MAHLER 2010 - Die Sinfonien - Otto Klemperer

  • MAHLER 2010 - Die Sinfonien - Otto Klemperer


    Ein weiterer Thread zum Thema Mahler 2010.
    Mnchmal denke ich, ich sollte eine Pause einschalten und dann nach einer Weile weitermachen. Aber im Moment beginnen die Threads grade erst zu laufen, solch einen Prozess soll man nicht mutwillig stoppen. Zudem werden es letztlich doch weit mehr Dirigenten sein als geplant, die sich Mahler auf ihre Fahnen geheftet haben.


    Einer von ihnen ist Otto Klemperer. Ich besitze neben dem "Lied von der Erde" (mit Fritz Wunderlich und Christa Ludwig)lediglich die Sinfonien Nr 2 und 4.


    Speziell die Sinfonie Nr 2 ist ein Wunderwerk der Aufnahmetechnik - und der Interpretation. Die beste zweit Mahler in meiner Sammmlung., wobei es noch eine Liveaufnahme mit anderer Besetzung gab, die angeblich noch beeindruckender gewesen sein soll - was ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen kann.



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Gibt es von Klemperer überhaupt alle Mahler-Symphonien? Speziell bei der Achten habe ich da doch einigermaßen Zweifel.


    Spätestens unser "Foren-Klempererianer" S. Bummer wird das ja aufklären ... :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es gibt von Klemp nur
    mehrfach die 2. und die 4. sowie das Lied von der Erde.
    Die 7. hat er 1928 gespielt, dann wieder Ende der 60iger.
    Die 9. hat er ebenfalls erst zum Ende seines Lebens ins Programm genommen.
    Mehr von ihm gibt es nicht!
    Die 3. 5. und 6. konnte er angeblich nicht leiden, die 1. hat er liegen gelassen.
    Ein Angebot, die 8. zu dirigieren, hat er Ende der 60iger wegen seines hohen Alters abgelehnt.
    Reicht das als Info?


    Gruß S.

  • Nur der Vollständigkeit halber:


    Die unten abgebildete CD ist die von mir weiter oben im Text erwähnte Live-Einspielung der Zweiten, von der einzelne Leute behauptetetn, sie wäre NOCH beeindruckender, als die oben von mir angeführte Studioaufnahmen - eine Aussage, die ich nie geglaubt habe.


    Sie ist inzwischen aus dem EMI Katalog gestrichen, und somit derzeit nicht verfügbar.....



    Die in meinem Besitz befindliche Studioaufnahme der 2. ist für mach jedoch ABSOLUTE Referenz - und wir können nur erahnen was uns entgangen ist, weil er nicht mehr Mahler aufgenommen hat......



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Agon: Als ob Klemperer bei Mahler immer richtig lag. Die einzige Mahler-Sinfonie, die der richtig konnte, war die Zweite. Der Rest ist totales Mittelmaß mit Ihm, braucht kein Mensch. 4., 7., 9., LvdE - Nein Danke mit Otto!!!


    Ich muss Dir zum Teil Recht geben! Klemperer lag natürlich nicht immer richtig.
    Die 7. mag ich ganz und gar nicht, die Aufnahme wurde auch von der Kritik damals verrissen, weil die viel zu schwerfällig daherkommt.
    Die Nachtmusiken mögen ja noch angehen. Aber der 1. Satz ist langsam und lärmend wie ein fahrender Bagger!
    Das LvdE gehört ohnehin nicht zu meinen Lieblingsstücken und ich finde es ebenfalls arg langsam z.B. im Vergleich zu der sehr schönen Aufnahme von Paul Kletzki. Und schon gar kein Vergleich mit der leider sehr schwer erhältlichen mit Carlos Kleiber und Janet Baker und Waldemar Kmentt.
    Und seine 1951-er Aufnahme ist zu luschig gemacht. Dafür wird er mit dem Abschied in 22 1/2 Minuten fertig.


    Der 9. fehlt in den Binnensätzen der Drive, so dass das Unerbittliche in Langsamkeit erstickt. Der Ländler kommt eher daher wie ein Rolatorballet im Altersheim.
    Die Liveaufnahme der 9. aus Wien ist nur geringfügig flotter.


    Und auch die Vierte ist ziemlich geschmacksneutral, ich finde sie im Tonfall aber sehr bemerkenswert, weil ihm der Satz, der da "Ruhevoll" heißt, sehr schön gelingt.
    Zur Erbauung hier die Plattencover, frisch photographiert mit dem Handy.


    Das letzte Cover zeigt die 4. in einer Einspielung von 1956. Und die ist wirklich gelungen. Es gibt noch 2 weitere Aufnahmen der 4. aus den 50igern, davon eine bei Testament. Alle sind vorzüglich.


    Wenn irgendwann mal das Denkmal Klemperer verwittert, dann werden meiner Meinung nach von seinen Mahleraufnahmen nur eine der vielen Aufnahmen der 2. (wahrscheinlich die aus München oder aus Wien 1951 bzw. Amsterdam 1951), eine der 4. aus den 50igern und "Ich bin der Welt abhanden gekommen" mit Christa Ludwig überleben.


    Der Rest ist nur für Sammler wie mich oder unerbittliche Fans interessant.


    Gruß S.


    PS. Damit dürfte auch klar, sein, dass ich kein"Otto, Otto über alles" anstimme. Damit liegt man bei mir komplett falsch!
    Vieles, das er gemacht hat, war Mist und es wird auch viel zu viel Unnötiges ausgegraben, weil es ja Sammler (wie mich :D) gibt

  • Zitat

    Ich muss Dir zum Teil Recht geben! Klemperer lag natürlich nicht immer richtig.


    Danke.



    Zitat

    Das LvdE gehört ohnehin nicht zu meinen Lieblingsstücken


    Zu meinen auch nicht.
    Eigentlich ist das gar kein richtiger Mahler, sondern eher ein Stück für Leute, die mit Mahler sonst nichts anfangen können bzw. ihn und seine Musik nicht verstehen. Deshalb meint auch jeder zweitklassige Dirigent und Sänger dieses Werk machen zu müssen, was natürlich ein fataler Irrtum ist, da es dadurch nur noch schlechter wird.
    Jeder Opernheini scheint dieses Werk zu mögen, ergötzt sich an den Singstimmen und denkt dann, daß er jetzt Mahler kennt und liebt. Lächerlich.



    Zitat

    Der 9. fehlt in den Binnensätzen der Drive, so dass das Unerbittliche in Langsamkeit erstickt. Der Ländler kommt eher daher wie ein Rolatorballet im Altersheim.


    Ja, absolut furchtbar. Ich war so enttäuscht von dieser Aufnahme, daß ich heute noch kotzen könnte. Lahmarschig, klapprig, uninspiriert, schlecht gespielt. So sollte mans nicht machen, Otto.
    Kein Vergleich zu Gielen I+II, Chailly, Rattle I+II, Boulez, Barbirolli.



    Zitat

    Vieles, das er gemacht hat, war Mist und es wird auch viel zu viel Unnötiges ausgegraben, weil es ja Sammler (wie mich großes Grinsen ) gibt


    Na, so isses ja leider mit vielen Dirigenten. Ich will aber jetzt nicht wieder mit diesem gewissen Salzburger anfangen...



    Agon

  • Zitat

    Agon: So sollte mans nicht machen, Otto.


    Und selbst:

    Zitat

    Der 9. fehlt in den Binnensätzen der Drive, so dass das Unerbittliche in Langsamkeit erstickt. Der Ländler kommt eher daher wie ein Rolatorballet im Altersheim.


    Der erste Satz der 9. mit Klemp ist recht gut gelungen, der letzte auch.
    Vor allem zeigt er bereits (oder erst??) 1967, dass durch die genaue Beachtung der Angaben der Partitur Effekte entstehen, die sonst nicht hörbar sind.
    (Ich rede von der EMI Aufnahme, die mit den Wienern 1968 ist im Detail viel, viel schlechter, wenn auch lebhafter!)


    Daher auch der Unterschied zu Walter, der das "Wegblasen" der Geigen durch die Holzbläser und der Piccoloflöte meist unterdrückt, wodurch die schrillen Komponenten der Sinfonie geglättet werden.


    Bei vielen Aufnahmen ist zuviel Trost im letzten Satz.
    Bei Lennie sowieso! Da will man gleich mit heulen!


    Das gibt es bei Klemperer nun ganz und gar nicht! Er reicht keine Schulter zum Ausweinen.
    Das muss man wissen, wen man sich auf ihn einlässt.


    Erst seit Chailly, Gielen und Haitink (2009) sind solche Dissonanzen wieder genauso heftig und besser spürbar.
    Das sind Aufnahmen, die ich kenne, ich denke, auch Boulez wird so sein, kenne aber seltsamerweise seine Aufnahme nicht!


    Scherchens Aufnahme von 1950 ist zu speziell, als dass man sie heranziehen könnte. Das Orchester ist zudem gruselig!


    Das Verdienst, das der Aufnahme der 9. von Klemp zu kommt, beruht meiner Meinung nach darauf, dass er erstmals dieses Abschiednehmen (seit der Gedenkrede Schönbergs geistert das ja umher) so dunkel und unausweichlich als ausweglos und ohne Erlösung dargestellt hat, dass man schier still wird.
    Die eigentlichen Katastrophen der Sinfonie finden aber im 2. und 3. Satz statt und die geraten OLD Klemp nur im Schildkrötentempo. Deshalb und genau deshalb ist die Aufnahme heute nicht mehr konkurrenzfähig!


    Ein Klemperer in der Form von 1948- 1957 hätte mirdiese lange Diskussion erspart.
    Die Aufnahme von 1967 lässt aber ahnen, was gewesen sein könnte, jedenfalls im 1. und 4. Satz und teilweise im Ländler, wenn man denn gedanklich Tempo transponieren kann.


    Gruß S.


    Also geschätzter (weil ähnlich drastisch formulierender) Agon: Das ist nicht immer schlechtes Orchesterspiel.
    Das muss meistens so sein. Vergleiche bitte mit Gielen, gerade den 1. Satz, am besten mit der neueren Aufnahme, also Gielen II.


    PS. Habe den Beitrag nochmals geändert. Es sollte ja keine vergleichende Betrachtung werden.

  • Hallo, nachdem die 2. aus Wien von 1951 eingetroffen ist, habe ich die 5 Aufnahmen Klemperers mit Mahler 2, die ich habe, von den Zeiten her verglichen und ein bisschen Statistik getrieben.


    Nachstehend das Ergebnis. Es ist wie folgt zu lesen.
    In den Zeilen stehend die jeweiligen Aufnahmen sowie Bernstein 1987 NYP zum Vergleich.
    Die Zeiten sind in Sekunden.
    Klemp in Wien habe ich auf 100% kalibriert, die anderen Aufnahmen entsprechend ins Verhältnis gesetzt.
    Dann gibt es die Spalten MW = Mittelwert und STAB als Standardabweichung, einmal mit dem 4. Satz, einmal ohne (Weil die Aufnahme aus Amsterdam einen völligen Ausreißer mit 5:29 im Vergleich zu den anderen Sätzen darstellt. Die 5:30 der 1971 sind dagegen nicht anormal, weil alles langsamer ist.
    ACHTUNG. Die 3. Zeile muss heißen Klemp London 1961


    Man sieht, dass die Aufnahmen Wien 1951 und München 1965 nahezu gleich sind.
    Die in München ist zwar 6% langsamer, die Temposchwankungen in den Sätzen ergeben aber nur 1%, das heißt, die Temporelationen sind fast genauso wie in Wien.
    Mit anderen Worten, die Münchener Aufnahme ist nur linear langsamer geworden.
    Die Londoner Aufnahme reißt etwas aus, weil der letzte Satz zu langsam ist und die 1971 Aufnahme ist zwar im Schnitt 32% langsamer, das Gefüge aber im Wesentlichen erhalten geblieben.


    Bei der Amsterdamer fällt der für Klemperer ungewöhnlich langsame 4. Satz auf, wahrscheinlich der Sängerin g (Kathleen Ferrier) geschuldet, ansonsten passt sie in der Temporelationen prima zu München und Wien.
    Der Mittelwert des Verhältnisses zu Wien beträgt OHNE den 4. Satz auch 93%, sie ist also bis auf den 4. Satz nur linear schneller!


    Der Vergleich mit der völlig anderen Interpretation Bernsteins 27% langsamer aber 22% Abweichung ohne den 4. Satz noch 13% macht sehr unterschiedliche Interpretationsansätze deutlich.


    Vor allem merkt man, wie treu Klemp sich eigentlich geblieben ist.
    Inwieweit das auf die Feinstruktur der Sätze anwendbar ist, kann nur eine Untersuchung mit der Partitur ergeben.
    Das subjektive Hören muss dem Zeitmesser weichen. Ich spüre aber, dass die frühen Aufnahmen viel kontrastreicher waren, auch was die feinen Tempowechsel anbelangt.
    Will sagen, innerhalb nahezu gleich langer Sätze, er früher schnelles schneller und langsames langsamer spielte, aber innerhalb der Architektur.


    Gruß S.

  • Ich habe Amsterdamer Aufnahme nicht mit den Daten der vorzüglichen DECCA Ausgabe gelistet, sondern aus der Maestro Mistico (=Mist) Box.
    Und siehe da.
    Das Urlicht ist nur 4.05 lang.
    Die genauen Zeiten für die Amsterdamer Aufnahme sind daher
    17:21, 9:28, 10:35, 4.05 und 29.51.
    Damit liegt sie im Trend der anderen und bildet keinen Ausreißer.


    Dieses als Nachtrag, wenns denn interessiert.


    Gruß S: