KOLLO, Walter: sein Lebenslauf - seine Operetten

  • Walter Kollo


    geb. 28.01.1878 in Neidenburg-Ostpreußen
    gest. 03.09.1940 in Berlin



    Lebenslauf


    Ostpreußen ist ein Land, welches durch die wehrhaften Burgen der Deutschordensritter geprägt wurde. Nachdem die frommen Mönche im Heiligen Land ihre Hausaufgaben gemacht hatten, fühlten sie sich nun berufen, die wilden Pruzzen zum wahren Glauben zu bekehren.


    In dieser geschichtsträchtigen Region erblickte Walter Kollo, oder Walter Kollodziepski, wie er mit vollständigem Namen heißt, das Licht der Welt. Der Beruf des Kaufmanns, um in die Fußstapfen des Vaters zu treten, gefiel ihm nicht. Er wollte Musik studieren, hatte die Mutter auf seiner Seite und belegte einen Studienplatz in Sondershausen. Seine nächste Station musikalischen Wirkens war die Hansestadt Königsberg, in der er sein Studium abschloß und als Kapellmeister ans dortige Theater ging.


    Die leichte Muse regierte in Berlin und genau dort zog es ihn hin. Der Stadt an der Spree galt seine ganze Liebe und er widmete ihr eine Melodie nach der anderen, die fast alle zu Evergreens wurden. Sein Texter war Williy Bredschneider. Der durschlagende Erfolg mit einer zünftigen Operette, ließ aber noch ein Weilchen auf sich warten. Erst 1913 gelang ihm der große Wurf mit „Wie einst im Mai“. Den Bezug zum Titel lieferte der Schlager: „Es war in Schöneberg, im Monat Mai, ein kleines Mägdelein war auch dabei.“ Die Menschen pfiffen ihn auf allen Gassen.


    Auf „Drei alte Schachteln“ folgte zehn Jahre später dann noch „Marietta“. Den Schlager „Marietta, du kleines Prinzesschen“ hat sich kaum jemand gemerkt, dagegen „Was eine Frau im Frühling träumt“ wollte jeder wissen. Auch „Warte, warte nur ein Weilchen“ blieb als Ohrwurm haften. Beim Tonfilm war Walter Kollo ein vielbeschäftigter Mann und die Musik zu vielen Revuen, die er auch dirigierte, tragen seinen Namen. Keineswegs hat es daran gelegen, nicht genügend produktiv gewesen zu sein, doch keines seiner abendfüllenden Werke war so markant, dass es die Zeiten überdauert hätte. Zu wenig Spannung in der Handlung und wenn auch schmissig, doch zu seicht in der musikalischen Ausführung. Konzerttourneen als Dirigent sorgten für das wirtschaftliche Auskommen. Kapriolen sagt man ihm nicht nach und seine Werke verlegte er selbst. Der Sohn Willi schuf die Texte und komponierte wie der Vater.


    Allen Freunden des Musiktheaters bekannt ist der Enkel René Kollo. Er war der Wunschkandidat Herbert von Karajans als Walter von Stolzing für Wagners „Meistersinger von Nürnberg“. Der Tenor regiert das „Land des Lächelns“ und fühlt sich auf der Gralsburg wie zu Hause.


    © 2010 TAMINO - Engelbert

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    Walter Kollo
    Wie einst im Mai


    Operette in vier Bildern
    Libretto: Rudolf Bernauer und Rudolf Schanzer
    Uraufführung am 4. Oktober 1913 am Berliner Theater


    Personen:
    Fritz Jüteborg (erste Generation)
    Ottilie von Henkeshofen (erste Generation)
    Baron Ernst Cicero von Henkeshoven (erste Generation)
    Vera Müller, geborene von Henkeshoven (zweite Generation)
    Heinrich von Jüteborg (zweite Generation)
    Arthur Müller (zweite Generation)
    Fred von Jüteborg (dritte Generation)
    Tilla Müller (dritte Generation)
    Stanislaus von Methusalem (uralt)
    mit seinen Gattinnen, Mechtildis, Agistura ,Mizzi und Kitty


    Das Geschehen behandelt eine Familiengeschichte, die sich über drei Genartionen erstreckt und Berlin zum Schauplatz hat.


    HANDLUNG


    ERSTES BILD: Ein preußischer Gutshof im Jahre 1838


    Biologische Probleme hatte der Adel eigentlich nie, sich in Liebe mit einer Bürgerlichen oder mit einem Zigeunerkind zu vereinen, doch wenn es um die Legitimation der körperlichen Kommunikation ging, gibt der Blaublütige sich eigen.


    Ottilie von Henkeshoven macht ihrem Fritz klar, dass ihre Liebe keine Zukunft haben kann, weil eine eheliche Verbindung absolut nicht in Betracht kommt, denn gesellschaftlich stehe sie hoch über ihm. Eine passable Ahnengalerie kann sie vorzeigen und blaues Blut rauscht durch ihre Adern. Sieht er nicht, wie von den Gemälden an den Wände ihre Verwandtschaft milde zu ihm herab lächelt?


    Fritz geht zu einem Schlosser in die Lehre, Grafen und Barone kommen in seinem Stammbaum nicht vor. Zählt ehrliche Arbeit nichts? Fritz ist tief beleidigt und sieht ein, dass er bei Ottilie nicht festmachen kann. Aber wo winkt das Glück? Fritz beschließt, nach Amerika auszuwandern.


    ZWEITES BILD: Ein Ballsaal im Jahre 1858


    Fritz hat in der Fremde Glück und Geld gemacht und kehrt selbstbewusst in die Heimat zurück. Ottilie hat nicht wie Solveig auf den Liebsten gewartet, sondern unter dem Druck ihrer Familie den Baron Ernst Cicero von Henkeshoven heiraten müssen. Zu allem Überfluss ist er auch noch ihr Vetter und macht der Lebensgefährtin das Leben zur Hölle. Regelmäßig besucht er Damen mit unzweideutigem Ruf, trinkt ihnen zu und übt mit ihnen ungeschützten Verkehr. Wie leicht kann er sich dort etwas holen und sie infizieren. Ihr blaues Blut wird dann verseucht sein und der edle Saft verliert seinen hohen Stellenwert. Bei einem Ballbesuch spricht Ottilie sich mit Fritz gründlich aus.


    DRITTTES BILD: Salon in einem Landhaus im Jahre 1888


    Fritz hat sich im militärischen Sinn um das Vaterland verdient gemacht. Der König hat davon Wind bekommen, und ihn in den Adelsstand erhoben. Kommerzienrat von Jüteborg klingt nicht schlecht. Seine Jugendliebe hat ihren lebenslustigen Ehemann verlassen. Es kann aber auch sein, dass er Schluss gemacht hat, weil Ottilie ihn unausgesetzt langweilte. In jedem Fall sollte der Theaterbesucher mit Ernst Cicero Nachsicht haben.


    Aus der Ehe ist die Tochter Vera hervorgegangen. Gott sei Dank kam das Kind gesund zur Welt. Jetzt ist das Mädchen im heiratsfähigen Alter. Fritz ist auch nicht träge gewesen und ist stolzer Vater eines erwachsenen Sohnes. Heinrich schielt nach Vera, doch deren Herz gehört bereits Arthur Müller. Das alte Drama scheint sich in der zweiten Generation zu wiederholen. Arthur hat studiert und es zum Oberingenieur, gebracht. Ausgerechnet in der Fabrik von Fritz befindet sich sein Wirkungskreis. Ottilie eilt zu Fritz und fleht ihn an, auf seinen Sohn einzuwirken, dass er Vera nicht länger bestürmen soll. Der abgelehnte Heiratsantrag sollte ihn doch zur Vernunft bringen. Fritz ist enttäuscht, denn er hätte gern gehabt, wenn sein eigener Traum in der zweiten Generation in Erfüllung gegangen wäre. Sie erinnern sich der gemeinsam verbrachten Jugendtage. Wie war das noch damals in Schöneberg, im Monat Mai?


    VIERTES BILD: Ein Modesalon 1913


    Ottilie und Fritz sind von der Lebensbühne abgetreten, ihre Herzen haben aufgehört zu schlagen. Es tummeln sich die Enkel auf der Bühne des Theaters und der Besucher muss sich mit neuen Namen vertraut machen. Fred von Jüteborg und Tilla Müller lernen sich kennen und lieben. Hindernisse stehen nicht im Wege und beide erfüllen sich den Traum der verstorbenen Großeltern, indem sie sich eheliche Treue geloben. Niemand redet ihnen dazwischen. Eigentlich hat die Familiengeschichte, die in breiter Epik dahin plätscherte, damit ihr Ende gefunden.


    Aus der Tiefe der Vergangenheit taucht plötzlich Stanislaus von Methusalem auf und macht sich mit seiner voluminösen Baßstimme lautstark bemerkbar. Er will nicht stören, sondern sich nur wichtig machen. Drei Ehefrauen, nämlich Mechtildis, Agostura und Mizzi hat er überlebt, jetzt möchte er das vierte Mal heiraten. Die Auserwählte heißt Kitty und ist berufen, das Sahnehäubchen auf die Familiengeschichte zu setzen.


    Anmerkungen:


    Die Operette erfuhr eine gründliche Neubearbeitung durch Williy und den Kabarettisten Walter Lieck. Der Sohn fügte noch eigene Texte hinzu und solche aus Operetten, denen keine Aufführungschance mehr eingeräumt wird. 30 Jahre nach der Uraufführung, am 26. Mai 1943 ging die revidierte Fassung am Großen Schauspielhaus Berlin in Szene.


    © 2010 TAMINO - Engelbert


  • Ich darf heute daran erinnern, dass Walter Kollo am 28. 1. 1878 in Neidenburg/Ostpreussen geboren wurde.


    Wir begehen heute seinen 137. Geburtstag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).