Interpretationen - maßvoll gesammelt - ein Gewinn (?)

  • Threadthemen fallen einem ein- oder nicht


    Manchmal sucht man nach etwas Neuem - und nichts fällt einem ein, dann wieder kommen einem die Einfälle wie am laufenden Band. Oft sind es . wie in diesem Falle - eigentlich Banalitäten, aber mit etwas Glück entwickelt sich oft auch mehr draus.....


    Als Sammler von Interpretationen, also Sammler in die Tiefe statt in die Breite (ich bin ehrlich, das mach ich nebenbei auch - allerdings nicht exzessiv - sondern quasi "als Fleißaufgabe") fragt man sich gelegentlich, WARUM man diese Entscheidung getroffen hat - ob sie richtig war und ist - bzw welche Vorteile man daraus zieht - oder zu ziehen glaubt.


    Vorteile in welcher hinsicht ?
    Nun zunächst gegenüber dem reinen "Breitensammler" - wobei der "Breitensammler" - bei richtiger Straegie durchaus auch Vorteile dem "Tiefensammler gegenüber haben kann.


    So - und nun ändere ich mitten im Beitrag meine Strategie:
    Ursprünglich war geplant, die Vorteile des Tiefensammelns, als jenem von verschiedenen Aufnahmen des gleichen Werks , hier zu erörtern, bzw zu beschreiben.
    Aber ich habe meine Strategie inzwisdchen geändert - und tue genau DAS NICHT - zumindest momentan nicht.


    Weil ich nämlich darauf warte was ANDERE Tiefensammler - ich bin mit Sicherheit nicht der einzige - zu diesem Thema zu sagen haben, welche Argumente sie für ihr Tun haben,
    All das gilt natürlich nur dann, wenn man MASSVOLL Sammelt, darüberhinaus wird es (beinahe) pathologisch (?) - aber nichtsdestoweniger beglückend (!!!) :P


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich würde mich auch eher als "Tiefensammler" bezeichnen: Bei mittlerweile ca. 500 Aufnahmen (stimmt das überhaupt noch?) allein gut 20 Aufnahmen der "Meistersinger", etliche anderer Lieblingsopern (jede der 13 Wagner-Opern mindestens doppelt, die meistens gut dreifach), ca. zehn des Händel-"Messias", etliche ausgewählter Symphonien (zwischen fünf und zehn etwa von Beethovens 9. und Bruckners 5.) usw. Allerdings nimmt es bei mir noch nicht die Dimensionen anderer Taminos an (wie an anderer Stelle sehr deutlich wurde).


    Seit einiger Zeit versuche ich jetzt, da m. E. gerade am Anfang ein breiterer Überblick wichtig ist, mehr in die Breite zu gehen, will heißen: "Standardrepertoire" von ca. 1750 bis ca. 1930, mit Schwerpunkt auf dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, zusammenzutragen. Mir fehlte etwa noch einiges von Schumann, Mendelssohn, Brahms und Bruckner. Dies waren unverzeihliche Lücken, die erst geschlossen werden mußten, bevor man weiter in die Tiefe gehen kann.


    Ich unterscheide generell zwischen Werken, die ich unbedingt mehrfach brauche, weil ich Vergleichsmöglichkeiten will (etwa die Symphonien von Beethoven, Tschaikowsky und Bruckner, also meine allerliebsten Werke); Werken, die ich gerne höre, wo mir aber ein bis zwei Aufnahmen locker reichen (z. B. Symphonien von Schubert, Mendelssohn), dafür möglichst als Referenzen gehandelte der entsprechenden Werke; und Werken, die ich eher der Vollständigkeit halber haben will (hier will ich mal keine konkreten nennen), von denen mir dann auch eine Aufnahme vollauf genügt – in der Sammlung muß sie aber dennoch stehen, damit sie ggf. immer griffbereit zur Hand steht, etwa wenn man bei Tamino in gewissen Threads mitreden will.


    Aber mal wieder mehr zurück zum Thema hier: "Maßvoll sammeln – ein Gewinn?"


    Ich sage eindeutig: ja.


    Maßvoll sammeln bedeutet für mich, daß man selbst bei den absoluten Lieblingswerken nie den Boden unter den Füßen verliert. Was will ich mit 200 Aufnahmen der 9. von Beethoven, mit 150 der 2. von Mahler? Ich habe mittlerweile meine bevorzugten Dirigenten gefunden, d. h. zumindest von denen will ich das entsprechende Werk, sofern sie es aufgenommen haben. Ich brauche es aber nicht der Vollständigkeit halber von jedem "Provinzorchester" der letzten 50 Jahre.


    Bei Tamino gibt es natürlich (und das nicht zu selten) Widerspruch, was die TOP-Interpretationen eines bestimmten Werkes angehen. Andere Mitglieder regen micht oftmals an, meine Sicht zu überprüfen und mir deren TOP-Empfehlung zuzulegen. In gut 50 % der Fälle war dies dann auch ein Gewinn für meine Sammlung, selbst wenn es meine persönliche TOP-Aufnahme nicht ablösen konnte. Ich sprach es schon an: Tamino regt geradezu an, zu sammeln, mehr Aufnahmen ein und desselben Werkes kennenzulernen. Sicher ist das auch immer eine Geldsache, aber heutzutage gibt es ja in der Tat dank Internet meistens die Möglichkeit, umsonst in die Aufnahmen zumindest kurz reinzuhören (was natürlich oft nur unzureichend hilft, das gebe ich durchaus zu).


    Summa summarum sammle ich sehr gerne, fast immer in Maßen, manchmal auch in Massen ...


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe eigentlich von Anfang an immer in beide Richtungen gesammelt - ob das maßvoll ist, da gibt es unterschiedliche Auffassungen in meiner Umgebung :stumm:
    Ich lasse mich immer wieder faszinieren von unbekannten Werken und Komponisten, aber im Lauf der Zeit haben sich natürlich klare "Nester" gebildet - bei ein paar Komponisten habe ich den Ehrgeiz, möglichst viele wenn nicht alle Werke zu besitzen - Beispiele sind u.a. Beethoven, Schumann, Mahler, Schönberg, Strawinsky.
    Andere vervollständige ich mit weniger Elan, beim Rest reichen mir einige bedeutende Werke. So ist in den letzten 30 Jahren ein ganz guter Überblick zusammengetragen worden, aber es gibt immer noch Lücken (welche, erzähle ich jetzt lieber nicht, um keine entsetzten Reaktionen hervorzurufen :pfeif:)


    Bei der ersten Kategorie - weil es natürlich meine liebsten sind - gehe ich mit einigen Werken auch in die Tiefe, so kommen Aufnahmen im zweistelligen Bereich bei Strawinskys Sacre, einigen Schumann-Stücken, oder Mahler-Sinfonien zusammen. Hier erschrecke ich aber immer wieder vor der angesammelten Menge und füge nur noch eine weitere hinzu, wenn es mir wirklich sinnvoll erscheint, z.B. nach enthusiastischen Tamino-Kritiken.
    Um nicht ausufernd zu werden (Stichwort: "maßvoll") konzentriere ich mich aber in letzter Zeit verstärkt auf ein paar engere Sammelgebiete wie französische Musik seit Ende des 19.Jh. oder 20.Jh. bis Zeitgenössisches, da gibt es noch so viel "Unerhörtes" zu entdecken. Hier kommt es allein durch die zeitliche Nähe relativ selten zu extrem häufig aufgenommenen Stücken, oft ist man froh, 2-3 Vergleichsaufnahmen zu bekommen.


    Ich finde, ausschließlich in die Breite zu gehen, birgt die Gefahr, die Einzel-/Spitzenwerke nicht genügend zu würdigen und die eine Interpretation, die man davon besitzt, als (meiner Auffassung nach ungenügende) Grundlage der Meinungsbildung zu nehmen, wenn man ausschließlich in die Tiefe geht, entgehen einem die Zusammenhänge, die ja auch die Komponisten und Nachfolger geprägt haben.


    Herzliche Grüße,
    Gustav Theodor

    "Nur in der Gesellschaft wird es interessant, Geschmack zu haben."
    Immanuel Kant

  • Hallo zusammen,


    ich möchte mich den Worten von Gustav Theodor anschließen - es gilt "sowohl als auch". Letztes Jahr hatte ich eine Verdi-Sammelwut und habe jede Menge historische Aufnahmen von den Opern ab Rigoletto angeschafft, die ich sowieso schon mindestens dreimal im Schrank hatte. Bereut habe ich (fast) keine - auch dank vieler Hinweise in diesem Forum.


    Momentan geht es eher in die Breite: Französische Oper - da habe ich so gut wie nichts und fange nun mit Faust (Gounod), Roméo et Juliette (Gounod) und Carmen (Bizet) ganz langsam an und hoffe, mit "Les Contes d'Hoffmann", den Berlioz-Opern, den weniger bekannten Opern Bizets, den Opern Massenets, Meyerbeer und "Pelléas et Mélisande" (Débussy) voran zu kommen. Rossinis "Guillaume Tell" in der Originalsprache nicht zu vergessen.


    Also: nichts ist so beständig wie der Wandel. Die Anzahl der Meisterwerke, die eine vertiefte Auseinandersetzung lohnen, scheint aber begrenzt zu sein. Mag sein, dass sich manche Perle ungefunden irgendwo verbirgt. Ich glaube aber daran, dass das, was so für "den Kanon der großen Werke" gehalten wird, im Großen und Ganzen gute Hinweise darauf liefert, wo es sich lohnt. Auch, wenn mir klar ist, dass "der Kanon" sich permanent verschiebt. Vor 50 Jahren gehörten z. B. weder Mahler noch die Klaviersonaten Schuberts dazu ...


    (Der Lullist würde hier eventuell schärfstens widersprechen - dazu sei vorwegnehmend gesagt: Ich bin ihm für seine Anregungen dankbar, auch wenn mein Interesse an "seiner" Musik nicht sooo groß ist, dass ich das unbedingt alles haben will ... :hello: )

  • Interpretationen eines Werkes sind für mich insoweit ein Gewinn,als ich erkenne,wie unterschiedlich ein Werk aufgeführt werden und klingen kann,obwohl die Noten immer dieselben sind.
    Heute hörte ich Bachs Brandenburgische Konzerte mit Münchinger (mono) und wenn ich die Interpretation mit der von Suzuki vergleiche,meine ich fast,verschiedene Werke zu hören.
    Aber auch die Unterschiede von Aufführungen,die zeitlich enger zusammenstehen,zeigen,welche unterschiedlichen Auffassungen eines Werkes verschiedene Dirigenten haben.
    Es macht natürlich keinen Sinn,CDs eine Werkes zusammenzutragen,nur um sie ins Regal zu stellen.So sammelwütig bin ich nicht.
    Andererseits siegt meine Neugierde,weil ich hören will,wie z.B. Immerseel Bizets "Sinfonie Fantastique" interpretiert,obwohl ich schon verschiedene CDs dieses Werkes im Regal stehen habe.So kommt eine CD zur anderen.

    mfG
    Michael

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  • Ich bin auch eine Sammelnatur, bin aber weder bemüht, Tiefen auszuloten, noch in die Breite zu gehen, sondern halte viel von Vollständigkeit. Dazu bauen ich einen exakten Plan, was voraussetzt, dass ich die erforderlichen Vorstellungen habe.


    Ich mache das am Beispiel 'Russische Oper'einmal klar. Bei den CDs im Zeitraum von 1990-2010 sind aus einer Auswahl von 60 gängigen russischen Opern 30 Einspielungen vorgesehen. In einer Excel-Tabelle sind alle Wünsche durch Coverbildchen festgehalten. Sobald ich die Einspielung besitze , wird durch einen Farbfleck codiert. Die erste Einspielung war natürlich der 'Boris Godunoff'. Letzte Woche konnte ich das letzte Feld mit 'The Rakes-Progress' abdecken".


    Bei den DVDs muss ich ein bischen in den Wind disponieren, weil bei Rimsky-Korsakow von 8 Planstellen erst 3 belegt werden konnten. Die Firmen hinken mit der Produktion der DVDs von R-K. nach. Es fehlt z.B. noch 'Die Nacht vor Weihnachten', 'Schneeflöckchen', ' Die unsichtbare Stadt Kitesh', ' Das Mädchen von Pskow' und 'Mainacht'. Was bei CD kein Problem ist, ist bei DVD noch eins und wird es auch ein Weilchen bleiben.


    Nun hatte ich ja auch schon eine umfassende LP-Sammlung an russischen Opern, so dass mir eigentlich kaum noch etwas fehlt. Die 'Rusalka' von Darmomjisky habe ich noch nicht und der "William Ratcliff' von Cesare Cui
    ist auch noch nicht greifbar.


    Die Sammlung 'Opern Russland' ist bei mir ausgewogen!


    Wenn ich die Grenzen von vornherein abstecke, vermeide ich eine ewige Baustelle. Theoretisch muss es nicht sein, dass eine Sache über den Tellerrand schwappt oder große Löcher stören, wenn man geschickt plant und ein bisschen vorausahnt.


    :(


    Meine LPs. halte ich in Ehren und habe Anfang 1990 erst gar nicht damit angefangen, Pianistennamen auch auf CD zu sammeln. Pianisten und Dirigenten gibt es wie Sand am Meer, vielleicht sogar noch ein paar Körner mehr. Wer will da mithalten?


    Die 'Symphonie fantastique' besitze ich mit Charles Münch. Er macht das so, wie ich das haben will. An dieser Einspieilung wird alles Nachfolgende gemessen. Noch einen weiteren Dirigenten hinzuzufügen erübrigt sich, wenn er es anders macht - genau so, als wenn er das Vorbild kopiert.


    Würde ich mir eine andere Haltung zulegen, brauchte ich eine größere Wohnung, einen neuen Bankdirektor und einen Kopf wie ein Pferd, um alles hineinzustopfen.


    Entschieden habe ich mich, zumindest halbwegs diszipliniert vorzugehen. Die Einsicht kam allerdings ein bisschen spät.


    :angel:
    Engelberti

  • Ach, Siegfried, weißt Du, ... das ist individuell verschieden. Für den einen sind 75kg Gewicht jenseits von Gut und Böse, für den anderen ist es das Idealgewicht, für einen weiteren ist es nur im Zustand der Unterernährung zu erreichen.


    Finde es einfach für Dich selbst heraus. Bei den Orchesterwerken von Messiaen fühle ich mich mit der einen Einspielung, die ich habe, vollkommen versorgt und habe keinen Wunsch nach mehr. Aber ich möchte auf keine einzige meiner "Mahler 6." (mehr als 10) verzichten. Vielleicht ist es bei dem Einen oder Anderen genau umgekehrt? Na prima - schön, dass wir so verschieden sind und uns darüber austauschen können.


    Um ein Werk oberflächlich kennen zu lernen, genügt m. E. eine einzige gute Einspielung. Will man das Werk von den Zufälligkeiten einer sog. Interpretation abstrahieren können, so halte ich drei verschiedene Aufnahmen mit Interpreten, die verschiedene Richtungen vertreten (bei Mahler z. B. Walter, Solti, Bernstein spät), für eine gute Idee.


    Liebe ich ein Werk, so sind die Grenzen nach oben offen. Aber wer immer das anders sieht: Wunderbar.

  • Eigentlich hatte ich nie ein Interesse daran, eine Sammlung anzulegen, obwohl es dazu kam.
    So etwas wie Sammelleidenschaft spüre ich nicht besonders stark in mir.
    Mein Interesse bezieht sich immer nur auf die Musik, und zwar sowohl auf das Kennenlernen neuen Repertoires als auch den Versuch, ein Werk durch das Studium verschiedener Interpretationen besser zu verstehen und intensiver zu erleben.


    In den letzten Jahren bin ich zunehmend zum Tiefensammler geworden, d.h. ich habe das Repertoire nicht so sehr ausgeweitet wie ich gleichzeitig in ergänzende Interpretationen von schon bekannten Werken investierte.
    Ich glaube, es hat etwas mit der Suche nach Perfektion zu tun.
    Damit meine ich nicht gar nicht einmal kalte, technische Perfektion, sondern Perfektion im Hinblick auf die Intensität sowohl des Fühlens als auch gleichermassen des Verstehens.


    Nehmen wir z.B. die Dirigenten:
    Die grossen Werke wie z.B. sämtliche geistliche Musik von J.S.Bach habe ich meistens in 4-5 Einspielungen (oder mehr).
    Dabei sind die Interpreten-Dirigenten immer die gleichen Verdächtigen: Herreweghe, Harnoncourt, Leonhardt, Suzuki, Koopman, Gardiner, Bernius, Kuijken, wobei die letzten drei nicht so häufig wie die anderen vorkommen.


    Bei Beethoven sind es die Herren Wand, Karajan, Harnoncourt und Rattle, die mir mit ihren Produkten schon das Geld aus der Tasche ziehen konnten.
    Böhm kommt mit seiner Version der "Pastorale" in den nächsten Tagen auch noch hinzu, vielleicht noch Einzelaufnahmen in Zukunft, z.B. die digital aufgenommene 9.


    Bei Schubert ein ähnliches Bild: Wand, Karajan, Harnoncourt, Böhm,
    bei Brahms Wand, Karajan, Abbado, Harnoncourt


    In diesem Stil geht es weiter,auch bei den Pianisten.
    Der Trend zur dritten oder vierten Aufnahme eines Werkes lässt sich bei mir wohl nicht mehr aufhalten - meine bessere Hälfte muss das nicht immer mitbekommen.... ;)


    Dabei bin ich bei der Auswahl überaus kritisch.
    Eine mir nicht bekannte Aufnahme kaufe ich niemals ungehört und unverglichen, selbst dann nicht, wenn Harnoncourt draufsteht ( war in den 80ern noch anders)


    Durch nützliche Dinge wie die Klangproben bei Amazon oder JPC, vor allem aber auch komplett hochgeladene Stücke bei youtube kann man sich schon ein gutes Bild von dem machen, was man da bestellt.
    Ungestörtes Hören und Vergleichen in CD-Läden wird ja immer schwerer, selbst in Deutschland.


    Wenn ich dann - selten genug- mir so eine Gesamt-Box kaufe ( z.B. im letzten Jahr das Gesamtwerk von Brahms von DG), gibt es noch mehr Überschneidungen im Repertoire.


    Die Frage ist jetzt: Warum das Ganze?


    Für mich geht es dabei um drei Dinge:


    Erstens möchte ich meine Freude an den Werken durch das Kennenlernen verschiedener guter Blickwinkel steigern.
    Wenn man ein bekanntes Werk neue entdeckt, dann ist das etwas sehr Schönes.


    Zweitens - und das ist für mich ein schwerwiegender Grund- möchte ich für mich selbst immer weiter dazulernen.
    Gestern habe ich z.B. an mir festgestellt, dass meine vergleichende Beschäftigung mit Interpretationen einiger Symphonien von Schubert und Schumann mir für die Interpretationen gewisser Phrasen aus dem WTK von Bach (hier Fuge c-moll, WTK1)erstaunlicherweise sehr viel geholfen haben, selbst wenn das eine ganz andere Musik ist.
    Es gibt aber Dinge in der Musik, die immer gleich sind, und ich staunte über einen Zuwachs an klarer Vorstellung, auch hinsichtlich des Weges, wie denn das gewünschte Ergebnis zu realisieren sei.
    Hier ging es wie gesagt nicht darum, Bach wie einen deutschen Romantiker klingen zu lassen, sondern um das Verständnis von musikalischen Zusammenhängen, vor allem in grösseren Abschnitten zu denken und Architekturen hörbar zu machen.
    Das Nachdenken über Musik selbst ist es, dass zur eigenen Weiterentwicklung beiträgt.
    Ich kann durch dieses Vergleichen, durch das Mitlesen der Partitur und durch das damit ggf. verbundene Anschauen von DVDs, die die Probenarbeit eines Dirigenten dokumentieren unglaublich viel lernen, selbst wenn ich weiss, dass ich im Ernstfall ein und dasselbe Werk ganz anders machen würde, als derjenige, dessen Aufführung ich mir gerade anhöre.
    So meine ich durch verschiedene Filme über die Karajans Probenarbeit ein viel vertiefteres Verständnis über seine ästhetischen Vorstellungen erlangt zu haben.
    Selbst wenn ich fand, dass die Auschliesslichkeit, ein Werk immer diesem Ideal anzupassen nicht immer optimale Ergebnisse bringt, so erkannte ich vor einigen Tagen doch wieder einmal, dass an diesen Vorstellungen immer auch "etwas Wahres dran" ist.
    Das heisst nicht, dass jedes Hören bei mir in Arbeit ausartet, aber manchmal ist für mich diese Art von Arbeit ein reines Vergnügen.


    Es ist für mich überhaupt erstaunlich, wenn ich von ein und demselben Werk drei sehr unterschiedliche, hochklassige Aufführungen kennenlerne und feststellen muss, dass sie eigentlich alle drei recht haben.


    In der Musik geht das, während z.B. in der Mathematik gilt, dass 2>1 ist, und zwar immer.
    Da kann es nur eine Wahrheit geben, nicht jedoch in der grossen Kunst.


    Und weil das so ist, werden bis zum Sommer z.B. die Beethoven- und Schubert-Symphonien-Zyklen des von mir immer hochgeschätzeren Günter Wand im Postkasten landen.
    Obwohl ich ihn ja eigentlich kenne, bin ich oftmals erstaunt, wie gut, frisch und ausgearbeitet das ist, was er da macht.
    Eine ggf. bereits vorhandene Einzel-CD (z.B. Pastorale) werde ich dann entweder verschenken, verkaufen oder als "Backup" für besonders wertvolle Aufnahmen aufbewahren.


    Ebenso werden noch mehr ausgewählte Bachkantaten z.B. aus der Koopman-Reihe hier eintreffen.
    Und wenn Herreweghe einen neuen Bach macht, ist der bis jetzt auch immer noch bestellt worden....


    Zurück zur Ausgangsfrage:
    Ja, ich sehe im massvollen, d.h. für mich gut ausgewähltem Sammeln von Interpretationen einen grossen Gewinn.

    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Liebe Sammler


    Ich habe mit einem Lächeln registireiert wie oft das Wort "maßvoll" zitiert wurde - dabe sollte es doch nur abschwächen und die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Sammelns erst gar nicht aufkommen lassen... :hahahaha:


    Was ich aber meinte ist, daß das oft belächerte und verpönte Sammeln von Interpretationen durchaus Sinn macht, wenngleich die Breitensammler das anders sehen.


    Worin KANN - nicht muß denn der Sinn des Tiefensammelns liegen ?


    Nun -
    Wenn ich mir 3 Aufnahmen von (nur als Beispiel) Beethovens Sinfonie Nr 5 kaufe - und ich höre vergleichend - dann höre ich das Werk mit hoher Wahrscheinlichkeit öfter, als wenn ich nur EINE Aufnahme des Werkes besitze. Nein Ich meine NICHT die Binsenweisheit, daß man das Werk dann naturgemäß DREIMAL hört, da man es ja dreimal besitzt - sondern daß man im Idealfall immer wieder verlockt ist, die verschiedenen Dirigate, Orchester-Klangfarben etc, miteinander, bzw gegeneinander zu vergleichen. Auf diese Weise lernt man das Werk intensiver kennen - auch wenn man selber keine Noten lesen kann.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Liebe Sammler, maßvolle und ungezügelte,


    das Sammeln in die Breite speist sich bei mir aus der Neugier, Repertoire zu entdecken und immer weiter in die Genres, in die Sphären der Moderne und der alten Musik vorzudringen.


    Das Tiefensammeln begann bei mir vor einigen Jahren mit der Wiederentdeckung der guten alten Schallplatte, weil man da (Tip!) sehr viele sehr gute Aufnahmen für sehr wenig Geld bekommt (Nachteil: Man braucht Platz). Also nimmt man mit, was man bekommen kann. Durch das Hören mehrerer Interpretationen erschließen sich die Werke anders, die Musik erhält eine neue Dimension. Mir reichen dafür - je nach Werk - meist drei oder vier Aufnahmen aus. Bei gewissen Werken muß man einige Interpretationen einfach haben, dann werden es eben mehr. Zehn oder zwanzig sind allerdings weder mit der mir zum Musikhören zur Verfügung stehenden Zeit kompatibel noch geht meine Sammelleidenschaft so weit. Mir geht es eher so, daß ich mit der Zeit bestimmte Aufnahmen eines Werkes besonders schätze und diese dann den anderen beim häufigen Hören meistens vorziehe. Die übrigen werden dann nur für ein bewußtes Vergleichen oder Studieren angefaßt.


    Meine Motivation zu Sammeln ist - ich kann das nicht besser als Glockenton formulieren - das Streben nach Intensität des Musikerlebens. In diesem Sinne wird dann und wann aussortiert, denn was soll ich mit Aufnahmen, die mir nur demonstrieren, daß sie anderen weit unterlegen sind?

    “Music is enough for a lifetime, but a lifetime is not enough for music”
    Sergei Rachmaninov

  • für viele Stücke habe ich eine Referenz im Kopf, der ich dann stets meine Reverenz erweise - fast alles, was Gould in Bezug auf Bach eingespielt hat, ist nicht zu toppen - Dubravka Tomsic kommt nahe, aber sie überholt nicht. Martins, Jacotett, Berben, Koroliov und andere fallen weit dahinter zurück.


    Es gibt eine Ausnahme: die Goldberg Variationen höre ich von Gavrilov genauso gern wie von Gould - eine GGG-Anomalie ?? gg


    Weissenberg kann bei dem wenigen, das er von Bach eingespielt hat, sogar gegen Gould punkten - aber es sind eben nur wenige Stücke - trotzdem sind hier beide Interpretationen ein absolutes Muß


    dito die Orgelwerke - Miklos Spanyi führt, aber Cortis Interpretationen möchte ich nicht missen, teilweise sind sie sogar besser oder klangstärker als die von Spanyi - auch die Fagius-Interpretationen sind willkommen, zeigen sie doch erst, wie weit vorn Spanyi und Corti sind, oder, um es etwas provokant auszudrücken: nichts ist so schlecht, als daß es nicht noch als abschreckendes Beispiel dienen könnte... aber eines reicht dann auch! Stockmeier ist komplett über (schlechte Interpretation UND preiswerte Orgeln), vermutlich auch Walcha (tolle Interpretation bei unterirdischer Klangqualität), ebenso Koopmans mit seinem hip-Fimmel.


    Insofern kann man die eingangs aufgestellte Frage nur bejahen - für die wichtigsten Werke sind mehrere Interpretationen essentiell notwendig

  • Die "Winterreise" habe ich zum Beispiel von mehr als 50 Interpreten. Streng gesehen würden wohl zehn verschiedene Interpretationen ausreichen (einige Sänger unterschiedlicher Stimmlagen, Interpetation mit Orchester(Prey) und die Zender-Version).
    Außerdem habe ich praktisch alle Schubert-Lieder in den unterschiedlichsten Darbietungen.


    Alles von Schubert zu kennen, aber nichts von Loewe, Schumann, Brahms, Wolf, Mahler und Strauss? Das geht ja wohl nicht.


    Einerseits wird man also um eine gewisse Breite nicht herum kommen, andererseits wird man bei "Lieblingsstücken" immer auch eine gewisse Tiefe anstreben.
    Resumee: Das eine tun, ohne das andere zu lassen.

  • Hallo Forianer,


    maßvolle Sammler kenne ich nicht. Früher habe ich ungezügelt gesammelt in die Breite,
    heute in die Tiefe. Was macht den Unterschied? Ich denke, die Qualität, sowohl interpretatorisch als auch klangtechnisch ! Natürlich ein Gewinn !!!


    Grüße aus Burgdorf


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ich schleiche schon einige Tage um diesen Thread herum. Einerseits möchte ich gerne meine Meinung sagen, andererseits könnten meine Argumente „gschamig“ für mich sein.


    Alea iacta est: Ich antworte mal.


    Ich bin, Alfreds Terminolgie zugrunde gelegt, ein BREITENsammler - geworden. Ich zitiere hier mal das Forenmitglied Glockenton, dessen Eingangstatement auch auf meine Einstellung zutraf:


    Eigentlich hatte ich nie ein Interesse daran, eine Sammlung anzulegen, obwohl es dazu kam. So etwas wie Sammelleidenschaft spüre ich nicht besonders stark in mir.


    Die Sammelleidenschaft kam dann im Laufe der Zeit allerdings ganz automatisch. Wahrscheinlich, weil das Bonmot von Wilhelm Busch einfach richtig ist: 'Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge.' Das bezog sich aber immer auf den Erwerb neuer Werke, also auf die Erweiterung des Repertoires. Ich hielt für mich persönlich mehrfache Interpretationen im Plattenschrank immer für eine Art Luxus. Dabei kann ich den unterschwellig vorhandenen Wunsch nach vergleichender Interpretation der großen Werke der Musikliteratur nicht abstreiten. Aber: Erstens sprach der mir zur Verfügung stehende Platz immer gegen diese Sammelleidenschaft und zweitens standen mir die entsprechenden finanziellen Mittel nie zur Verfügung. Damit war und ist dieses Wunschdenken auch erledigt.


    Ich habe mir allerdings auch immer die Frage gestellt, ob es wirklich für mich wichtig ist, die Auffassung, beispielsweise, bestimmter Dirigenten über ein Werk zu kennen. Ich will nicht bestreiten, daß das Vergleichen Lernprozesse auslöst und den Horizont erweitern kann. Und doch dachte ich immer: Dir geht es um das Werk des Komponisten X und nicht um die Auffassung des jeweiligen Interpreten Y.


    Damit ist die Frage nach der sogenannten Werktreue natürlich nicht gelöst. Beispiel Bruckner: Für Generationen von Dirigenten waren die Aufführungen der Sinfonien in den verschiedendsten Bearbeitungen überhaupt kein Problem. Und solange das keiner wußte, was er da zu Hören bekam, war's ja auch völlig egal. Aber als es dann ans Eingemachte ging und die Originalfassungen ans Licht der Platten-Öffentlichkeit kamen, war es schon ein Ereignis. Wenn ich richtig informiert bin, hat doch schon Günter Wand als Gürzenich-Kapellmeister in den Fünfzigern auf den Originalfassungen bestanden. Also reicht es mir, die Sinfonien in den Originalfassungen zu hören - die anderen benötige ich nicht.


    Beispiel: Historische Aufführungspraxis. Ich bin noch während des sogenannten „Dritten Reiches“ geboren und weiß daher aus eigenem Erleben ganz genau, wie die Musik des Barock damals interpretiert wurde, nämlich aus der Sicht und den Hörgwohnheiten des 19. Jahrhunderts. Ich denke, je weiter, zeitlich gesehen, ein Komponist von uns entfernt gelebt hat, umso schwieriger ist es, seine Intentionen zu erfassen und umzusetzen. Also kommen doch in jeder Interpretation die jeweiligen aktuellen Zeitströme ins Spiel - und die waren einfach so, wie sie waren. Bis dann in den Dreißigern ganz zaghaft die ersten 'Gehversuche' auf dem Gebiet der Historischen Aufführungspraxis begannen. Das blieb aber noch alles den 'Kennern' und 'Liebhabern' vorbehalten, drang nicht weit in die Öffentlichkeit durch. Und sicherlich hat der unsägliche Krieg dann viele gute Ansätze erstickt. Bis dann plötzlich Harnoncourt mit seinem Concentus musicus Wien kam und alles, im wahrsten Sinn des Wortes, neu erfand. Plötzlich klangen Bach und Händel, Vivaldi und Lully ganz anders - besser auch nach meinem Verständnis. Und meine Kauf-Entscheidung steht von daher fest: Ich benötige hinsichtlich der Barock-Musik keine 19.-Jahrhundert-Interpretation mehr, kein Jochum, Karajan oder Klemperer, mir genügen Einspielungen in der Art der Historischen Aufführungspraxis.


    Wohlgemerkt: Ich maße mir kein allgemeingültiges Urteil an, will auch nicht negativ über die Großen der Dirigierzunft vergangener Zeiten richten! Ich schiele, wenn es um das vorhandene Repertoire geht, nur immer auf meine räumlichen Möglichkeiten und muß auf mein Portomonnaie achten. Und: Ich freue mich für jeden, der da völlig anders vorgehen kann.


    Dennoch kam es aus den verschiedensten Gründen auch bei mir zu Doubletten. Hauptsächlich, weil ich mir im Laufe der Zeit immer mehr 'Gesamteinspielungen' zugelegt habe. Der Ergänzungskauf von fehlenden Werken eines Komponisten ist oftmals teurer, als der Neukauf einer Gesamtbox. Aber ich habe die dann vorhandenen Doppelungen nie behalten. Ich habe sie immer verschenkt - an einen guten Freund, dem das Schicksal gesundheitlich schwer zugesetzt hat, nur noch im Rollstuhl sitzt und der seine Musik-Wünsche noch schlechter erfüllen kann, als es mir möglich ist. Wenn ich trotzdem noch einige Dobletten habe, so liegt das nur daran, das besagter Freund diese Werke auch schon hatte.

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Ich bin begeistert von Euren sehr ausführlichen, fundierten und teilweise sehr persönlichen Beiträgen zu diesem Thema, und hoffe, daß sich hier noch einige anschließen werden.


    Im Eröffnungsbeitrag habe ich unter anderem geschrieben:


    Zitat

    Ursprünglich war geplant, die Vorteile des Tiefensammelns, als jenem von verschiedenen Aufnahmen des gleichen Werks , hier zu erörtern, bzw zu beschreiben.
    Aber ich habe meine Strategie inzwischen geändert - und tue genau DAS NICHT - zumindest momentan nicht.


    Auf MOMENTAN lag die Betonung, inzwischen ist MOMENTAN vergangen....


    Viele Verhaltensweisen im menschlichen Leben sind auf Schlüsselereignisse zurückzuführen. Auch ich anfangs nie das Bedürfnis Interpretationen zu sammeln, wenngleich in meiner Generation die Versuchung in dieser Hinsicht besonders groß war...


    Das Schlüsselerlebnis - eigentliche sind es mehrere - ist einfach berichtet:
    Irgendwann hörte ich die Aufnahme eines Werkes, das ich schon gut kannte - aber sie klang völlig anders als alles was ich bisher gehört hatte.
    Umgekehrt hatte ich den Effekt, wenngleich nicht so drastisch , schon gekannt: Ein geliebtes Werk verliert auf einer Anderen aufnahem jeden Glanz, jegliche Farbe, wird langweilig und bedeutungslos.


    Wie kommte man als "Nicht-Sammler" zu solchen Vergleichsaufnahmen, wenn aman sie gar nicht sucht ?


    UNFREIWILLIG - Denn in früheren Zeiten kaufte man nicht unbedingt eine Box mit allen Beethoven Sinfonien (wenngleich es das schon gab) sondern man erwarb Sinfonie um Sinfonie - eine nach der anderen - und vorzugsweise jeweils unter einem anderen Dirigenten.
    Die Tonträgerindustrie nutzte diese Tatsache schamlos aus, indem sie gewisse populäre Werke immer wieder mit anderen kombiniert, sodaß der Erwerb von Mehrfachkäufen ein und desselben Werkes unter anderem Dirigenten geradezu vorprogrammiert war....


    Damit war der erste Schritt getan.. der Rest ergibt sich von selbst...


    Ein wichtiges Argument zugunsten des Tiefensammelns ist, daß man durch den Erwerb immer neuer Aufnahem die Realität besser simuliert, als wenn man immer wieder ein und dieselbe Aufnahme hörte. Im der Realität unterscheidet sich ein Konzert vom anderen, selbst wenn es von den selben Interpreten geboten wird.


    Das andauernde Abhören stets der gleichen Einspielung führt zu einer gewissen "Schablonisierung" des Werkes, wo nach oftmaligen Hören dann selbst Störgeräusche als zum Werk gehörend empfunden werden...


    mfg aus Wien


    Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • ...völlig richtig! Mein Schlüsselerlebnis waren die Concerti grossi op. 6 von Händel. Als ich sie zum erstenmal in Harnoncorts Einspielung hörte, war ich hin! Das waren, im Vergleich zu meiner damals vorhandenen Aufnahme (von der ich nichts mehr weiß, als daß Ferdinand Leitner der Dirigent war), ganz andere Werke!


    Ich erinnere mich, daß ich seinerzeit recherchiert habe und lernte, daß schon in den Dreißigern erste Studien hinsichtlich der Historischen Aufführungspraxis unternommen wurden. Und wenn mich nicht alles täuscht, sind Fritz Neumeyer, Manna Hoesch, Helmut Hucke und Reinhold Johannes Buhl (um nur mal einige zu nennen) die Protagonisten dieser Anfänge. Daß der Zweite Weltkrieg auch auf diesem Gebiet alles ins Stocken geraten ließ, sei nur am Rande erwähnt. Und: Leider ist von allen Schriften, die ich zu diesem Thema mal hatte, nichts mehr vorhanden...


    Ich möchte an dieser Stelle auch an die britischen Forschungen auf diesem Gebiet erinnern - an Alfred Deller, beispielsweise.


    Alfreds Statement, daß TIEFENsammeln die Realität besser darstelle, ist natürlich ebenso richtig. Auch, daß kein Konzert dem anderen gleiche und ein und dieselbe Aufnahme eine nachteilige Schablonisierung bedeute, kann ich nicht widersprechen. Und mit der Anerkennung dieser Meinung gerät, ich merke es selber, meine eigene ins Wanken. Bis jetzt hat der Blick auf meine hauswirtschaftliche Realität allerdings noch die Oberhand...

    .


    MUSIKWANDERER

  • Und wie ist das mit unseren "Neuen"? - wobei ja alle als "neu" zu bezeichnen sind, die nach dem 3. Mai zu uns gestoßen sind.....
    Seid ihr Breiten- oder Tiefensammler? Oder überhaupt keine Sammler (solls ja auch geben :D:stumm: )


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich bin überhaupt kein Sammler, schon gar nicht einer von Interpretationen. Allerdings habe ich es mit meinem Janacek auch einfach: er hat nicht soviel geschrieben, und von jedem seiner Werke gibt es einige wenige mustergültige Interpretationen. Er ist also nicht nur ein großartiger, sondern auch ein billiger Komponist. Und er ist, das stelle ich hier immer wieder fest, völlig unumstritten. Billig und unumstritten ist Wagner wohl nicht. Aber das ist auch ein Grund, ihn zu schätzen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)