Spieglein, Spieglein an der Wand.....3. Fidelio

  • Auch in diesem dritten Teil wird es wiederum auschließlich um Studioproduktionen gehen, keine Livemitschnitte oder Filme und ich werde hier wie es der Titel bereits sagt ausschließlich die Aufnahmen vorstellen die ich empfehlen kann.
    Wobei ich hier noch zur Erklärung eines hinzufügen möchte, Aufnahmen die zwar die " Marke " Live tragen in Wirklichkeit aber aus 3 - 7 Aufführungen zusammengeschnitten worden sind und es zu dem nicht absehbar war welche Töne noch im Studio nachgereicht wurden sind, werden hier wie Studioaufnahmen behandelt also berücksichtigt sofern sie zu empfehlen sind.


    Die wohl beste Studioaufnahme des Fidelio entstand 1953 unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler.
    Wenn man hier zum Vergleich die Toscanini Aufnahme heranzieht, so fällt diese, was die Innenspannung anbelangt meiner Meinung nach deutlich gegenüber der Furtwängleraufnahme ab.
    Den Fidelio singt Martha Mödl hier überaus ergreifend, jedoch weniger in vokaler als vielmehr in interpretatorischer Sicht.
    Verglichen mit Kirsten Flagstad muß man hier einige unebenheiten gesanglicher Natur hinnehmen.
    Den Florstan singt Wolfgang Windgassen, erreicht hierbei aber leider seine großen Rollenvorgänger nicht so ganz.
    Dennoch der Gesamteindruck und vor allen Dingen das Dirigat Furtwänglers spricht hier eindeutig für diese Aufnahme.


    In einer Preiser wiederveröffentlichung erweist sich Hilde Konetzni ( sie war hier nicht die erste Wahl ) unter der Leitung von Karl Böhm als hervorragende Fidelio Interpretin.
    Eine der besten gesanglichen Darstellerinnen der Marzellini erleben wir hier in Irmgard Seefried.
    Außerdem wird uns mit Torsten Ralf ( auch als Lohengrin und Othello hervorragend ) ein bemerkenswerter Florestan geboten.
    Paul Schöffler als Don Pizarro und Herbert Alsen als Rocco tun hier ihr übriges um diese homogene Besetzung abzurunden.


    Ebenfalls zu den ganz großen Fideliodirigenten zählt Otto Klemperer.
    Christa Ludwig besitzt das vokale Rüstzeug für die Partie und es gelingt ihr dieses auch hervorragend zu vermitteln.
    Der Florestan ist Jon Vickers.
    Selten konnte man die Arie " Gott welch dunkel hier " so schmerzerfahren erleben, ohne dabei angewiedert in die Rolle eines Voyeurs gedrängt zu werden, wie in seiner Interpretation.
    Walter Berry überzeugt als Don Pizarro und Gottlob Frick gelingt hier eine selten wieder erreichte Interpretation des Rocco.


    Eine der Höhepunkte in der Karajan Diskographie ist sein Fidelio nicht zuletzt wegen der Rolleninterpretation von Helga Dernesch und einem nie wieder erreichten Sänger in der Rolle des Florestan.
    Auch hier erleben wir wiederum Jon Vickers.


    Das Jahr 1995 bescherte uns gleich zwei neue Fidelio Produktionen.
    Eine unter der Leitung von Nikolaus Harnoncour, in welchem die Titelpartien mit Charlotte Margione und Peter Seiffert fehlbesetzt wurden.
    Dafür finden wir dann auch im Beipackheft eine mehrseitige Rechtfertigung des Dirigenten.
    Eine zweite unter der Leitung von Sir Colin Davies konnte auf derartige Erklärungen und Rechtfertigungen verzichten, hier wird schon anhand der Besetzung klar warum er sich für diese Sänger entschieden hat.
    Das Dirigat vom Tempo her etwas getragen überzeugt mit jeder Nuance.
    Die Titelpartie wurde mit Deborah Voigt treffend besetzt.
    Einzig störend könnte man bei ihr einwerfen, das sie sich hörbar etwas zu sehr bemüht die genauen Notenwerte einzuhalten.
    Etwas mehr Freiraum hätten ihrer Rollenauslegung sicherlich besser getan, dennoch ihre Rollengestalltung überzeugt.
    Auch die Role des Florestan wurde hier endlich mal wieder mit Ben Heppner ( schon in einer Metübertragung stellte er seine Qualifikation für diese Rolle unter Beweis ) Rollendeckend besetzt.
    Die Marzellina wird von Elisabeth Norberg Schulz charmant gesungen.
    Außerdem hören wir hier noch Michael Schade, Mathias Hölle, Günther von Kannen und Thomas Quasthof welche diese Produktion noch zusätzlich veredeln.

  • Ich besitze von meiner Lieblingsoper 29 Gesamtaufnahmen.
    Ich kann nicht alles von Sven nachvollziehen. Namen wie
    Toscanini, Knappertsbusch, Fricsay, Maazel, Masur, Kleiber und
    andere fehlen ganz.


    Ob das wohl alles so richtig ist.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Und die Fehlbesetung von Margiono und dem doch sehr überzeugendem Seiffert kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. Dazu fehlt mir noch die Sicht von Daniel Barenboim sowie die Naxos-Aufnahme.

  • Wir sollten froh sein, dass Sven so umfangreiche, kompetente Opernbesprechungen für uns erstellt. Auch für mich sind die " Fidelio"-Einspielungen von Furtwängler und Klemperer die insgesamt musiklaisch geschlossensten Realisierungen des Werkes , auch vom Ensemble her. Wieder einmal, die Altmeister leisten halt gerade bei Beethoven Maßstabsetzendes.


    Mit Dank an Sven.


    Herzlichst


    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Furtwänglers "Fidelio" wird nie als Referenz von großen Kritiker-Zusammenfassungen genannt: Weder im Opernführer von Harenberg, noch vom "Forum-Klassik-CD-Führer", noch vom Grammophone Classic-Guide, noch vom "Penguine Classic Guide". Die Besetzung ist viel zu unidiomatisch. Windgassen ist eine Zumutung.


    In einer anderen Aufnahme wird Deborah Voigt durch Sven besonders hervorgehoben. Leider versteht man bei ihrem Gesang fast kaum ein Wort. Und das soll dann eine Referenz sein?????????????????? --- :no:


    Unverständlich ist, dass hier Bernsteins und Fricsays Aufnahmen einfach weggelassen worden sind. Selbst die Böhm-Aufnahme von 1969 ist besser als Furtwänglers Einspielung. Auch die sehr gute Naxos-Aufnahme fällt einfach unter den Tisch.


    Lieber Operus,


    da sich mitunter hier auch andere Leser informieren, um sich die eine und andere Aufnahme zuzulegen, bin ich nicht bereit, Sven so einfach willfahren zu lassen und werde daher meinen Widerspruch immer wieder kundtun. Auch seine anderen Einschätzungen in anderen Rubriken (z.B. "Norma") habe ich stark kritisiert.


    :hello: LT

  • Ich finde die Arbeit, die sich Sven hier macht, auch sehr gut. Darum geht es mir gar nicht, denn die arbeit machen sich doch einige immer wieder hier und freue mich immer wieder über Beiträge mit dem Umfang wie bei Sven. Mich wundert nur halt, die Auswahl die Sven trifft und so manches Urteil zu dem er kommt, wie zum Beispiel die Fehlbesetzung von Margiono und Seiffert. Mich würde an dieser stelle auch interessieren, warum die denn fehlbesetzt sind. In der Tat kann man über Margiono noch streiten, aber gerade bei Seiffert muss man doch wenigstens anerkennen, dass er der Rolle gerecht wird und nicht mit stark verquollenen und gequetschten Tönen die Ohren nervt.

  • Furtwänglers "Fidelio" wird nie als Referenz von großen Kritiker-Zusammenfassungen genannt: Weder im Opernführer von Harenberg, noch vom "Forum-Klassik-CD-Führer", noch vom Grammophone Classic-Guide, noch vom "Penguine Classic Guide". Die Besetzung ist viel zu unidiomatisch. Windgassen ist eine Zumutung.


    In einer anderen Aufnahme wird Deborah Voigt durch Sven besonders hervorgehoben. Leider versteht man bei ihrem Gesang fast kaum ein Wort. Und das soll dann eine Referenz sein?????????????????? --- :no:
    ...


    Nun habe ich eine dunkle Erinnerung, dass in einem Fono-Forum-Artikel zur Diskographie des Fidelio die Furtwängler-Aufnahme ziemlich gut weg kam. Es wurden dort überhaupt die älteren Einspielungen präferiert, wenn ich mich recht erinnere, hatte Klemperer den meisten Zuspruch. Quellen wie Gramophone oder Penguin sind im Deutschen Fach mit Vorsicht zu genießen. Da habe ich schon einiges gelesen, was nur Kopfschütteln hervorrufen kann und in Taminokreisen keinesfalls durchgehen würde.


    Ich sehe in Svens Artikelreihe mehr einen spontanen Ausdruck seiner aktuellen persönlich Präferenzen in kurzgefasster Form. Im Gegensatz zu umfassenden Erläuterungen à la Norma wird meines Erachtens nicht zu sehr nach Referenzen getrachtet (und auch nicht wörtlich erwähnt!). Ich kenne Deborah Voigts Aufnahme nicht, aber wenn es sehr gut gesungen ist, opfere ich persönlich gerne an der Wortdeutlichkeit. Insbesondere beim Fidelio, wo das Ideal in beiderlei Hinsicht ohnehin fast undenkbar ist. Und klare Aussagen sind wie so oft auch hier sehr schwer zu machen (so ist deine offenbar sehr hohe Meinung von Bernsteins Aufnahme durchaus nicht Allgemeingut ;) ). Einwände sind daher durchaus willkommen, aber bitte mehr in positivistischer Form, wo durch Verweis auf entsprechende Alternativen deren Stärken ins rechte Licht gerückt werden.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ja Liebestraum, da sieht man mal wieder wie viel bei Bewertungen auf Geschmacksfragen und nicht auf gesangstechnische Parameter zurückgeht. Für mich ist Windgassen alles andere als eine Zumutung. Wie vielleicht vor ihm nur Patzak (dessen eher "keusches" Organ ich aber vor allem für den "Palestrina" schätze), und nach ihm Vickers (dessen Timbre letztlich Geschmacksfrage bleibt) verfügte er über den unabdingbaren "Schmerzenston". Dazu ist der kantable Teil der grossen Arie technisch perfekt gesungen und auch im Allegro-Teil bleibt er immer auf der Gesangslinie und kommt nie in Versuchung die Spitzentöne nur rauszuschreien, wie man es bei vielen Nachfolgern (z.B. Kollo) hören musste.

  • Sorry ich hatte mir hier mit der Antwor etwas Zeit gelasssen.
    Bei Tosanini empfinde ich das Dirigat leider wie fast immer weniger interessant und vor allen Dingen spannungsarm, zu dem halte ich hier Jan Peerce für keinen Idealen Florestan .
    Der einzige Pluspunkt sit hier Eleonor Steber als Marzellini ud Rose Bampton in der Titelpartie.
    Jan Peerce ist es auch der mich der Knappertsbusch aufnahme stört, daher auch hier keine uneingschränkte Empfehlung.
    Bei Ferenc Fricsay schwankt man ständig zwischen Hörspiel und Oper, etwas anstrengend.
    Bei de rRudfunkproduktion mit Erich Kleiber stört zum einen die angestrengte Höhe von Hans Hopf und zum anderen Brigit Nilsson als Isolde und Turandot in Livemitschnitten kaum zu schlagen, aber unter Studiobedingungen leider weniger gut.
    Bei Masur läßt sich sicherlich sagen das Jeannine Altmeyer ( ich kenne ihre Bayreutehr Isolde ) hier sehr gut ist aber aufgrund des Angeboptes besser Sänger des Flrostan als Siegfried Jerusalem auch hier keine uneigneschränkte Empfehlung.


    Über Leonard Bernstein ( einer meiner Lieblingsdirigenten ) aber auch bei Gundula Janowitz, es gab bessere Sängerinnen für diese Rolle und Rene Kollo fällt noch hinter Jerusalem zurück.
    Einzig Lucia Popp ist hier als Marzelline Topbesetzt.

  • Hallo, Liebestraum,


    zunächst die Frage, haben wir zwei unterschiedliche Ausgaben des "Harenberg-Opernführers"? In der mir zur Verfügung stehenden Ausgabe wird der Furtwängler "Fidelio" sehr wohl herausgestellt. Ich habe Martha Mödl als Leonore und Wolfgang Windgassen häufig in diesen Rollen an der Stuttgarter Staatsoper erlebt und bei einer Premiere auch bercihtet.. Natürlich sind extreme Höhen bei der Mödl immer riskant und Windgassen ist bekannt für seinen "ökonomischen Singsitl" mit dem Ziel, den letzten Akt bravourös zu meistern. Was beide aber in Ausdruck und Gestaltung leisten ist phänomenal. Vielleicht können wir uns auf den Klemperer "Fidelio" einigen, hier ist die Besetzung sicherlich ausgewogener, obwohl hier das Timbre des ansonsten großartigen Jon Vickers - wie vielleicht alles - Geschmackssache ist.


    Nun noch etwas Grundsätzliches: Sven Godenrath äußert umfangreich und begründet seine subjektive Meinung. Wo Du anderer Meinung bist argumentiere engagiert dagegen. Nur, und hier bitte ich um Deine Toleranz, lasse Sven solange er sich an die Forenregeln, Diskussionsgrundsätze und Anstand hält, "willfahren wie er will". Er hat genau wie wir alle genau dazu das Recht. Übrigens hörte ich schon oft von Mitlesern, dass diese gerade das Pro und Contra interessant und anregend finden.


    Herzlichst


    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Hallo Operus,


    Ich bin ein großer Verehrer von Jon Vickers. Seine beiden "Fidelio"-Einspielungen (Klemperer und Karajan) gefallen mir sehr gut.


    :hello: LT