Mozart: Symphonie Es-dur KV 543

  • Hallo an alle Taminos!


    Da diese sehr bekannte und häufig eingespielte Symphonie noch keinen eigenen thread hat, ist es an der Zeit, dies nachzuholen:


    Wolfgang Amadeus Mozart stellte am 26. Juni 1788 seine


    Symphonie Es-dur KV 543


    fertig, die in der üblichen Numerierung seiner Symphonien die Nummer 39 trägt (in meiner persönlichen die Nummer 48 ). Das Werk ist viersätzig:
    adagio-allegro - andante con moto - menuetto: allegretto - finale: allegro
    Ob diese Symphonie zu Mozarts Lebzeiten erklungen ist oder nicht, ist wohl nicht geklärt. Dazu wird sicher Ulli etwas sagen können.


    Offensichtlich (eher offenhörlich) hingegen ist, daß es sich um eine sehr klangschöne klassische Symphonie handelt, sicher eine der bedeutendsten ihrer Epoche. Der schier unerschöpflichen Inspiration Mozarts entsprangen auch für dieses Werk zahlreiche schöne Themen und Melodien, wobei nicht nur die Hauptthemen näheres Hinhören verdienen. Das dritte Thema (?) des zweiten Satzes (für mich überhaupt der schönste zweite Satz unter den Mozart-Symphonien) ist eines der "versteckten" Juwelen Mozarts, ebenso das Bläsertrio im dritten Satz.


    Nun zu den Interpreten:
    Mir gefällt Marriner als Mozart-Dirigent sehr. Sehr klassisch-ausgewogen und stilistisch passend seine Interpretation:


    "Härter" und "aufregender" die ebenfalls von mir sehr gern gehörte Harnoncourt-Einspielung:


    Eher abraten (daher kleines Bild) kann ich von Karajan. Er schien das Werk schnell hinter sich bringen zu wollen und sparte sich im ersten und vierten Satz die Wiederholungen. Auch sonst scheinbar ohne große Mozart-Begeisterung:


    Ich erinnere mich unter den im Radio gehörten Interpretationen besonders gerne an die von Karl Böhm, die ich mir wohl mal auf CD anschaffen sollte. D.h. es gibt sicher mehrere von ihm zu kaufen. Das ist auch eine gute Überleitung zur Frage an Euch:


    Welche Eindrücke habt Ihr von dieser Symphonie und welche Aufnahmen gefallen Euch besonders gut?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Salut, Pius,


    da Es-Dur zu meinen bevorzugten Hörtonarten gehört, erspare ich mir weitere Huldigungen. Bemerkenswert ist der 2. Satz Andante con moto [ohne rompeten und Pauken] in As-Dur. Das Werk entstand übrigens just nach dem Klaviertrio E-Dur KV 542, ebenfalls einer meiner favorisierten Stücke und am selben Tag [26. Juni 1788] trägt Mozart noch den Kleinen Marsch KV 544 für Streicher, Horn und Flöte sowie die Klaviersonate C-Dur KV 545 Eine kleine Klavier Sonate für anfänger, auch Sonata facile in sein Verzeichnüß ein. Ebenfalls am selbsen Tag noch das Adagio und Fuge c-moll für Streicher, welches ich schon lange für 2 Klaviere gescchrieben habe. Es ist anzunehmen, dass Mozart die aufgeführten Werke nicht alle am selben Tag vollendete, sondern lediglich in sein Verzeichnüß eintrug. Aber die Annahme der Fertigstellung der genannten Werke im Sommer 1788 ist allemal korrekt.


    Zu einer möglichen Uraufführung von KV 543:


    Es gibt zwar keine Handhabe über Aufführungen in 1788, aber anno 1790 gab es am 15. Oktober eine musikalische Akademie in Frankfurt, die mit „einer neuen großen Sinfonie von Herrn Mozart“ begann und „mit einer Sinfonie“ beschlossen wurde. Es ist möglich, dass Mozart hier eine oder zwei der Trilogie KV 543, 550 und 551 aufführte und ggfs. dafür die g-moll-Sinfonie abänderte. Weiterhin veranstaltete die Wiener Tonkünstler-Societät am 16. und 17. April 1791 eine Akademie, in der ebenfalls eine „große Sinfonie“ aufgeführt wurde. Die Leitung hatte Antonio Salieri. Zum anderen gibt es eine ganze Handvoll Abschriften [also Stimmenmaterial], die zu Mozarts Lebzeiten angefertigt wurden.


    Die von Dir genannten Aufnahmen sind akzeptabel, reichen aber an meine Vorstellungskraft kaum heran.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Pius,


    Wie schön, daß einmal jemand außer Ulli oder mir, einen Thread über eine Mozart-Sinfonie eröffnet.


    Nachdem was wir wissen wurde Mozarts Sinfonie Nr 39 zu dessen Lebzeiten tatsächlich nicht aufgeführt, obwohl das schwer nachzuweisen ist. Es ist lediglich so, daß keine Belege für eine Uraufführung in Wien existieren, was allerdings nichts besagen will.


    Die Nr 39 gehört zum "Zyklus" Nr 39/40/41
    Mozart hat alle drei in einem Zeitraum von nur wenigen geschrieben. Auftraggeber dürfte es keinen gegeben haben. Die Fachliteratur ist voll von Vermutungen und Hypothesen zu diesem Umstand - belegbar ist keine.
    Von dieser Dreiergruppe ist (ungerechterweise) die Unbekannteste.
    ZU strahlend ist die "Jupitersinfonie" zu komplex die Nr 40.
    Persönlich ziehe ich sie jedoch der Nr 40 vor. Die leicht dunkle Tönung, und trotzedem eher leuchtend als schwermütig, aber in jedem Fall majestätisch - das liegt mir.
    Die Sinfonie hatte kurzzeitig übrigens den Beinamen"Schwanengesang", der konnte sich aber nicht durchsetzen.......


    Nun zu den Interpretationen.
    Ich bin sozusagen von Karl Böhms Einspielungen geprägt.
    Leider hat die Deutschen Grammophon es für richtig befuinden die (besseren) Wiener Einspielungen (sie waren nie komplett, soweit ich weiß) zugunsten der Berliner Aufnahmen auds dem Katalog zu nehmen, etwas, das ich sehr bedauerlich finde. Die Wiener Aufnahmen waren etwas dunkler abgestimmt, oder anders gesagt, die Bässe hatten etwas mehr Substanz .


    Dafür ist das Kennenlernen dieser Interpretation wenigstens keine finanzielle Frage mehr:



    Für ganz Vorsichtige bietet sich die "eloquence Veröffentlichung zum Preis von 4.99 Euro an in Österreich muß man etwas mehr entrichten, Deppenzuschlag, weil man so blöd war in diesem Land geboren zu werden wo ALLES teurer ist.


    "Risikofreudige" werden zur "the Originals"-Veröffentlichung greifen
    die als Doppel CD die Sinfonien 35-41 enthält. Ebenfalls die Berliner Aufnahme.



    Reinhören kann aber nicht schaden.
    Für mich sind diese Böhm-Aufnahmen ein Stüch "Wiener Interpretationsgeschichte" Leider ist die Klangtechnik IMO ein wenig "indifferent" , weder gut noch schlecht.


    Um einerseits dem Verdacht auszuweichen ich würde nur Karl Böhm akzeptieren, möchte ich eine Alternative anbieten.
    Über Norrington Harnoncourt, sowie cccc werdenander sicher schreiben.Ich habe die Aufnahme unter Sandor Vegh für Orfeo gewählt.
    Etwas saftiger als Böhm (ich beziehe mich hier auf eine konkrete Aufnahme, nicht auf Böhms Stil), durchsichtger und, fast möchte man sage "feuriger" kommt Vegs Einspielung daher - ist aber natürlich dem Böhmschen Klangideal verpflichtet. Die Pauken sind präsenter, ohne agressiv zu wirken, der Spagat zwischen elegant un temperamentvoll schein hier perfekt gelungen.



    Zum Klang: Es handelt sich, wie so oft bei Orfeo um einen Live-Mitschnitt aus dem Salzburger Mozarteum (Österreichischer Rundfunk)
    Einerseits könnte sich manche Plattenfirma ein Scheibchen in Sachen Durchhörbarkeit abschneiden, jeder Huster ist prägnant eingefangen, andererseits - das sagte ich schon. Dennoch - ween mich was an Live-Aufnahmen stört, dann ist es das, daß die Tontechnik beim Versuch die Publikumsgeräusche wegzublenden den Raumklang und Nachhall zumeist abtötet. Davon kan hier keine Rede sein. Der typische Klang der Camerata Academica im eigenen Haus ist hier sehr gur eingefangen und wird alle jene positiv überraschen, welche die Camerata für einen mittelmäßigen Klangkörper halten - kein Wunder, wenn man sich manche Tonaufnahmen anhört........Auch der Schlußapplaus wurde nicht weggeschnitten.


    freundliche Grüße aus Wien


    Alfred



    PS: Bin gespannt, da ich ca eine Stunde gebraucht hab, ob Ullis Antwort wieder vor meiner fertig ist - ich könnte fast wetten .
    Na ja - vielleicht mach ich einen moderierten User aus ihm :baeh01:

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    PS: Bin gespannt, da ich ca eine Stunde gebraucht hab, ob Ullis Antwort wieder vor meiner fertig ist - ich könnte fast wetten


    :D:rolleyes:


    Jaja, die Nr.39 in Es-Dur....!


    Sicher eine Sinfonie, deren volle Schönheit sich vielen Hören nicht auf den ersten Blick erschliesst, dennoch oder gerade desshalb ein wunderbares Werk.


    Ich habe beide Harnoncourt-Aufnahmen, Klemperer, Walter, 2 x Bernstein, Wand, Furtwängler und vermutlich noch die ein oder andere.


    Aus traurigem tagesaktuellem Anlass hörte ich gerade Carlo Maria Giulini mit den Berliner Philharmonikern. (Sony, 1992)



    Erwartungsgemäß langsam (das Menuetto ist mir dann doch zu langsam und der Schlußsatz vielleicht eher hölzern) aber "edel".
    Der erste und zweite Satz ist vor allem empfehlenswert und eine schöne Alternative zu den "fünf anderen Aufnahmen, die man eh schon hat". Das herrliche Andante hat die nötige Ruhe, damit der Hörer selig entschweben kann.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Nachdem was wir wissen wurde Mozarts Sinfonie Nr 39 zu dessen Lebzeiten tatsächlich nicht aufgeführt, obwohl das schwer nachzuweisen ist. Es ist lediglich so, daß keine Belege für eine Uraufführung in Wien existieren, was allerdings nichts besagen will.


    Salut,


    das ist allerdings kaum vorstellbar, wenn auch durchaus möglich. Uraufführungen von Mozarts Werken sind ohnehin nur bei den vollendeten Bühnenwerken - mit wiederum einer Ausnahme, der Finta semplice - durchgehend dokumentiert. Relativ sicher kann angenommen werden, dass die g-moll-Sinfonie KV 550 aufgeführt wurde. Dafür sprechen die vorgenommenen Änderungen in der Holzbläserinstrumentierung. H. C. Robbins Landon meint, wohl zu Recht, daß die romantisierende Theorie des 19. Jahrhunderts, die Sinfonien [KV 543, 550 und 551] seien niemals zu Mozarts Lebzeiten aufgeführt worden, nicht der Wahrheit entsprechen. Am 15. Oktober 1790 fand in Frankfurt ein Konzert statt, welches mit einer neuen großen Simphonie von Herrn Mozart begannt und mit einer Symphonie beschlossen wurde. Ob nun beide von Mozart stammten, muß ebenso ungeklärt bleiben, wie die Frage, welche der drei Sinfonien gespielt wurden. Es wäre doch für die Frankfurter nicht übel, wenn sie die Uraufführung einer der drei Sinfonien KV 543, 550 oder 551 für sich verbuchen könnten?


    Eine Stimmenabschrift von KV 543 enthält einen leider nicht eindeutig lesbaren Aufführungstermin: 22. Nov. [1]791, was ebensogut 1797 heißen könnte. Desweiteren besitzt Schloß Harburg Stimmenabschriften, die nach Landon eindeutig zu Mozarts Lebzeiten angefertigt wurden. Desweiteren ist ein Konzert der Wiener Tonkünstlerakademie unter Antonio Salieris Leitung vom 16. und 17. April 1791 bekannt, das ebenfalls eine große Sinfonie von Herrn Mozart auf dem Programm hatte. Landon vermutet hier aber die g-moll-Sinfonie wegen der entsprechenden Umarbeitung Mozarts. Die Aufnahme der Clarinetten würde jedenfalls dafür sprechen, da zu dieser Zeit gerade die Gebrüder Stadler in Wien sehr aktiv waren und Mozart sich ja auch zu dem Klarinettenkonzert KV 622 für Stadler überreden liess.


    Äußerst beeindruckt war ich von der Sinfonie D-Dur op. 36, etwa um 1800 aus der Feder Pavel Vranickýs [Paul Wranitzkys] stammend: Vranický übernimmt zwar nicht Note für Note die langsame Einleitung von Mozarts Es-Dur-Sinfonie KV 543, kann aber zu den unüberhörbaren Anklängen deren Erhabenheit und Milde in sein Werk herüberretten. Dazu kann es allein dadurch gekommen sein, dass Wranitzky nach Mozarts Tod dessen gesammelten musikalischen Nachlaß in Empfang nahm [welch kostbare Fracht!] und an den Verlag André auslieferte. Wranitzkys Sinfonie hat ansonsten mit Mozart wenig gemeinsam, ist dennoch beeindruckend und besonders die langsame Einleitung verdient große Aufmerksamkeit. Möglich auch, dass KV 543 bereits zu Mozarts Lebzeiten wenig Eindruck hinterliess und sich Wranitzky so relativ unauffällig "bedienen" konnte. Hingegen halte ich es auch nicht für ausgeschlossen, dass Wranitzkys Werk falsch datiert ist [die Datierungen gestalten sich nach meinen Quellen als äußerst diffizil] und nicht 1805, sondern noch vor KV 543 komponiert wurde - was wiederum Mozart zugute kam. Er machte dies jedenfalls recht gerne...


    Jüngst sind die bereits 1990 und 1993 aufgezeichneten Sinfonien Wranitzkys in einer recht gelungenen Auswahl des Labels SUPRAPHON wieder auferstanden:



    Pavel Wranický [1756-1808]
    Sinfonie D-Dur op. 52
    Sinfonie c-moll sine op.
    Sinfonie D-Dur op. 36 [!]
    Sinfonie C-dur op. 11


    Dvorak Chamber Orchestra
    Bohumil Gregor


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo!


    Trotz allem anderen gehörten, diversen HIPpen und anderen modernen Ansätzen, gefällt mir die Marriner-Aufnahme mit der Academy of St. Martin in the Fields bei Philips nach wie vor am besten.



    Diese 4-CD-Box lohnt sich IMO sehr, da ich einige der Symphonien nie schöner und beglückender gehört habe.
    Vorsicht! Es gibt auch noch EMI-Aufnahmen von Marriner mit der AoSMiF (derzeit in der Nipper-Serie erhältlich). Diese finde ich weniger schön. Speziell bei der #39 fand ich das bei meiner Lieblingsstelle (dem Seitenthema in der Mitte des 2. Satzes) besonders eklatant. In der Philips-Aufnahme gelingt die Stelle wunderschön (möglicherweise ist sie erst dadurch meine Lieblingsstelle geworden), in der EMI-Aufnahme klingt sie eher beiläufig/"routiniert".


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Die große Es-Dur Sinfonie von Mozart ist die einzige Sinfonie, die ich mehrmals hören musste damit ich sie schätzen lernen konnte. Damit ist keinesfalls gemeint, dass sie nicht gut genug war um mir gleich beim ersten Mal zu gefallen. Vielmehr denke ich, dass ich noch nie eine Sinfonie von Mozart hörte die so überstrahlend und majestätisch ist, gleichzeitig aber so schwermütig wirkt. Eine ziemlich ungewohnte Mischung.


    Das Adagio vom ersten Satz ist m. E. nicht das beste was er je schrieb, aber der erste Satz im Allgemeinen ist für mich das Highlight der Sinfonie. Der zweite Satz in chopinschen Tonart ist eine der schönsten von Mozarts langsamen Sinfoniesätzen, da er mich zutiefst berührt. Das Menuett gefällt mir ebenfalls, und das wiederum ist wirklich stark zu betonen denn Menuett's habens bei mir allgemein schwer. :D
    Und der feurige Finalsatz wirkt sehr heiter, aber hat genau wie die anderen Sätze auch diese Schwermütig-schwankende in sich und erhält damit die Form.


    Zu Aufnahmen melde ich mich mal wieder nicht zu wort, denn ich hab ja leider keine Ahnung davon (und keine Flocken :angry:). Aber imm allgemeinen will ich mal anmerken, dass Karl Böhm mich bisher noch nie enttäuscht hat.


    Abschließend kann ich nur sagen, dass Mozart's letzte Sinfonien für mich bei jedem Hören immer wie ein Neubeginn sich anhören. Ich habe immer das Gefühl Mozart hatte hier die neue Stufe seiner Sinfonien eingeleutet, die er ja leider nicht mehr fortführen konnte. Was bleibt ist aber ein "Vorgeschmack" mit 3 wunderschönen Sinfonien. Und die Es-Dur Sinfonie ziehe ich da sogar der Jupiter leicht vor.


    C.

  • Sage und schreibe achteinhalb Jahre wurde hier nichts mehr geschrieben – und das bei einer der großen Trias der letzten Symphonien von Mozart. Vermutlich ist sie deren unbekannteste, was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass sich kein einprägsamer Beiname für sie durchsetzen konnte. KV 550 heißt "Große g-Moll", KV 551 "Jupiter". Dabei gab es früher – wie von Alfred schon ganz oben erwähnt – durchaus einen Beinamen für KV 543: "Schwanengesang". So pathetisch das vielleicht erstmal klingen mag, passt er m. E. doch ganz gut. Erstmals erscheint er wohl 1810 bei E. T. A. Hoffmann


    Der Kopfsatz ist sehr wuchtig, seine majestätische Einleitung eröffnet in ihrer triumphalen Gestik bereits ein wenig den Blick ins 19. Jahrhundert und kann ohne Wenn und Aber als "große Symphonik" durchgehen. Laut Theodor Kroyer (1933) gibt es Parallelen zu Beethovens "Eroica", es könnten gar "gewisse Abschnitte ohne weiteres zwischen beiden Symphonien ausgetauscht werden".


    Das Andante con moto ist wirklich eine besondere Perle unter Mozarts langsamen Sätzen. Das Scherzo hat die Gestalt eines österreichischen Ländlers. Bernhard Paumgartner (1957) spricht von einem "weinfröhlich aufstampfenden Tanzmenuett".


    Schließlich das Finale, einer der kuriosesten Schlusssätze Mozarts. Volker Scherliess (2005) erinnert es an ein Perpetuum mobile. Das abrupte Ende verwirrte schon Hans Georg Nägeli (1826): "So ist der Schluß des Finales […] in den zwey letzten Takten so styllos unschließend, so abschnappend, dass der unbefangene Hörer nicht weiß, wie ihm geschieht." Es fehlt tatsächlich die klassische Coda – was Harnoncourt ja auf die Idee brachte, dass Mozart gewollt habe, dass dieses Ende nahtlos in den Anfang der g-Moll-Symphonie KV 550 übergehe ...


    Zu den Aufnahmen:


    In der letzten Zeit hörte ich folgende:




    Klemperer/Philharmonia Orchestra (1962): 8:14 - 9:40 - 4:12 - 6:04
    Böhm/Wiener Philharmoniker (1979): 9:14 - 7:51 - 4:21 - 4:18
    Asahina/New Japan Philharmonic (1995): 12:38 - 9:39 - 4:24 - 5:50
    Fey/Mannheimer Mozartorchester (2005): 10:55 - 6:48 - 4:15 - 8:03


    Es werden nicht immer alle Wiederholungen beachtet. Bei Klemperer sind die Pauken leider recht im Gesamtklang versteckt (eine typische Krankheit von EMI-Aufnahmen aus dieser Zeit). Ansonsten eine erstaunlich modern anmutende Interpretation. Böhm geht es erfahrungsgemäß sehr wienerisch elegant an. Am gewichtigsten Asahina, der mir insgesamt fast am meisten zusagt. HIP-beeinflusst natürlich Fey, wo es knalliger klingt als bei den anderen, aber durchaus auch hörenswert.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • In die letzten drei Sinfonien ist eine Menge hineingedeutet worden, im Falle der "Prager" sprach sogar Alfred Einstein von einem "Appell an die Ewigkeit."
    Solche Deutungen tauchen immer wieder auf, wenn ein Komponist vor der Zeit verstirbt, und sie wirken im nachhinein oft unangebracht und gekünstelt. Denn Mozart hat seinen frühen Tod ja nicht vorhergesehen, Es wird in der Literatur gerne auf die stilistische Vielfalt der Sinfonie hingewiesen, es d auc" unter Sinfonie fehlt ihr das "Strahlende" der "Jupitersinfonie und das das "Tragische" der Nr 40.
    Einig ist man sich im Allgemeinen, daß die Nr 39 gegennüber den beiden andern Snfonien der Trias weniger populär ist, über die Gründe kann nur gemutmaßt werden.


    Meine Idealinterpretation ist - wenig erstaunlich - jene mit den Wiener Philharmonikern unter Karl Böhm, 1979 für Deutsche Grammophon eingespielt. Sie ist jener mit den Berlinern aus tontechnischer Hinsicht vorzuziehen, sie hat mehr Körper im Grundtonbereich, die Bässe kommen fülliger.
    Immerhin gibt es sie - entgegen meinen Befürchtuingen - immer noch - wenngleich mit 2 Wochen Wartezeit - als Japanimport.
    Die von Exmitglied Pius im Eröffnungsbeitrag eher abgelehnte Karajan-Einspielung (ich würde dem im Grunde beipflichten) wird eigenartigerweise ausgerechnet im Harenberg Konzertführer als "sanft verschliffene, äußerst klangschöne Lesart genannt....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Im Grunde präferiere ich bei diesem Werk nach wie vor Michael Gielens absolut überzeugende Aufnahme auf Arte Nova:



    Die Einleitung, die Tempi, die Artikulation, die deutliche Präsenz der Pauke (die aber auch nicht alles zuknallt), die formale Gestaltung und Übersicht - Gielen at his best.

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  • Obwohl der Grazer Karl Böhm für mich, was Mozarts Sinfonien angeht, immer noch die erste Adresse ist, hat der Salzburger Herbert von Karajan, obwohl ihm der Ruf vorauseilt, kein guter Mozart-Interpret zu sein, IMO z.T. gute, sogar einige sehr gute Interpretationen vorgelegt. So z.B. eine Spätaufnahme von KV 543 aus dem Jahr 1987, in der er sogar die Exposition des Kopfsatzes wiederholt (was er in seinen vorausgegangen Aufnahmen unterlassen hat). Hier ist sie:

    und zwar gekoppelt mit der Nr. 29 KV 201, ebenfalls 1987 eingespielt. Es sind abgeklärte, fast meditative Versionen, mit ruhigen Tempi, so daß man auf Anhieb beim Abhören nicht an Karajan denken würde. Es gibt sicher bedeutendere Aufnahmen der Werke, aber als Karajans letztes Wort zu Mozart sind sie mir lieb und teuer.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber nemorino,


    danke für den Verweis auf Herbert von Karajan.


    Es gibt sogar noch gewissermaßen ein "allerletztes Wort" in Sachen KV 543 von ihm:



    Eine Live-Aufnahme aus Tokio vom 5. Mai 1988, erschienen bereits vor zehn Jahren bei DG Japan zum 100. Geburtstag des Dirigenten. Über das Hauptwerk auf dieser CD haben wir uns schon vor etlicher Zeit andernorts im Forum ausgetauscht: Eine der großen Darbietungen von Brahms' Erster. Ich habe die Mozart-Symphonie als "Beigabe" lange nicht mehr gehört, sie aber durchaus in guter Erinnerung behalten. Die Wiederholung lässt er hier indes offenbar weg.


    Wie ich gerade feststelle, ist die von Dir gezeigte Aufnahme nicht identisch mit der in folgender Box enthaltenen Einspielung:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph II.,


    vielen Dank für den Hinweis auf den 1988er Mitschnitt aus Tokio. Der ist mir bisher nicht bekannt gewesen, weil ich nur in Ausnahmefällen Live-Aufnahmen kaufe, wegen der unvermeidlichen Begleitumstände (Husten, Stühlerücken etc.)


    In der von Dir gezeigten Box ist m.W. folgende Aufnahme enthalten, die es hier als Einzelausgabe gibt (so sieht mein Exemplar aus):

    Sie wurde 1977 produziert, es handelt sich noch um eine Analog-Aufnahme. Hier, wie auch in den vorausgegangenen Versionen von 1955 (EMI, mit dem Philharmonia Orchestra) und von 1970 (EMI, mit den Berliner Philharmonikern), wiederholt Karajan nicht die Exposition im 1. Satz. Weißt Du, wie er es in seinem Mitschnitt aus Tokio handhabt?


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Weißt Du, wie er es in seinem Mitschnitt aus Tokio handhabt?


    Lieber nemorino,


    da fehlt die Wiederholung auch. Hier die Spielzeiten: 8:40 - 8:40 - 4:18 - 4:36.


    Also ein klein wenig langsamer als in der 1977er Aufnahme (pro Satz etwa eine halbe Minute), aber flotter als in der von 1987.


    Jedenfalls werde ich mir letztere bald schon anhören. Danke nochmal für den Hinweis auf diese mir bisher völlig unbekannte Einspielung von Karajan.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Danke nochmal für den Hinweis auf diese mir bisher völlig unbekannte Einspielung von Karajan.



    Lieber Joseph II.


    ich habe diese CD auch erst vor ein paar Tagen entdeckt und gleich beim großen Urwaldfluß geordert. Da war sie recht günstig zu haben.
    Inzwischen habe ich sie gehört; vor allem die Wiederholung der Exposition des 1. Satzes in KV 543 macht die Aufnahme besitzenswert, aber auch die relativ getragenen Tempi unterscheiden die Aufnahmen von vorausgegangenen Karajan-Versionen.
    Hier noch die Spielzeiten von KV 543: 1. 11.26 / 2. 8.56 / 3. 4.23 / 4. 5.58 Minuten.



    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).