Mozart, Wolfgang Amadeus: Sinfonie Nr. 40 g-moll KV 550

  • [Auf Anregung von Pius]


    Neal Zaslaw schreibt:


    Zitat

    Die g-moll-Symphonie KV 550 mit dem Datum 25. Juli 1788 wurde schon 1793 vom Wiener Musikalienhändler Johann Traeg als eine der letzten und schönsten dieses Meisters angepriesen. Die Intensität und Unkonventionalität, die Chromaik und thematische Arbeit, die Ideenfülle und der tiefere Gehalt – all dies machte sie dem neunzehnten Jahrhundert lieb und teuer. Man rühmte ihren Detailreichtum und nannte sie romantisch [was- offenbar – soviel wie modern und gut bedeuten sollte]. Freilich gab es keine Übereinstimmung über ihre Bedeutung, denn einige fanden in ihr erregte Leidenschaften, die Wünsche und Schmerzen unglücklicher Liebe, während andere griechisch schwebende Grazie erkannten.



    Der blanke Hohn: Muzio Clementis Bearbeitung der g-moll-Sinfonie KV 550 für Klavier, Violine, Flöte und Violoncello


    Das Autograph der g-moll-Sinfonie ging aus dem Nachlass von Johannes Brahms an die Gesellschaft der Musikfreunde Wien über, wo es sich m. W. noch heute befindet. Brahms erhielt das Autograph als Dank für seine Widmung des Klavierquintetts op. 34 von der Landgräfin Anna von Hessen, geb. Prinzessin von Preußen, welche es wiederum von dem Verleger André erworben hatte. Dieser selbst erwarb den Nachlass der Witwe Mozart. Die Original-Partitur beinhaltet eine Besonderheit: Die eigentliche Partitur umfasst 44 Blatt, davon 85 beschriebene Seiten. Zusätzlich existieren noch 8 Blatt mit 14 beschriebenen Seiten, auf denen noch nachträgliche Änderungen wegen Hinzufügens zweier Clarinetten befinden. Gravierende Änderungen hat es im zweiten Satz gegeben. Dies lässt auf eine tatsächlich stattgefundene Aufführung zu Mozarts Lebzeiten schließen. Eine genaue Datierung ist mangels Beweisen nicht möglich, jedoch besteht die Mögichkeit, dass diese Sinfonie wie auch die Sinfonie Es-Dur KV 543 und C-Dur KV 551 im Rahmen der Konzerte der Tonkünstlersozietät am 16./17. April 1791 aufgeführt wurde.


    Wie ich im Jahreszeiten-Thread erwähnt habe, zitiert Joseph Haydn in der Arie Nr. 38 [Es-Dur] Erblicke hier, betörter Mensch nach den Worten erschöpfet [ist] deines Sommers Kraft das Thema des langsamen Satzes aus dieser Sinfonie Mozarts. Ein hommage? Auch Schubert ließ sich von dieser Sinfonie inspirieren: Das Menuett seiner B-Dur-Sinfonie Nr. 5 dürfte ein hommage an das Menuett der g-moll-Sinfonie Mozarts sein. Es steht ebenfalls in g-moll. Die Sinfonie Schuberts hat auch den Beinamen „Mozart-Sinfonie“ erhalten, vermutlich deswegen.


    Überhaupt ging von diesem Werk sehr viel Inspiration aus: Die Sinfonie beginnt provokant nicht mit einem premier coup d’archet, sondern mit einer leisen Begleitung, zu der sich die Melodie erfindet. Diese Innovation machten sich auch Beethoven mit seiner 9. Sinfonie, Schubert mit seinem Streichquartett a-moll, Mendelsshon-Bartholdy in seinem Violinkonzert und vielleicht auch Brucker in mehr als einer Sinfonie zunutze. Antonio Rosettis g-moll-Sinfonie ist der Mozartischen sehr ähnlich im ersten und dritten Satz. Sowohl Rosetti in seiner Es-Dur-Sinfonie als auch Carl Maria von Weber in der Ouvertüre zum Freischütz päsentieren die Eingangsmelodie der ersten Satzes auf dem Teller.


    Die beiden existenten Fassungen der Sinfonie [1. Fassung ohne Clarinetten, 2. Fassung mit Clarinetten und einschneidenden kompositorischen Änderungen im 2. Satz] geben Anlass genug, Einspielungen der verschiedenen Fassungen vorzustellen. Gleichzeitig ist nach dem Stellenwert dieser Sinfonie gefragt.


    Bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Ulli,


    eine äußerst ausführliche Dokumentation über die Mozart-Sinfonie Nr.40 - Danke.
    Wer so ausführlich schreibt, dem liegt das Werk am Herzen, das kann ich nachvollziehen.


    Nun zu den Aufnahmen:
    Bevor ich mich für den Kauf der Mozart-Sinfonien entschieden hatte, habe ich mich erstmal in Kritiken informiert (lang ist es her).


    ;) Wenn ich heute die Mozart-Beiträge in diesem Forum lese, dann müßte ich genau den richtigen Griff getätigt haben und das ist
    Karl Böhm / Berliner PH auf DG:

    Eine weitere Aufnahme benötige ich bei dieser grandiosen Sichtweise des Mozart Dirigenten Böhm nicht mehr.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo!


    Zunächst mal zum Stellenwert der Symphonie: Sie ist für mich ein Kulturerbe der Menschheit, ein wirklich erhabenes Werk.
    Ein berühmter Dirigent (ich weiß leider nicht mehr, wer) hat gesagt: Bevor man 40 ist, sollte man das Werk nicht dirigieren. Na ja, Mozart war ja selbst keine 40 bei der Komposition, aber aus dieser Äußerung spricht doch größte Ehrfurcht vor dem Werk.


    Zur Diskographie sei allgemein angemerkt, daß keine Symphonie häufiger auf Tonträgern verewigt wurde als diese!


    Im Prinzip kann ich meine Aussagen aus dem KV 543-thread übernehmen:
    -Marriner mit der AoSMiF klassisch-ausgewogen in angenehm-flüssigem Tempo (auch wenn es so aussieht, als sei ich hier der einzige, der ihn hervorheben mag).
    -Harnoncourt "gegen den Strich", wuchtig mit allen möglichen Wiederholungen, bei dieser Symphonie nicht so zwingend wie bei den anderen drei großen Mozarts.
    -Karajan wieder ohne wahren Mozart-Genuß.
    Meine erste Scheibe mit KV 550 war in einem 10-CD-Billigsampler "Die Welt der Symphonie" (oder so ähnlich, Label Capriccio, glaube ich). Während ich etliche Interpretationen dieser Reihe nicht mehr anhöre, kann ich mich mit Hans Graf und dem Mozarteum-Orchester Salzburg anfreunden, allerdings schafft er es, den 2.Satz langweilig rüberzubringen.
    Böhm wurde schon gelobt...
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Sagitt meint:


    Die letzten Mozartsinfonien kenne ich seit Jahrzehnten, ich weiss gar nicht mehr, mit wem ich sie zuerst hört. Vielleicht mit dem Hausgott Dr.iur. Boehm.


    Es kamen dann verschiedene Aufnahmen hinzu. Harnoncourt zB überzeugte mich mit dem Concertgebouw nicht so besonders.


    Vor ein/zwei Jahren hörte ich alle drei späten Sinfonien mit Joos van Immerseel in der Glocke. Anima eterna sein Orchester. Ich sass wie elektrisiert. Als wenn ich die Stücke nicht kennen würde. Und wusste: das ist es. So sollte es gespielt werden.


    Möglicherweise über Radio Bremen zu beziehen. Mein non plus ultra.

  • Hallo sagitt,


    Zitat

    Original von sagitt
    Vor ein/zwei Jahren hörte ich alle drei späten Sinfonien mit Joos van Immerseel in der Glocke. Anima eterna sein Orchester. Ich sass wie elektrisiert. Als wenn ich die Stücke nicht kennen würde. Und wusste: das ist es. So sollte es gespielt werden.


    Möglicherweise über Radio Bremen zu beziehen. Mein non plus ultra.


    Zwar vermutlich nicht das Bremer Konzert, aber Immerseel hat die Sinfonien Nrs. 39 - 40 mit der Anima eterna für ZigZag aufgenommen, letztes Jahr veröffentlicht:




    Ich kenne die Aufnahmen zwar nicht, habe aber in jüngererer Vergangenheit positive Erfahrungen mit Anima Eterna unter Immerseel gemacht (Strauß-Walzer und auch Tschaikowskys vierte Sinfonie), so dass ich mir vorstellen kann, dass die Mozart-Sinfonien bemerkenswert sein könnten.


    beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Ulli,


    das ist eins der Werke, das immer frisch und zugleich nachdenklich klingt, das ich nicht auflegen kann, ohne es zu ende zu hören, am liebsten natürlich gemeinsam mit der 39. und 41. Sinfonie, --- so oft ich es auch auf Telefonumleitungen, Klingeltönen oder in der Werbung ertragen muss. Und bei solchen Werken sind mir die unterschiedlichsten Interpretationen wichtig, auch wenn von denen sicherlich immer eine im Vordergrund steht. Im Moment ist das Charles Mackerras. (Ansonsten die Klassiker wie Bruno Walter, Otto Klemperer).


    Immer greife ich auch gern auf Carl Schuricht zurück, mit dem ich diese Sinfonie kennen lernte. Ich weiß auch nicht warum, aber in Norddeutschland war in meiner Jugend Karl Böhm kaum im Radio zu hören, so dass ich diese Aufnahme nicht kennen lernte, und später nie Anstoß bekam, sie mir zu besorgen. So bin ich immer wieder überrascht, wie oft dieser Dirigent hier im Forum genannt wird.


    Und das ist eins der wenigen Werke, bei denen ich mir die Partitur angeschaut habe. Mir fehlen die Kenntnisse, um sie analysieren zu können, aber manchmal ist die Partitur für mich eine notwendige Ergänzung. Die vielen Kreuze im letzten Satz ! Ich fand schon sehr interessant, was Du über die ersten Takte geschrieben hast, eindeutig ein Beispiel, wo Mozart innovativ war. Mich würde interessieren, ob diese Stellen im letzten Satz eine ähnliche Wirkungsgeschichte hatten.


    Viele Grüße,


    Walter

  • Zitat

    ob diese Stellen im letzten Satz eine ähnliche Wirkungsgeschichte hatten.


    Salut, Walter,


    jetzt nur kurz: Welche Stellen meinst Du genau?


    Jedenfalls hat das Thema des vierten Satzes eine kleine Vorgeschichte in Form des Themas des letzten Satzes des Klavierkonzertes d-moll KV 466. Und es gibt noch eine Parallele, nämlich zu dem Schwesterkonzert KV 467 C-Dur: Beim Einsatz des Klaviers im ersten Satz auf der Molldominante entdeckt man bereits das Anfgangsthema der Sinfonie - in g-moll. Der dritte Satz - das Menuett - entspricht schematisch dem des Quartettes d-moll KV 421: Es ist kanonisch. Somit vereint Mozart alle "seine Innovationen" in dieser Sinfonie.


    Du hast übrigens Recht, was die diversen Klingeltöne betrifft: Während beispielsweise "Für Elise" oder "Die kleine Nachtmusik" darunter leiden, hält das Eingangsthema der g-moll Sinfonie diesem technischen Angriff durchaus stand.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Sagitt meint:


    Das ist das Großartige an diesem Forum. Da kommen jede Menge Hinweise, die einem sonst entgehen würden. Vielen Dank für den Hinweis. Ich werde mir diese Aufnahme besorgen und dann mit der meinigen aus der Glocke vergleichen. Ich bin jetzt schon ausreichend voreingenommen, die Interpretation sicher sehr gut zu finden. Solange Immerseel pianistisch in Erscheinung trat, fiel er mir nicht. Als er dann dirigierte at er mich immer wieder überzeugt. Anima eterna ist ein Ensemble, das transparent, hochvirtuos, aber,und dies ist das entscheidende Argument,extrem musikantisch wirkt. Da wird nicht eine Theorie exekutiert. Immer steht das begeisterte Musizieren im Vordergrund. Und Immerseel inspiriert die Musiker dazu.

  • Hallo Ulli,


    da ich die Partitur seinerzeit ausgeliehen hatte, kann ich die Taktzahl nicht sagen. Auf der CD mit Mackerras ist es bei 6:20 bei einer Länge von genau 9 Minuten. Die sonst so flüssige Linie wird unterbrochen von einem ganz anderem Rhythmus, wie er sonst bisweilen auch in Mozarts Fantasien zu hören ist. Großartig, wie dies dann aufgefangen wird vom weiteren Verlauf und doch genügt um zu zeigen, was in Mozart vorgegangen ist.


    Ein wenig erinnert es auch an den Schluss des „Musikalischen Spaß“, das Dorfmusikantensextett KV 522. Dies Stück ist alles andere als niveaulose Musik für Kinder, wie sie oft zu hören ist.


    Viele Grüße,


    Walter

  • Walter,


    so kommen wir nicht weiter. Ich habe nicht die Mackerras-Aufnahme, lediglich Marriner. Der erste Satz hat hier 7'43" und der vierte 6'42" - es lässt darafu schliessen, dass Marriner nicht alle Wiederholungen spielt. Wenn dem so ist, dann spielt sie jedenfalss Mackerras und die von Dir bezeichnete Stelle müsste sich wiederholen. Rhytmisch interessant ist der Beginn der Durchführung des vierten Satzes, vielleicht meinst Du das?


    Das "Dorfmusikanten-Sextett" KV 522 heißt korrekter Weise "Ein Musikalischer Spaß" und ist so komponiert, dass die typischen "Verspieler" mitkomponiert sind: Es klingt daher wie ein Dilettanten-Orchester und regt doch an entsprechender Stelle wahrlich zum Schmunzeln an. Es ist genial, wie punktgenau Mozart hier den Nagel auf den Kopf trifft.


    Liebe Grüße
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Lieber Wolfgang ,
    die Beschränkung auf eine Aufnahme ist oft die gültigste Lösung .
    Bei mir ist es die Aufnahme mit Maestro Carlo Maria G i u l i n i
    ( gekoppelt mit der Symphonie KV 551 , C-Dur ) immer gewesen .
    Beste Grüsse
    Frank
    PS.: Grossartig dirigiert sie auch Joseph Krips ! F.

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Salut,


    nach langem Suchen - hier ist sie als SACD:



    Symponien Nr. 1, 4-6, 8-10, 12-36, 38, 41
    Symphonien KV 19a, 45, 111a, 196
    Symphonie Nr. 40 (in der Erstfassung ohne Klarinetten)


    Mozart Akademie Amsterdam (auf historischen Instrumenten)


    Jaap ter Linden


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
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  • Hallo,


    inzwischen habe ich diese Aufnahme erhalten, die es nicht amazon oder jpc gibt und muss feststellen, dass diese bei weitem nicht den Reiz der Aufnahme vom Bremer Musikfest hat. ch bin geradezu erstaunt, wie unterschiedlich aufgelegt ein ensemble sein kann. Meine Empfehlung Immerseel bezieht sich also ausdrücklich nicht auf diese Aufnahme, sondern nur auf diejenige des Musikfestes Bremen,möglicherweise erhältlich über Radio Bremen.


    Schöne Grüße aus Bremen


    Sagitt

  • Zitat

    inzwischen habe ich diese Aufnahme erhalten, die es nicht amazon oder jpc gibt


    Salut sagitt,


    quelle????


    bien cordialement
    Ulli

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  • Hallo Ulli,


    den Versand hatte ich über Google ermittelt. Leider gehen solche Infos bei mir schnell unter, aber, wie geschrieben, die Doppel-CD war nicht preiswert, so um 35 Euro und die Anschaffung lohnte sich für mich NICHT.


    Schöne Grüße aus Bremen



    Sagitt

  • Salut encore,


    ich bin zu blöde, mich auszudrücken bei dieser Hitze, Sorry! Ich wollte gerne wissen, um welche Aufnahme es sich bei Dir handelte? "quelle" war französisch... oh - die Hitze :O


    bien cordialement
    Ulli

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  • ah, je comprends


    also die Aufnahme ist Immerseel mit seiner aninma eterna und er vollbringt das Kunststück, in der Manier der Originalklangmusiker zu musizieren, aber den Werken eine Frisch zu geben, dass sie nicht hinter Glas, auf dem Podest, einfach klassisch langweilig wirken, aber sie nicht mit übermäßiger Rauheit ihrer Ästethik zu berauben.
    Dieses Kunststück ist der Bremer Aufnahme deutlich mehr eigen als der Aufnahme, die ich von Immerseel nunmehr auf CD erworben habe-


    Die Bremer Aufnahme ist momentan mein favourite der drei letzten Sinfonien, viel spannender als Harnoncourt-


    Schöne Grüße aus dem ebenfalls recht warm-schwülen Bremen


    Sagitt

  • Salut sagitt,


    Danke nun. Harnoncourt 40 habe ich jüngst ausschnittweise gehört und bin mit der Arikulation keineswegs einverstanden, deswegen liebäugele ich mit dem Erwerb der niederländischen Einspielung, da die Holländer in jüngster Zeit Flagge zeigten. Mal sehen, wie ich mich entscheide.


    bien cordialement
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo, Ulli!



    Laut Reclam-Musikführer Mozart hat Christopher Hogwood mit der Academy of Ancient Music die Alternativfassung von KV 550 und - sofern vorhanden - auch anderer Mozart-Symphonien eingespielt.
    Ich habe mal bei jpc nachgesehen, und siehe da:


    Symphonien Nr. 1, 4-7, 9-41;2.Versionen der
    Symphonien Nr. 31, 35, 40;Symphonien KV 16a
    ("Odense"),19a, 32, 35, 38, 42a, 45a, 45b, 46a,
    48, 62a, 73l, 73m, 73n, 74a, 74c, 74g, 75, 111a,
    111b, 135, 141a, 189b, 207a, 213a, 213c, 248b,
    320, G-Dur "Neue Lambacher"
    Academy of Ancient Music, Hogwood

    Das gibts auf 19 CDs, allerdings etwas teurer als bei Brilliant Classics...


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hätzzlischen Dang ins Hässische...


    :jubel:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Original von Pius


    Zunächst mal zum Stellenwert der Symphonie: Sie ist für mich ein Kulturerbe der Menschheit, ein wirklich erhabenes Werk.
    Ein berühmter Dirigent (ich weiß leider nicht mehr, wer) hat gesagt: Bevor man 40 ist, sollte man das Werk nicht dirigieren. Na ja, Mozart war ja selbst keine 40 bei der Komposition, aber aus dieser Äußerung spricht doch größte Ehrfurcht vor dem Werk.


    Ich finde gerade wenn man bedenkt, dass Mozart eben erst 32 war, kann man solche Bonmots nicht ernstnehmen (Haydns #104 darf man erst wann dirigieren? :D)


    Zitat


    Im Prinzip kann ich meine Aussagen aus dem KV 543-thread übernehmen:
    -Marriner mit der AoSMiF klassisch-ausgewogen in angenehm-flüssigem Tempo (auch wenn es so aussieht, als sei ich hier der einzige, der ihn hervorheben mag).
    -Harnoncourt "gegen den Strich", wuchtig mit allen möglichen Wiederholungen, bei dieser Symphonie nicht so zwingend wie bei den anderen drei großen Mozarts.


    Das sehe ich völlig anders. IMO ist Harnoncourts eine der überzeugendsten Aufnahmen der Sinfonie, meine einzigen kleinen Einwände sind das zu langsame Finale und der teils grelle Digitalklang.
    Mich überzeugt die Lesart als "Sturm&Drang"-Werk, nicht als "griechisch schwebend" oder melancholisch elegant. Dazu ist Harnoncourt einer der wenigen, der die historisch wahrscheinlichen Tempi für Menuette berücksichtigt. Klar ist er manchmal idiosynkratisch, hier etwa mit der Theorie, dass das Finale so langsam sein sollte, dennoch für mich sehr viel spannender als die meisten traditionellen Aufnahmen. Selbst wenn einem nciht alles gefällt, wird man kaum einen bessern Kontrast zu den eleganten Interpretationen finden.
    IMO hörenswerte historische Aufnahmen: Furtwängler (ohne Klarinetten!), Kleiber, Schuricht (alle vergleichsweise unelegant und wild :)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo, Johannes!
    Ich habe mir nun die 40 mit Harnoncourt noch mal angehört. Was ich mit "nicht so zwingend wie bei 38, 39, 41" meinte, ist, daß bei den anderen genannten Symphonien die Harnoncourt-Aufnahme mich stets fasziniert, mitreißt, ein Gefallen "zwingend" ist.
    Bei der 40 finde ich diese Art der Interpretation irgendwie weniger überzeugend, paßt nicht absolut mit meinem Bild von diesem Werk überein.
    Es ist natürlich eine sehr gute Aufnahme.
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Habe sie mir gerade mal mit Richard Strauss (1926) angehört.
    Strauß dirigiert in einem Höllenthempo! Man meint, man hat eine 33er Platte versehendlich auf 45 geschaltet :D


    Die Zeiten der 40er sind: 5:22 / 6:53 / 3:31 / 4:25 / (Die Violine ist aufgrund der alten Aufnahme sehr laut. Man mein, man hört ein VC :D )


    der absolute Hammer ist aber die 41 (meine Lieblingssymphonie)
    (7:00 / 7:36 / 3:49 / 5:35)


    ------


    Noch eine Frage zu der SACD: Dieser Begriff ist mir erst seit wenigen Monaten aus eBay bekannt. Ist denn so eine Aufnahme so bedeutend besser als eine gewöhnliche?

    Einmal editiert, zuletzt von Daskalos ()

  • Zitat

    Original von Pius
    Ich habe mir nun die 40 mit Harnoncourt noch mal angehört. Was ich mit "nicht so zwingend wie bei 38, 39, 41" meinte, ist, daß bei den anderen genannten Symphonien die Harnoncourt-Aufnahme mich stets fasziniert, mitreißt, ein Gefallen "zwingend" ist.
    Bei der 40 finde ich diese Art der Interpretation irgendwie weniger überzeugend, paßt nicht absolut mit meinem Bild von diesem Werk überein.


    Ich finde von den späten (ich beziehe mich nur auf die Concertgebouw, die andern kenne ich nicht) 39 und 40 am überzeugendsten, weil er hier IMO weitgehend contra Tradition (Schwanengesang u.ä.) Aspekte der Werke trifft, die ich sonst oft vermisse, aber für zentral halte. Die Jupiter mag ich -horribile dictu- ohnehin weit weniger als viele andere Mozartsinfonien, hier finde ich H. im Kopfsatz zu langsam. Das Finale ist sehr gut, sehr energisch (aber das kriegen viele hin).
    Die "Prager" ist vermutlich meine Lieblingssinfonie von Mozart. Hier finde ich ihn ebenfalls hochinteressant, aber der recht breit genommen Kopfsatz (mit allen Wdh. 19 min!) entspricht nicht meinem Ideal (wenn ich denn ein einziges Ideal habe...)
    Die früheren/mittleren Sinfonien(25-34) finde ich miit Harnoncourt fast alle höchst empfehlenswert, weil die kaum einmal so ernst genommen und als "große" dramatische Sinfonien interpretiert werden. Da sehe ich gern über manche Eigenheiten hinweg.
    (ich weise vorab darauf hin, dass ich die Werke _nicht_ mit Harnoncourt kennengelernt habe, sondern zB #40 mit Klemperer und Böhm auf MC und LP)


    viele Grüße


    JR

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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Hussa! Was ist das für eine Platte? Weißt Du oder jemand anders, ob sie auf CD erschienen ist? Klingt sehr interessant!!!


    Zitat


    Noch eine Frage zu der SACD: Dieser Begriff ist mir erst seit wenigen Monaten aus eBay bekannt. Ist denn so eine Aufnahme so bedeutend besser als eine gewöhnliche?


    Keine Ahnung, auf die Gefahr hin, mich in die Nesseln zu setzen, ich halte SACD für einen Marketinggag....


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Daskalos
    Is als CD erschienen, sorry, war gestern nur zu müde zum Einscannen ..




    Vielen Dank! :hello:
    Ich habe inzwischen auch diese (oder eine andere Überspielung) online gefunden, leider schweineteuer...mal sehen. Die Spieldauern versprechen (selbst ohne Wiederholungen) jedenfalls außerordentliche zügige Tempi.


    viele Grüße


    JR

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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo zusammen,


    die "große" g-moll-Symphonie ist mir unter Mozarts Symphonien die liebste,weil diese Musik auf unerklärbare Weise mein Innerstes anspricht.
    Dabei finde ich die Böhmsche Aufnahme mit den Berlinern als das non plus ultra.Grandios,wie man Mozarts Atem spürt!

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Tag,


    wiedergehört und besser begriffen, Schuldigkeit bleibt genug bestehen.


    Günter Wand hat seinen Leuten (NDR-SO) vergeblich probend vorgehalten, die Sinfonie g-moll ist eine andere Kategorie als die vorher geprobte Jupiter-Sinfonie. "Hier sind wir ganz woanders." Unzufrieden mit der Probe brach er ab. "Wir sehen uns im Konzert." - Da ist noch Sir Charles Mackarras, Prague Chamber Orchestra, Telarc, rauhe Tongebung, Schnelligkeit, etwas Taumel; aber kein Nachklang. Nikolaus Harnoncourt, der einen schönen Jubiläumsartikel in der Neuen Zürcher Zeitung hatte, Gegenstand diese g-moll Sinfonie. aber, wie häufiger bei ihm, das Außerordentliche muss sich in seinem inneren Gehör abspielen, nicht im Zusammen mit dem Concertgebouw Orchester, mit dem hatte er doch so sehr geübt. Geübt, um die Klemperer, Krips zu distanzieren (Rundfunkinterview).


    Die Sinfonie in g-moll KV 550 ist ein drohendes Werk. Diese Drohung kommt nur bei Josef Krips zur Erscheinung (Concertgebouw Orchester, Philips-Aufnahmen, Die 20 grossen Sinfonien, LP-Kassette). Der Begleittext, Karl Schumann der Autor, bestimmt hier den Anfang der Romantik in der Musik. Romantik ist, wenn man das Dunkle nicht unterdrückt. Von daher hat er den Pol des Werkes getroffen.


    Man höre also diese Sinfonie mit dem Dirigenten Josef Krips, in der Aufnahme aus dessen letztem Lebensabschnitt (Concertgebouw Orchester Amsterdam, Philips). Wenn dann das Don Giovanni-Motiv erscheint, dann ist die große Kunst im Werden. Die Kunst, die droht mit der Lebenswirklichkeit. Musik ist die Welt noch einmal (Schopenhauer).


    Freundliche Grüße!
    Albus

  • Salut, Albus!


    Zitat

    Original von Albus


    Die Sinfonie in g-moll KV 550 ist ein drohendes Werk. Diese Drohung kommt nur bei Josef Krips zur Erscheinung (Concertgebouw Orchester, Philips-Aufnahmen, Die 20 grossen Sinfonien, LP-Kassette). Der Begleittext, Karl Schumann der Autor, bestimmt hier den Anfang der Romantik in der Musik. Romantik ist, wenn man das Dunkle nicht unterdrückt. Von daher hat er den Pol des Werkes getroffen.


    Ich habe das Werk persönlich nie als Bedrohung aufgefasst. Ganz im Gegenteil empfinde ich darin Geborgenheit, Sehnsucht und Versöhnung.


    Zitat

    Original von Albus


    Man höre also diese Sinfonie mit dem Dirigenten Josef Krips, in der Aufnahme aus dessen letztem Lebensabschnitt (Concertgebouw Orchester Amsterdam, Philips). Wenn dann das Don Giovanni-Motiv erscheint, dann ist die große Kunst im Werden. Die Kunst, die droht mit der Lebenswirklichkeit. Musik ist die Welt noch einmal (Schopenhauer).


    Sollte eine thematische Anspielung aus dem Don Giovanni in der g-moll-Sinfonie an mir vorübergegangen sein? Was ist gemeint?


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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