der Mond ist aufgegangen".
Nun zu seiner Interpretation der Schubertlieder -
Er wollte schon viel früher diese Aufnahme machen, allerdings hatte sich keine Plattenfirma dafür interessiert. Ralf Gillenberger hat die Instrumentation umgeschrieben und Wader wird nur von einer akustistischen Gitarre (gespielt von Ralf Illenberger) und einem Bass (Eberhard Weber) begleitet. Dadurch erhalten die ausgewählten 17 Lieder etwas "folk"-artiges, was aber wunderbar zu den Liedern passt.
Wader, der ja keine geschulte Stimme hat(te), nahm, um diese Aufnahmen zu tätigen, über ein Jahr Gesangsunterricht, weil "ohne profunde Gesangstechnik die Lieder kaum zu bewältigen sind. Für den kleinsten Kreis von Kennern, also für den Salon geschrieben. "Das Volk, der große Lümmel", um Heine zu zitieren, hat Schubert immer für seinen Mangel an Volkstümlichkeit bestraft, indem es seine Melodien entweder nur verstümmelt singt - Beispiel der "Lindenbaum", bei dem im allgemeinen der als überkandidelt empfundene Mollteil weggelassen wird - oder gar nicht , wie bei "Das Wandern". ... Seine Lieder übern auf mich einen Zauber aus, den ich nicht erklären kann."
Wader versuchte, auch seinen persönlichen Stil einzubringen, hat aber an Text und Melodie kein Wort und keine Note verändert.
HANNES WADER - AN DICH HAB ICH GEDACHT
PLÄNE 88807
Liederauswahl -
1) Der Musensohn
2) Ständchen
3) Die Forelle
4) Im Abendrot
5) Das Wandern
6) Der Neugierige
7) Wohin?
8 ) Morgengruß
9) Des Müllers Blumen
10) Der Müller und der Bach
11) Des Baches Wiegenlied
12) Gute Nacht
13) Wasserflut
14) Frühlingstraum
15) Die Post
16) Täuschung
17) Der Leiermann
Es ist eine melancholische Platte, die aber niemals kitschig wirkt, klar und einfach gesungen.
Meine Favoriten sind die Tracks 2, 7, 11, 14 und 17
Ich kann diese Platte JEDEM empfehlen - und sei es für Puristen nur, um die Aufnahme als Kuriosität im CD-Regal stehen zu haben.
Gibt es noch jemanden, der diese Aufnahme besitzt oder kennt? Würde mich auf Feedback freuen!
LG
Kurt