Opernhäuser Basel und Bern

  • Das Opernhaus Basel ist kürzlich zum Opernhaus des Jahres gewählt worden, das Stadttheater Bern fristet ein eher peripheres Dasein.


    Oliver Meier schrieb kürzlich in der Berner Zeitung:
    Kulturinstitutionen im Vergleich: Theater Bern und Basel






    Das Theater Basel ist im Aufwind: Anfang Oktober wurde es von internationalen Kritikern erneut zum «Opernhaus des Jahres» gekürt. Man fragt sich: Was machen Basel und sein Musiktheater besser als Bern? Eine Analyse.Es ist ein Triumph – und eine Genugtuung für Operndirektor Dietmar Schwarz: Zum zweiten Mal in Folge hat das Theater Basel den Titel «Opernhaus des Jahres» erhalten. Die Auszeichnung hat Gewicht: Fünfzig mehrheitlich deutschsprachige Kritiker gaben im Rahmen der traditionellen Umfrage der Zeitschrift «Opernwelt» ihre Stimme ab. Einen solchen «Doppelsieg» errang bisher nur die Staatsoper Stuttgart – vor über zehn Jahren. Der künstlerische Aufschwung hat sich zuletzt auch in den Publikumszahlen gespiegelt: In der Saison 2008/2009 rappelte sich die Opernsparte von bescheidenen 55 Prozent auf eine Auslastung von 70 Prozent hoch. Und Bern? Mit einer Auslastung von zuletzt 69 Prozent kann die Opern-Sparte durchaus mithalten. Die Zuschauerzahlen sinken allerdings seit Jahren. Ein Aufschwung ist nicht in Sicht: Zwar wird das Stadttheater im Dezember für den Gesamtbetrieb einen minimen Publikumszuwachs kommunizieren können. Doch der geht auf das Konto von Schauspiel und Tanz, das Musiktheater dümpelt weiter vor sich hin. Und auch künstlerisch fällt die Opern-Bilanz nach drei Jahren unter Intendant und Spartenleiter Marc Adam durchzogen aus. Kurzum: Was den Publikumserfolg betrifft, kann sich Basels Musiktheater nicht brüsten – in Sachen Qualität hingegen schon. Was macht Basel denn anders – oder besser – als Bern? Rahmenbedingungen Als grösstes Dreispartenhaus der Schweiz ist das Theater Basel deutlich besser ausgestattet. Zuletzt schossen Basel-Stadt und Baselland rund 42 Millionen Franken ein. Und nach langen Diskussionen ziehen die Regierungen beider Basel nun an einem Strick: Ab 2011 sollen die Subventionen markant aufgestockt werden, um Qualität und Output weiter zu erhöhen. Von solchen Plänen kann das Stadttheater nur träumen: Derzeit erhält es knapp 24 Millionen – von drei Subventionsgebern (Kanton, Stadt, Regionsgemeinden), die kulturpolitisch unterschiedliche Interessen verfolgen. Und finanziell wird das Stadttheater nach der Fusion mit dem Berner Symphonieorchester (BSO) nicht besser dastehen als heute.Ensemblepolitik Der künstlerische Erfolg von Basels Oper ist nicht zuletzt auf eine kluge Ensemblepolitik zurückzuführen. Spartenleiter Dietmar Schwarz baut permanent an seinem Ensemble, das barocke Raritäten ebenso bewältigt wie Puccini oder Zeitgenössisches. Dabei setzt er nicht auf Starsolisten, sondern auf Nachwuchskräfte, die der umtriebige Opernchef aufstöbert. Nicht zufällig wurden mit Svetlana Ignatovich (Nachwuchssängerin des Jahres) und Eung Kwang Lee (Sieger des Concours Haefliger) jüngst gleich zwei junge Ensemblemitglieder ausgezeichnet. In Bern kann von einer klugen Ensemblepolitik nicht die Rede sein. Mit Ausnahme von Claude Eichenberger und Robin Adams konnte (oder durfte) sich bisher kaum jemand hervortun. Bezeichnend dafür: Wer im aktuellen Spielzeitheft nachschlagen möchte, wer zum Ensemble gehört, bleibt ratlos – die Mitglieder sind gar nicht erst als solche deklariert. Zudem ist die Zusammensetzung des Ensembles, was die Stimmfächer betrifft, nicht optimal. Für die meisten Hauptrollen müssen Gastsänger eingekauft werden. Teamarbeit und Führungsstil Basels Opernchef Dietmar Schwarz ist eine Integrationsfigur und ein Teamplayer, der die Kunst des Dialogs beherrscht. Er versteht es – zusammen mit Intendant Georges Delnon – schlagkräftige Produktionsteams zusammenzustellen und sie auf eine Inszenierung einzuschwören. In Bern münden Besetzungsfragen nicht selten in Machtspiele und in ein Schaulaufen der Eitelkeiten hinter den Kulissen – namentlich zwischen Marc Adam und Chefdirigent Srboljub Dinic, die unterschiedliche Ansätze vertreten. Jüngstes Beispiel: Die «Tosca»-Produktion. Hier setzte sich Dinic bei der Besetzung der Solisten durch – zum Ärger des Regisseurs.Planung und Disposition Die Rahmenbedingungen in Basel erlauben Probezeiten von sieben Wochen – in Bern ist das kaum je möglich. Problematisch ist hier namentlich die Regelung der gemeinsamen Einsätze von Stadttheater und BSO im Musiktheater (Disposition). Dies führt mitunter zu schlechter Vorbereitung – und mindert die künstlerische Qualität. Im Hinblick auf die Fusion von Stadttheater und BSO sind hier zwar Verbesserungen vorgesehen, sie zeichnen sich derzeit aber noch nicht ab. Orchester Das Theater Basel hat weder einen Chefdirigenten noch ein festes Orchester. Zwar spielt in den Opernproduktionen meist das Sinfonieorchester Basel. Das Theater ist in der Wahl der Klangkörper – im Gegensatz zum Stadttheater – aber frei. Der Vorteil: Es gibt eine produktive Konkurrenz unter den Klangkörpern. Und noch wichtiger: Wenn das Theater Basel zum Beispiel eine Barockoper aufführen will, kann es dafür ein spezialisiertes Ensemble aufbieten, das den besonderen Anforderungen gewachsen ist und damit für Qualität bürgt. Dass Bern hier nicht aus dem Vollen schöpfen kann, dürfte in dieser Saison noch zu vernehmen sein: Sowohl für die Aufführung von Mozarts «Don Giovanni» (Februar 2011) als auch für Händels Oper «Semele» (Mai 2011) ist das Berner Symphonieorchester kaum die optimale Besetzung. (Berner Zeitung)