Hallo, liebe Taminoianer,
als ich gestern mal wieder in dem Thread 'Meine aktuelle Wunschliste' gestöbert habe, kam ich auf ein Thema, über das ich mir in den letzten Jahren schon ab und zu Gedanken gemacht habe.
Wenn man einen gewissen Überblick über das Oeuvre eines oder mehrerer Komponisten hat, stößt man immer wieder auf Werke, die - aus unterschiedlichsten Gründen - noch nie eingespielt wurden.
Bei den Komponisten der von mir vermißten Stücke handelt es sich zwar meistens um dem Hörer des Standardrepertoires eher unbekannte Namen wie z. B. Albéric Magnard, Charles Koechlin, Sir Granville Bantock, Joseph Marx, Bernhard Sekles, Kurt Atterberg, allerdings fallen Euch sicher auch unter den bekannten Komponisten einige Werke ein, die noch nie auf LP oder CD erschienen sind, die Ihr aber liebend gerne besitzen würdet, sei es, daß Ihr von den betreffenden Werken durch ein Konzert oder nur von faszinierenden Beschreibungen aus Musiklexika bzw. Komponisten-Portraits Kenntnis erhalten habt und die in Euch die Sehnsucht auf eine Einspielung geweckt haben. Also Werke, von denen Ihr überzeugt seid, daß sich insbesondere die Entdecker-Labels wie CPO, Naxos, Chandos, Hyperion ihrer dringend annehmen müßten.
Manchmal sind es auch nur interessant klingende Werktitel oder extravagante Besetzungen, über die man in Werkverzeichnissen oder Lexika gelesen hat und die die Lust auf mehr geweckt haben.
Ich gebe hier mal ein Beispiel:
Einen besonders lang gehegten CD-Wunsch von mir betrifft einen meiner Lieblingskomponisten, den in den 10-er und 20-er Jahren vielgespielten Opernkomponisten Franz Schreker (1878-1934). Seine von 1924 bis 1928 geschriebene Oper in 4 Akten 'Der singende Teufel' ist in der Enzyklopädie des Musiktheaters von Piper ausführlich, anschaulich und so packend beschrieben, daß ich allein beim Lesen über das Werk eine Gänsehaut bekomme. Da ist zunächst eine hochinteressante Handlung, in deren Mittelpunkt - wie in allen Opern Schrekers - die Musik selbst oder ein Musikinstrument steht, im 'Singenden Teufel' ist es eine riesige Orgel, die in der Oper natürlich eindrucks- und wirkungsvoll zum Einsatz kommt. Auch das Orchester ist enorm groß und mit teils exotischen Instrumenten besetzt, z. B. enthält die Schlagzeugsektion: Pauken, kleine Trommel, große Trommel, Becken, Rührtrommel, Negertrommel, chinesische Becken, kleines und großes Tamtam, Triangel, Glockenspiel, tiefe Glocken, Xylophon, Kastagnetten, Tamburin, antike Zimbeln.
Und zum Schluß noch einen kurzen Auszug aus der Beschreibung der Musik:
"Nach Amandus' Wahnsinnsszene, dem Zusammenbruch des Individuums, und vor der großen Finalszene, dem von den Heiden entfachten Weltenbrand, greift Schreker, hier das einzige Mal auf eine Verwandlungsmusik verzichtend, zum extremsten Kontrast und eröffnet mit der Buffoszene der Laienbrüder den Totentanz in der Kirchenszene. Schon der Marsch der Heiden im 1. Aufzug zeigte die Tendenz zum Bruitismus, der die Kirchenszene nun dominiert. Glockenchöre, die mächtigen Klänge der Orgel, eine grelle Marschrhythmik, dissonante Chöre schichtet Schreker (über zum Teil langen Orgelpunkten) zu riesigen ostinaten Klangflächen, bis das gespenstische musikalische Bild beim Zerschmettern der Kirchentore in einer Klangorgie kulminiert."
Wie in dem beschriebenen Beispiel gibt es sicher noch viele vernachlässigte, aber entdeckenswerte Werke, die es verdient hätten, eingespielt zu werden.
Abschließend also nochmals meine Frage:
Welche nicht eingespielten Werke würdet Ihr auf eine solche Wunschliste setzen? Und gebt evtl. einen Grund für Euer Interesse an den genannten Werken an. So ausführlich wie das obige Beispiel muß es natürlich nicht sein.
Nun lasse ich Euch den Vortritt. Meine eigene Wunschliste werde ich in ein paar Tagen nachreichen, ist gerade noch in Arbeit.
Herzliche Grüße
Johannes