Die Klassik-CD - - - Edles Konsum- und Kulturgut oder anonyme Massenware ?

  • In einem anderen Thread, wo es darum ging, wo der Einzelne seine CDs denn einkauft, gabe es eine (interessante) Themaneabweichung, die mir einen eigenen Thread wert ist.


    Agon schrieb dort:



    Dazu habe ich eine Menge zu sagen, es hätte aber den anderen Thread in OFF TOPIC Bahnen gelenkt, daher habe ich den interessanten Absatz kopiert und als Threadstart verwende.


    MASSENPRODUKT ist ja heutzutage leider fast alles, sogar die teuersten Luxusautos, Markenanzüge, edle Pafüms, Sachertorten und Edelspiritousen - es gibt kaum mehr etwas, das nicht jeder kaufen kann.


    Ja sogar ein Logenplatz in der Oper steht heute jedem normal Sterblichen frei.....


    So gesehen kann man also "Werte" nicht beurteilen.


    Sammler hat es immer gegeben und wird es immer geben, der Adel sammelte Gemälde und Trinkpokale, Pistolen und Schmuckstücke, der Bürger exotische Briefmarken und Schmetterlinge. Wie sammeln hat "Tonkonserven". Ich verwende bewusst dieses altmodische Wort, weil es alles Einschliesst, die Phonographenwalze, Die Schellackplatte, die Vinyl-Langspielplatte und die CD.


    Zitat

    Aber trotzdem ist es auch manchmal ganz gut, zur Besinnung zu kommen, und sich zu fragen: warum mache ich das? brauche ich diese CDs wirklich? was kompensiere ich damit? wieso brauche ich immer mehr? wieso kann ich nicht mehr aufhören? wäre mein Leben nicht besser und erfüllter ohne diese ständigen CD-Käufe? weiß ich überhaupt noch, was Leben ist, oder will ich es gar nicht mehr wissen? Das nur zum Nachdenken.


    Warum mache ich das ?


    Der Besitz von Tonträgern ist in gewisser Weise - auch wenn sich manche dessen nicht bewusst sind - ein Anhaltender Zeit, er macht mich- zumindest akustisch - von der Gegenwart unabhängig, - verleiht mir die Macht die Zeit anzuhalten, längst vergangenes zu reproduzieren und zwar eindringlicher, als dies eine Beschreibung oder ein Bild je könnte - ein Konzert entsteht wieder. Fanatiker wenden Irrsinnsbeträge dafür auf, die Reproduktion so lebensnah wie nur möglich zu gewährleisten.


    Ich weiß nicht was ich damit kompensiere, das Sammeln interessierte mich schon in meiner Jugend mehr, als das Spielen mit einem Ball, oder das Gründen einer Familie, die dann mein Geld und meine Nerven verbraucht.


    Zitat

    weiß ich überhaupt noch, was Leben ist, oder will ich es gar nicht mehr wissen


    Leben, das ist für jeden etwas anderes, ich versteh beispielsweise nicht wie man ein Popkonzert, ein Fußballspiel, einen dümmlichen Film oder ein banales Computerspiel geniessen kann - Für andere ist das aber das Leben.


    Zitat

    wäre mein Leben nicht besser und erfüllter ohne diese ständigen CD-Käufe?


    Mit Sicherheit nicht. Ich erinnere mich gut an die Zeit als ich mit meinen Eltern auf Urlaub fuhr - und am Strand einerseits Neukäufe Plante, andrerseits stets in Angst lebte, meine geliebten Schallplatten (damals vielleicht 200) könnten gestohlen worden sein) Am Heimweg fieberte ich dem glückseligen Augenblick entgegen, wieder eine Schllplatte aus meiner Sammlung auf den Plattenteller legen zu können und die mir vertrauten Aufnahmen, die für 2 Wochen Schlagergedudel weichen mussten - endlich wieder hören zu können,


    Zitat

    Jedenfalls sollte man aufhören, die CD zu verherrlichen und zu ästhetisieren. Sie ist ein anonymes Massenprodukt und wird erst durch die eigene Idealisierung mit Wert und/oder Bedeutung aufgeladen.


    Natürlich, Das ist auch mit Gold, Diamanten, und auch mit Geld der Fall
    Zwischen einem Anonymen Ölschinken und einem unersetzlichen Rembrandt steht oft nur ein Gutachter/Kunsthistoriker/Sachverständiger......


    Irgendwann wird es sowieso keine Tonträger mehr geben...[/QUOTE]


    Ja. wenn die Milchstraße von dem in ihrer Mitte befindlichen schwarzen Loch aufgesogen wurde.....


    Aber in den nächsten ...zig Jahren galube ich nicht an ein Verschwinden der Tonträger, denn sie sind es die das haptische Gelüst der Sammler befriedigen, eine Sammlung von 10. Musikstücken - in meiner Armbanduhr auf einem Chip gespeichert hätte auf mich eine abschreckende Wirkung - ich liebe die vollen meterlangen Regale, die voll Musik und CD-Cover gefüllt sind. Hier bin ich zuhause - hier fühle ich mich wohl.
    Und so wird es wohl vielen gehen.
    WIR sind es, die den Klassikmarkt beleben...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die CD ist die Letzte ihrer Art, das letzte Glied in einer Kette, der letzte physische Tonträger, der noch massenhaft gehandelt wird. Die letzte Generation einer aussterbenden Gattung.


    Physische Tonträger werden vom Markt verschwinden. Nach der CD kommen downloads und streams.


    Als die CD auf den Markt kam, war sie unglaublich teuer. Ich habe eine CD auf der ist nur das Brahms Violinkonzert (35 Minuten) und sonst nichts und dafür habe ich umgerechnet 18 € gezahlt. Und das vor 20 Jahren.


    Heute kann man exzellente CD Boxen für rund 2 € die CD erwerben.


    Tja, nur eines war die CD nie: edel. Sie war immer schäbig und billig, was die Verpackung anging, ich sage nur Jewel Case. Geht es schäbiger? Die CD brachte die Covers und die Booklets in absurde Kleinstformate.


    Die CD war praktisch, da zerkratzt so schnell nichts und Beethovens 9. konnte man endlich mal am Stück hören. Das war es dann auch schon.


    CDs sind ebenso viel oder wenig Kulturgüter wie Nachttöpfe. Menschen haben sie zu einer bestimmten Zeit benutzt. Nicht mehr.


    Es gibt eine Buchkultur, die bleiben wird, lange nachdem das letzte papierne Buch gelesen wurde. Auch die Schallplattenkultur hat sich gehalten und wird sich halten. Von den CDs bleibt nichts, in 50 Jahren wird man diese Datenträger nicht mehr lesen können und sie sind Müll.

    marta

  • Ganz so drastisch sehe ich das nicht, und ich teile auch nicht die Prognosen (totgesagte leben länger...). Die Schallplatte war auch noch nicht totzukriegen.


    Aber andere Medien werden auch ihre Bedeutung erlangen - in einigen Bereichen greife ich inzwischen auch zum Download. Auch, weil mich bei teuren CDs das Booklet bisweilen so sehr enttäuscht, dass ich nicht weiss, wozu ich dafür Geld ausgeben soll... Bei manchen anderen sind die Booklets fast so spannend wie die Musik. Ich schaue mir das immer an, bevor ich entscheide, zu welchem Medium ich greife.


    Ich sammle auch, aber Musik. Nicht Dutzende Aufnahmen eines Werks, sondern die Vielzahl der Werke interessiert mich momentan. Die Musik ist m.E. das schützenswerte Kulturgut, das Werk und seine Einspielung. Das Medium ist, das sagt ja auch der Name, für mich nur Mittel zum Zweck.

  • Tonträger waren schon immer, selbst in den 1920ern als sie nur für vergleichsweise wenige Leute erschwinglich waren, Massenware, verglichen mit Maßanzügen oder Schmuck oder was weiß ich.
    Es besteht hier nur ein gradueller Unterschied (vielleicht im Nachhinein verstärkt durch eine ganze Menge Nostalgie) zwischen LP und CD. Was an den üblichen Papphüllen edler sein soll als an Jewel-Cases leuchtet mir nicht ein und die Leinenkisten waren ja nicht die Regel im LP-Zeitalter.


    Aber natürlich hat man hier, wie bei der CD und vielen anderen Massenprodukten dem Käufer versucht weiszumachen, dass er etwas besonders edles und exklusives erwirbt... mitunter erfolgreich


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • In der Herstellung ist die CD sicherlich ein billiges Massenprodukt, als Rohling sogar ein typisches Wegwerfprodukt. Aber man kann, gerade wenn es um wertvolle Musik geht, durchaus was daraus machen, indem man zu den bloßen Daten sozusagen einen „Mehrwert“ schafft. Als Beispiel möchte ich nur die letzten CDs von Cecilia Bartoli nennen. Wenn Inhalt und Gestaltung auf hohem Niveau Hand in Hand gehen und dazu auch der Preis passt (meine Schmerzgrenze liegt bei 15 €), kann die CD jederzeit neben Streams und Downloads bestehen.

    Man kann wirklich sagen, daß ich Mozart sehr, sehr viel verdanke; und wenn man sich ansieht, wie z. B. meine Streichquartette gebaut sind, dann kann man nicht leugnen, daß ich das direkt von Mozart gelernt habe. Und ich bin stolz darauf!
    Schönberg

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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Mit Sicherheit nicht. Ich erinnere mich gut an die Zeit als ich mit meinen Eltern auf Urlaub fuhr - und am Strand einerseits Neukäufe Plante, andrerseits stets in Angst lebte, meine geliebten Schallplatten (damals vielleicht 200) könnten gestohlen worden sein)


    Genau DAS sollte Dir ja zu denken geben, ob das Leben nicht besser wäre ohne Sammelsucht.
    Zum Glück ist es bei mir nicht so arg, aber manchmal frage ich mich auch, ob ein Leben ohne Sammeln nicht eine Befreiung wäre.
    Ich gebe Agon recht, dass da etwas kompensiert werden dürfte.
    Man könnte aber weitergehen und Kunst generell als Kompensation ansehen. Denn im Gegensatz zu den Briefmarken hat das, was wir hier sammeln, gar keinen Zweck, und wer sagt denn, dass wir ohne das Zeugs nicht glücklicher wären?
    :D
    Wobei ich jetzt abstrahiere, und so tue, als sammelten wir Musikwerke und nicht Plastikschrott. Meine Sammlung der gelben reclam-Bände ist für mich auch eine Literatur-Sammlung und keine Altpapierakkumulation. In beiden Fällen geht es ja nicht um "Sammlerstücke" im engeren Sinne, also Stücke, die für sich selbst als Objekt einen "objektiven" weil finanziellen Wert haben, wie etwa eine Erstausgabe eines wichtigen Werkes des 17. Jahrhunderts oder die womöglich limitierte Erstpressung eines Albums eines Rock-Klassikers (da kenne ich mich weniger aus, aber dort hat die Platte selbst einen wesentlich konkreteren Wert, da einerseits die Aufnahme selbst nicht so vom Werk zu trennen ist wie in der Klassik, wo die Interpreten austauschbar sind, und andererseits weil die Gestaltung der Platte auch dazugehört und nicht wie in am Klassikmarkt abermals austauschbar ist).


    Dennoch: Den Zwang des Besitzen-Müssens kenne ich gerade bei Büchern und CDs gut genug. Ich könnte mich herausreden, dass es mir zu mühsam wäre, Bibliotheken aufzusuchen und ich dort nicht alles bekäme, was mich interessiert.

  • Die CD hat sich als sehr gutes Speichermedium für Musik erwiesen. Sie hat ausreichend Speicherkapazität, ist handlich, nimmt nicht zuviel Platz weg und ist nicht annähernd so empfindlich, wie eine LP oder eine MC.
    Der erste Zugriff auf sie erfolgt rein physikalisch durch Menschenhand und ihre Wiedergabe erfordert nur einen CD-Player, der an eine Energiequelle angeschlossen ist.
    Ihr Einsatz ist - funktionierendes Wiedergabegerät vorausgesetzt - nur von ihrem Besitzer abhängig und von sonst niemanden.
    Soviel dazu, warum ich mich jetzt für eine CD entscheide und nicht beispielsweise für eine Edison-Walze.


    Zitat

    ... Aber eine CD ist eben auch nur eine Handelsware und ein Massenprodukt wie vieles Andere, und so sollte man sie auch behandeln.


    Dem ist grundsätzlich beizupflichten, aber ich kaufe die CD ja nicht, weil sie als solche durch ihr Ästhetik besticht, sondern weil mich doch in erster Linie das interessiert, was auf der CD oben ist. Die CD ist für mich diesbezüglich nur Medium und sonst nichts.
    Wenn aus einer CD dann etwas ganz Besonderes, Rares wird, dann doch nur wegen ihrem Inhalt und ihrer beschränkten Verfügbarkeit.


    Zitat

    Aber trotzdem ist es auch manchmal ganz gut, zur Besinnung zu kommen, und sich zu fragen: warum mache ich das? brauche ich diese CDs wirklich? was kompensiere ich damit? wieso brauche ich immer mehr? wieso kann ich nicht mehr aufhören? wäre mein Leben nicht besser und erfüllter ohne diese ständigen CD-Käufe? weiß ich überhaupt noch, was Leben ist, oder will ich es gar nicht mehr wissen?


    Warum mache ich das?
    Brauche ich diese CD wirklich?


    Weil mich interessiert, was auf ihr oben ist, weil ich es kennenlernen will, weil ich mit dem, was ich schon habe, nicht zufrieden bin, weil ich es zur Ergänzung, zur Vertiefung brauche. Oder kurz gesagt, weil ich klassische Musik liebe!
    Die Menge der CDs, bei denen die Aufmachung für den Kauf verantwortlich war, bewegt zumindest bei mir im Promille-Bereich.


    Was kompensiere ich damit?


    Nichts! Das Verlangen nach Ego-Krücken war bei mir nie besonders ausgeprägt und ist jetzt so gut wie gar nicht mehr vorhanden. Beim Kauf einer CD befriedige ich damit also nur meine Neugierde, mein Interesse, meine Neigung. Aber nie mit der CD als solcher, sondern immer mit der Musik.


    Wieso brauche ich immer mehr?
    Wieso kann ich nicht mehr aufhören?


    Weil es immer wieder etwas zum Entdecken, zum Kennenlernen gibt: Ich persönlich bin gerade dabei, mir das 20. Jhdt. zu erschließen, sehr wohl eingedenkt der Tatsache, das die Erschließung dieses Jahrhunderts von der gesellschaftlichen Akzeptanz her überhaupt noch nicht abgeschlossen, immer noch ein work in progress ist und ich daran aktiv teilnehme. D.h. es gibt für dieses Jahrhundert noch keinen abgeschlossenen Kanon, da kommt immer noch etwas dazu, da gibt es immer noch Veränderungen, da ist immer noch Bewegung drin.
    Bei den vorhergehenden auch, aber nicht mehr so stark.


    Wäre mein Leben nicht besser und erfüllter ohne diese ständigen CD-Käufe?


    Nein, denn dann würde mir ja die Musik fehlen und die Möglichkeit der freien Wahl, des Vergleiches und der kritischen Auseinandersetzung. Und auch, wie Alfred gesagt hat, die Möglichkeit der Rückerinnerung und des Zeit anhaltens . D.h. Bayern 4 ist ja ein ganz netter Sender, aber Mariss Jansons ist eben nicht d e r Schostakowitsch-Dirigent, wie ihn dieser Sendern z.Z. darstellen möchte.


    Zitat

    Physische Tonträger werden vom Markt verschwinden. Nach der CD kommen downloads und streams.


    Das glaube ich aus mehreren Gründen nicht:
    Zum einen braucht der Mensch etwas zum Begreifen im wahrsten Sinn des Wortes, zum anderen möchte er eine gewisse Unabhängigkeit und Freiheit haben, die ihm ein Download, ein Stream oder eine Rundfunkübertragung nicht liefern kann.


    Unabhängigkeit und Freiheit:
    Meine mich im Moment ansprechende Musik zu einer mir genehmen Zeit an einem Ort meiner Wahl bei geringst möglichem Aufwand.
    Z.B. die CD im Autoradio: Ich zieh sie aus dem Regal, nimm sie zum Auto und stecke sie rein und schon geht es los. Sorry, diesbezüglich kommt kein mp3-Download mit. Um den in die Karre zu bringen, muss ich erst einmal den Rechner hochfahren, das Stück herunterladen und auf einen mp3-Player transferieren und selbigen in der Karre anstöpseln.
    Voraussetzung dafür: Eine funktionierende Breitbandverbindung mit entsprechender Stromversorgung und die entsprechende Hardware. Bis auf die Stromversorgung ist in der Gegend, wo ich wohne, diesbezüglich nicht allzuviel los und wie es ausschaut wird sich daran auch die nächsten 10 bis 20 Jahre wenig ändern.


    M.E. verhält es sich mit der CD als Tonträger wie mit den Zeitungen und Büchern, wobei die Betonung auf Tonträger liegt: E-Papers, Internetzeitungen und elektronische Bücher sind ganz nett, sie werden auch genutzt, aber das Papier als solches können sie nicht ablösen.
    Genauso, wie es noch sehr lange Tonträger geben wird. Ob es sich dabei dann noch um herkömmliche CDs handelt, um SACDs, DVDs oder irgendwelche Hybriden - einerlei. Die einzige Änderung, die es vielleicht geben wird, dürften Tonträger on Demmaned sein, die eben dann einschließlich Booklet und Aufdruck bei Bestellung gefertigt werden.
    Etwas, mit dem ich sehr wohl leben könnte, würden doch damit die Vorteile des herkömmlichen Systems mit mit Neuem verbunden.


    Fazit:


    Die CD als solches ist kein edles Konsum- und Kulturgut, genausowenig, wie es die LP ist, die MC oder das Buch.
    Sie ist wie das Buch aufmachungsunabhängig nur ein Informationsträger und wird erst durch diese Information zu dem was sie sein soll: Ein hochwertiges Konsum- und Kulturgut oder ein ordinäres Telefonverzeichnis, das man als Webegeschenk nachgeschmissen bekommt. Analog dazu bleibt ein Telefonbuch auch immer ein Telefonbuch, gleich ob es sich nun um den Standarddruck handelt oder um eine in Leder gebundene und auf Pergament gedruckte Sonderausgabe für Dagobert Duck.


    Viele Grüße
    John Doe
    :hello:


  • Immerhin hast Du offenbar vor dem Kauf eine Art von "Unzufriedenheit", Du bist mit dem, was Du hast, "nicht zufrieden".


    Wo ist die Grenze zwischen neugieriger Lernwilligkeit und Sammelsucht?

    Zitat

    Sie ist wie das Buch aufmachungsunabhängig nur ein Informationsträger und wird erst durch diese Information zu dem was sie sein soll: Ein hochwertiges Konsum- und Kulturgut oder ein ordinäres Telefonverzeichnis


    Stimmt - fast ...
    Der Wert eines Buches ist eben nicht ganz aufmachungsunabhängig.
    Zumindest eine mittelalterliche Handschrift sollte auch in Deinen Augen einen aufmachungsabhängigen Mehrwert haben.


    Wenn Graphiken und Text sich zu einem "Gesamtkunstwerk" vereinigen, an dem womöglich die Wahl des Papiers auch noch eine Rolle spielt, wird es auch schwierig. Das ist zwar problemlos reproduzierbar (im Gegensatz zur Handschrift) aber nicht mehr aufmachungsunabhängig. Beispiel: Kokoschkas "Träumende Knaben".

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Immerhin hast Du offenbar vor dem Kauf eine Art von "Unzufriedenheit", Du bist mit dem, was Du hast, "nicht zufrieden".


    Wo ist die Grenze zwischen neugieriger Lernwilligkeit und Sammelsucht?


    Wo ist die Grenze zwischen Erfüllung der nötigen Bedürfnisse und eitlem Luxus? Warum brauchst Du mehr als eine Tonne? Sag es mir, O Diogenes!


    :D


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    mehr als eine Tonne brauchs't nicht. Aber die Frage, brauche ich die Soundsovielte CD davon sollte sich auch ein Sammler stellen. Diese Einsicht kam bei mir spät, viel zu spät. Niemand benötigt 10 mal den gesamten Ring und einige davon auch noch doppelt (z.B. mit Solti, Karajan) weil die schlauen Firmen sie in verbesserter Tonqualität nochmals aufgelegt haben). Ich habe den gesamten Ring in einem Aufwasch bis heute nicht angehört, sondern immer nur Passagen und sie allein oder mit gleichgesinnten Musikfreunden verglichen.


    Die Frage, warum soviel Sammeln, beantwortet sicherlich jeder Sammler und Musikliebhaber von E-Musik unterschiedlich. Als ich Anfang der 60er anfing zu sammeln, hat mich mein Vater belächelt, es aber zugelassen. Er hat aber keine Gelegenheit ausgelassen, mich vor Freunden und Bekannten zu blamieren, indem er darauf hinwies, dass ich zwar mit der Stereoanlage, aber leider kein Instrument spielen könnte. Dies habe ich bis heute auch nicht gelernt. Mein Vater dagegen hatte zwei Geigen und eine Mandola. Er spielte 4 Jahre in Österreich in Kriegsgefangenschaft in einer Tanzkapelle die 2. Geige und später war er sogar im Heimatort im Mandolinenclub, der große Tanzveranstaltungen organisierte, wurde er Spielleiter. Ich war schon zufrieden, dass er mir das Sammeln von Klassik-LPs nicht verbot. Als er jedoch einmal vor dem Schallplatenarchiv stand und mitbekam, dass dort 17 mal die GA der Zauberflöte steht, war es dann doch um seine Fassung geschehen.


    Warum teile ich das mit, ich denke, die Sammelleidenschaft war der Gegenpol zu seinem Können am Instrument. Als er 80 wurde, gab er mit die Geige (Violine) mit nach Hannover, um sie im Klavierhaus Döll auf neuesten Stand bringen zu lassen. Als ich zurückkam nahm er sie, probierte sie aus, legte sie wieder in den Kasten und schenkte sie mir. Sie hat in meiner Wohnung einen Ehrenplatz. Aber, mit 90 hat er mich noch gefragt, ob ich auf dem Instrument denn wenigstens die Tonleiter spielen kann.


    Heute, nachdem ich leider meine Schallplatten komplett weggegeben habe (wer ahnte damals, dass
    die Zeit kommt, wo man sie digitalisieren kann?) stelle ich fest, dass ein Großteil der Raritäten unwiederbringlich ist, auch nach Ablauf der "berühmten 50 Jahre".


    Da inzwischen DVDs dazugekommen sind, habe ich die CD-Sammelleidenschaft etwas reduziert. Seit ich Mitglied im forum bin, hat sie aber wieder zugenommen, denn ich bin auf Aufnahmen aufmerksam geworden, die ich bisher nicht kannte, die aber nach Meinung verschiedener forianer hervorragend sind.


    Die Grenzen zwischen Erfüllung, Bedürfnis und Luxus würde ich fließend sehen. Obwohl ich glücklich verheiratet bin und meine Frau nicht unbedingt Klassikfan ist, wäre mein Leben ohne KlassikCDs ärmer.


    Liebe Grüße aus Burgdorf


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


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  • hallo miteinander,


    dieses Thema hat für mich fast philosophischen Charakter, und normalerweise tue ich mich in solchen Dingen schwer, da mitzureden, weil es da auch um Gefühle und Wertschätzung geht. Aber hier wurden ein paar Aussagen getroffen, denen ich widersprechen muss.


    Zitat

    Die CD ist ein anonymes Massenprodukt und wird erst durch die eigene Idealisierung mit Wert und/oder Bedeutung aufgeladen.


    Ich denke, es liegt gerade im Wesen des Menschen, Dingen, die rein materiell betrachtet wenig wert sind, durch 'Wert'-Schätzung ihren individuellen Wert zu geben, sie für sich selbst 'wert'-voll zu machen. Wenn ich so denke, wie in diesem Zitat, dann ist ein Liebesbrief nichts anderes als ein Blatt Papier (am besten noch aus einem 100er-Block) mit etwas Tinte drauf. Aber durch seinen Inhalt wird er für mich persönlich sehr wertvoll. Und so verhält es sich für mich auch mit der CD - eigentlich nur ein Stück Kunststoff mit Aluminium-Beschichtung - durch das, was auf ihr drauf ist, durch das, was ich mit ihr anfangen kann, wird sie für mich wertvoll. Genauso wie ein gutes Buch (oder der besagte Liebesbrief) kann auch eine CD für mich eine Seele haben. Die CD ist nicht einfach das was sie ist - sie ist das was ich aus ihr mache.


    Zitat

    Aber eine CD ist eben auch nur eine Handelsware und ein Massenprodukt wie vieles Andere, und so sollte man sie auch behandeln.


    Nein, das ist sie eben nicht. Und entsprechend behandele ich auch meine CDs.


    rolo

    Es wird immer weitergehn, Musik als Träger von Ideen.

    Kraftwerk

  • Für mich haben meine Klassik-CDs auch einen individuellen Wert. Vielen Leuten würden sie wohl nicht oder nicht soviel bedeuten, auf den rein materiellen Wert reduziert. Für andere haben ja auch ihre Pop-Musik-CDs einen individuellen Wert, den wir Klassikhörer eben nur bedingt oder gar nicht verstehen können.


    Natürlich besteht im übrigen die Gefahr, daß aus Sammelleidenschaft krankhafte Sucht wird. Das werden die meisten unter uns schon an sich bemerkt haben. Da nimmt man sich etwa vor, pro Monat nur drei neue Aufnahmen anzuschaffen – und siehe da: schon hat man diese Grenze in der ersten Woche des besagten Monats überschritten. Man sieht immer mehr CDs (auch bedingt durch Tamino), die man unbedingt haben möchte, auf die man nicht warten will oder kann. Ich denke an verlockende Amazon-Marketplace-Angebote kaum mehr greifbarer CDs, die keinen Aufschub dulden. Solche "Notkäufe" sind bei mir i. d. R. ungeplant. Ich entdecke sie meist beiläufig – und brauche sie dann natürlich sofort. Zwar hat man dabei ein leicht ungutes Gefühl ("Mußte es diese CD jetzt wirklich auch noch sein?"), doch überwiegt bei mir dann trotzdem meistens das Gefühl: "Wieder eine seltene Aufnahme günstig ergattert und für die Sammlung gerettet". Die letzte Zeit habe ich unverhältnismäßig viele CDs gekauft, was aber damit zusammenhängt, daß ich das "Standard-Repertoire" nach und nach abdecken will. Ist dies einmal getan, werden nur mehr partielle Neukäufe erfolgen, um besonders geliebte Werke in mehreren Aufnahmen zu besitzen. Zudem sage ich mir dann immer: Ich brauche ja sonst kaum Geld. Weder die Trunk- noch die Rauchsucht belasten mein Portemonnaie, ich bin ansonsten im Grunde sehr knausrig, beinahe geizig (teure Konzert- oder Opernbesuche sind sehr sorgfältig ausgewählt und rar). Von daher sind diese Investitionen in die Ewigkeit (oder zumindest Lebenszeit) m. E. dann auf lange Sicht doch keine verkehrten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Immerhin hast Du offenbar vor dem Kauf eine Art von "Unzufriedenheit", Du bist mit dem, was Du hast, "nicht zufrieden".


    Die Unzufriedenheit bezieht sich rein auf die Interpretation: So liegt mir jetzt ganz konkret eine Aufnahme von Chatschaturians 1. Sinfonie vor, mit der ich nicht ganz zufrieden bin, weil ich das Gefühl habe, da ist mehr drin, da kann noch mehr rausgeholt werden. Sollte es irgendwann eine weitere Einspielung dieser Sinfonie geben, die ich als besser empfinde oder als interessanter, dann werde ich sie mir zulegen.
    In Anbetracht der Tatsache, dass dieses Werk nun nicht gerade so großartig ist, reicht mir schlicht und einfach eine bessere bzw. eine sehr gute Aufnahme. Wäre die erste Aufnahme schon hinreichend interprtiert worden, würde sich diese Frage nicht stellen. D.h. ich lege nicht darauf Wert, mir eine Sammlung von Chatschaturians Erster zuzulegen, genausowenig, wie ich Wert darauf lege, von anderen Werken "Sammlungen" zuzulegen. Die Werke, die mehrfach bei mir vertreten sind unterscheiden sich schon deutlich voneinander: Entweder sind es radikal andere Interprtationsansätze oder es handelt sich um andere fassungen oder andere Besetzungen. Ist das soweit abgedeckt, dann reicht es mir auch.
    Von dem her kann ich also sehr wohl die Grenze zwischen lernwilligem Interesse und Sammelsucht ziehen.


    Zitat

    Zumindest eine mittelalterliche Handschrift sollte auch in Deinen Augen einen aufmachungsabhängigen Mehrwert haben.


    Dass es sich bei diesem Ding um eine mittelalterliche Handschrift handelt, sagt doch nichts über ihren Inhalt aus, denn aus Institoris und Sprengers Hexenhammer wird auch in prächtigster Aufmachung keine Literatur ( bzw. kein wissenschaftliches Grundlagenwerk).
    Nach wie vor geht es doch primär um den Inhalt und nicht um die Verpackung. Ist letztere dem Inhalt entsprechend, ist es schön, ist es anerkennendswert, ist sie es nicht, ist es halt auch nicht so schlimm, wenn nur der Inhalt sauber rüber kommt.


    Zitat

    Wenn Graphiken und Text sich zu einem "Gesamtkunstwerk" vereinigen, an dem womöglich die Wahl des Papiers auch noch eine Rolle spielt, wird es auch schwierig. Das ist zwar problemlos reproduzierbar (im Gegensatz zur Handschrift) aber nicht mehr aufmachungsunabhängig.


    Das hat es doch auch schon in der Musik gegeben. Ich denke da jetzt nur an gewisse Alben aus der Rock- und Popmusik, die ein popartmäßiges Gesamtkunstwerk angestrebt und teilweise vielleicht sogar erreicht haben.


    Bei der Klassik ist das jetzt nicht so stark ausgeprägt, trotzdem tauchen aber immer wieder mal CDs auf, die wirklich vornehm bis edel verpackt sind.


    Zitat

    Wo ist die Grenze zwischen Erfüllung der nötigen Bedürfnisse und eitlem Luxus? Warum brauchst Du mehr als eine Tonne? Sag es mir, O Diogenes!


    "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein und auch nicht nur vom Fleisch vom Schwein!" sprach Diogenes, schwang sich in seine Tonne und rollte den Berg hinab.
    Amen


    John Doe ;)

  • CDs sind keine Menschen!!!


    Das möchte ich nur mal klar sagen.


    Man kann sie streicheln, sie behüten, ihnen eine Gute-Nacht-Kuss geben, versuchen, sie zu füttern, mit ihnen sprechen - aber sie werden nicht antworten und auch nicht bellen oder miauen!



    Agon

  • Zitat

    Original von rolo betman
    Ich denke, es liegt gerade im Wesen des Menschen, Dingen, die rein materiell betrachtet wenig wert sind, durch 'Wert'-Schätzung ihren individuellen Wert zu geben, sie für sich selbst 'wert'-voll zu machen. Wenn ich so denke, wie in diesem Zitat, dann ist ein Liebesbrief nichts anderes als ein Blatt Papier (am besten noch aus einem 100er-Block) mit etwas Tinte drauf. Aber durch seinen Inhalt wird er für mich persönlich sehr wertvoll. Und so verhält es sich für mich auch mit der CD - eigentlich nur ein Stück Kunststoff mit Aluminium-Beschichtung - durch das, was auf ihr drauf ist, durch das, was ich mit ihr anfangen kann, wird sie für mich wertvoll. Genauso wie ein gutes Buch (oder der besagte Liebesbrief) kann auch eine CD für mich eine Seele haben. Die CD ist nicht einfach das was sie ist - sie ist das was ich aus ihr mache.


    Das kann ich sehr gut nachvollziehen, der Wert von vielen CDs ist für mich ungleich größer als ihr materieller Wert. Deshalb ziehe ich eine CD auch grundsätzlich einer Datei auf meinem PC vor. Ich kann sie durchaus in meiner Hand halten, sie liebevoll betrachten und mich über ihren Besitz freuen.
    Aber ein Ersatz für gute Freunde und eine Familie können CDs sicher nicht sein, da muss ich Agon zustimmen. Sie können nur unser Leben sehr bereichern.


    :hello:
    Jolanthe

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  • Zitat

    Original von John Doe
    Unabhängigkeit und Freiheit:
    Meine mich im Moment ansprechende Musik zu einer mir genehmen Zeit an einem Ort meiner Wahl bei geringst möglichem Aufwand.
    Z.B. die CD im Autoradio: Ich zieh sie aus dem Regal, nimm sie zum Auto und stecke sie rein und schon geht es los. Sorry, diesbezüglich kommt kein mp3-Download mit. Um den in die Karre zu bringen, muss ich erst einmal den Rechner hochfahren, das Stück herunterladen und auf einen mp3-Player transferieren und selbigen in der Karre anstöpseln.
    Voraussetzung dafür: Eine funktionierende Breitbandverbindung mit entsprechender Stromversorgung und die entsprechende Hardware. Bis auf die Stromversorgung ist in der Gegend, wo ich wohne, diesbezüglich nicht allzuviel los und wie es ausschaut wird sich daran auch die nächsten 10 bis 20 Jahre wenig ändern.


    Die Argumentation kann ich nicht so ganz teilen. Klar, der Download erfordert eine Breitbandverbindung. Aber was die Freiheit betrifft, immer und überall meine Musik zu hören: den überwiegenden Teil meiner Musik habe ich auf meinem iPod, und inzwischen gibt es den schon mit 160GB Platte. Für einen Walkman reichen 128KBit AAC-codierte Files vollkommen aus (entsprechen etwa 196KBit mp3), damit passt schon eine Menge drauf. Für einige Extremsammler mag das eine enorme Einschränkung sein, aber ich habe seitdem das, was ich an Musik hören möchte immer dabei. Mein Autoradio hat eine Schnittstelle, das heißt ich höre (fast) nahtlos weiter, wenn ich aus dem Auto steige und mich ins Büro setze.


    Also - an Freiheit habe ich durch Musikdateien gewonnen.


    Und - CDs erfordern auch eine entsprechende Hardware. Es hat sehr lange gedauert, bis ich den ersten CD-Player im Auto hatte. Irgendwann gibt es kein Autoradio mehr ohne große Festplatte und Schnittstellen für die gängigen MP3-Player. Dann legst Du irgendein Speichermedium ein, Dein Radio fragt Dich, ob Du es nur hören oder gleich auf die Auto-Platte kopieren möchtest, und dann ist es da. Mittelfristig kannst Du (resp. Dein Beifahrer) während der Ampelpause neue Musik herunterladen. Gruselig, aber das ist die Zukunft, fürchte ich: das total vernetzte Leben, bis ins Auto.


    Nein, nach wie vor: für mich ist die CD nur ein Speichermedium unter vielen. Ich werde ihr nicht lange nachweinen, wenn es einen adäquaten Ersatz gibt. Wenn demnächst halt Kästchen mit Speicherkarten stattdessen verkauft werden.
    Oder man kauft ein Booklet, hängt seinen Datenträger an eine Zapfsäule und hat die Musik drauf.


    Die Dämme in dieser Hinsicht sind m.E. gebrochen, weil die Industrie eine folgenschwere Entscheidung getroffen hat: den Verzicht auf DRM.


    Aber jetzt gleiten ich vom Topic. Schluß an dieser Stelle.

  • Hallo Travinius,


    Regensburg ist nur die größte Stadt in meiner Nähe; ich selbst wohne in der ostbayerischen Provinz, welche sich dadurch auszeichnet, dass das Mobilfunknetz hier eben nicht flächendeckend ist, jede zweite Gemeinde keinen DSL-Zugang hat und auch meine eigentliche Kreisstadt Cham nur zur Hälfte. Ein Ausweichen auf UMTS ist auch nicht möglich, da selbiges noch schlechter funktioniert.
    Seit Jahren bemühen sich unsere Politiker und auch Unternehmer, dem Abhilfe zu schaffen. Vor Wahlen, wenn dann die gesamte Politprominenz auftaucht, wird einem das Blaue vom Himmel versprochen - ganz konkret wenigstens eine 1600 DSL und ein flächendeckender Mobilfunk - und wenn selbige vorbei sind, kann man hier wieder mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen.


    Da ich nun selbst politisch auch etwas aktiv bin, habe ich mich mit dieser Problematik etwas intensiver befasst und kann nur sagen, solche "provinziellen" Situationen sind in merry old Germany trotz Cebit und Co immer noch an der Tagesordniung und zwar an deutlich mehr Plätzen, als man glaubt.


    Selbstverständlich habe ich auch mp3s auf meinem Rechner, selbstverständlich höre ich die auf CD gebrannt in meinem Autoradio an oder auf meiner Hauptanlage, um gewisse Stücke im Ganzen hören zu können.
    Nichtsdestotrotz ist der Umgang mit selbigen umständlicher, als mit einer CD. Letztere kann in ein meinen Bedürfnissen angepasstes Ordnungssystem einfügen: Ich kann sie nach mehr oder weniger willkürlichen Kriterien ins Regal stellen oder in Kisten lagern oder sie stapelweise in der Wohnung plazieren, um etwaige Beschriftungen brauche ich mich nicht zu kümmern.
    Bei einer Archivierung einer mp3 nun muss ich mich immer an meinen Rechner halten und mich in dessen Ordnungssystemen bewegen. Der Dateiname muß überprüft und gegebenen Falls korrigiert werden, genauso, wie die sonstigen Informationen, die man für eine Klassikaufnahme braucht.


    Denn beachte bitte, diejenigen, die eine Klassikdatei zum Download ins Netz stellen, sind nicht unbedingt Experten in Sachen Klassik.


    Hat man das gemacht, ist man vom Fach, dann ist das alles kein Problem, dann hat man selbstverständlich eine Reihe weiterer Möglichkeiten, die aber auch der Zensur Tür und Tor öffnen:
    Da kann es dann schon einmal vorkommen, dass im vorauseolenden Gehorsam ein Stück vom Netz genommen wird, bloß weil damit ein Skandal verbunden ist. Ich denke da jetzt nur an die Idomeneo-Posse in Berlin.


    Zitat

    Nein, nach wie vor: für mich ist die CD nur ein Speichermedium unter vielen. Ich werde ihr nicht lange nachweinen, wenn es einen adäquaten Ersatz gibt. Wenn demnächst halt Kästchen mit Speicherkarten stattdessen verkauft werden. Oder man kauft ein Booklet, hängt seinen Datenträger an eine Zapfsäule und hat die Musik drauf.


    Der Mensch möchte was in der Handhaben, nachdem er es gekauft hat. Er möchte es anschauen und möchte es auch herzeigen können, weshalb wohl noch lange bei solchen Transaktionen etwas Gegenständliches mitgeliefert wird, gleich, ob es nun notwendig ist oder nicht.
    Ich persönlich sehe, wie du in deinem letzten von mir zitierten Satz auch schon festgestellt hast, die Zukunft der Musik im Datentträger on Demmand:
    Ich gehe in den Laden rein, gib meine Bestellung auf und bekomme die Musik entweder auf eine Speicherkarte geladen oder auf eine CD gebrannt inclusive Booklet, welches ähnlich erstellt werden kann, ausgehändigt.


    Dieses in der Handhaben können, dieses sehen und herzeigen können, sollte nicht unterschätzt werden, ist es doch für so etwas abstraktes, wie Musik notwendig. Ein Regal voller Klassik-CDs oder Bücher macht einfach mehr hereinfach mehr her, ist auch kommunikativer als der schönste I-Pod mit der 10fachen Datenmenge drauf.
    Da steht man davor, läßt seine Augen darüber schweifen, bekommt Ideene, Assoziationen. Hat man einen Gast, zieht man raus, zeigt her und, und, und.
    Gib ich dagegen meinen I-Pod aus der Hand, besteht ja schon gleich die Sorge, dass er fallen gelassen wird und 160 Gig zum Teufel sind.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Zitat

    Die Klassik-CD - Edles Konsum- und Kulturgut oder anonyme Massenware ?


    Auch Klassik CDs sind letzlich nur Datenträger mit endlicher Verfallszeit,
    und oft mehr oder weniger gelungenem Beipackzettel (Dokumentation, Booklet).


    Der Schritt vom edlen Konsum- und Kulturgut (Schallplattenkassette/Leinen)
    zur Massenware (CD bzw. download file) ist doch längst vollzogen.

    :):):)

  • Für mich ist die CD kein Kulturgut, sondern ein Gebrauchgegenstand. Sie ist ein zugegebener Maßen recht praktisches und doch sehr robustes Speichermedium. Aber ich sammle keine CDs, sondern Musikaufnahmen von Interpreten und Komponisten, die mich interessieren bzw. auf die ich neugierig bin. Deshalb stehen bei mir CDs auch nicht in einer Vitrine hinter Glas zum Bestaunt-Werden. Deshalb interessiert mich auch nicht der Sammler-Wert der CDs.


    Und Sammeln ist auch ein relativer Begriff. Sammler legen ja immer Wert auf Vollständigkeit ihrer Sammlung. Und damit habe ich es auch nicht so. Es muss nicht die komplette Reihe von Mercury Living Presence sein, schon gar nicht alles, was jemals von der Deutsche Grammophon herausgebracht worden ist, usw. Und selbst wenn sich bei mir zig GAs der Beethoven-Sinfonien stapeln, wenn mir der Dirigent nichts sagt, dann lässt mich auch ein fehlender Zyklus ziemlich kalt --jedenfalls solange bis er hier im Tamino-Forum als ein unbedingtes Muss angepriesen wird.


    Manche CDs haben auch ein nettes, lesenswertes Booklet, aber wegen dem Booklet kaufe ich CDs nun auch nicht. Und die Booklet-Autoren kenne ich nicht. Manche CDs haben ein nettes Cover, aber wegen des Covers kauf ich meine CDs auch nicht. Nein, auch hier kein Kriterium, weswegen ich sagen könnte ich sammle CDs und würde sie als Kulturgut achten und in Ehren halten.


    Selbst SACDs, die ich getrennt von meinen CDs aufgereiht habe, lege ich mit der gleichen Sorglosigkeit in den Denon und noch schlimmer, in das profane CD-ROM-Laufwerk meines PCs zwecks Übertragung auf meinen iPOD.


    Klassische Musik ist für mich eine angenehme, aufbauende, beschwingte, heitere, ergreifende, spannende und herausfordernde Form der Unterhaltung, je nach dem, was ich gerade höre. Mehr aber auch nicht. Es ist auch eiine Art meine Neugier und meinen Wissenshunger an vergangenen Zeiten zu befriedigen, da die berufliche Einspannung sich leider nicht mit meinem historischen Interesse vereinbaren lässt (oder umgekehrt).


    Die CD ist für mich also lediglich der Schlüssel in die Welt der Klassischen
    Musik, aber nicht mit dieser zu verwechseln.


    Gruß enkidu2

    Nach Schlaganfall zurück im Leben.

  • Zitat

    Original von allegro_assai


    Der Schritt vom edlen Konsum- und Kulturgut (Schallplattenkassette/Leinen)
    zur Massenware (CD bzw. download file) ist doch längst vollzogen.


    Die gute alte Zeit war leider auch nicht so gut. Ich erinnere mich jedenfalls nicht daran, daß in den Plattenläden meines Vertrauens eine Leinenkassette an der nächsten stand. Die meisten LPs waren auch nicht viel schöner verpackt als heute die CDs. Umgekehrt gibt es auch heute leuchtende Beispiele gelungener Booklets und Verpackungen, mir fällt da vor allem Savall :jubel: ein.


    :pfeif: Jürgen

    Ich brauche keine Millionen, mir fehlt kein Pfennig zum Glück...

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  • Es sit natürlich alles eine Sache der Betrachtung.
    Weiter oben wurde der CD- der Begriff "edel" abgesprochen" - vielleicht sogar zu Recht.


    Aber als 1983 die ersten CDs auf den Markt kamen - zum Preis von umgerechnet 26 http://www.dresdnerstreichtrio.deuro - allerdings nicht auf den Verbrucherrpreisindex runtergerechnet, Ich würde mal sagen eine Cd würde - wenn man diesen berücksischiten würde etwa 35 Euro pro Stück kosten - da war en si in der Tatr ein Luxusgut, das auch als solches vermarktet wurde. Ein CD Playee kostetea damals nach heutiger Währung um die 1100 -1400 Euro, nach heutigem Kaufwert ca 2200 Euro...
    Niemand hätte damals in Zweifel gezogen, da0ß die CD ein elitäre Speichermedium, mit "Ewigkeitswert" sei....


    Und Herbert von Karajan meinte sogar:
    "Alles andere ist Gaslicht "....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich glaube auch nicht, daß ich mich für meine Liebe rechtfertigen müsste oder sie erklären können. Es ist doch eine Frage, wie und womit ich leben möchte. Wenn es mir bei Büchern nur um den Text ginge, reichte tatsächlich ein Taschenbuch oder künftig ein Kindle. Ich selber schätze die Hardcoverausgaben erheblich mehr. Und ich liebe es, mit meinen Büchern zu leben, genau so wie ich es liebe, mit meinen Schallplatten, meinen CD's, den Tonbändern, und Cassetten zu leben. Ich rede jetzt nicht von faktischen Werten, sondern von individueller Wertigkeitsanmutung. Und da kann keine Datei mithalten.


    Zum Konzertbesuch gehört ja auch eine ganze Menge mehr als nur die Zeit, die ich mit Zuhören verbringe. Das ist beim Schallplattenhören nicht anders. Das Aussuche aus dem Schrank, das Auflegen der Platte, das Absenken der Nadel....


    Da kann eine Festplatte kaum mithalten.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas ,



    das , was Du beschreibst , entspricht fast genau meinen persönlichen


    Erfahrungen und meiner seit Jahren bestehenenden Einstellung zu


    verschiedenen Arten von Kulturgütern . Güter sind etwas sehr Wert-


    volles . Keineswegs in erster Linie materieller Art , sondern in Sinne


    von Tradition , Überlieferung Nachempfinden dessen, was vor uns


    gewesen ist oder gewesen sein mag ( sonst keine Geschichts-


    wissenschaft , keine Archäologie , keine Erforschung der Papyri zum Bei-


    spiel ) .


    Aus Gründen eines sinnvollen Studiums sollte man schon zu Fach-


    nüchern greifen , die nicht festeingebunden sind . Die Auflagen


    könne sehr schnell wechseln usw. .


    Die letzte grosse eigene gewachsene Bibliothek, die ich in Familien-


    besitz gesehen habe ( mit sorgfältiger Archivierungen ! ( , hat mich so


    beeindruckt, dass ich auch eine Liebe zu den berühmten Bibliotheken


    entwickelte .


    Ich möchte hier keine Diskussion auslösen , aber die Behauptung ,


    dass Gutenberg vielleicht die Krone zukommt, dass wir diese Neuzeit


    mit allen ihren Überlieferungen erleben konnten , ist auf diese neue


    Druckertechnik entscheidend zurückzuführen .


    Trotzdem : Wer hätte nicht selbst gerne zum Beispiel eine der frühen


    Goethe- oder Kleistausgaben ? Und die berühmten Briefwechsel oder


    die Briefe zum Beispiel von Robert Schumann an Clara Wieck .


    Andererseits : WEarum haben sowohl Clara Schumann wie Johannes


    Brahms die wahrscheinlich wichtigsten Teiel ihre Briefesammlungen


    vernichtet ?


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    . : Wer hätte nicht selbst gerne zum Beispiel eine der frühen


    Goethe- oder Kleistausgaben ? ...



    Ich.



    Ich habe gerade ein neues Regal gekauft. Es ist viel kleiner als das alte, dass ich hatte. In dem Regal stehen nur Bücher und CDs. Um den Umzug zu gewährleisten, habe ich so ziemlich jedes zweite Buch, das ich besitze entsorgt. Welch Wohltat!


    Ich schätze in 5 Jahren brauche ich gar kein Regal mehr, sondern nur einen Schuhkarton großen Server und ein nettes Elektronisches front end zum lesen und hören.


    Darauf freue ich mich sehr. Je älter ich werde, desto wenige Krams mag ich besitzen.

    marta

  • Zitat

    Je älter ich werde, desto wenige Krams mag ich besitzen.


    Mir geht es genau umgekehrt. Desto älter ich werde, desto mehr weine ich allem nach was ich einst beseesen habe und nicht mehr besitze, jage ich jeder CD nach die einst als LP meine Sammlung zierte und erst jetzt wieder neu aufgelegt wurde, grabe ich Aufnahmen der Vergangenheit aus um die Zeit anzuhalten und die Vergangenheit zurückzuholen, samle ich Bücher mit Gemälden, um quasi die gesamtew Welt des Ölbilds durch die Jahrhunderte festzuhalten, und bedaure, nicht alle die herrlichen Originale selbst besitzen zu können.


    Am Schlimmsten aber ist, daß man in einem Menschenleben gar nicht die Zeit hat, all das zu hören, zu sehen und zu lesen, was dereinst musiziert, gemalt und geschrieben wurde, auch wenn man sich nur 4-5 Stunden Schlaf pro Tag gönnt.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    ....
    Niemand hätte damals in Zweifel gezogen, da0ß die CD ein elitäre Speichermedium, mit "Ewigkeitswert" sei....


    Und Herbert von Karajan meinte sogar:
    "Alles andere ist Gaslicht "....


    Das habe ich anders in Erinnerung.


    Viele Besitzer Jahrzehnte alter Schellacks und Vinylplatten waren eher skeptisch, ob die CD ähnlich haltbar war (Oxydation der Aluminiumschicht). Und der überraschend schnelle Durchbruch der CD war nicht ihrem elitären Status zu verdanken, sondern weil sie so praktisch war (über die angeblich so überragende klangliche Qualität wurde noch heftig gestritten, der breiten Masse war das egal).


    Karajans Zitat stammt aus einer Zeit, wo es noch überhaupt keine CDs gab! DG-Techniker hatten ihm Vergleichsaufnahmen vorgespielt, wo er von der Digitalversion schwer beeindruckt war. Diese Erfahrung im Studio ließ ihn zum eifrigen Verfechter und Wegbereiter der kommenden CD werden.


    Es schien lange Zeit überhaupt ein Problem zu sein, die Aufnahmequalität des Studios erfolgreich ins Wohnzimmer der Hörer zu bringen. Ich erinnere mich an ein Interview mit dem 1. Trompeter des Chicago Symphony Orchestra. Hauptthema waren seine Erinnerungen an Fritz Reiner, aber es kam auch kurz die moderne digitale Aufnahmetechnik zur Sprache. Er beklagte das seltsame Phänomen, dass er schon mehrmals bei Abhörsitzungen im Studio von der Kunst der Toningenieure schier überwältigt war, während die veröffentlichte CD zu Hause nicht entfernt an den Eindruck vom Masterband heranreichte. Und gerade dieser "verlustfreie" Transport vom Masterband zum Endprodukt war das Hauptargument für die Verkünder der digitalen Revolution...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Nun, zwischenzeitlich zeigt sich auch, dass die CD nicht ähnlich haltbar ist wie eine uralte Schellackplatte. Aber das ist - glaube iich - auch nicht Gegenstand der Diskussion. Und was die Tonqualität betrifft: weder bei der LP, noch bei der CD wird üblicherweise das optimal Mögliche abgerufen (mangels Equipement). Die ganze Qualitätsdebatte ist also reines Schattenboxen. Aber: wenn ich die Blicke über meine Platten- resp. CD-Sammlung schweifen lasse stelle ich fest, daß das alles nicht ganz einfach zu kriegen war. Heute wohl auch kaum wieder beschaffbar. All die Datenfreaks blenden all das an Musik aus, was nicht als Datei verfügbar ist. Ebenso wie die Technikfreaks alles ausblenden, was nicht stereo ist. Das ist deren Problem, vielleicht sogar eines, was sie gar nicht empfinden.


    Aber wer weiß: vielleicht erklären mir irgendwann die Sammlungschrumpfungsfreunde, daß es für ein gutes Klavierspiel keinen Steinway D bräuchte, da es ja die flachen elektronischen Keyboards gäbe.....


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    wenn ich die Blicke über meine Platten- resp. CD-Sammlung schweifen lasse stelle ich fest, daß das alles nicht ganz einfach zu kriegen war. Heute wohl auch kaum wieder beschaffbar


    Genau das ist es, denn letztendlich geht es nicht um das Speichermedium als solches, sondern um die Musik und den Superserver, der wirklich alles oben hat, den gibt es nicht. Und um das zu nehmen, was mir da angeboten wird, statt das zu nehmen, was ich will, da bin ich zwischenzeitlich etwas zu tief in der Materie drin.


    Viele Grüße
    John Doe
    :hello:

  • Zitat

    Original von Mawal



    Ich schätze in 5 Jahren brauche ich gar kein Regal mehr, sondern nur einen Schuhkarton großen Server und ein nettes Elektronisches front end zum lesen und hören.


    Schöne neue Welt...


    Zitat

    Darauf freue ich mich sehr. Je älter ich werde, desto wenige Krams mag ich besitzen.



    Gut, dass ich noch jung bin...



    Ist das eigenlich Ernst oder ironisch gefärbte Provokation?


    Eine lange angelegte Bibliothek zugunsten einer digitalen 'Lösung' auszutauschen, erscheint mir eigentlich völlig abwegig. Ich verabscheue es geradezu, irgendetwas am Bildschirm zu lesen, alles,. was ich digital erhalte und einen gewissen Umfang übersteigt, drucke ich. Zudem ist es einfach schön, in einer Bibliothek quasi ein persönliches Interessenspektrum physisch präsent zu haben, vor allem auch immer greifbar im Wortsinne.


    Ich selbst glaube mich von jeder pathologischen Sammelwut frei bezeichnen zu dürfen, aber dennoch mag ich es, dass meine CD-Sammlung - die ich übrigens sehr gezielt anglege und nicht im Hinblick auf deren Größe - mittlerweile meine Grundbedürfnisse abdeckt, so dass ich je nach Hörwunsch einfach zu der CD in der von mir favorisierten Aufnahme greifen kann.


    Während es bei CD's ein starkes Bestreben gibt, es keinesfalls zu übertreiben, reizt es mich hingegen bei Büchern sehr, eine möglichst umfassende Bibliothek aufzubauen. Natürlich erhält diese einen (studien-) fachspezifischen Schwerpunkt, soll aber auch eine Grundlage der Weltliteratur beinhalten, wobei ich freilich kein Buch um des Besitzens willen kaufe, sondern auch mit dem Anspruch, es zu lesen.
    Für mich sind Bücher eben Kulturgut, um den Begriff aus dem Thementitel zu verwenden, den ich allerdings auf CD's nicht in dem Maße anwenden würde - die sind mir schon zu digital...
    Eine Bibliothek ist meines Erachtens auch kein Ausdruck eines abwegigen Sammelticks, sondern Abbild niveauvoller geistiger Beschäftigung, ein schöner Ausdruck der Präsenz von Bildung.
    Ich bedaure es oft, ein entliehenes Buch, das für einige Wochen in meinen Regalen Platz fand, zurück in die Bibliothek bringen zu müssen; freilich, es wäre abwegig, alles haben zu wollen, doch ein Buch, das man hat, bedeutet einfach Freiheit. Die Freiheit, es zu nehmen und zu lesen wann und wo man will. Es ist schön, es auch nach dem Lesen noch sehen zu können, eben als physischer Ausdruck geistiger Tätigkeit.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Zitat

    Original von novecento
    Es ist schön, es auch nach dem Lesen noch sehen zu können, eben als physischer Ausdruck geistiger Tätigkeit.


    :hahahaha:


    Der Aphorismus ist es wert, in eine Sammlung aufgenommen zu werden: ein Buch als Symbol für geistige Trägheit zu sehen, ist zumindest originell.


    Bei Büchern stimme ich Dir ansonsten übrigens uneingeschränkt zu, Du gibst da meine Ansicht wieder. Wobei ich Bücher wirklich rein nach (momentaner) Interessenlage kaufe, die bei mir sehr wechselhaft sein kann - so wechselhaft, wie meine jeweiligen Präferenzen in der Klassik (von einigen Dauerbrennern abgesehen).


    Durch mein Hobby 'Rollenspiel' kommt da auch noch eine Bücherquelle hinzu, die vermutlich keinem literarischen Anspruch genügt, mir aber immer zu abwechslungsreicher, geselliger Freizeitgestaltung verhilft und VIEEEEEEL Platz braucht. In meinem Arbeitszimmer liegen mittlerweile mehrere ca. meterhohe Bücherstapel, die einfach keinen Platz mehr finden, solange ich meine Schallplatten nicht verkauft bekomme (sic! Von den Platten will ich mich denn doch mal lösen). Aber selbst dann: ich glaube, die laufenden Buchmeter auf dem Boden sind mittlerweile länger...

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