Anton Bruckner - Symphonien 00 - 9: Welcher Zyklus ist der Beste?

  • Guten Morgen allerseits,


    unser Foren-Mitglied Manni bemerkte hier heute morgen um 2:34 Uhr :

    Nun, dem Mann kann geholfen werden. Zu Beethoven gibt es bereits einen entsprechenden Thread, und ich kann mir vorstellen, dass demnächst auch für andere Komponisten ein solcher eröffnet wird (Mahler, Tschaikowski, Schostakowitsch).


    Nun, welche GA ist die Beste ? Ich habe deren einige, aber bevor ich meine Meinung kundtue (von der ich nicht weiß, ob ich sie schon habe), möchte ich der Foren-Gemeinschaft Gelegenheit geben, sich zu äußern.


    rolo :hello:

    Es wird immer weitergehn, Musik als Träger von Ideen.

    Kraftwerk

  • Wenn den auch zwingend die "Nullte" und die "Doppelnullte", also die Studiensinfonie, mit enthalten sein müssen, wird die Auswahl der Zyklen schwierig, denn die hat kaum ein Dirigent mit eingespielt, den man sonst nennen könnte/müßte (Günter Wand z.B.).


    Eliahu Inbal ist zum Beispiel eine lobenswerte Ausnahme



    -Die Anschaffung lohnt sich insbesondere deswegen, weil hier die Erstfassungen der dritten, vierten und achten Sinfonie enthalten sind (und, nach der Spielzeit zu deuten), auch das rekonstruierte Finale bei der neunten Sinfonie.


    Inbal war der erste Dirigent, der die Erstfassungen auf CD veröffentlichte.


    Georg Tintner kann man ebenfalls (fast) bedenkenlos empfehlen:



    Hier gibt's immerhin die dritte und achte Sinfonie in der Erstfassung, bei der "Romantischen" liebte es Herr Tintner wohl eher populärer...


    Großes Plus bei Tintner ist die Orchesteraufstellung, bei der sich die ersten und zweiten Violinen gegenüber- und nicht nebeneinander sitzen. Ein gewisser Nachteil sind die Orchester, mit denen Tintner die Werke einspielten. Es sind keine "Weltklasse"-Ensembles. Gewisse Abstriche bei der Differenzierung und der "Durchschlagskraft" bei den Blechbläsern müssen gemacht werden.


    Dritte Empfehlung: Stanislaw Skrowaczewski



    Hier kann man die drei o.g. Sinfonien in den "gewohnten Fassungen hören".
    Diese Aufnahmen zeichnen sich durch einen warmen, baßsatten Klang aus. Gegen die Spielkultur des RSO Saarbrücken gibt es keinerlei Einwände.


    Das zum Einstieg...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Von den bekannteren (teils älteren) Zyklen (2x Jochum, Karajan, Solti, Haitink?, Wand) enthält keiner Null und Doppelnull, oder?
    Bei Celibidaches Live-Aufnahmen fehlen, wenn ich recht erinnere, auch 1 und 2. Ebenso hat Gielen, zwar nie als Zyklus erhältlich, 3-9 eingespielt.


    viele Grüße


    JR (der noch immer keinen Zyklus von einem einzigen Dirigenten besitzt und vermutlich auch nie wird ;))

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Mit Inbal besitze ich Bruckner 3,4,7 und 9.


    Harnoncourt hat sich auch an der Neunten versucht:




    (Ersteinspielung der kritischen Neuausgabe
    von Benjamin-Gunnar Cohrs. Live-Aufnahme
    von den Salzburger Festspielen 2003)
    +Ersteinpielung der Fragmente des
    Final-Satzes, erklärt von Nikolaus Harnoncourt)


    Dazu diese Kritik:
    P. Kelm in Stereo 12 / 03: "Nikolaus Harnoncourt stellt in diesem Livemitschnitt die drei vollendeten Sätze von Bruckners letzter Symphonie und die Fragmente des 4. Satzes vor. In seiner bemerkenswerten Interpretation bekommt Bruckners Musik etwas Sprechendes - so als habe Harnoncourt das barocke Prinzip der "Klangrede" auch auf die Romantik angewendet."


    Stereoplay 02 / 04: "Eine eindrucksvolle Wiedergabe, die nicht nur vom Wohlklang der Wiener Philharmoniker lebt,
    sondern auch in ihrer liebevollen Detailgenauigkeit ihre hohen Qualitäten hat."


    Aufgrund des Hinweises von Norbert werde ich heute mal Inbal mit Harnoncourt vergleichen.


    LG, Bernward :hello:


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Von den bekannteren (teils älteren) Zyklen (2x Jochum, Karajan, Solti, Haitink?, Wand) enthält keiner Null und Doppelnull, oder?


    Korrekt, bis auf Haitink und Solti. Sie haben immerhin die "Nullte" mit eingespielt.



    Zitat

    Bei Celibidaches Live-Aufnahmen fehlen, wenn ich recht erinnere, auch 1 und 2. Ebenso hat Gielen, zwar nie als Zyklus erhältlich, 3-9 eingespielt.


    Auch richtig. Von den Aufnahmen mit den Münchner Philharmonikern gibt es mit Celibidache die Sinfonien 3-9, bei den früheren mit dem RSO Stuttgart gar "nur" 3-5 und 7-9.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Mit GA ist es iimmer Problematisch, da die enthaltenen aufnahmen nicht alle einheitlich gut sind !


    Deshalb möchte ich parallel zu diesem auf den Thread Bruckner für Einsteiger-welche aufnahmen sind empfehlenswert ?, bei dem über bislang 121 Beiträge massig über Bruckner-Einzelaufnahmen und Bruckner-GA diskutiert wurde.



    Geht es um eine GA der Sinfonien Nr.1-9, so liegen mir alle Aufnahmen mit dem Chicago SO / Georg Solti (Decca) sehr am Herzen:
    Durchweg packend realisiert, rhythmisch betont, nie langweilig, nie verschleppend und in ganz famoser Decca-Klangtechnik.



    Die von Norbert genannte Inbal-Aufnahme (TELDEC) ist sicher auch sehr erwähnenswert.
    :!: Ich halte diese aber eher als Ergänzung zu einer anderen GA dadurch interssant, da sich Inbal durchweg für die Urfassungen entscheidet. Man sollte die Spätfassungen aber auch kennen, da sonst der Gesamteindruck fehlt ! Ich meine da würde nur mit Inbal alleine ein verzerrtes Bruckner-Bild entstehen.
    Ich habe die Sinfonien Nr. 3 und 4 in diesen Urfassungen mit Inbal.
    Die Inbal-Aufnahmen sind klangtechnisch auf hohem Niveau und vom RSO Frankfurt erstklassig gespielt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Danke rolo, für den Thread.


    Ich hatte bisher mit Bruckner nichts am Hut. Seit Alfred im Bruckner-Forum mitmischt schaute ich dort öfter mal rein und mir entging nicht der Hinweis auf die neue GA vom bayrischen Rundfunk mit Lorin Maazel.
    Der Vorzugspreis bei jpc löste bei mir einen Impulskauf aus. Wurde mal Zeit, mir den Bruckner anzuhören.


    Ich kann zum Dirigiat von Maazel jetzt nichts sagen, da mir die Erfahrungen fehlen, aber bin erst mal begeistert.
    Gehört bis jetzt die 8. und 2. Sinfonie.

    Liebe Grüße
    der Manfred

  • Hallo Norbert,


    zum Inbal-Zyklus sei noch angemerkt, dass sich auf der Doppel-CD zur 5. die Ersteinspielung vom SMPC-Finale befindet.
    Zum Tintner-Zyklus sei bemerkt, dass neben den Sinfonien 3 und 8 auch noch die Sinfonien 1 und 2 in frühesten Fassungen eingespielt sind und zwar in noch früheren, als bei Inbal.


    Und dann möchte ich noch auf den Wand-Zyklus hinweisen:



    Selbiger beinhaltet eine 1. in der 1890/91er und eine 3. in der 1889er Fassung, welche zwischenzeitlich schon rar werden - besonders die 1. - und hier in bester Interpretation vorliegen.


    Viele Grüße
    John Doe
    :hello:


  • Und dann möchte ich noch auf den Wand-Zyklus hinweisen:



    Selbiger beinhaltet eine 1. in der 1890/91er und eine 3. in der 1889er Fassung, welche zwischenzeitlich schon rar werden - besonders die 1. - und hier in bester Interpretation vorliegen.


    Ist die 3. bei Wand nicht die "übliche" Fassung? Wird inzwischen eine andere bevorzugt gespielt?
    (Das war eine meiner ersten 5 Bruckner-CDs und im Ggs. zu seiner 4. habe ich sie auch heute noch.)
    (ich mag mich irren, dass es "übliche" Fassungen gibt, dachte aber, dass das bei den meisten Sinfonien der Fall sei. Nach wie vor ist mein Interesse nicht ausreichend, mich mit den Alternativfassungen ernsthaft zu befassen. :D)


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes Roehl,


    das, was ich in letzter Zeit an Neuaufnahmen von der B3 mitbekommen habe, waren nur Erstfassungen. Eine aktuelle 3.3 wüßte ich jetzt gar nicht.
    Und die Wiener Fassung von der B1, also die von 90/91, steht ja schon seit Ewigkeiten im Schatten von der Linzer Fassung.


    Ob nun diese Fassungen wichtig sind?
    Obwohl ich jetzt nicht unbedingt der Bruckner-Fan bin, muss ich dazu doch ja sagen, da sie sich teilweise derart voneinander unterscheiden, dass man schon von verschiedenen Sinfonien sprechen kann, hat doch der liebe Bruckner nicht nur Details, sondern die komplette Architektur geändert und teilweise auch noch ganze Sätze ausgetauscht.
    D.h. wenn man alle Sinfonien von Bruckner kennenlernen will, dann reichen halt neune, bzw. elfe nicht, wenn man die 0 und die 00 auch dazuzählt.


    Und solltest du irgendwann einmal mehr Interesse daran finden, dann steht dir ein gut zugängliches musikalisches Gebirgsmassiv zur Verfügung, das du dann in aller Ruhe und Muße erkunden kannst. Nur auf eine Sache solltest du achten, wenn du´s irgendwann wirklich mal machen willst: Nämlich es nicht zu lange aufschieben, auf dass es dir nicht so ergeht, wie Bruckner selbst, hat sich doch dieser durch seine späten Umarbeitungen früherer Sinfonien um die Fertigstellung seiner 9. gebracht. :D


    Viele Grüße
    John Doe

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose

  • Ich habe mir vor einigen Jahren (im entsprechenden thread berichtet) die Urfassung der 4. (Russell Davies) gekauft. Hier ist ja ein Satz ein völlig anderer. Allerdings hat mir das Stück überhaupt nicht gefallen, daher genießen andere Urfassungen keine hohe Priorität.
    Mit "üblich" bei der Dritten meinte ich 1889. Wand und Schuricht spielen beide diese und das waren lange meine einzigen Aufnahmen. Ich finde bei mir nun noch Haitink: 1877 Oeser, das müsste wohl die 2. Fassung sein, Skrowaczewski: 1887/89 wohl wieder die 3. "übliche" und Gielen: 1876/77, wieder 2. Fassung. Letztere habe ich vermutlich noch nicht gehört. Beim Haitiink bin ich mir nicht sicher. Ich kenne das Werk vermutlich auch nicht gut genug, dass mir ohne direkten A-B-Vergleich Unterschiede auffallen würden. Anders als bei der 4., wo das Scherzo ein ganz anderer Satz ist.


    Zitat


    Und solltest du irgendwann einmal mehr Interesse daran finden, dann steht dir ein gut zugängliches musikalisches Gebirgsmassiv zur Verfügung, das du dann in aller Ruhe und Muße erkunden kannst. Nur auf eine Sache solltest du achten, wenn du´s irgendwann wirklich mal machen willst: Nämlich es nicht zu lange aufschieben, auf dass es dir nicht so ergeht, wie Bruckner selbst, hat sich doch dieser durch seine späten Umarbeitungen früherer Sinfonien um die Fertigstellung seiner 9. gebracht. :D


    Da ich noch jünger bin als Bruckner bei seiner "Ersten", hoffe ich doch, dass mir ein derart hartes Schicksal als Hörer erspart bleiben wird. ;)
    Ich muss aber zugeben, dass mein ohnehin etwas distanziertes Verhältnis zu Bruckners Musik durch den Wahnsinn mit den unterschiedlichen Fassung nicht gerade erleichtert wird... Ich verstehe ja, dass manche das spannend finden und vielleicht sogar froh sind, nicht nur 9 oder 11, sondern 15 oder mehr Sinfonien (von denen sich einige dann noch ähnlicher sind als der Rest schon) zu haben, aber mein Ding ist das halt nicht.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes Roehl,


    Da ich noch jünger bin als Bruckner bei seiner "Ersten", hoffe ich doch, dass mir ein derart hartes Schicksal als Hörer erspart bleiben wird.


    dann bist du ja noch jung und hast Zeit. Aber beachte, in der Klassik sollte man niemals nie sagen, weil man nun wirklich nicht weiß, auf was man da noch so alles kommt.


    Viele Grüße
    John Doe
    ;)

  • Nicht nur dem Bruckner-Anfänger bedenkenlos zu empfehlen: Karajan.



    Weder Solti, noch Tintner, noch Skrowaczewski oder Inbal (allesamt sicher kein Fehlkauf) sind so günstig zu bekommen. Für 20 EUR kriegt man hier Spitzen-Interpretationen geliefert, die sicher jeweils zu den besten Aufnahmen der jeweiligen Symphonie zählen.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Joseph II,


    den gibt es sogar noch für ein paar Cent weniger:



    Jochums Bruckner-Zyklus mit der Staatskapelle Dresden.
    Außerdem ist da noch als Zugabe die 0. unter Skrowaczewski mit dabei. Ansonsten gilt für diesen Zyklus genau das gleiche, was du zu Karajan seinem gesagt hast, was ich nur dahingehend ergänzen will, dass Jochum seiner Zeit als d e r Bruckner-Interpret gehandelt wurde.


    John Doe
    :hello:

  • K

    Nicht nur dem Bruckner-Anfänger bedenkenlos zu empfehlen: Karajan.


    Nachdem ich in Beitrag 6 die Solti-GA (Decca) für mich als den besten Gesamtzyklus herausgestellt habe, war ich mir sicher, dass Du auch die Karajan-GA (DG) hier einbringst. :D Die wollte ich Dir überlassen.
    :hello: Aber Du hast auf jeden Fall meine volle Zustimmung zu dieser Empfehlung, denn diese DG-Karajan-Aufnahmen liegen mir von allen 9Sinfonien als DG-Einzel-CD´s vor.
    :!: Noch nie war ich bei diesen Käufen gespannter auf den Erwerb der Nächsten dieser Einzel-CD´s (die nicht alle auf einmal gleich verfügbar waren und die GA war damals auch noch nicht im Handel). Jeder Kauf und die anschleißende Hörsitzung war ein absolutes AHA-Erlebnis für mich. Bei aller Kritik, die man auch in anderen Bruckner-Threads hier und da ließt, verlasse ich mich auf mein Gehör und den dazugehörigen Geschmack. :thumbup: Und der sagt mir, das auch Karajan zu den ganz großen und tiefen Bruckner-Interpreten gehört.


    Bei der ebenfalls von mir favorisierten Solti-GA hätte ich nur Abstriche bei der Sinfonie Nr.4 zu machen, die zwar mit Solti auch perfekt klingt. ;) Aber hier bin ich von Karajan´s DG-Aufnahme derart geprägt ( :D einige Andere werden warscheinlich sagen - verdorben. Sei es drum !), dass auf mich, neben der in ihrer Schlagkraft unerreichten stahlharten Karajan-Aufnahme, kaum eine Andere noch wirklich "wirkt".




    Ich akzeptiere Eure Empfehlingen alle.
    Wenn Euch das gefällt, dann freue ich mich über Eure Freude an der Musik .
    Aber der azf mich langatmig wirkende Tintner (Naxos), der zudem noch mit "nicht so guten" Orchestern auf einem hier typischen Klang mit Naxos-Touch aufwartet, kann mich genauso wenig begeistern wie der noch langatmigere Celi. Sowas "zieht" bei mir einfach nicht ... ich habe diese "Naxosen" weiterverkauft.


    Die letzen Beiträge buhlen um die Gunst der preiswertesten Bruckner-GA. Ich finde gerade bei einer Bruckner-GA ist der Preis sekundär. Es kommt auf die Quailät der Interpretation/Aufnahme an ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich finde gerade bei einer Bruckner-GA ist der Preis sekundär. Es kommt auf die Quailät der Interpretation/Aufnahme an ...


    Ich kann teleton nur zustimmen. Bruckner ist für mich der einzige Komponist, bei dem ich die von mir normalerweise praktizierte Sammler-Philosophie "10 Einspielungen eines Werks reichen völlig" relativiere (okay, ich geb's ja zu: bei einigen Beethoven-Sinfonien werde ich auch manchmal "schwach" und häufe 12 oder gar 14 Aufnahmen an). Dafür ist Bruckner und sind seine Interpreten einfach viel zu spannend. Deswegen kann ich ganz persönlich auch die Haltung "Ich brauche eine einzige Bruckner-Gesamtaufnahme von einem einzigen Dirigenten und die für ganz, ganz billiges Geld" nicht recht nachvollziehen. Wie überhaupt die Beschränkung auf eine Gesamtaufnahme (welche dann auch noch die "Nullte" oder vielleicht gar auch noch die Jugend-Sinfonie einschließen soll) der meiner Meinung nach falscheste Weg ist: auf diese Weise gehen einem die "Nichtkomplettisten" Furtwängler, Giulini, Klemperer, Matacic, Walter, Kertész, Tennstedt, Wallberg, Bernstein und viele andere durch die Lappen, welche hochspannende Aufnahmen von einzelnen Sinfonien vorgelegt haben. Und selbst bei einem Titan wie Wand würde ich nie zur Gesamtaufnahme mit dem Kölner RSO raten, weil die Bruckner-Aufnahmen mit dem Sinfonieorchester des NDR (ab der Sinfonie Nr. 3) oder mit den Berliner Philharmonikern (ab der Sinfonie Nr. 4, ohne Sinfonie Nr. 6) einfach doch noch einiges besser sind (von den Münchener Aufnahmen mag man ähnliches behaupten - ich kenne diese jüngst erschienenen Wand-Einspielungen leider nicht). Und für den von mir normalerweise ungeliebten Karajan gilt dies erst Recht: wenn man sich seine Gesamtaufnahme mit den Berliner Philharmonikern greift, nur weil sie derzeit billig ist, verpasst man seine beiden grandiosesten Aufnahmen schlechthin - die Siebte und die Achte mit den Wiener Philharmonikern, kurz vor Karajans Tod eingespielt. Welche Hammer-Aufnahmen hat der schon vom nahenden Tod gezeichnete, verbitterte Mann dort in Wien zustandegebracht! Das nötigt selbst mir Karajan-Skeptiker den allerallerhöchsten Respekt ab.


    Dies alles vorausgeschickt, würde ich, wenn es denn nun unbedingt eine Gesamtaufnahme einschließlich der Nullten sein soll, Chailly empfehlen.

    Ich habe aus diesem Amsterdamer-/Berliner-Zyklus insgesamt 5 Einzel-CDs in meiner Sammlung und sie sind alle erstklassig! Daher vermute ich, dass der "Rest" ähnlich gut ist. Kurzbeschreibung: Decca-Klangqualität trifft auf zwei Spitzenorchester und einen hochmotivierten, tollen Dirigenten. Wer aber nach dem Erwerb einer Gesamtaufnahme voranschreiten möchte, sollte sich keine zweite zulegen. Sondern sollte sich (wenn Mono-Klangqualität akzeptiert wird) Furtwängler zu Gemüte führen - den besten Bruckner-Dirigenten überhaupt (das ist jetzt meine persönliche Meinung). Der sollte sich Bruckners Sechste mit Klemperer unbedingt(!!) besorgen (eine der grandiosesten Orchester-CDs überhaupt! Das ist schon fast nicht mehr meine persönliche Meinung, sondern schon beinahe eine Tatsache). Und der sollte Karajan/Wiener Philharmoniker mit der Siebten und Achten in die Sammlung aufnehmen. Wie auch Kertész mit der Vierten, Tennstedt mit der Dritten, Giulini mit der Achten (DG-Aufnahme!), Wand mit eigentlich allen Sinfonien, bei denen ihm die Berliner Philharmoniker zur Verfügung standen... Und schon bin ich bei meinem Ausgangspunkt: ein einziger Dirigent reicht einfach nicht.

  • Lieber Swjatoslaw,


    die Frage, ob eine Gesamtaufnahme "Sinn" macht oder nicht, ist für mich eine grundsätzliche und nicht eine speziell auf Bruckner bezogene.
    Natürlich ist die Beschäftigung mit Bruckners sinfonischen Schaffen "spannend", aber das ist auch die Beschäftigung mit dem Werk Mahlers, Beethovens, Brahms', Dvoraks, Schostakowitschs und etlicher anderer Komponisten.


    Wenn eine Gesamtaufnahme gut und günstig ist, dann ist dagegen nichts einzuwenden, und daß eine Gesamtaufnahme die "ultima ratio" darstellt, hat niemand ernsthaft behauptet. Wie bei so vielen anderen Komponisten entscheidet der persönliche Geschmack, so wohl in der Frage nach Gesamt- oder Einzelaufnahmen als auch in der Frage nach persönlichen Präferenzen.


    Ich zum Beispiel ziehe bei Wand immer die Aufnahmen mit dem NDR-Sinfonieorchester vor, weil bei den späteren Aufnahmen mit den Berliner Philharmonikern zu viel "altersmilder Wohlklang" vorhanden ist, würde mir niemals die Karajan-Gesamtaufnahme zulegen, weil die Interpretationen der dritten und vierten Sinfonie für mich "glattpolierter Klangbombast", aber kein Bruckner sind (teile aber die Meinung, daß man unbedingt die späten Aufnmahmen mit den Wiener Philharmonikern kennen sollte) und frage mich, was Bernstein in der Aufzählung sehr guter bis hervorragender Bruckner-Dirigenten zu suchen hat ;) .


    So hat halt jeder seine persönliche Meinung, und Deine (oder teletons oder die der anderen, die sich hier beteiligt haben) ist genau so "richtig" oder "falsch" wie meine.


    "Ein Dirigent reicht nicht"-diese Aussage trifft zu, wenn man sich mit dem umfassenden Spektrum der Interpretationen beschäftigen möchte. Aber, siehe oben, gleiches gilt auch für zig andere Komponisten.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich zum Beispiel ziehe bei Wand immer die Aufnahmen mit dem NDR-Sinfonieorchester vor.

    Das verstehe ich nur zu gut. Ich habe bei Wand einen "Mischmasch" aus seinen drei Schaffensphasen in der Sammlung: ich habe die Sinfonien Nr. 1 und 2 als Einzel-CDs mit dem Kölner RSO, die Sinfonien Nr. 3, 6 und 9 als Einzel-CDs mit dem NDR-Sinfonieorchester und die übrigen mit den Berliner Philharmonikern. Die Auffassung, dass die Aufnahmen mit dem NDR-SO die aufregendsten sind, kann ich sehr gut nachvollziehen.

    und frage mich, was Bernstein in der Aufzählung sehr guter bis hervorragender Bruckner-Dirigenten zu suchen hat ;)

    Das bezieht sich auf diese Neunte mit den Wiener Philharmonikern:

    Lennie auf ungewohntem Terrain, aber meiner Meinung nach eine echte Bereicherung des Bruckner-Katalogs.

  • Lieber Swjatoslaw,


    die Frage, ob eine Gesamtaufnahme "Sinn" macht oder nicht, ist für mich eine grundsätzliche und nicht eine speziell auf Bruckner bezogene. ...


    Im Fall Bruckner liegen die Dinge aber anders als bei den meisten übrigen Komponisten. Ich kann mir einen Beethoven oder Mahler-Zyklus nach persönlichen Vorlieben kaufen und damit für zumindest einige Zeit glücklich sein. Vor allem kann ich mich auf diese Weise mit dem vollständigen symphonischen Schaffen des jeweiligen Komponisten vertraut machen. Genau das geht aber bei Bruckner nicht!


    Kaufe ich neun Bruckner-Symphonien in einer Packung, fehlen 0 und 00. Aber selbst wenn die dabei sind, ist das Problem nicht gelöst, da es ja von einigen Symphonien stark unterschiedliche Versionen gibt. Will man den ganzen Bruckner kennenlernen, kommt man um zusätzliche Käufe nicht herum. Nebenbei bemerkt finde ich es überraschend, dass in unserer Zeit der Gesamteinspielungen noch niemand auf die Idee gekommen ist, wirklich eine Box mit wenigstens ca. 15 Bruckner-Symphonien zu veröffentlichen. Da ist noch eine Marktlücke zu füllen...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Lennie auf ungewohntem Terrain, aber meiner Meinung nach eine echte Bereicherung des Bruckner-Katalogs.


    Hier gehe ich mal absolut d'accord mit Sjwatoslaw!
    Ich ziehe diese Aufnahme mittlerweile sogar den freilich auch sehr guten von Karajan und Jochum vor.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Das verstehe ich nur zu gut. Ich habe bei Wand einen "Mischmasch" aus seinen drei Schaffensphasen in der Sammlung: ich habe die Sinfonien Nr. 1 und 2 als Einzel-CDs mit dem Kölner RSO, die Sinfonien Nr. 3, 6 und 9 als Einzel-CDs mit dem NDR-Sinfonieorchester und die übrigen mit den Berliner Philharmonikern. Die Auffassung, dass die Aufnahmen mit dem NDR-SO die aufregendsten sind, kann ich sehr gut nachvollziehen.


    Das geht mir nicht viel anders, zudem gesellen sich noch eine Aufnahme der 8. mit dem Gürzenich-Orchester (klanglich inakzeptabler Mitschnitt eines Konzerts von 1971), eine mit den Münchner Philharmonikern (die 5.; die Aufnahmen mit den Münchnern entstanden ungefähr zeitgleich mit denen mit den Berlinern, also wer die einen kennt, benötigt die anderen nicht wirklich) und -die für mich tatsächlich aufregendste- die 9. mit dem RSO Stuttgart.


    Bei einigen Konzerten mit dem NDR-SO habe ich mit im Publikum gesessen, da kommt neben meiner Meinung auch nich ein wenig Lokalkolorit hinzu... ;)




    Zitat

    Das bezieht sich auf diese Neunte mit den Wiener Philharmonikern:

    Lennie auf ungewohntem Terrain, aber meiner Meinung nach eine echte Bereicherung des Bruckner-Katalogs.


    Ich kenne die frühere Aufnahme mit dem NY Philharmonic Orchestra und kann die Begeisterung für Lenny als Bruckner-Dirigent darauf basierend nicht nachvollziehen. Muß aber auch nicht sein. ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler



  • Im Fall Bruckner liegen die Dinge aber anders als bei den meisten übrigen Komponisten. Ich kann mir einen Beethoven oder Mahler-Zyklus nach persönlichen Vorlieben kaufen und damit für zumindest einige Zeit glücklich sein. Vor allem kann ich mich auf diese Weise mit dem vollständigen symphonischen Schaffen des jeweiligen Komponisten vertraut machen. Genau das geht aber bei Bruckner nicht!


    Kaufe ich neun Bruckner-Symphonien in einer Packung, fehlen 0 und 00. Aber selbst wenn die dabei sind, ist das Problem nicht gelöst, da es ja von einigen Symphonien stark unterschiedliche Versionen gibt. Will man den ganzen Bruckner kennenlernen, kommt man um zusätzliche Käufe nicht herum. Nebenbei bemerkt finde ich es überraschend, dass in unserer Zeit der Gesamteinspielungen noch niemand auf die Idee gekommen ist, wirklich eine Box mit wenigstens ca. 15 Bruckner-Symphonien zu veröffentlichen. Da ist noch eine Marktlücke zu füllen...


    :hello:


    Okay, bezogen auf die verschiedenen Versionen hast Du natürlich recht. Die Versionsvielfalt dürfte sich bei keinem anderen Komponisten finden.
    Nimmt man dann noch die Bearbeitungen von Schalk und Löwe hinzu, füllt sich dann schnell das eine oder andere Regal... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich kenne die frühere Aufnahme mit dem NY Philharmonic Orchestra und kann die Begeisterung für Lenny als Bruckner-Dirigent darauf basierend nicht nachvollziehen. Muß aber auch nicht sein. ;)


    Diese frühere Neunte mit dem NYPO habe ich jetzt auch im Rahmen der "Symphony"-Edition mit in die Sammlung bekommen. In der sehr freundlichen Kritik dieser 60 Bernstein-CDs in der Neuen Zürcher Zeitung vom letzten Freitag wird im letzten Absatz der nach Meinung des NZZ-Rezensenten einzige Schwachpunkt der Box herausgestellt: nämliche diese NYPO-Aufnahme mit Bruckners Neunter. Ich kann mich dazu nicht äußern, kenne bisher nur die spätere DG-Aufnahme mit dem Luxus-Klangkörper Wiener Philharmoniker. Die hat es aber in sich (was auch Joseph II. bestätigt)! Für mich eine der besten Einspielungen des Werks. Inzwischen übrigens auch als DVD erhältlich:

    Wenn man ein bisschen im Internet recherchiert, überwiegt wohl die Meinung, dass diese Lennie-Einspielung mit den Wiener Philharmonikern aus seinem Todesjahr Ausnahmerang hat (wenngleich es auch weniger euphorische Strimmen gibt). Hier ein Beispiel aus Großbritannien - der Amazon-Kunde gibt seiner Rezension die Überschrift "My desert island Bruckner 9!" und schreibt:
    "Simply the most powerful, I would say devastating, of the dozens of Bruckner 9th's on my shelves (I am something of a Bruckner fanatic!). LB does pull the 1st movement around a bit, but it is heartfelt and moving. The 2nd movement is astonishingly powerful - the first full orchestral fortissimo almost knocked me out of my seat! As for the slow 3rd movement, I think it is most akin to the finale of Mahler's own 9th symphony - the tragedy and despair of impending death is palpable. Simply devastating. Lennie was in his last year, and from the performance of the Adagio here, I think he knew it. Simply stunning."
    Quelle: http://www.amazon.co.uk/Bruckn…TF8&qid=1291740425&sr=1-1

  • Nebenbei bemerkt finde ich es überraschend, dass in unserer Zeit der Gesamteinspielungen noch niemand auf die Idee gekommen ist, wirklich eine Box mit wenigstens ca. 15 Bruckner-Symphonien zu veröffentlichen. Da ist noch eine Marktlücke zu füllen...


    Genau das gab es in den 80er Jahren, mit sage und schreibe 18! verschiedenen Symphonien bzw. deren Fassungen plus eine Finalversion in der Samale-Mazzuca-Rekonstruktion.


    Eingespielt wurde dieser in seiner Vollständigkeit wohl unerreichte Zyklus (er enthält wohl selbst die Mahler-Bearbeitung der Vierten) vom USSR Ministry of Culture Symphony Orchestra unter Leitung des großartigen russischen Dirigenten Gennady Rozhdestvensky.



    Leider sind diese Aufnahmen nach meinem Kenntnisstand nicht mehr erhältlich, einen Eindruck von der hohen Interpretatorischen Qualität Rozhdestvenskys vermittelt dieser Download von der Seite abruckner.com

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Bei Amazon-Rezensionen bin ich in der Regel recht vorsichtig, denn da würde selbst ein "Alle meine Entchen", gesungen von Bernstein, zum größten Meisterwerk aller Zeiten hochstilisiert werden, weil halt Bernstein sang... ;)


    Sofern mir eine DGG-Aufnahme zu einem erschwinglichen Preis über den Weg laufen sollte, bin ich gerne bereit herauszufinden, ob Bernstein in späteren Jahren einen geeigneteren Zugang zu Bruckner fand als zu Zeiten mit dem NYPO.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich schrieb ja weiter oben schon, dass ich keinen Zyklus besitze und das wird sich (da nicht unbedingt Brucknerianer) wohl auch nicht ändern. Vermutlich war es ein paar Jahre später als bei Wolfgang/Teleton, aber als ich anfing, mich für diese Sinfonien zu interessieren, gab es keine Gesamtaufnahmen, die erheblich preiswerter gewesen wären als Einzel-CDs. DM 200 oder mehr waren für mich als Schüler schlicht zuviel, zumal ich ja noch gar nicht wusste, ob und wie sehr mir die Musik zusagen würde. Die günstigsten Einzel-CDs waren Wands (ca. DM 20-25) und der war in den späten 1980ern in Funk und Fernsehen ziemlich präsent und als Bruckner-Spezialist anerkannt. Davon habe ich mir einige gekauft und die seinerzeit hochgelobten, neuen digitalen (DDD :D) Aufnahmen der 7. und 8. unter Giulini zu Weihnachten gewünscht. Das hat mir relativ lange erstmal gereicht. Und später kamen dann immer eher gelobte oder legendäre Einzelaufnahmen hinzu.


    Abgesehen davon, dass ich es nicht verkehrt finde, sich diesen großformatigen (und teils nicht ganz unähnlichen) Stücken einzeln und bedächtig zu nähern, spricht jedoch im Zeitalter der sehr preiswerten Boxen m.E. durchaus einiges für eine Gesamtaufnahme. Da Bruckners Sinfonien nicht so krass von einander verschieden sind wie Mahlers (oder Beethovens) und man als Einsteiger (oder vielleicht überhaupt als Normalhörer) m.E. auch nicht die unterschiedlichen Versionen kennen muss, sehe ich hier eigentlich keine besonderen komponistenspezifischen Bedenken. (Obwohl ich auch vereinzelte gegenteilige Erfahrungen gemacht habe, bin ich überdies ketzerischerweise der Ansicht, dass für den Einsteiger die Interpretation, sofern sie nicht völlig daneben ist, zweitrangig ist. Aber das müssen wir hier nicht weiter ausdiskutieren...)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Hallo Swjatoslaw, Norbert und Joseph,


    den gleichem Eindruck wie Du Norbert hatte ich auch. Als Bernstein-Fan (der ich immer schon war) kaufte ich mir in den frühen 80erm die CBS-LP 61xxx ( :D für 10DM) mit Bernstein/New Yorker PH. Es war bis heute eine der wenigen Bernstein-Aufnahmen die mich wirklich nicht zufriedengestellt haben (eine weitere wären die CD mit Liszt-Werken und eine Ravel-CD). Das war irgendwie wie kein Bruckner und klang für mich, der zunächst von Jochum (DG) später Karajan (DG) geprägt war, total fremd.
    Von daher habe ich mich auch weiter nie mehr für eine weitere Bruckner-Aufnahme von Bernstein interessiert.


    :!: Das seine DG-Spätaufnahme nun laut Sjwatoslaw und Joseph nun so ein Hammer sein soll überrascht mich. :) Wenn ich diese DG-CD mal bekommen kann lasse ich sie nicht liegen. Der derzeitige Angebotspreis für diese CD, für den man eine komplette GA bekommen könnte, läßt mich aber erst einmal in abwartender Haltung !




    Hallo Johannes,


    Zitat

    Da Bruckners Sinfonien nicht so krass von einander verschieden sind wie Mahlers (oder Beethovens) und man als Einsteiger (oder vielleicht überhaupt als Normalhörer) m.E. auch nicht die unterschiedlichen Versionen kennen muss, sehe ich hier eigentlich keine besonderen komponistenspezifischen Bedenken.


    da kann man mal sehen wie unterschiedlich die Sichtweisen sind.
    Ich gehöre prozentual wiederum etwas mehr zu den Brucknerianern, als zu den Mahlerianern. Das die Bruckner-Sinfonien weniger krass voreinander verschieden sind empfinde ich nicht so. Jede hat ihren eigenen Stempel und hebt sich deutlich von den Anderen ab.
    Ich denke die Unterschiede bilden sich auch erst nach intensiver Beschäftigung heraus.
    :D Für mich sind in dieser Beziehung die Haydn-Sinfonien immer noch alle dichter zusammen (gleicher) und noch lange nicht alle auseinanderzuhalten ... klar, ich höre sie auch nicht so oft.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Bei Amazon-Rezensionen bin ich in der Regel recht vorsichtig, denn da würde selbst ein "Alle meine Entchen", gesungen von Bernstein, zum größten Meisterwerk aller Zeiten hochstilisiert werden, weil halt Bernstein sang... ;)


    Sofern mir eine DGG-Aufnahme zu einem erschwinglichen Preis über den Weg laufen sollte, bin ich gerne bereit herauszufinden, ob Bernstein in späteren Jahren einen geeigneteren Zugang zu Bruckner fand als zu Zeiten mit dem NYPO.


    Hat er, lieber Norbert, hat er. Ich höre gerade diese DG-Aufnahme von Bernstein ein weiteres Mal. Und werde mir etwas später in der Nacht erstmals die frühere CBS/Sony-Aufnahme mit dem NYPO anhören, um einen Bernstein jung/Bernstein alt-Vergleich zu erlangen. Jetzt aber läuft bei mir Bernstein-Wien, nicht Bernstein-New York. Und das ist ja wohl sowas von genial, sowas von geil, dass ich dem von mir zitierten UK-Amazon-Rezensenten halb recht geben muss. Warum nur halb? Weil jeder Ton, den Furtwängler von einem Bruckner-Werk aufgenommen hat, eine jeden anderen Dirigenten verdrängende Offenbarung ist (okay, okay: ich geb's ja zu. Bei der Sechsten kann man darüber diskutieren, ob nicht tatsächlich Klemperer besser ist. Wahrscheinlich werde ich in meinem Leben noch fünfzehnmal die Meinung wechseln, welcher Ausnahmedirigent hier um eine Haaresbreite vorn liegt). Bei der Neunten liegt selbstverständlich nur Furtwängler und niemand sonst vorn. Insofern liegt der Amazon-Rezensent, der nach eigener Aussage mehrere Dutzend Aufnahmen der Neunten in seinem Regal hat, um eine Nuance falsch: die "desert island"-Aufnahme ist Furtwängler, nicht Bernstein. Aber (übliche Frage bei Bruckner ab der Sinfonie Nr. 4): wer kommt nach Furtwängler? Ich antworte: bei der Neunten niemand anderes als Bernstein!!! Sein Scherzo - der Hammer!!! Wirklich kaum zu fassen! Man höre sich einfach nur die Eruption im Track 2 ab exakt 3:00 min. an. Besser geht es wirklich nicht.


    Ich kann es einfach nicht begreifen, wie sich Klassikfreunde Langweiler à la Tintner, Young, Skrowaczewski und Konsorten mit jämmerlichen Drittklasseorchestern bei einem Titan wie Bruckner antun können, wenn es doch so dermaßen viel bessere Aufnahmen in Einzeleinspielungen (und von mir aus auch in Gesamtaufnahmen) gibt. Wie kann man Bernstein, Klemperer, Wand, Tennstedt, Solti, Chailly, Kertész oder Furtwängler liegen lassen, um Mittelklassedirigenten mit Mittelklasseorchestern zu hören? Nur um sich zu freuen: ich habe 5 Euro gespart???


    Bei Bernstein höre ich im Scherzo der Neunten Dinge in den Holzbläsern, die ich nirgendwo sonst auch nur erahnt hätte. Solche Ausdifferenzierung! Wahnsinn pur. Das kommt fast - fast - an Furtwängler heran. Wie ich überhaupt die Holzbläser und die Pauken als die absoluten Stars dieser Wiener Aufnahme mit Bernstein bezeichnen möchte. Ihnen gebührt die Krone. Aber auch alle anderen Musiker liefern Weltmeisterliches ab! Also, Leute: schafft Euch DG-Lennie-Wien an. Es lohnt sich!

    Dass seine DG-Spätaufnahme nun laut Sjwatoslaw und Joseph nun so ein Hammer sein soll überrascht mich. :) Wenn ich diese DG-CD mal bekommen kann lasse ich sie nicht liegen. Der derzeitige Angebotspreis für diese CD, für den man eine komplette GA bekommen könnte, läßt mich aber erst einmal in abwartender Haltung !

    Komm' schon, Wolfgang (= teleton) - gib' Dir einen Ruck! Man gönnt sich ja sonst nichts. Und diesen Bruckner mit L.B. solltest Du Dir zu Weihnachten schenken - die Aufnahme ist wirklich so gut, dass es Dir die Schuhe ausziehen wird. Und nachdem die Schuhe ausgezogen sind, klappen Dir die Zehnägel hoch. Zumal (besonders wichtig für Dich) die Aufnahmequalität grandios ist.
    Herzliche Grüße
    Swjatoslaw

  • :thumbup::yes:


    Ich kann es einfach nicht begreifen, wie sich Klassikfreunde Langweiler à la Tintner, Young, Skrowaczewski und Konsorten mit jämmerlichen Drittklasseorchestern bei einem Titan wie Bruckner antun können, wenn es doch so dermaßen viel bessere Aufnahmen in Einzeleinspielungen (und von mir aus auch in Gesamtaufnahmen) gibt. Wie kann man Bernstein, Klemperer, Wand, Tennstedt, Solti, Chailly, Kertész oder Furtwängler liegen lassen, um Mittelklassedirigenten mit Mittelklasseorchestern zu hören? Nur um sich zu freuen: ich habe 5 Euro gespart???


    Die DVD der DG-Superaufnahme der Neunten mit Bernstein aus Wien ist ja weit preiswerter als die CD.
    :angel: Die muss ich haben ! Danke für deine weitere Empfehlung - ;) auf die man sich verlassen kann.
    Ich freue mich dieses denkwürdige Konzert von 1990, mit diesen Superkritiken, dann auch noch optisch in 5.1Digital-Surround geniessen zu können. Was will man mehr ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich kann es einfach nicht begreifen, wie sich Klassikfreunde Langweiler à la Tintner, Young, Skrowaczewski und Konsorten mit jämmerlichen Drittklasseorchestern bei einem Titan wie Bruckner antun können, wenn es doch so dermaßen viel bessere Aufnahmen in Einzeleinspielungen (und von mir aus auch in Gesamtaufnahmen) gibt. Wie kann man Bernstein, Klemperer, Wand, Tennstedt, Solti, Chailly, Kertész oder Furtwängler liegen lassen, um Mittelklassedirigenten mit Mittelklasseorchestern zu hören? Nur um sich zu freuen: ich habe 5 Euro gespart???


    Lieber Swjatoslaw,


    ein Grund mag wohl sein, daß zumindest Tintner und Skrowaczewski nicht so "langweilig" empfunden werden, wie Du es gerne suggerieren möchtest.


    Des Weiteren ist das RSO Saarbrücken alles andere als ein "jämmerliches Drittklasseorchester". Im Gegenteil, unter Skrowaczewski spielt es mit spürbarem Enagement und ist durch die Bank qualitativ gut besetzt.
    Auf der einen Seite Tintner zu kritisieren und auf der anderen Seite Wand zu loben, ist inkonsequent, denn Günter Wand hatte seinen ersten Zyklus mit dem Kölner RSO aufgenommen - zum Zeitpunkt der Aufnahmen kein Spitzenorchester...
    Wenn Wand trotzdem für diese Gesamteinspielung hoch dekoriert wurde, liegt das daran, daß in erster Linie die Qualität der Interpretation und erst nachrangig das Orchesterspiel bewertet werden sollte.


    Ähnliches gilt für Georg Tintner. Er hatte einen hervorragenden Ruf u.a. als "Bruckner Spezialist", bloß drang er kaum bis nach Deutschland, weil Tintner -aufgrund seiner Vita- vornehmlich im Commonwealth-Bereich tätig war.


    Soll heißen: Bei allem Verständnis für Deine Begeisterung und Deine Protektion für bestimmte Dirigenten gebietet es in meinen Augen der Respekt, andere Dirigenten nicht pauschal abzuqualifizieren.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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