Humperdinck: HÄNSEL UND GRETEL

  • Auf Anregung von Tamino-Freund Knusperhexe habe ich mir diese DVD bestellt:



    Hansel & Gretel
    (engl.)
    Aufnahme: Dez. 1982, live, New York
    Dirigent: Thomas Fulton
    Metropolitan Opera Orchestra
    Metropolitan Opera Children's Chorus
    Inszenierung: Nathaniel Merrill


    Gretel: Judith Blegen
    Hänsel: Frederica von Stade
    Knusperhexe: Rosalind Elias
    Mutter Gertrude: Jean Kraft
    Vater Peter: Michael Devlin


    Meine Bestellung kommt aus HongKong, wird also sicher nicht rechtzeitig zum Fest eintreffen (dafür kostet sie nur 1/3 des hiesigen Preises) - kann also noch kein Urteil abgeben.
    Nach dem, was Christoph darüber schrieb, freue ich mich schon darauf.


    Natürlich gibt es keinen Mangel an DVDs mit Humperdincks Märchenoper, ich besitze schon eine ganze Reihe. Mich würde trotzdem interessieren, welche Aufnahmen die anderen Taminos bevorzugen.


    LG


    ;)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Glückwunsch, Harald und viel Freude damit. Hier schon ein kleiner Vorgeschmack:


    http://www.youtube.com/watch?v=-TstW0w3xFc


    Wie schon gesagt, einiges ist mir auch zu viel: Die Waldkobolde hätte es nicht gebraucht, das Sandmännchen hat einen arg langen Bart und dass Gretel so amerikanische "Sound of music"-Zöpfe hat, ist auch nicht so mein Ding. Aber ansonsten ist es alles so, wie es sein soll und es kommt so viel Spielfreude rüber, dass sich das ganz unmittelbar mitteilt. Es ist natürlich auf weitsicht angelegt, deswegen werden Regietheaterjünger stöhnen über die großen Gesten. Ich finde das gerade herrlich!!!! Und mich erinnert das alles sehr, sehr stark an die alte Kölner Inszenierung. Das 1. Bild sieht fast genauso aus und die Personenführung ist auch sehr ähnlich, bis hin zu Gretels Tanzschritten bei der Entzauberung im 3. Akt. Ich bin jedesmal ganz glücklich, wenn ich dieses DVD einlege. Mich stört es nicht, dass sie auf englisch singen. Irgendwie hat das sogar was. Und ich finde es gesanglich sehr, sehr gelungen. Das Timbre vom Hänsel mag ich sehr und auch die Gretel ist klasse. Die Hexe ist nach so vielen, verbrauchten Stimmen, ein absolutes Highlight. Der Kinderchor erstklassig einstudiert. Vater und Mutter ebenfalls super. Das Taumännchen hat eine ganz filigrane, silberne Stimme. Ich habe den Kauf noch nie bereut, habe mir gerade den oben geposteten Ausschnitt nochmal angesehen und spontan beschlossen, heute abend noch mal die komplette DVD anzusehen. :-)




    Ich kann nicht glauben, dass sich bei modernen Inszenierungen ein gleichwertiges Glücksgefühl einstellt. Es passt einfach alles besser. Übrigens erhielt ich just heute eine Mail von der MET, dass sie überlegen diese Produktion wieder aufzunehmen. Die neue käme nicht so gut an. Wen wundert es!

    Einmal editiert, zuletzt von Knusperhexe ()

  • Gut, lieber Christoph, dass Du damals das Cover dieser Aufnahme eingestellt hast, denn ich war drauf und dran, mir eine neuere Inszenierung von der MET zu bestellen (die ja wohl nicht so gelungen ist - am Ende wird die verkohlte Knusperhexenleiche verspeist), nämlich diese:



    HUMPERDINCK HANSEL & GRETEL


    Gretel - Christine Schäfer
    Hansel - Alice Coote
    Gertrude (Mother) - Rosalind Plowright
    Peter (Father) - Alan Held
    The Sandman - Sasha Cooke
    The Dew Fairy - Lisette Oropesa
    The Witch - Philip Langridge


    Metropolitan Opera Orchestra
    Conductor: Vladimir Jurowski


    Ist das die Inszenierung, die jetzt entsorgt werden soll?


    LG


    ;)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Bloß nicht! Die ist ganz schrecklich! Nur was für die Regietheaterliga und deswegen schon nicht mehr im Spielplan.Ich hoffe sehr, dass die MEt ihre Überlegungen in die Tat umsetzt und die alte wiederausgräbt. Bei Traviata haben sie es schon getan:-)

  • Hallo Knuspi,


    heute aus HongKong eingetroffen und sofort angesehen:



    ein voller Erfolg!


    Hat mir wirklich gut gefallen. Habe keine Sekunde die deutsche Sprache vermisst.


    Der Spaß hat mich lt. Kreditkarten-Abrechnung ganze € 5,12 incl. Porto gekostet.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,



    das freut mich aber, dass es Dir auch so gut gefallen hat:-) Gelt, man kriegt gleich gute Laune, wenn man das schaut, so ansteckend sind die Tanzrhythmen und die Umsetzung derselben. Es ist alles richtig märchenhaft. Ich mag besonders den 1. Akt und den 3. Akt.



    Lieben Gruß,


    Knuspi

  • Ich habe seit viel Jahren diese Aufnahme, allerdingds nach als VHS-Video:



    Diese fabelhafte Aufführung aus München in der legendären Inszenierung August Everdings, mit Editha Gruberova und Brigitte Fassbaender als Hänsel und Gretel, dem großartigen Hermann Prey als Vater, Helga Dernesch als Mutter und der schaurig-hässlichen Sena Jurinac als Hexe, das alles mit Sir Gorg Solti am Pult, wird für mich wohl auf immer die Referenz bleiben.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Hänsel: Frederica von Stade
    Gretel: Judith Blegen
    Vater: Michael Devlin
    Mutter: Jean Kraft
    Knusperhexe: Rosalind Elias
    Sandmännchen: Diane Kesling
    Taumännchen: Betsy Norden


    Chor der Metropolitan Opera
    Orchester der Metropolitan Opera
    Dirigent: Thomas Fulton




    Für mich hat diese Produktion ziemliche Schwächen; es ist eine veramerikanisierte Version der Oper.
    Aber der Reihe nach.


    Thomas Fulton betritt das Dirigentenpult und die Ouvertüre beginnt. Die Kamera zeigt schöne Großaufnahmen der Musiker, doch nach kurzer Zeit werden ständig die gezeichneten Entwürfe der Kostüme und Kulissen gezeigt, das Ganze auch noch in typischer 80er Jahre Manier, mit von neonfarbenen Rahmen umgebenen Thumbnails. Gut, der Film stammt von 1982; wäre das eine aktuelle Aufführung hätte ich gesagt, dass solche Bilder in die Extras, aber nicht in die eigentliche Aufführung hineingeschnitten gehören.


    Dann beginnt der erste Akt.


    Das Bühnenbild ist auf jeden Fall gut gemeint, es ist in keinster Weise modern, es gibt eine kärgliche Holzhütte, Stroh, Holzstühle, sogar einen brennenden Steinofen. Aber die schönste Kulisse hat keine Wirkung, wenn der Rest nicht passt, und der passt meiner Meinung nach absolut nicht. Es fängt schon mit „Suse, liebe Suse“ an, in der Gretel – aus welchem Grund auch immer – eine echte Katze auf ihrem Arm trägt, um sie dann nach dem Lied in einer Hinterkammer loszuwerden. Welchen Sinn hatte das?


    Sie wird von Judith Blegen gesungen, und für mich ist sie eine zweite Version der Rothenberger: das Gesicht stark geschminkt, mit rotem Lippenstift, passt es überhaupt nicht zur kaputten, geflickten Kleidung. Der Gesang ist – auch wenn man natürlich live eine andere Situation hat als im Studio und dementsprechend bewerten muss – für mich unschön. Mir kommt er sehr gepresst vor, ständiges Vibrato stört zusätzlich. Dazu immer wieder einmal kleine Unsauberheiten in der Intonation, was aber sicher zum Teil auch dem vielen Herumgerenne auf der Bühne geschuldet ist.


    Frederica von Stade singt hier erneut den Hänsel (in der 1978er Aufnahme unter Pritchard tat sie es auf Deutsch), diesmal auf Englisch und live. Sie ist zum Glück nicht so geschminkt wie ihre Kollegin, doch kann sie ihre gute Leistung aus der Studio-Aufnahme nicht halten; weg ist die schöne Mittellage, weg ist die schöne Höhe, stattdessen sehr viele dieser „quakigen“ Töne, die auch oft out of tune klingen. Gut, auch das hat sicher damit zu tun, dass sie hier live für ein Opernhaus singt, und nicht in ein Mikrofon, aber dennoch.


    Die Personenführung ist die ganze Oper hindurch für sämtliche Figuren ein Graus! Hänsel und Gretel müssen ständig infantil herumhopsen, laufen, sich fallen lassen, haben permanente Stimmungswechsel, usw. Wieder ein Regisseur, der meint, dass DAS kindlich sein soll.


    Vater und Mutter sind etwas erträglicher, obwohl auch hier ständig Action auf der Bühne ist, und man immer von einer Seite zur anderen geht.
    Während der Vorhang sich schließt und die Musik auf das Ende des 1. Aktes zusteuert, fängt das Publikum schon einmal lautstark zu applaudieren an – wen kümmert es schon, dass die im Graben Musik machen, ist eh nicht so wichtig. Das Publikum wird noch ein paar Mal negativ auffallen.


    Das zweite Bild hat ein paar schön ausgeleuchtete hohe Bäume zu bieten, aber das war es leider auch schon. Von Anfang an ist der Hintergrund dunkel, und die Beleuchtung ändert sich auch nicht, obwohl Humperdinck so eindrucksvoll das in die Dunkelheit übergehende Abendrot auskomponiert. Ab der Echoszene fallen dem Regisseur dann lauter tolle Sachen ein: die Echos kommen von irgendwelchen Statisten in Tier- und Troll-Kostümen, die in der Szene herumwuseln. Überflüssig, peinlich, dumm, sonst nichts.


    Das Sandmännchen hat lange weiße Haare und einen weißen Bart, was bei dem Frauengesicht nicht wirklich gut aussieht.


    Die Traumpantomime ist nun etwas Besonderes, zumindest theoretisch. Man hat hier tatsächlich lauter erwachsene Frauen (und keine Kinder) als Engel verkleidet, die aus einem romantischen Gemälde stammen könnten. Es gibt keine Kindereien, und das Schlussbild, während der Vorhang sich schließt, sieht tatsächlich „malerisch“ aus, wie es in Humperdincks Partitur steht.


    Aber leider ist auch hier die Optik alleine nicht alles. Die Engel schreiten und bewegen sich extrem theatralisch, dass es unfreiwillig komisch wirkt, ein unnötiger Effekt ist zudem, dass manche Engel in der Luft herumsausen.
    Vor allem aber fällt auf, dass die ganze Szene überhaupt keinen Bezug zur Musik hat. Wo das Orchester Spannung aufbaut, sich beruhigt, wild tobt etc. sieht man auf der Bühne eine Pantomime, die quasi für sich alleine abläuft. Wenn man sich schon die Mühe macht, die Bühne und die Engel so auszustatten, sollte man doch auch der Dramatik der Musik folgen, denke ich.


    Und auch hier klatscht das Publikum munter in die letzten Takte der Musik hinein, weil sich gerade der Vorhang schließt. Furchtbar, das.
    Im dritten Akt gibt es erneut Applaus, weil das Hexenhaus im Hintergrund auftaucht. Hier ändert sich das Bühnenbild nun schlagartig; von der noch halbwegs „altmodischen“ Kulisse kommt nun ein Hexenhaus, das eher an Wizard of Oz erinnert, eine amerikanische Version.


    Rosalind Elias spielt die Hexe, und die Maskenbildner haben ganze Arbeit geleistet: viele Falten, hässliche Zähne, hässliche Nase und eine grüne Zunge. Doch auch sie erinnert optisch eher an die Oz-Hexe, und die grüne Zunge, die demonstrativ öfter mal herausgestreckt wird, damit das Publikum es auch gut sieht, ist ein unnötiger Effekt, so wie auch die vielen Statisten in Kostümen, die hier herumstehen. Elias Hexe ist leider ebenfalls zu komisch angelegt, sie wuselt ständig herum, singt ins Publikum, schneidet Grimassen, etc. – auch hier wäre weniger mehr gewesen.


    Beim „Hurr hopp hopp hopp“ reitet die Hexe durch die Luft, und hier hat man sich zumindest Mühe gegeben, denn man sieht aus der Entfernung nicht so deutlich, dass es Puppen sind, und es sind auch mehrere in unterschiedlichen Positionen, und sie fliegen auch halbwegs „natürlich“.
    Dann landet die Hexe im Backofen (wieder Applaus vom Publikum, was sonst?), und die ganz offenbar politisch korrekt ausgesuchten Kuchenkinder (ebenfalls teilweise mit 80er Jahre Frisuren) erscheinen. Enttäuschend ist die Lebkuchenhexe – bei dieser verschwenderischen Ausstattung hätte ich mir mehr erwartet als nur eine dünne, ziemlich billig aussehende Papphexe..


    Nein, ich finde diese Inszenierung trotz der an sich nicht so schlechten Bühnenbilder in Akt 1 und 2 schwer erträglich.


    Fultons Dirigat ist routiniert, aber unspektakulär. Wirkliche Spannung kam für mich aber nie auf, dafür nimmt er auch viele Szenen zu schnell.


    Problematisch ist aber auch die Tonqualität: da klingen die Geigen erst laut, dann plötzlich extrem leise (etwa im Hexenritt), und wenn gesungen wird, hört man die Musik überhaupt nur mehr leise. Massenweise Klangfarben aus dem Graben gehen verloren. Das Blech klingt besonders in den lauteren Szenen (Forteausbruch Traumpantomime z.B.) durchaus druckvoll und kräftig, aber besonders die Streicher und hier besonders die Violinen klingen recht dünn (ok, Stahlsaiten, aber trotzdem). Insgesamt absolut keine „Jahrhundertaufnahme“.




    Ich besitze diese Aufführung lediglich auf DVD, die links oben abgebildet ist. Rechts daneben eine alte VHS.


    Auf dem großen Flatscreen mit Blu-ray Player betrachtet offenbaren sich die Schwächen der DVD sowie der Bildqualität des Ausgangsmaterials noch stärker: Treppchenbildung an den Kanten sowie Kantenflimmern, leichte Nachzieheffekte die in dunklen Szenen auffallen, eine generelle Unschärfe auch in größeren Einstellungen.


    Der Ton liegt in PCM Stereo sowie DTS 5.1 vor, wobei ich Stereo bevorzuge. Das NTSC Bild in 4:3 habe ich schon beschrieben, die DVD ist codefree.
    Es gibt Untertitel auf Englisch und auf Deutsch.


    Am Interessantesten für mich waren die Extras, bzw. das Extra, nämlich eine Fotogalerie „Hansel and Gretel at the Met“.
    Gezeigt werden historische Fotos aus vergangenen Vorstellungen, von 1905 – 2001. SängerInnen von 1905, 1927, den 40er Jahren, den 60er Jahren etc. werden da gezeigt, darunter auch Teresa Stratas als Gretel, Karl Dönch als Hexe, Rosalind Elias als Hänsel, Jennifer Larmore als Hänsel sowie Catherine Malfitano als Gretel. Dazu gibt es jeweils kurze Texte, die erläutern, wann welche SängerInnen an der Met in welcher Sprache gesungen haben.


    Sieht man sich diese alten Fotos an, so sieht man, dass das Argument, früher seien die Inszenierungen alle besser gewesen, falsch ist. Auch in den 20ern, den 30ern oder auch den 50ern hielt man sich nicht wirklich an die Regieanweisungen der Partitur, sondern hat sich alle möglichen Freiheiten genommen, verkitscht und verfremdet. Da stehen dann neben dem Lebkuchenhaus irgendwelche riesigen Zuckerstangen und ähnliches herum.


    Mein Fazit: eine stark amerikanisierte Fassung in englischer Sprache, was für mich einfach nicht zu dieser Oper passt. Die sängerischen Leistungen sind eher enttäuschend (Ausnahme vielleicht der Vater), musikalisch hört man nichts Neues. Wer von Stade als Hänsel hören will, sollte zur Aufnahme unter Pritchard greifen, wo sie besser singt.






    LG,
    Hosenrolle1


  • Hänsel: Brigitte Fassbaender
    Gretel: Edita Gruberova
    Vater: Hermann Prey
    Mutter: Helga Dernesch
    Knusperhexe: Sena Jurinac
    Sandmännchen: Norma Burrowes
    Taumännchen: Elfriede Höbarth


    Wiener Sängerknaben
    Wiener Philharmoniker
    Dirigent: Georg Solti




    Zuerst einmal Grundsätzliches: der Film wurde Anfang 1981 in Wien in einem Studio gedreht, es wird Playback gesungen; die Tonaufnahmen dafür entstanden Ende 1980 im Sofiensaal.
    Wo soll ich zuerst anfangen?


    Das Playback-Singen halte ich für besonders ungünstig, und hier merkt man auch warum. Hohe, laute Töne kommen scheinbar mühelos über die Lippen, man muss nicht einmal den Mund wirklich aufmachen dazu. Und oft genug passt der Ausdruck in der Stimme nicht zur Mimik und Gestik. Dass die Stimmen auch immer gleich laut klingen, obwohl die Charaktere einmal weiter entfernt sind, dann wieder näher, verstärkt den Eindruck noch, dass da nicht live gesungen wird.


    Schon das alleine finde ich störend und irritierend, aber dazu kommt auch noch diese Inszenierung.


    Ja, es gibt eine Holzhütte, es gibt einen Wald, und es gibt ein Lebkuchenhaus, und das wäre auch an sich in Ordnung. Das ist aber auch das Einzige, was an diese Oper erinnert, denn der Film steckt voller unnötiger Ideen und Effekte, schlechter Kameraführung und auch schlechtem Schauspiel, dass es auch schon egal ist, ob da Bäume stehen oder nicht.



    Ich erzähle im Schnelldurchlauf, was passiert:


    Der Film beginnt mit einer gemalten Berglandschaft, in die nach und nach Bäume, Engel und, richtig geraten, ein Opernhaus eingeblendet werden. Macht ja auch Sinn, ein Opernhaus, das mitten in der Landschaft herumsteht (Fitzcarraldo hätte seine Freude). Dann plötzlich kommen ein paar Nonnen, die einen Haufen Kinder in Zweierreihen in die Oper führt, die Kinder rennen im Opernhaus herum und auf ihre Plätze. Wir sehen kurz Georg Solti, der noch die Ouvertüre zu Ende bringt und Richtung Kinderpublikum lächeln darf (Mei wie lieb!), bevor es mit dem ersten Akt losgeht.


    Hänsel und Gretel quälen sich durch eine stinklangweilige Inszenierung, bevor sie für das Tanzduett vor ihr Haus gehen dürfen, wo sie sich Töpfe auf den Kopf setzen und auf einer Wippe schaukeln.


    Im Hexenritt sehen wir wieder Solti und die Philharmoniker, aber nur kurz, denn es gibt eine Zeichentricksequenz, in der ein paar Hexen in der Luft herumfliegen, parallel montiert zu den Eltern, die im Wald herumgehen und ein Stück Stoff finden, das offenbar zu Hänsel oder Gretel gehört. Komisch nur, dass dem Gewand von Hänsel und Gretel dieses Stück Stoff gar nicht fehlt.


    Die Waldszenen verbreiten kaum Stimmung, und es gibt auch kein Abendrot, im Gegenteil: zuerst ist das Set noch künstlich hell, dann wird auf das Kinderpublikum geschnitten, und als man wieder Hänsel und Gretel sieht ist es plötzlich dunkel. Ob man das für raffiniert gehalten hat weiß ich nicht, aber selbst in einer Live-Aufführung ist es technisch ohne weiteres möglich, Abendrot Schritt für Schritt in Dunkelheit übergehen zu lassen.


    Die Traumpantomime beginnt damit, dass plötzlich irgendwelche viel zu hellen und nicht mal besonders schöne Landschaftsbilder einblendet, bevor ein paar Darstellerinnen als Engel verkleidet hinter den Titelfiguren eingeblendet werden. Sehr engelhaft sieht die Szene nicht aus, die starke Hintergrundbeleuchtung, mit der die Engel beschienen werden, hat mich eher an das Ende aus „Close Encounters of the Third Kind“ erinnert.


    Nachdem ein Tautropfen in Großaufnahme, in dem das Gesicht der Sängerin zu sehen ist, die beiden Kinder weckt, taucht plötzlich aus dem Nichts das Knusperhaus auf, denn es wird ebenfalls einfach so eingeblendet.


    Die Hexe bringt die Kinder in ihr Haus, das von innen nicht nur viel zu riesig aussieht, sondern außerdem eher wie ein Luftschutzbunker wirkt, mit seinen Ziegelwänden. Deswegen wird ihr Text auch von „spring´ kreuz und quer ums Häuschen her“ in „spring´ kreuz und quer ich hin und her“, sowie die Zeile „decke drinnen hübsch den Tisch“ in „decke drüben hübsch den Tisch“ geändert.


    Nachdem die Hexe tot ist treffen Fassbaender und Gruberova die Lebkuchenkinder, die aber kleidungs- und frisurentechnisch heftig nach 1980 aussehen, und teilweise auch keine Kinder, sondern eher Jugendliche sind. Hier hat man sich, im Gegensatz zu allen anderen Rollen, sich nicht die Mühe gemacht, die Kinder ebenfalls passend auszustatten.


    Am Ende darf Prey als Vater das Schlusswort singen, bevor das ganze gestriegelte Kinderpublikum wie aufs Stichwort brav aufsteht und einstimmt in den Schlusschor „Wenn die Not aufs Höchste steigt, Gott der Herr die Hand euch reicht“. Fürchterlich.



    Brigitte Fassbaender singt hier erneut den Hänsel, wie auch schon 1978, und auch hier gefällt sie mir gesanglich überhaupt nicht. Optisch wirkt sie mit ihrer Perücke und den aufgemalten Sommersprossen zwar schon eher wie ein Lausbub, aber man sieht deutlich, dass sie nicht mehr die Jüngste war, und auch figürlich wirkt es nicht so, als ob "er" großen Hunger leidet.


    Edita Gruberova singt hier die Gretel, und gesanglich gefällt sie mir zwar besser, sie hat eine hellere Stimme, aber man merkt den leichten Akzent teilweise, und es gibt einfach bessere Interpretationen. Schauspielerisch aber finde ich sie hier völlig fehlbesetzt. Schon von der Figur her passt es nicht, und auch die Perücke macht ihr Gesicht nicht jünger. Teilweise ist das Schauspiel schon lächerlich, man sollte sich zum Beispiel anschauen, wie sie „Hänsel, sicher ist jemand nah“ singt, und dabei Hänsel so eine panische Grimasse schneidet, die höchstens als Parodie eines verängstigen Kindes durchgeht. Nein, ein Mädchen kann sie nicht spielen, auch da gibt es wesentlich besseres.


    Ein Totalreinfall ist aber Helga Dernesch als Mutter (die, nebenbei, so alt ist wie die Fassbaender, was man aber optisch nicht glauben mag!). Gesanglich durchschnittlich, läuft sie ständig mit einem Grinsen, einem unterdrücktem Lachen herum und kann einfach nicht Playback singen. Die meiste Zeit bewegt sie nicht einmal die Lippen. Leider hat sie (wie auch die anderen Figuren) manchmal auch wirklich hölzern wirkende Gesten zu spielen, etwa bei „Was nun zum Abend kochen?“, als sie in Großaufnahme die Hände an ihr Gesicht halten und in die Ferne schauen muss, was so extrem theatralisch wirkt und vermutlich nicht mal dort noch akzeptiert werden würde.


    Hermann Prey als Vater … in erster Linie sehe ich hier Hermann Prey, der sich hier vergnügt austobt, aber für mich eher wie ein lustiger Figaro wirkt, ein Scherzbold, der herumtorkelt.


    Sena Jurinac spielt die Hexe, die ich gar nicht so schlecht finde, wenn man von der auch hier schlechten Regie und Kameraarbeit hinweg sieht. Zuerst sieht sie relativ normal aus, um dann in einer Verwandlungsszene immer hässlicher zu werden. Mit verfilzten Haaren, einem irgendwie zugewachsenen Auge, Warzen, schlechten Zähnen und hässlicher Haut erkennt man sie nicht wieder, speziell wenn man an sie als junge Sängerin denkt. Eine tolle Maske!



    Was mich besonders stört sind diese vielen kleinen unnötigen Einfälle. Etwa, wenn die Hexe Hänsel mit einem Fischnetz fängt und es ihm über den Kopf stülpt. Das ist Kindergartenhumor. Oder wenn der Vater aus dem Haus läuft, und lauter animierte Besen hinterher fliegen, einfach so. Oder wenn Hänsel und Gretel auf den gigantischen Backofen klettern, oben sitzen und den Knusperwalzer singen, während die Kamera(!) mitschunkelt, bevor auf das Publikum geschnitten wird, das ebenfalls übertrieben heftig mitschunkelt.


    Ein besonders schlimmes Beispiel ist „Hurr hopp hopp hopp“: gegen Ende der Nummer werden irgendwelche blubbernden Reagenzgläser wie aus einem Chemielabor gezeigt, und der Kopf der Hexe wird mittels Doppelbelichtung eingeblendet, während man hinein- und hinauszoomt. Das soll womöglich einen dramatischen Effekt bewirken, es ist aber nichts weiter als lächerlich und völlig deplatziert. Dann reitet die Hexe auf einer Plattform durch die Luft, auf die Kamera zu, und nachdem sie „Besen hü!“ gesungen hat, lässt man das Video ein paar Sekunden schnell rückwärtslaufen, so dass sie wieder rückwärts fliegt, um dann in einem Standbild eingefroren zu sein. Solche „Effekte“ mit sachlichen Adjektiven zu beschreiben ist schwer, deswegen lasse ich es lieber.


    Am Ende wird nicht die Hexe zu einem Lebkuchen, sondern statt dem Lebkuchenhaus steht auf einmal ein gigantischer Kuchen dort – einfach einen Kuchen fotografiert und das Bild dann reinkopiert in den Film. Klingt billig, sieht auch so aus.


    Das waren jetzt nur wenige Beispiele, aber es gibt noch viel mehr davon.
    August Everding weiß mit den Figuren irgendwie nicht viel anzufangen, und lässt sie entweder irgendwelche Albernheiten machen, oder sie langweilig herumgehen, oder aber theatralische Gesten machen, die unfreiwillig komisch wirken. Ich vermute fast, dass er diese ganzen Effekte einsetzt, um keine Langeweile aufkommen zu lassen.


    Ein Beispiel für schlampige Regiearbeit ist für mich, als die Mutter entsetzt aus dem Haus läuft, und man draußen deutlich sieht, wie sie plötzlich langsam weitergeht, wohl weil die Sängerin denkt, dass sie nicht mehr im Bild ist.


    Rührend soll vermutlich die Szene sein, in der Hänsel und Gretel einschlafen. Beide rangeln sich ein bisschen um die „Decke“, bis Gretel nachgibt und ohne Decke da liegt. Hänsel gibt ihr dann von selbst die Hälfte ab. Vielleicht finden manche diesen Anblick in Verbindung mit den Streicherklängen berührend, aber in der Partitur heißt es, dass sie Arm in Arm verschlungen einschlafen – Everding aber lässt die beiden Geschwister sogar an dieser Stelle der Oper noch weiter streiten.


    Lediglich zwei kurze Stellen haben mir gefallen. Einmal als die Hexe den Ofen öffnet, und man durch die Flammen ihr hässliches Gesicht sieht, das wurde gut umgesetzt. Und zum anderen, als die Hexe gerade „mein Besengaul, hurr hopp nit faul!“ singt, dann ein Schnitt kommt und wir aus Hänsels Perspektive im Käfig sehen, wie die Hexe plötzlich auf ihn (also uns) zuspringt.


    Ich möchte die Musik jetzt nicht so ausführlich rezensieren wie sonst.
    Obwohl die Musik wie auch die 1978er Aufnahme im Sofiensaal aufgenommen wurde, ist die Tonqualität erheblich schlechter. Der Ton ist ziemlich leise und verrauschter, auch dynamisch mehr eingeschränkt, wie ich meine. Ich denke auch, dass Solti hier an manchen Stellen deutlich für den Film dirigiert, besonders bei der Echoszene ist mir das aufgefallen, für die er sich hier im Vergleich zur früheren Aufnahme mehr Zeit lässt (eine der wenigen halbwegs guten Szenen im Film, auch wenn die Kamera, warum auch immer, während der Echos auf eine Felswand zoomt).


    Der größte Unterschied ist aber sicher das Ende, diese letzten Takte, die Solti nun schneller nimmt, was auch viel besser klingt, als dieser holprig-verschleppte Schluss der 78er Einspielung.



    Ich besitze diesen Film in zwei Versionen, zum einen auf DVD, und einmal auf VHS.
    Die DVD (NTSC! Region Free) bietet ein Booklet und einen Werbe-Einleger für weitere Produkte der DG.


    Der Ton liegt in PCM Stereo sowie DTS 5.1 vor. Ich würde aber raten, sich das Ganze in Stereo anzuhören, denn diese Upmixes sind nichts. Direktionale Effekte gibt es keine, und räumlich klingt es auch nicht. Untertitel in Deutsch, Englisch und anderen Sprachen sind auch dabei. Ansonsten nur mehrere längere Trailer für andere Opern aus der Reihe.


    Das Bild ist leider nicht gut, es gibt leichte Nachzieheffekte, generell wirkt das Bild unnatürlich soft und unscharf, auch in Nahaufnahmen von Gesichtern. Ich bezweifle auch, dass das Ganze auf Blu-ray erscheinen wird.


    Die VHS ist miserabel, der Ton extrem leise, über das Bild brauche ich gar nicht reden. (Gut, die VHS ist fast 30 Jahre alt, da darf man sich nicht viel erwarten :D). Bei der Kassette ist ebenfalls ein Heftchen, in dem es allerdings nur eine Inhaltsangabe in mehreren Sprachen gibt, sonst nichts.



    Ein paar Worte noch zum Booklet, in dem es lediglich einen kurzen Aufsatz über den Film sowie eine Inhaltsangabe mit Tracklist gibt – die dafür gleich in mehreren Sprachen, deswegen ist das Booklet auch dicker.


    In diesem ziemlich unkritischen Aufsatz wird auf die Produktion eingegangen. Oder besser gesagt, jede Schwäche wird irgendwie pseudointellektuell zu erklären versucht. Ein paar Stellen möchte ich gerne kommentieren.


    Zitat

    Everding wollte das Interesse der Zuschauer wecken, indem er zu Anfang noch nicht alles zeigt.


    Genau, und deswegen zeigen wir die Hexen und fliegende Besen schon im Hexenritt und kurz davor, und die Engel sehen wir überhaupt schon in der ersten Minute!


    Nein, HUMPERDINCK und seine Schwester sind es, die das Interesse wecken, indem sie nichts zeigen. Während der Ouvertüre ist der Vorhang geschlossen, im 1. Akt gibt es nur eine Erzählung von der Hexe, im zweiten Akt Waldspukereien, und erst im dritten Akt taucht die Hexe persönlich auf. WAS soll Everding in seinem Film „zu Anfang noch nicht zeigen“?



    Zitat

    Diesen Gedanken greift die vorliegende Fassung der vertrauten Geschichte auf, indem scheinbar eine vierte Wand errichtet wird und die Studioaufnahmen suggerieren, dass das Geschehen in der Fantasie der jungen Zuschauer stattfindet.


    Nö, das tun sie nicht. Oder suggerieren die Aufnahmen auch, dass die Kinder sich einen Georg Solti als Dirigenten vorstellen?



    Zitat

    Everding betont die für die Epoche der Romantik typische Verbindung von christlichem Glauben und Natur.


    So kann man es auch nennen. Ich würde es eher als „Everding blendet ermüdend lange irgendwelche Landschaftsbilder ein, weil ihm nicht einfällt, wie man die Engelszene mehrere Minuten lang umsetzen kann“.



    Zitat

    Everding und sein Team hatten damals noch keine computergestützte Bildbearbeitung zur Verfügung und waren für die Spezialeffekte, die das Märchen verlangt, auf konventionellere Techniken und sogar auf den diskreten Einsatz von Animation angewiesen.


    What???
    „die Spezialeffekte, die das Märchen verlangt“? Welche Effekte verlangt das Märchen denn? Ja, im zweiten Akt verlangt es Nebel, eventuell noch ein Irrlicht, das hier aber gar nicht vorkommt. Im dritten Akt soll der Ofen explodieren, was jedes Opernhaus ohne Probleme gut umsetzen kann.
    Und „diskret“ ist der Einsatz von Animation hier sicher nicht. Und notwendig schon überhaupt nicht.


    Hier wird so getan, als würden diese Everdingschen Ideen alle in der Oper vorkommen – und als ob „konventionellere“ Techniken etwas Schlechteres seien als computergestützte Bildbearbeitung. Zumindest ist das mein Eindruck.


    Mein Fazit: ein mit massenweise schlechten und dümmlichen Ideen angereicherter Opernfilm, der das Werk nicht ernst nimmt.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Dieser Film ist nun bald vierzig Jahre alt, und er sollte nicht so rezensiert werden als sei er eben auf den Markt gekommen. Es handelt sich um ein durch und durch historisches Dokument, das mir nach meiner Erinnerung viel Freude bereitet hat, weil es mehrfach auch im Fernsehen gezeigt wurde. Prey, die Jurinac, Everding Solti - alle tot.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Diese Produktion ist meiner Meinung nach einfach nicht gut gealtert. Und auch für 1980 kann man bessere Regiearbeiten erwarten. Nostalgiebonus gibt es bei mir grundsätzlich keinen. (Außerdem: ich schrieb ja schon, dass ich die alten Effekte den neuen CGI-Effekten den Vorzug gebe, nur überzeugt mich dieser Film in keinster Weise).
    Dass Everding, Solti, Prey und Jurinac tot sind hat auch wenig mit diesem Film zu tun.




    LG,
    Hosenrolle1


  • https://www.youtube.com/watch?v=eKLw_oDIePA


    Dirigent: Nino Sanzogno


    Orchester: RAI Milano
    Chor: RAI Milano


    Peter - Enrico Campi
    Gertrud - Maria Amadini
    Hänsel - Fiorenza Cossotto
    Gretel - Jan Poleri
    Die Knusperhexe - Vittoria Palombini
    Sandmännchen - Jolanda Mancini
    Taumännchen - Margherita Benetti



    1957 gab es eine italienische Version von HUG, offenbar für das Fernsehen produziert.
    Ich sage es gleich: dieser Film ist für mich nur schwer zu ertragen, und ich finde ihn grottig.


    Ich beschreibe zunächst einmal grob die Inszenierung, bevor ich auf den Rest eingehe. Die Ouvertüre wird bereits inszeniert; lauter Zwerge, Bären und andere Gestalten in billigen Kostümen hüpfen, springen, laufen und zappeln da hyperaktiv durch einen beengten Studiowald herum. Erinnert mich ein bisschen an diese deutschen Märchenfilme aus den 50ern und 60ern, wo man ebenfalls Leute in solche Kostüme gesteckt hat, um die Handlung noch ein bisschen in die Länge zu ziehen.
    Leider kommen diese Zwerge, diese ganzen unnötigen herumhampelnden Figuren ständig vor: ob Hänsel und Gretel miteinander tanzen, ob sich die Kinder im Wald verlaufen, ob das Vorspiel zum dritten Akt beginnt: immer wird herumgehampelt. Dabei passt das Ganze ja nicht einmal zur Handlung. Offenbar wollte man die Szenerie für die kleineren Zuschauer interessanter gestalten, denn nur zwei Personen, die ständig singen, sind ja sicher zu langweilig …


    An dieser Stelle sollte auch die schlechte Kameraführung Erwähnung finden. Wie schon gesagt, wird in dieser Verfilmung ständig herumgehüpft, ob das die Zwerge, oder andere Figuren sind. Leider hat man sich dafür entschieden, diese Figuren möglichst in Nahaufnahme zu zeigen, so dass die Kamera ständig herumwackeln muss, um die Figur im Bild zu behalten. Als wäre das Gehupfe nicht schon nervig genug, macht mich dieses Gewackel zusätzlich noch nervös. Unerträglich!


    Die Hütte von Hänsel und Gretel sieht soweit nicht so schlecht aus, sie wirkt rustikal etc., aber die Kostüme sind wiederum mehr als übertrieben, und viel zu „edel“ für arme Figuren. Die Kostümierung der Titelpartien, ebenso wie die des Vaters, sind klischeehaft deutsch: Trachten mit Filzhut, in dem eine Feder steckt. Ich mag es ja, wenn die Kostümierung nicht modern, sondern „altmodisch“ ist, jedoch sollte es auch halbwegs zur Rolle passen und nicht nach Oktoberfest-Romantik aussehen.


    Ein weiterer Minuspunkt ist, dass es öfter Probleme mit dem lippensynchronen Singen gibt. Wie das üblich ist, wurde der Ton vorher aufgezeichnet, und die DarstellerInnen bewegen im Film dann die Lippen dazu. Besonders negativ fällt hier die Mutter auf, auch die Hexe hat damit ihre Probleme. Ab und zu sehe ich auch beim Hänsel, dass er gerade den Mund geschlossen hat, obwohl noch weiter gesungen wird (etwa bei länger ausgehaltenen Tönen).


    In der Waldszene wird es keineswegs dunkel, und auch während des Abendsegens werden Hänsel und Gretel immer noch ordentlich angestrahlt. Der Film ist in s/w, dennoch kommt hier keineswegs eine düstere Stimmung auf. Die Beleuchtung bleibt stets gleich.


    Apropos Abendsegen: man hat hier tatsächlich 14 Engel genommen, die eine unsichtbare Treppe heruntersteigen. Am Anfang dachte ich, dass zumindest an dieser Stelle wohl die Oper ein wenig ernster genommen wird – aber falsch gedacht. Die Engel, die leider von Kindern dargestellt werden, tun, sobald sie auf der Erde sind, das Gleiche wie alle anderen Figuren: sie springen hyperaktiv herum, und manchen Blödsinn, wie etwa einen Luftballon aufblasen und zerplatzen lassen. Wie überaus lustig.


    In der Hexenszene gibt es auch eine Stelle, wo ich mir an den Kopf gegriffen habe. Bekanntermaßen verhext die Hexe die Kinder, so dass sie sich nicht mehr rühren können. Hänsel bleibt unbeweglich in seinem Stall, Gretel steht unbeweglich heraußen. Erst als die Hexe Gretel entzaubert, kann diese sich wieder rühren, und später entzaubert Gretel Hänsel, worauf der sich ebenfalls rühren kann.
    Doch diese wichtige Sache hat man völlig vergeigt.


    Nachdem die Hexe ins Haus geht, geht Gretel einfach zu Hänsels Stall, öffnet ihn(!) und sagt ihm, dass ihr vor der Hexe graust. Nach der kurzen Unterredung schließt(!!) Hänsel den Stall wieder, und Gretel geht zurück an ihren Platz und mimt die Unbewegliche.
    Ja, wenn beide sich rühren können, und der Stall sogar offen ist – wieso rennt ihr nicht weg?? Was haben sich die Macher dabei gedacht?


    Nun aber zu den SängerInnen.


    Fiorenza Cossotto singt und spielt den Hänsel (ich sage „singt und spielt“, denn dass die Sänger hier auch spielen, ist leider nicht selbstverständlich, wie wir später sehen werden). Rein stimmlich ist sie für mich definitiv kein Hänsel, zu tief timbriert, zu dick klingt mir ihre Stimme. Darstellerisch jedoch finde ich sie sehr reizvoll, sie ist burschikos und jungenhaft. Es ist bedauerlich, dass ihr die Regie offenbar gesagt hat, möglichst oft unnötig herumzutanzen, aber dennoch, mir gefällt ihr Spiel.


    Über Jan Poleri, die die Gretel singt, konnte ich leider gar nichts herausfinden. Ist Jan im italienischen ein weiblicher Vorname? Egal, ihre Gretel sieht sehr jung aus, und ihren Gesang finde ich wiederum absolut in Ordnung. Die Stimme klingt hell und vibratoarm, und auch divenhaftes Geplärre sucht man hier vergebens. Besonders beim Crescendo des Abendsegens fällt das auf.


    Dann kommt die Mutter nach Hause. Die Stimme ist eigenartig, denn sie klingt sehr leise und schwach, so, als hätte die Sängerin gar keine Luft mehr. Dazu spielt sie auch noch ziemlich mies; wie sie sich auf den Tisch legt und, wie man klar sehen kann, absichtlich den Milchtopf umstößt, das hätte ich als Regisseur so nicht durchgehen lassen.


    Ja, und dann kommt der Vater nach Hause … was soll man dazu sagen? Es fängt schon mal damit an, dass man ihn akustisch so aufgenommen hat, dass er aus der Entfernung immer näher kommt, was ja durchaus Sinn macht, denn auch in der Partitur heißt es, dass man seine Stimme von weitem hört, und er näherkommt.


    Problem: die Kamera zeigt den heimkehrenden Vater, wie er sich dem Haus nähert, während seine Stimme immer noch leise ist, und immer lauter wird. Bild und Ton passen nicht zusammen. Hier wäre es vernünftiger gewesen, wenn die Kamera im Haus geblieben wäre, dann hätte der Ton auch gepasst.
    Der Vater, der da einen Trachenjanker oder sowas trägt, ist darstellerisch unterirdisch. Und selbst das ist noch milde ausgedrückt. Wie er lauter peinliche Grimassen schneidet, wie er herumhüpft und schwankt, und dabei eine starke Ähnlichkeit mit Achim Menzel hat, das ist entsetzlich!
    Wenigstens stimmlich finde ich ihn gut, ein kraftvolles Organ. Aber diese Darstellung lenkt viel zu stark ab.


    Irgendwann ist der Spuk vorüber, und Hänsel und Gretel sind im Wald. Was mir hier bei der gesamten Waldszene und teilweise auch im 1. Akt aufgefallen ist, ist, dass sich die beiden Figuren in dieser Inszenierung viel besser zu verstehen scheinen als der Text (leider) vorgibt. Immer wieder wird umarmt oder gekuschelt, und nachdem die Mutter die beiden aus dem Haus jagt, bekommt Gretel sogar ein Bussi auf die Wange.


    Generell finde ich das durchaus schön, jedoch an einer Stelle passt es absolut nicht, nämlich wenn Hänsel singt „Was bist du für ein furchtsam Wicht, ich bin ein Bub, und fürcht mich nicht“. Ich habe mir den Text übersetzen lassen, er singt hier so ziemlich das Gleiche, nämlich „Ich bin ein Mann und habe keine Angst“. Hier protzt Hänsel also damit dass ER keine Angst hat, gleichzeitig aber umarmt er Gretel? Das passt nicht zusammen, hier wirkt die Umarmung unmotiviert und unpassend.


    Aber egal, der Kuckuck ruft dann auch schon, wurde aber seltsamerweise nicht von einem Kuckucksinstrument gespielt, sondern von einem Xylophon, das den Ruf übernimmt. Die Echos klingen zwar sehr leise, aber nicht so wie Humperdinck es notiert hat. Und dann kommt das Sandmännchen – ein herumlaufender Darsteller, der gar nicht zur ruhig singenden Frauenstimme des Sandmännchens passt. Der Darsteller macht sich aber auch gar keine Mühe, so zu tun, als würde er das singen, er lässt den Mund einfach zu, während das Playback abläuft. Absoluter Käse.
    Inszenatorisch fand ich den Abendsegen, bei dem Hänsel sich an Gretel anlehnt, und das Einschlafen direkt danach, wo beide, wie vom Komponisten notiert, „eng umschlungen“ einschlafen, schön. Die einzige Stelle, wo ich gar nichts zum meckern habe :)


    Aber dann kommt der dritte Akt, und nachdem wieder so ein unnötiger Darsteller einen auf Bauchredner macht, während das Playback des Sandmännchens abläuft, kommt auch schon die Hexe. Die ist ein Kapitel für sich. Vittoria Palombini, die bereits in der Karajan-Version von 1956 die Hexe sang, darf auch hier wieder ran, und auch hier finde ich sie gesanglich ordentlich. Keine kreischende Irre, ein tieferes Timbre ohne zu knödeln, und eine herrlich böse Lache. Aber darstellerisch! Die Hexe sieht zwar hässlich aus, mit ihrer langen Nase, den schwarz angemalten Zähnen und den aufgemalten tiefen Falten, aber darstellerisch ist das ein Witz. Sie ist auf alt geschminkt, geht aber aufrecht und zügig herum, und während ihrem „Hurr hopp hopp hopp“ führt sie eine Art Ballettnummer auf, bei dem sie irgendwelche Verrenkungen macht, sich herumdreht und wirbelt, während die Kamera wie gewohnt nahe ran geht. Ganz mieses Theater, das!


    Die Lebkuchenkinder sehen ebenfalls so klischeehaft aus, mit ihren Hüten und Dirndln, der Chor klingt für mich aber verdächtig nach einem Frauenchor. Dazu kommt, dass auch die Kinder ihre Münder nicht passend zum Gesang bewegen. Ein netter Effekt ist für mich, als der Deckel des Ofens, in dem die Hexe brennt, plötzlich abfällt und Dampf herausschießt.


    Und so endet der Film wieder mit unnötigem übertriebenem Getanze aller Beteiligten.


    Musikalisch kann ich hier nicht viel sagen. Die Klangqualität ist sehr bescheiden, dynamisch sehr eingeschränkt, wenn es mal, was selten genug vorkommt, lauter wird, verzerrt der Ton leicht. Das Dirigat finde ich lieblos. Schon die Ouvertüre wird runtergehetzt, und auch die restliche Oper. Es gab keine einzige Stelle, wo ich gesagt hätte „Das klang jetzt aber schön“. Sich mit einer Partitur bei dieser Aufnahme hinzusetzen bringt wenig, weil man von der ganzen Polyphonie, von den Klangfarben, die in den Noten steht, klanglich nichts mitbekommt.



    LG,
    Hosenrolle1

  • Hänsel: Dietmar Strauss
    Gretel: Franz Josef Kiefer
    Vater: Walter Berry
    Mutter: Ruth Hesse
    Hexe: Eva Maria Goergen
    Sandmännchen: Helmut Schmid
    Taumännchen: Hans Jürgen Quick


    Regensburger Domspatzen
    Das Orchester der Bayerischen Staatsoper
    Dirigent: Heinz Wallberg



    Nun sind wir in den 70er Jahren.


    1970 gab es einen Fernsehfilm, der offenbar zur Weihnachtszeit ausgestrahlt wurde. Leider habe ich bis jetzt noch keine Kaufversion gefunden, aber ich besitze das Stück als Mitschnitt des ZDF-Theaterkanals, den es vor wenigen Jahren noch gab.
    Ich gehe einmal kurz auf die SängerInnen ein, bevor ich etwas zu der Inszenierung sage. Man hat für die Titelpartien sowie für Sand- und Taumännchen echte Kinder genommen, was an sich nicht so ungewöhnlich ist.


    Ich persönlich bin da absolut kein Freund davon, und dieser Film zeigt mir auch einmal mehr warum. Die Stimmen klingen dünn, kraftlos, kurzatmig und manchmal etwas zittrig. Irgendwo hier bei Tamino las ich in einem Posting, dass in einer Autobiografie von Walter Berry, der hier den Vater singt, stand, dass die Tontechniker die Stimmen der Kinder wegen dem großen Orchester hochschrauben mussten, damit sie überhaupt hörbar waren. Vielleicht hat jemand diese Biographie und kann das bestätigen oder besagte Stelle direkt zitieren?


    Viel sagen kann ich also über den Gesang nicht, denn der ist bei den Kindern einfach schwach. Bei der Gretel dachte ich anfangs, dass sie wie ein Junge aussieht und auch so singt – und war dann überrascht, dass sie tatsächlich von einem Jungen gesungen wird! DAS habe ich noch nicht erlebt, und ich verstehe auch nicht, wieso man auf die Idee kommt, einem Jungen eine Perücke und ein Kleid anzuziehen und ihn als Gretel auftreten zu lassen! Man merkt, abgesehen von der Stimme und dem Aussehen auch an den Bewegungen, dass das kein Mädchen ist. (Witzig wäre es gewesen, hätte man den Hänsel wiederum mit einem Mädchen besetzt, aber so finde ich das eigenartig). Manch einer mag jetzt vielleicht sagen "Hosenrollen sind ja genau das Gleiche, aber umgekehrt" - das mag sein, jedoch wurden diese normalerweise von den Komponisten so angelegt, aber hier ist das nicht der Fall.


    Und hier bin ich beim Schauspiel: auch das ist bei den Kindern leider weit unter dem Durchschnitt. Es wirkt sehr statisch, und man merkt, dass sie eine vorher eingeübte Choreografie vorspielen. Keine Bewegung wirkt da spontan, es wirkt einstudiert.
    Positiv vermerken muss ich allerdings, dass witzigerweise diese beiden die Einzigen sind, die lippensynchron singen und ihre Einsätze nicht verpassen.


    Denn besonders Walter Berry hat damit leider ein Problem, vor allem in der Hexenballade hat man das Gefühl, dass er den Text nicht genau kennt und die Lippen irgendwie bewegt. Auch bei der Mutter kommt das ab und zu vor. Berrys Vortrag reißt mich auch nicht vom Hocker, stimmlich ok, aber nichts was mir in Erinnerung bleibt.


    Das Sand- und Taumännchen, die, wie schon erwähnt, ebenfalls von Kindern gesungen werden, haben das gleiche Problem wie Hänsel und Gretel, schwache Stimmen.
    Dann kommt auch schon die Hexe, die aber leider oft eher kreischt als singt.


    Beim Kinderchor am Ende fehlen mir die Mädchenstimmen, denn obwohl man im Film auch Mädchen sieht (auch Buben mit Perücke?), hört man, dass da nur Buben mit dunklerer Stimme gesungen haben; es sind auch nur die Domspatzen angeführt. Doch gerade das ist ein Fehler! So wie auch die Besetzung der Titelrollen ein Fehler ist, denn die beiden erwachsenen Sängerinnen sollten den Chor am Ende durch ihre kräftigeren Stimmen stützen und noch mehr Volumen geben.
    Gesanglich ist da also nichts dabei was mir gefallen hätte.



    Nun aber zur Inszenierung. Was die Personenführung angeht, so finde ich den Film extrem enttäuschend. Leider hat man die meisten Darsteller darum gebeten, dass sie hin und wieder direkt in die Kamera schauen und singen sollen, was einfach nur komisch wirkt, im negativen Sinne. Nicht nur Hänsel und Gretel, auch der Vater und die Hexe tun das manchmal. Meine Vermutung ist, dass man den jüngeren Zuschauern das Gefühl geben wollte, dass sie selbst mitten im Geschehen sind. Besonders extrem ist es gegen Ende beim Knusperwalzer, wo die beiden Kinder direkt auf die Kamera zulaufen und hineinsingen. Mein Geschmack ist das nicht. Wobei ich auch kein Freund davon bin, wenn Opernfiguren ins Publikum singen, wenn es nicht unmittelbar Sinn macht.


    Bei der Hexe stört mich, dass sie es oft auch übertreibt. Derlei sieht man leider häufig; die Hexe als schrullige Alte, die, wenn sie dann böse ist, manchmal scheinbar ziellos herumwuselt, damit nur ja alle mitbekommen, wie böse sie ist.


    Leider hat man aber beim Besenritt der Hexe versucht, mit Effekten zu spielen. Die Hexe reitet da durch die Luft, aber hat so riesige, blaue Bluescreen-Ränder, und man merkt, dass sie auf dem Boden steht und NICHT fliegt – ein schlecht gealterter Effekt, der so gar nicht zur ansonsten märchenbuchhaften Ausstattung passt.


    Stichwort Kamera: die Kameraführung finde ich hingegen wieder gut. War der alte Fernsehfilm aus den 50ern noch sehr extrem mit seinen vielen Großaufnahmen und dem ständigen Verwackeln, bleibt die Kamera hier ruhig, bewegt sich langsam, zeigt auch mal das Geschehen aus einiger Entfernung, so dass man auch das ganze Set zu sehen bekommt.



    Und hier bin ich beim Set. Zwar gefällt mir die Inszenierung und die Personenführung nicht, aber beim Set, bei der Ausstattung hat man sich m.E. durchaus Mühe gegeben. Es erinnert stilmäßig an ein altes Märchenbuch, und das Hexenhaus sieht schon, für einen Fernsehfilm, prächtig aus! Natürlich sieht alles stark nach Studioproduktion aus, "Freiluft-Feeling" stellt sich hier keines ein. Auch die Kostüme gefallen mir, besonders das Kostüm der Hexe finde ich gelungen, trotz des übertriebenen Schauspiels. Die Hexe wurde nicht klischeehaft mit spitzem Hut, Katze auf der Schulter oder ähnlichem gezeigt, auch wurde sie nicht pseudo-lustig bunt oder schrill eingekleidet, sondern durchaus der damaligen Zeit entsprechend. Auch die Maske finde ich gelungen. Für mich sollte eine Hexe durchaus hässlich aussehen, mit langer Nase und Falten, ohne dabei aber zum Monster zu mutieren, denn sonst würden Hänsel und Gretel wohl sofort weglaufen.



    Hier möchte ich ein paar Bilder zeigen, die ich von meinem Flachbildschirm aufgenommen habe, deswegen die nicht optimale Qualität.




    Während der Ouvertüre werden verschiedene Bilder von Albrecht Dürer eingeblendet, während dem Hexenritt dann sieht man eine Abfolge von stimmungsvollen Bildern, darunter auch die Hexe. Zugegeben, ich finde es nicht gut, wenn man die Hexe in einer Inszenierung schon vor dem 3. Akt sieht, aber wenigstens sind es nur Bilder, und auch schön gezeichnete, wie ich finde.




    Hier ebenfalls die Hexe ohne ihre Kopfbedeckung. So wird die Hexe dann beim „Hurr hopp hopp hopp“ auch aussehen.




    Man hat bei der Traumpantomime darauf verzichtet, Darsteller für die Engel zu nehmen, und stattdessen verschiedene Engelsbilder eingeblendet, die mir ebenfalls vom Stil her gefallen.




    Diese Stelle finde ich sehr gut! Sie zeigt, dass die Macher auch auf die Musik gehört haben, denn dieses Bild wird exakt bei RZ 99 eingeblendet, als die Posaunen beginnen dieses absteigende Motiv zu schmettern. Zuerst sieht man nur das Horn, dann fährt die Kamera zurück und man sieht dieses Bild hier. Gefällt mir :)




    Hier die Hexe.




    Hier das Hexenhaus mitsamt Kulisse.




    Hier reitet die Hexe auf dem Besen, im Hintergrund der Backofen.



    Zum Dirigat kann ich leider nicht viel sagen. Die Tonqualität der Aufnahme an sich ist schon bescheiden, dazu kommt, dass die Musik recht leise abgemischt ist. Aber auch sonst war da nichts Denkwürdiges dabei. Bei der Wallberg-Aufnahme von 1974 ist es auch nicht viel anders. Die lauten Stellen wirken auf mich zu kraftlos, dynamisch sehr eingeschränkt.


    Mein Fazit: eine liebevoll ausgestattete Produktion, leider mit schlechter Personenführung und Kindern als Darsteller.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Man hat für die Titelpartien sowie für Sand- und Taumännchen echte Kinder genommen, was an sich nicht so ungewöhnlich ist.


    Ich persönlich bin da absolut kein Freund davon, und dieser Film zeigt mir auch einmal mehr warum. Die Stimmen klingen dünn, kraftlos, kurzatmig und manchmal etwas zittrig. Irgendwo hier bei Tamino las ich in einem Posting, dass in einer Autobiografie von Walter Berry, der hier den Vater singt, stand, dass die Tontechniker die Stimmen der Kinder wegen dem großen Orchester hochschrauben mussten, damit sie überhaupt hörbar waren. Vielleicht hat jemand diese Biographie und kann das bestätigen oder besagte Stelle direkt zitieren?


    Im DDR-Fernsehen gab es in grauer Vorzeit auch einmal eine filmische Version von "Hänsel und Gretel", in der Kinder die Titelrollen sangen. Sie kamen nach meiner Erinnerung aus dem Kinderstudio der Komischen Oper Berlin. Intendant Walter Felsenstein setzte sie beispielsweise in seiner damals sehr berühmten "Zauberflöte" ein. Den Hänsel sang Arnold Schrem, der sich heutzutage in Brandenburg bemüht, Kindern Oper und Klassik näherzubringen. Wir hielten mal kurzzeitig Verbindung, die sich aber wieder verlor. Wie das manchmal so ist. Jetzt bin ich wieder auf den Arnold aufmerksam geworden, weil im Booklet der berühmten "Tannhäuser"-Aufnahme unter Franz Konwitschny, die nach der EMI-Übernahme nun bei Warner erscheint, auch die vier Edelknaben namentlich genannt werden. Einer davon ist der Arnold Schrem, hier irrtümlich mit zwei "m" geschrieben.


    Selbst noch ein Kind, hat mir damals die TV-Besetzung sehr gefallen. Ich war hin und weg und nervte meine Eltern, eine Plattentaufname (die unter Fritz Lehmann) anzuschaffen. Zumindest sagt mir das meine Erinnerung. Es sollten ja zuvorderst auch Kinder erreicht werden. Ich konnte mich besser identifizieren. Diese Produktion hat viel dazu beigetragen, dass mir Oper ganz allgemein und dieses Werk ganz besonders wichtig wurde.


    Angeregt durch das Thema, habe ich mir die Walter-Berry-Bücher soeben bestellt.



    Wenn sie eintreffen, will ich gern nach der besagten Stelle suchen und sie - wenn ich denn fündig werde - zitieren.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wenn sie eintreffen, will ich gern nach der besagten Stelle suchen und sie - wenn ich denn fündig werde - zitieren.


    Danke sehr :)


    Natürlich habe ich nichts gegen Kinder als Sänger, aber bitte nur dort, wo sie auch vorgeschrieben sind. Umgekehrt stört mich etwa auch, wenn die Kuchenkinder NICHT von Kindern, sondern etwa von erwachsenen Frauen gesungen werden, weil das klanglich ebenfalls nicht passt, auch wenn es für sich genommen schön klingen mag.




    LG,
    Hosenrolle1



  • Am 7.4.1991 lief auf RTL diese Verfilmung, entweder aus dem Jahr 1986, 1987 oder 1988, ganz genau konnte ich das nie eruieren, und da habe ich sie auch aufgenommen. Die VHS ist heute natürlich total abgenudelt und hat ein miserables Bild.


    Hier handelt es sich NICHT um eine Opernaufnahme, sondern, wie gesagt, um eine Verfilmung. Warum stelle ich das überhaupt in diesem Thread ein?


    Weil es sich hier eigentlich um eine Verfilmung der Oper und nicht des Märchens handelt, und er hält sich sehr genau an die Handlung des Bühnenstücks, und schon im Vorspann steht „Music based on the opera ´Hansel and Gretel´ by Engelbert Humperdinck“. Man hat hierfür ausschließlich Humperdincks Musik verwendet, wenn auch oft in umarrangierten Versionen, aber dazu später mehr.


    In den 80er Jahren erschienen eine Reihe von Märchenfilmen, die „Cannon Movie Tales“, die ursprünglich für das Kino gedacht waren. Darin wirkten auch SchauspielerInnen wie Christopher Walken, Rebecca deMornay, Cloris Leachman, Isabella Rosselini u.a. mit.


    Eine Inhaltsangabe zu schreiben würde sich bei jeder gewöhnlichen Verfilmung erübrigen, aber in diesem Fall werde ich es trotzdem tun, damit man sieht, was man aus welcher Version (Grimms Märchen und Oper) verwendet hat.


    Handlung:


    Hänsel und Gretel leben als arme Kinder zusammen mit Vater und Mutter. Der Vater ist Holzfäller. Bei einem Besuch im Dorf bekommt Gretel von einem schmierigen Bäcker, für den ihr Vater Holz liefert, ein Säckchen Brotkrumen, und beide lernen bei einer Kasperlvorstellung ein Tanzlied. Wieder zu Hause bekommt die Mutter von einem Nachbarn einen großen Topf voller Milch, und während die Kinder ihre Arbeiten verrichten, sucht die Mutter draußen nach Beeren. Leider vergisst Hänsel den Stall des Esels zu schließen, und so tanzen die Kinder herum, während der Esel den Milchkrug umstößt. Die zornige Mutter schickt die beiden in den Wald zum Beerensuchen.
    Als der Vater nach Hause kommt und davon erfährt, ahnen beide, dass die Kinder in die verwunschenen nördlichen Wälder gegangen sind, um Beeren zu finden, und beide stürmen sie hinaus, um sie zu suchen.
    Hänsel und Gretel sind tatsächlich, trotz der Warnungen des Vaters, in die nördlichen Wälder gegangen, haben jedoch vorsorglich die Brotkrumen liegen lassen. Die Vögel fressen diese jedoch, und als es dämmert, belebt sich der Wald unheimlich, überall rufen Stimmen nach ihnen. Am nächsten Morgen wachen sie auf und erzählen sich von Engeln, von denen sie geträumt haben … sie gehen weiter, und kommen an das Lebkuchenhaus. Bald erscheint die Hexe in Gestalt von „Großmutter Griselda“, die beide in ihr Haus lockt und ihnen ordentlich auftischt. In der Nacht jedoch wacht Gretel auf und schleicht durch das dunkle Haus, um festzustellen, dass Griselda eine böse Hexe ist. Hänsel wird daraufhin in einen Käfig gesperrt, Gretel muss hart arbeiten. Doch am Ende gelingt es den beiden, Griselda in den Ofen zu verfrachten. Das ganze Haus explodiert, aus dem Lebkuchenzaun brechen die vielen Kinder aus, vormalige Opfer der Hexe. Auf dem Heimweg treffen die beiden auf ihre Eltern, und nachdem der Zauberstab der Hexe massenweise Geld ausspuckt, geht man guter Dinge nach Hause.
    _____



    Hier kann man schon gut sehen, wie man beide Teile zusammengefügt hat. Der Vater ist hier Holzfäller, die Brotkrumen (die Humperdinck laut eigener Aussage schon in seine Oper einbauen wollte) kommen ebenfalls vor, und auch der Schatz der Hexe, den es nur bei Grimms Märchen gibt, ist Teil der Geschichte. Auch lockt die Hexe die Kinder in ihr Haus, sie laufen nicht noch vor dem Haus vor ihr weg.


    Zuallererst möchte ich sagen, dass dieser Film für mich die beste aller (bisher von mir gesehenen) Hänsel und Gretel-Verfilmungen ist, denn er nimmt das Märchen und in diesem Fall die Oper einfach ernst.
    Das Leben der Familie, das hier geschildert wird, ist alles andere als lustig, sondern ziemlich trostlos. Viele kleine Szenen verdeutlichen das, etwa wenn sich der Vater ärgert, dass er seiner Tochter nicht einmal ein billiges Haarband kaufen kann, oder die Mutter in ihrem Zorn den Kindern sagt, dass sie beten sollen, dass sie am Morgen nicht mehr aufwachen müssen.


    Das ist ziemlich hart für einen Märchenfilm, und das macht es auch verständlich, dass für die Kinder jeder kleine Spaß, wie etwa das Tanzduett, schon eine kurzweilige Abwechslung, eine kurze Flucht vor diesem Alltag ist.


    Sobald die Kinder im Wald sind wird es noch heftiger. Die Stimmen und Geräusche der Dämonen und Geister, die die Kinder zu den Klängen des "Hexenritts" erschrecken, sind recht gruselig, und besonders schaurig ist die Szene, als beide zusammengerückt in der Dunkelheit des Waldes sitzen um einzuschlafen, und man plötzlich eine tiefe Stimme, die ganz in der Nähe ist, nach ihnen rufen hört.


    Ein Unterschied zur Oper ist, dass man hier den Vater ab und zu kurz sieht, wie er im Wald nach den Kindern sucht, und dabei abwechselnd seine Kinder um Hilfe und dann die bösartigen Geisterstimmen diese Hilferufe nachmachen hört.




    Das Highlight des Films ist aber die Hexe, die übrigens erst nach über einer Dreiviertelstunde auftaucht. Hier haben wir es nicht mit einer lustigen Hexe zu tun, mit einer Slapstick-Hexe, oder einer alten Frau, die halt ein bisschen böse ist. Die Hexe von Cloris Leachman ist furchteinflößend und übel, und kennt keinen Spaß; als Hänsel sich an einer Stelle weigert, noch mehr zu essen, schleicht sie sich mit einem großen Messer zur schlafenden Gretel und droht damit, sie zu erstechen. „Ich werde sie mir kurzbraten, und sie hier vertilgen, hier direkt vor deinen Augen“. (Leachman werden sicher viele aus Filmen wie „Frankenstein Jr.“ kennen, wo sie die Frau Blücher gespielt hat).


    Die DVD Vision schreibt etwa in 4/2006: „Spannende Realverfilmung des Grimm Märchens. Für empfindliche Gemüter eingeschränkt empfehlenswert“. Und das Lexikon des internationalen Films lobt Leachmans Darstellung: „Ergötzlich (wenngleich für kleinere Kinder recht schreckhaft): Cloris Leachman als böse Hexe.


    Man hat bei dieser Hexe zu keiner Zeit das Gefühl, dass sie eine alte, schrullige Frau ist, die man leicht austricksen kann. Wenn Gretel zu lange vor dem Haus Wasser holt, ruft die Hexe nach ihr, und als sie der schlafenden Hexe ihr Augenglas vorsichtig stehlen möchte, packt sie Gretel plötzlich am Arm und fragt, was sie da tut. (Netter kleiner Jumpscare für die Jüngeren).



    Und so wirkt es auch umso stärker, als sie endlich tot ist und ihre Strafe bekommt, denn von dieser Hexe geht tatsächlich eine Bedrohung aus.


    Aber die Hauptpersonen sind Hänsel und Gretel, und ich wünschte mir, dass sich Regisseure, die die Oper inszenieren, diesen Film ansehen würden, denn die beiden Kinder spielen die Titelrollen ganz natürlich, ohne pseudo-kindliches Herumgehüpfe und auf dem Boden herumkugeln, ohne Slapstick, ohne übertriebene Gesten etc.
    Liebe Regisseure, liebe Sängerinnen: seht euch an, wie man diese Rollen darstellen kann!


    Als Vater tritt hier David Warner auf, der einen guten Job macht, und auch die Mutter wird super dargestellt. Gestresst, verzweifelt, wütend, aber nicht bösartig. Wie in der Oper macht sie sich Sorgen, als sie die Kinder in Gefahr wähnt, und stürmt hinaus, um sie zu suchen.


    Loben muss ich auch die gesamte Ausstattung des Films. Das Haus des Holzfällers sieht kärglich aus, und auch das Dorf schaut so herrlich „mittelalterlich“ aus. Altmodische Häuser, eine Bäckerei wie man sie sich um 1800 wohl vorstellt, verschiedene Kaufleute, usw.


    Und natürlich das Hexenhaus, das direkt aus einer Ludwig Richter-Illustration stammen könnte! Griselda sieht vor ihrer Verwandlung ebenfalls sehr altmodisch aus, mit ihrer Schürze und ihrer Haube, und auch das Haus sieht innen sehr rustikal aus, so wie das Schlafzimmer, in dem sogar ein Gemälde von Frans Hals aus dem 17. Jahrhundert hängt. (Nebenbei, wenn man sich manche Stücke aus der Oper ohne Gesang anhört, eventuell sogar in einer für wenige Instrumente arrangierten Version, hört man etwa beim Tanzduett und bei „Suse, liebe Suse“, dass die Musik etwas „mittelalterliches“ hat, die Melodien, die Harmonik etc.)


    Auch die Kostüme wirken allesamt realistisch und schön altmodisch, ohne dabei kitschig zu sein: einen Hänsel in Lederhosen und Hut mit Feder drin gibt es hier nicht, ebenso wenig wie in Tierkostümen steckende Darsteller, die man so oft in Märchenfilmen der 50er Jahre sieht.


    Und natürlich die Musik! Die passt zu diesen Kulissen, zu den Wäldern, zu dem Knusperhaus, zu dem Dorf einfach am besten!


    Ich habe ja eingangs erwähnt, dass die Musik großteils umarrangiert wurde, jedoch in den allermeisten Fällen nicht so dass es störend wäre. So hört man etwa, als man das altmodische Dorf sieht, „Suse, liebe Suse“, und es passt einfach so herrlich dazu. Besonders effektiv der Hexenritt, der die Szene begleitet, in der Hänsel und Gretel im dunkler werdenden Wald von den Geistern erschreckt werden.


    Eine Aufwertung ist für mich auch, dass die Geschwister hier auch mehr füreinander da sind, es wird nicht so gestritten wie in der Oper, sondern zusammengehalten.


    Gelungen finde ich den Anfang des Films, als der Vorspann losgeht; man sieht ein paar Scherenschnitte von Hänsel und Gretel im Wald und mit der Hexe, während zuerst „Brüderchen, komm tanz mit mir“ und dann „Ein Männlein steht im Walde“ angespielt wird. Für mich ist das ein schöner Kunstgriff, dass die Figuren in diesen Bildern, speziell die Hexe mit ihrem spitzen Hut, nicht so aussehen wie die im Film, und man trotzdem dadurch in diese Märchenstimmung gebracht wird. Das hat einen Reiz, den ich schlecht beschreiben kann.



    Normalerweise bin ich immer für den Originalton in Filmen, in diesem Fall aber ausnahmsweise einmal nicht. Das liegt zum einen daran, dass das Märchen und die Oper auf Deutsch sind, und die deutsche Sprache für mich daher auch besser passt, zum anderen aber vor allem daran, dass die deutsche Synchronisation den Film nochmal ernster nimmt als die englischen Dialoge, besonders was den Tonfall betrifft. Im Original haben Hänsel und Gretel einen ziemlich starken britischen Akzent, nur die Hexe ist mit Cloris Leachman mit einer Amerikanerin besetzt.
    Auch ist die Wortwahl in manchen Szenen auf Deutsch einfach „märchenhafter“ und „altertümlicher“.


    Minuspunkte gibt es für zwei Dinge, die mich etwas stören. Zum einen ist es die Idee mit dem Esel, der die Milch umstößt. Wieso man da einen Esel in die Geschichte einfügen muss, statt dass man etwa Hänsel und Gretel den Krug aus Versehen umstoßen lässt, weiß ich nicht. Und ich mag die allerletzte Szene des Films nicht, wo die Eltern, Hänsel und Gretel sowie die befreiten Kinder alle aus dem Bild gehen, und man noch kurz den nun leeren Weg sieht … es ist wohl so ähnlich wie bei Ben Hur von 1959, wo die Kamera plötzlich von den Hauptfiguren weg geht. In der Oper ist das nicht so, da sind die Figuren alle auf der Bühne, während der Vorhang zugeht.


    Das Lexikon des intern. Films hat ansonsten ein recht vernichtendes Urteil:


    Zitat

    Aufwendige Verfilmung des bekannten Volksmärchens der Gebrüder Grimm, die sich auf Handlungselemente der gleichnamigen Märchenoper von Humperdinck bezieht. Zwar werden Grausamkeiten vermieden, und der Film bietet durchaus einige optische Höhepunkte, zugleich aber knüpft er allzu hausbacken an technisch und pädagogisch überholte Märchenfilm-Produktionen der 30er Jahre an.


    Es ist schon lobenswert, dass das mit Humperdincks Oper erwähnt wird, aber eigentlich ist dieser Film eine Verfilmung der OPER, in die einige Elemente aus dem Grimmschen Märchenbuch eingebaut wurden.


    Den Schluss verstehe ich aber nicht: technisch und pädagogisch überholt.
    Technisch überholt ist m.E. unzutreffend. Es gibt hier keine Computereffekte, kein Effektgewitter, falls das gemeint ist. Das ist für mich aber kein Nachteil. Und pädagogisch?? Was soll das in diesem Zusammenhang bedeuten? Was hat sich der Autor dieser Zeilen erwartet? Naja.




    Ich besitze den Film in zwei Versionen (mein abgenudelter VHS-Mitschnitt nicht mitgerechnet).


    Zum einen auf VHS-Kaufkassette von 1990, die aber nicht empfehlenswert ist, denn leider wurde hier im Vorspann heftig geschnitten, warum auch immer, von der Bild- und Tonqualität eines so alten Bandes einmal abgesehen.
    Und auf DVD, die aber eigentlich ebenfalls nicht empfehlenswert ist. Die Bildqualität ist zwar vergleichsweise gut, aber leider hat man die Helligkeit viel zu hoch geschraubt, so dass Nachtszenen zu hell sind. Außerdem ist das Bildformat ein Witz, denn man hat oben und unten diese 16:9 Balken, die aber keine Funktion haben – sie verdecken das Bild bloß und rauben ihm Informationen. Andererseits bietet die DVD den Film ungeschnitten, der Vorspann ist vollständig (und auf Englisch) enthalten, und auch das Lied des heimkehrenden Vaters, das für den deutschen Verleih auf VHS und in Fernsehausstrahlungen immer herausgeschnitten wird, ist nun mit dabei.


    Ich würde mir daher nichts davon kaufen. Das eine ist geschnitten und hat ein schlechtes Bild, das andere ist ungeschnitten, und hat ein viel zu helles Bild, was auf Kosten der Stimmung und Atmosphäre geht. Selten spielt es ihn einmal im Pro7 Vormittagsprogramm (manchmal sogar komplett ohne Werbung, während RTL 1991 gleich 2 Werbungen drin hatte!), beim nächsten Mal werde ich darauf achten, ob der Vorspann ganz ist und die Helligkeit passt.


    Mein Fazit: eine Verfilmung, die die Oper und das Grimmsche Original ernst nimmt und auf gelungene Weise miteinander vermischt. Keine lustig-bunte Märchenwelt, und glaubhafte Darsteller. An den beiden Kindern und an dieser Hexe sollten sich Regisseure und Sängerinnen ein Beispiel nehmen. Cloris Leachmans Darstellung muss man gesehen haben!




    LG,
    Hosenrolle1

  • Man hat für die Titelpartien sowie für Sand- und Taumännchen echte Kinder genommen, was an sich nicht so ungewöhnlich ist.


    Ich persönlich bin da absolut kein Freund davon, und dieser Film zeigt mir auch einmal mehr warum. Die Stimmen klingen dünn, kraftlos, kurzatmig und manchmal etwas zittrig. Irgendwo hier bei Tamino las ich in einem Posting, dass in einer Autobiografie von Walter Berry, der hier den Vater singt, stand, dass die Tontechniker die Stimmen der Kinder wegen dem großen Orchester hochschrauben mussten, damit sie überhaupt hörbar waren. Vielleicht hat jemand diese Biographie und kann das bestätigen oder besagte Stelle direkt zitieren?


    Lieber HR1, inwzischen ist das Walter-Berry-Buch von Elisabeth Bernbaum (Henschel 2001) bei mir eingetroffen, und ich habe die Passage zu "Hänsel und Gretel" herausgesucht. Sie findet sich auf seite 221:


    "Gleich zwei Schallplatten gibt es, auf denen Berry den Besenbinder in Humperdincks Hansel und Gretel singt, obwohl er auch diese Rolle nie auf der Bühne verkörpert hat. Das Geschwisterpaar ist auf beiden Aufnahmen sehr passend besetzt, auch wenn mir persönlich Brigitte Faßbaender als Hänsel besser gefällt als Irmgard Seefried. Für dieselbe Aufnahme unter George Solti spricht auch, dass das Taumännchen, eine kurze, aber wichtige Rolle, die junge Edita Gruberova singt. Daneben existiert auch eine Verfilmung dieser Oper, in der aus optischen Gründen zwei Sängerknaben das Geschwisterpaar singen. Dass das musikalisch problematisch ist, weil die zarten Kinderstimmen unter normalen Umständen keine Chance haben, gegen die Wagner-ähnliche Instrumentierung des Orchesters anzukommen, wird jeder wissen, der die Oper schon einmal auf der Bühne gehört hat. Aber als Film selbst ist die Produktion recht gelungen und nett anzusehen."


    In dem zweiten Buch, das ich in Beitrag 14 nannte, gibt es keine Ausführungen zu "Hänsel und Gretel".

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat

    Rheingold1876: Dieser Film ist nun bald vierzig Jahre alt, und er sollte nicht so rezensiert werden als sei er eben auf den Markt gekommen. Es handelt sich um ein durch und durch historisches Dokument, das mir nach meiner Erinnerung viel Freude bereitet hat, weil es mehrfach auch im Fernsehen gezeigt wurde. Prey, die Jurinac, Everding Solti - alle tot.


    Ich denke wie Rheingold. damit sind wir schon zwei.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Danke, lieber Rheingold1876, für´s raussuchen! :)


    "Gleich zwei Schallplatten gibt es, auf denen Berry den Besenbinder in Humperdincks Hansel und Gretel singt, obwohl er auch diese Rolle nie auf der Bühne verkörpert hat. Das Geschwisterpaar ist auf beiden Aufnahmen sehr passend besetzt, auch wenn mir persönlich Brigitte Faßbaender als Hänsel besser gefällt als Irmgard Seefried.


    Diese Stelle hat mich doch verwundert. Natürlich ist es Geschmackssache, was man als "passend" empfindet, aber Seefried hatte in der Aufnahme heftige Probleme mit dem Singen, besonders gut hörbar am Anfang des Knusperwalzers, wo sie den hohen Ton nicht trifft. Allerdings fiel mir das auch bei ihrer Agathe im Freischütz auf, und ich las, dass sie während ihrer Schwangerschaft weiter gesungen und sich damit die Stimme ein bisschen kaputt gemacht hat. Und die Rothenberger als Gretel ... wenn ich da nur an das Plattencover denke, wo sie mit knallrotem Lippenstift und sauber manikürten Fingernägeln posiert :no:


    Auch die Besetzung Fassbaender-Popp gefällt mir persönlich gar nicht, manche aber bemängeln - zurecht, wie ich finde - dass beide sich viel zu ähnlich klingen.


    Daneben existiert auch eine Verfilmung dieser Oper, in der aus optischen Gründen zwei Sängerknaben das Geschwisterpaar singen.


    Also wenn man schon Wert auf das Optische legt, dann sollte man m.E. aber auch für die Gretel ein echtes Mädchen nehmen, und keinen Burschen. :D




    LG,
    Hosenrolle1

  • Auch die Besetzung Fassbaender-Popp gefällt mir persönlich gar nicht, manche aber bemängeln - zurecht, wie ich finde - dass beide sich viel zu ähnlich klingen.

    Fassbaender und Popp habe ich auch jahrelang verwechselt... :D


    (Mal ehrlich: Ohne die konkrete Aufnahme zu kennen, habe ich beide Sängerinnen in so vielen verschiedenen Aufnahmen gehört, dass ich mir beinahe keine unterschiedlicheren Frauenstimmen als diese beiden vorstellen könnte.)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • (Mal ehrlich: Ohne die konkrete Aufnahme zu kennen, habe ich beide Sängerinnen in so vielen verschiedenen Aufnahmen gehört, dass ich mir beinahe keine unterschiedlicheren Frauenstimmen als diese beiden vorstellen könnte.)


    Hör dir mal hier das "Suse, liebe Suse" an, ab 8:50:



    Ich finde schon, dass beide sich hier ziemlich ähnlich klingen, zumindest so ähnlich, dass ich, würde ich diese Oper das erste Mal hören, Probleme hätte zu wissen, ob gerade Hänsel oder Gretel singt.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Gerade der Einwurf "Ei, wie beißt mich der Hunger" von Popps Gretel klingt so extrem anders als Fassbaenders Hänsel-Strophe, dass ich nie auf die Idee gekommen wäre, beide könnten hier ähnlich klingen. In der Gretel-Strophe leuchtet Popps slawische Stimme wegen der relativ tiefen Lage nicht so sehr wie sonst, singt sie schlichter, "kindlicher" als sonst, und die Fassbaender orgelt den kleinen Einwurf auch nicht so wie sonst, sondern gibt ihn sehr schlicht, vielleicht haben sich beide am Anfang tatsächlich bemüht, "kindlich" zu klingen, aber spätestens bei "seinem" "Ach, käm doch die Mutter nur endlich nach Haus'" orgelt die Fassbaender wie gewohnt brustig und der Unterschied zwischen beiden könnte wieder größer kaum sein. Und wirklich gleich klingeln Hänsels Einwurf in Gretels erster Strophe und diese selbst auch nicht, sie behält ihr Timbre (und ihren leichten slawischen Akzent) trotz aller Schlichtheit und die Fassbaender klingt bei ihrem Einsatz trotz aller Schlichtheit doch von der Popp deutlich unterschiedbar, selbst wenn die Unterschiedlichkeit an dieser Stelle vielleicht nicht ganz so groß ist wie sonst, was natürlich an der "schlichten Weise" liegt.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"