• Hallo, allerseits!


    Mein Thema dürfte von allgemeinem Interesse sein - schliesslich ist nicht jeder "kompetent" genug, um beim Kaufen von Musikaufnahmen (CDs usw.) mit sachkundigem Griff eine gute oder sogar "die beste" Aufnahme herauszusuchen. (Wie erklärt es sich sonst, dass hier immer wieder mal Werke und Einspielungen zur Diskussion gestellt werden?)


    In den einschlägigen Zeitschriften - FonoForum, Rondo, Capriccio, diverse andere HiFi-Gazetten, oder auch ausländische Publikationen (hier leider nur schwer erhältlich) - findet man schon die eine oder andere "Bewertung" von idR aktuellen CDs, die als Leitfaden dienen können.


    Leider fehlt es dabei an einer Art "Gesamtausgabe", sozusagen eine Auflistung der wichtigsten Komponisten mit ihren wichtigsten Werken und deren wichtigsten Einspielungen. Vor etlichen Jahren gab es eine Zeitlang, jährlich neu erscheinend, von FonoForum den CD-Führer Klassik, der meiner Ansicht nach beispielhaft war. Leider wurden die Herausgabe diese Führer bald wieder eingestellt, der letzte kam m.W. 1994/95 heraus. (Einige "Nachfolger" beinhalteten lediglich die wichtigsten Rezensionen eines Jahres, sozusagen ein Jahrbuch. Aber eben kein umfassender Führer.)


    Diese Ausgaben waren umfassend und boten eine gute Orientierung selbst bei exotischen Werken. Sie könnten auch heute noch als Orientierung dienen... fehlten nicht die Neuaufnahmen und Wiederveröffentlichungen der letzten zehn Jahre. (Aber vielleicht entschliesst sich der FonoForum-Verlag bald mal wieder zu einer Neuausgabe...)


    Letztes Jahr erschien bei Reclam wiederum ein CD-Führer Klassik. Dieser ist natürlich wesentlich aktueller als die FonoForum-Ausgaben, hat aber den Nachteil, dass lediglich Empfehlung eines einzigen Autors enthalten sind. Dessen Kompetenz will ich beileibe nicht in Frage stellen, allerdings stellte ich beim Studium diesen Führers eine eindeutig geschmacklich geprägte Polarisation bei den Bewertungen fest. Die Empfehlungen scheinen - soweit ich das nachprüfen konnte - sehr solide zu sein, allerdings fehlen bei dem einen oder anderen Werk definitiv massstabsetzende Einspielungen. - Der gewichtigste Nachteil des Reclam-Führers ist aber die Beschränkung auf nur 150 Werke... selbst von den bedeutendsten Oeuvres der Komponisten ist nur eine Auswahl vorhanden. (Trotzdem halte ich die 6 Euro, die das Heftchen kostet, für sinnvoll investiert.)


    Billiger geht's natürlich im Internet. Etwas ähnlich Umfassendes wie der FonoForum-Führer habe ich zwar noch nicht gefunden, trotzdem möchte ich Euch meine empfehlenswertesten Links vorstellen:


    Da wäre zuerst das Rondo-Magazin, das einen Online-CD-Führer anbietet:


    www.rondomagazin.de/fuehrer/inhalt.htm


    Auf jeden Fall für den interessierten Laien finden sich hier die wichtigsten Werke der klassischen Komponisten wieder, und die Empfehlungen sind meiner Ansicht nach ziemlich hochwertig. Über den einen oder anderen Tip kann man sich vielleicht streiten, aber einen "Fehlgriff" konnte ich bislang nicht entdecken.


    Vom gleichen Magazin gibt es - ungleich interessanter - von einigen Werken auch Interpretationsvergleiche. In der CD-Galerie finden sich Rezensionen gleich über Dutzende von Einspielungen ein und desselben Werks. Auch wenn man mit dem einen oder anderen Urteil (oder Vorurteil?) nicht übereinstimmen wird, liest es sich zumindest interessant...


    www.rondomagazin.de/klassik/cdgalerie/inhalt.htm


    ...und ich muss es zugeben: Ich habe da schon einige interessante Alternativen zu meinen bisherigen Favoriten gefunden.


    Wer der englischen Sprache mächtig ist, findet zum Beispiel bei Classics Today ein paar Anregungen... wenn man sich vor Augen hält, dass die dort schreibenden Rezensenten z.T. einen Geschmack haben, über den es sich streiten lässt. Trotzdem findet man da die eine oder andere interessante Anregung: Für Klassikeinsteiger zum Beispiel eine erste Orientierung mit einer Auswahl von 100 CDs:


    www.classicstoday.com/features/100cds.asp


    Oder für den Mahlerfreak eine Auflistung der interessantesten Aufnahmen:


    www.classicstoday.com/features/f1_0204-mahler.asp


    Natürlich zählt letzten Endes: Der eigene Geschmack entscheidet. Sicher gibt es die eine oder andere Aufnahme, die man einfach bevorzugt, obwohl sie in keinem Führer verzeichnet ist, ja mitunter nicht einmal rezensiert wurde. Aber erfahrungsgemäss wird man beim Kauf von CDs durch Nutzung von den genannten CD-Führern einigemassen sicher vor Fehlgriffen bewahrt.


    N.B.: Meine Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich bin allerdings immer begierig, Neues zu erfahren und freue mich, über Eure CD-Führer-Favoriten zu lesen! Und noch viel mehr freue ich mich auf eine angeregte Diskussion über die von mir genannten Ausgaben und Links!


    Gruss,


    Hendrik

  • Hallo Hendrik,


    Auch ich lese gerne Kritiken, aber natürlich sind sie alle irgendwie regional oder persönlich gefärbt, selbst bei statischen Forengruppen, so sie lange genug in ihrer Zusammensetzung unverändert bleiben und keine Neuzugänge haben, bildet sich mit der Zeitn ein kllektiver Geschmack heraus, der dann die Gruppe prägt.


    Das war auch die eigentliche Ursache, meinen Bewertungen immer jenes "aus Wien" anzuhängen, den ich behaupt mit Fug und Recht, daß der Wiener Geschmack generell von jenem der meisten Deutschen Städte abweicht, was jetzt keine Wertung sein soll.
    Ich denke, daß man eine Mentalität, die der Wiener, wenn auch nicht ähnlich ist in München, Dresden, Leipzig und eventuell noch in Köln findet.


    Deutsche Kritiker wollen bei einem Werk die Struktur frei liegen sehen, das Rhythmische, die Dynamik, auch die Brüche in der Paritur.
    Wie anders wird das bei uns (oder in England) gesehen. Musik soll nicht unangenehm sein, nicht aufrütteln sondern erfreuen. Ungereimtheiten in der Partitur würden hier immer schon "geglättet"
    Das sollte man alles wissen, wenn man eine Kritik liest.


    Insofern ist ein Buch, geschrieben von einem einzelnen Kritiker immer ein gewisses Wagnis.


    Persönlich kaufe ich hin und wieder gerne drauflos.
    Die Quote an Enttäuschungen ist nicht höher, als jene, die ich mit Empfehlungen von Kritikern gemacht habe. Allein wenn ich denke, wie viele meiner Lieblings-CDs gar nicht in meiner Sammlung wären, hätte ich den Kritikern geglaubt......


    Ich sehe auch dieses Forum als Kritikerplatform, lediglich daß die Kritiker hier Amateure sind.
    Wer dem entgegenhält, daß die Kritiken von den sogenannten Profis kompetenter wären, der hat offenbar schon lange keine mehr gelesen.....


    Ein Rat: Wenn Ihr Euch eine CD kaufen wollt, und ihr traut euch nicht, weil sie von allen deutschspachigen Kritikern als langweilig und undynamisch beschrieben wurde, kein Problem: Lest eine englisch Kritik, dort wird die Einspielung dann gewiss gelobt: unaufdringlich, entspannt, natürlich und staunenswert.......(Ein Grinser Smiley muß her, sag ich) :D


    Letztlich möchte ich noch was Positives beitragen:


    Auf der Website der englischen Klassikzeitschrift
    [red]GRAMOPHONE[/red]
    www.gramophone.co.uk/


    findet sich ein Banner namens [red]GRAMOFILE[/red]
    Dort können sich registrierte Benutzer Gramophone-Kritiken vergangener Jahre ansehen.
    Da Gramophone auch leben will sind die neueren dor nicht enthalten.


    Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo zusammen,


    den Hinweis voranstellend, dass es sich bei solchen Tipps immer nur um Anregungen, nicht aber um dogmatische Richtlinien über Gut und Schlecht handeln sollte und kann, möchte ich folgenden Link hinzufügen:


    Classical Net : Basic Repertoire List


    Diese Seite soll in Prinzip eine Hilfe sein, eine Klassik- CD-Sammmlung aufzubauen und bietet so einiges an Infos. Erstmal findet man nach Epochen geordnet einen Überblick über viele der bedeutenden Komponisten und deren Werke des jeweiligen Zeitraumes. Von den Verfassern subjektiv als besonders bedeutend eingeschätzte Werke - welche also in keiner Sammlung fehlen sollten - sind mittels eines roten Sterns hervorgehoben.
    Unter den einzelnen Komponisten-Links findet sich dann meist eine noch ausführlichere Werkauswahl inklusive (unkommentierter!) Empfehlungen zu Aufnahmen. Weiterhin gibt es aber auch viele kurze CD-Reviews sowie eine Vielzahl von Links und Info zu Leben und Werk der Komponisten.
    Eine ganz nützliche Seite zum Stöbern - oder auch zum Kennenlernen von Neuem. :)


    Gruß
    Anti


    [Dieser Beitrag wurde am 11.07.2004 - 13:48 von Antracis aktualisiert]

  • Hallo Zusammen,


    neben den hier bereits genannten möchte ich noch ein paar weitere anführen:


    http://www.klassik-heute.com
    Nahezu täglich gibt es 3 neue Rezessionen.
    Alle Rezessionen sind mit einem Text versehen und habe dazu eine Bewertung bzgl. der "Künstlerischen Leistung", "Klangqualität" und "gesamteindruck".
    Insgesamt kann ich die Rezessionen zu den CD's die ich besitze nachvollziehen und mir fällt auf, dass es teilweise sehr unterschiedliche Bewertungen bei gleichem Interpreten gibt.
    Für mich ein gutes Zeichen.
    Die Zezessionen sind recht "up to date".


    http://www.arkivmusic.com
    Hier gibt es eine Liste mit 10/10 (Interpretation/Klang) Bewerteten Aufnahmen.
    Dazu noch recht praktisch finde ich folgendes:
    Geht man auf einen Komponisten so erhält man eine Liste der beliebtesten Werke. Wählt man eins aus, dann erhält man oft eine Empfehlung für eine bestimmte Einspielung/Aufnahme.


    Gruss

  • Hallo,


    kennt jemand von euch den Harenberg Klaviermusikführer ?


    Handelt es sich um eine lohnende Anschaffung um einen ersten Überblick zu erhalten?


    Gruß

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • @RichardRoss



    Zitat

    kennt jemand von euch den Harenberg Klaviermusikführer ?


    Handelt es sich um eine lohnende Anschaffung um einen ersten Überblick zu erhalten?


    Ja ich hab ihn, und ich glaube daß er sein Geld wert ist.


    Ausfüchlicher, sobald ich dazukomme im entsprechenden Thread.


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    noch eine nennenswerte Quelle für CDs als Katalognachschlagewerk:


    Bielefelder Katalog 2005 Klassik, Verlag: Sinus Autor: Martin Reichold
    Veröffentlichung: 2005 ISBN: 3-926886-42-0 Seiten: 1968 Preis: 39,50 EUR.


    "Europas größtes Nachschlagewerk für Klassik-Tonträger mit unübertroffener Datenqualität. Über 44.500 Einträge Über 3.000 Neueinträge Über 1.200 Hörbücher"




    zu beziehen h i e r !




    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • lieber Hendrik ,
    der beste und einzig wahre CD - Führer ist der , den man sich ggf. mit sachkundigen Freunden s el b s t erarbeitet . Es dauert , aber wir schärfen unser Gehör und unseren analytischen verstand . Besser als das "Nachkaufen" laut Vorgaben in FonoForum , Rondo , Gramophone - das ist inzwischen sogar ausgesprochen deutschfeindlich !!! - .
    Viel Erfolg.
    Per aspera ad astra !
    Grüsse
    Frank :hello: :hello:

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Ich fand den Reclamband von Wersin in der Tat recht einseitig, weniger wegen der empfohlenen CDs (da teils auch), sondern wegen der bizarren Einschränkung des Repertoires. Gerade für den Anfänger IMO wenig sinnvoll
    Das mit großem Abstand beste was mir auf diesem Gebiet begegnet ist, ist Schreibers alter Schallplattenführer, leider eben auf dem Stand von 1977, daher nur sehr bedingt zu gebrauchen, besonders bei Barock- und Vorbarock.
    Penguin Guide habe ich in den USA kennengelernt, IMO nutzlos, Gramophone good CD guide etwas besser, aber auch einseitig. Alfred hat ja schon einige der Vorlieben der britischen Kritiker angedeutet; ich nenne es gepflegte Langeweile, jede Art gesteigerte Expressivität ist tendenziell verdächtig (ebenso wie "äußerliche" Brillanz).
    Das ist oft noch gekoppelt mit einem absurden Lokalpatriotismus, hauptsächlich bei Interpreten, teils auch bei Komponisten. Für den Neuling kommt dazu, dass wenn man 8 oder 10 Beethovenzyklen empfiehlt, man ebensogut gar keinen empfehlen kann


    Von den weiter oben gegebenen Internetlinks finde ich Todd McCombs Seiten zur alten Musik einen hervorragenden Überblick, vor allem über die Musik selbst, die ja auch für viele erfahrene Hörer größtenteils Neuland sein dürfte, die CD-Hinweise sind eher zweitrangig (ich kann sie nicht beurteilen, außer vielleicht bei einigen Barockstücken).


    Es gab/gibt im Netz sehr schöne, fast enzyklopädische Überblicke über Beethovens und Mahlers Sinfonien von Deryk Barker, sehr persönlich, aber interessant:


    http://turing.cs.camosun.bc.ca:8080/Beethoven
    http://turing.cs.camosun.bc.ca:8080/Mahler


    [edit: links eingefügt, da in diesem thread ja schon mehre links angegeben wurden, falls das nicht o.k. ist, bitte Mods oder Alfred links entfernen]


    Es hilft letztlich nur selbst hören und konkrete Rezensenten oder Mitdiskutanten zu finden, die entweder einem dem eigenen ähnlichen geschamk haben, oder wenigstens die Gabe, einigermaßen neutral zu beschreiben, was zu hören ist (das ist nicht einfach, aber möglich).
    ClassicsToday ist auch uneinheitlich, tendiert zu sehr guten Bewertungen, aber Hurwitz jedenfalls kann, wenn er sich Zeit nimmt, tatsächlich ziemlich gut und neutral beschreiben.
    Natürlich ist auch die bei Google archivierte internationale NG rec.music.classical.recordings eine gute Quelle, man muß aber ein bißchen drin lesen, um die Geschmäcker dort kennenzulernen. Mit scheint es bei manchen dortigen Mitdiskutanten eine gewisse Tendenz zu extremen Lesarten zu geben, aber vielleicht ist das eine natürliche Entwicklung: wenn man ein Stück so oft gehört hat, braucht man irgendwann starken Tobak.


    Die meisten Repertoirelisten kranken IMO an Dominanz von Orchestermusik und unzureichender Berücksichtigung von Barock- und älterer bzw. Musik des 20. Jhd. (abgesehen von Lokalpatriotismus, wenn Elgar dabei ist, weiß man, woher die Liste stammt...), eine leider wohl kaum je fertiggestellte Ausnahme findet man auf http://www.drmk.ch
    (ich hoffe, das ist ausnahmsweise mal erlaubt)


    Sehr hübsch dieses Zitat, aus der "Basic Repertoire list":


    "I was recently listening to The Planets by Holst. Strangely enough, as much as I liked the movement with the title "Mars", I thought the remainder of the CD was boring."
    Bingo! Es lag nicht an der CD... :D


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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