MOZART vs. WAGNER – Vergleich der Unvergleichlichen (?)

  • Das Urgestein des Opernbetriebs im deutschsprachigen Raum stellen bei den deutschsprachigen Komponisten eindeutig Wolfgang Amadeus Mozart und Richard Wagner dar (Richard Strauss wird auf die Plätze verwiesen, ist als Nr. 3 auch eine feste Größe, soll aber hier mal außen vor stehen).


    Mozart war ein "Universalkomponist", die Opern stellen nur einen, wenn auch sehr bedeutenden Teil seines Œuvre dar. Bei Wagner hingegen kann man mit Fug und Recht vom "Opernkomponisten" sprechen, in anderen Gattungen wie der Symphonik brachte er nur wenig hervor (es ist vergleichsweise bedeutungslos geblieben).


    Auf den Spielplänen haben sich beide, so unterschiedlich sie auch sind, bis heute weltweit behauptet. Die Anhängerschaft beider ist unüberschaubar, wobei ein Teil der Wagnerianer als beinah kultische, abgeschottete Vereinigung fast schon sektenhafte Züge hat, während die Mozartianer m. E. weltoffener herüberkommen (ob sie es auch sind, ist eine ganz andere Frage).


    Kann man Mozart und Wagner überhaupt miteinander vergleichen?


    Mozart schrieb mehr italienische als deutsche Opern. Mich persönlich beginnt er erst ab der "Entführung aus dem Serail" zu interessieren. Neben dem "Figaro" und dem "Don Giovanni" und mit Abstrichen auch der "Zauberflöte" meine liebsten Mozart-Opern.


    Wagner komponierte dreizehn Opern, obschon die ersten drei, zumal "Die Feen" und "Das Liebesverbot", nur eine geringe Rolle im Opernbetrieb spielen ("Rienzi" ist m. E. wieder im Kommen). "Der fliegende Holländer", "Tannhäuser" und "Lohengrin", "Tristan und Isolde", "Die Meistersinger von Nürnberg" und "Parsifal" sowie der "Ring des Nibelungen" als Krönung werden an jedem namhaften Opernhaus gespielt.


    Was ist bei beiden Komponisten vergleichbar, was völlig konträr?


    Mir erscheint etwa "Don Giovanni" als Mozarts revolutionärste Oper, schon ins 19. Jahrhundert verweisend, und zumal mit gekürztem, dramatischem Finale (d. h. Höllenfahrt des Don Giovanni) mit einer Wagner-Oper zumindest relativ vergleichbar.


    Auf eine spannende Diskussion!


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Der Vergleich von Mozart und Wagner ist tatsächlich schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Im Grunde müßten dabei verschiedene musikalische Epochen verglichen werden.
    Der Hauptunterschied zwischen den Werken der beiden Komponisten scheint mir zu sein: Mozart schrieb geniale Opern, in denen Gesangsnummern in Musik, eingebettet sind. Wagner schuf dramatische Gesamtkunstwerke in denen Musik, Dichtung, Gesang, Wort, Architektur, Spiel mit dem Licht, Philosophie usw. in bis dato nicht gekannter Konsequenz zur Einheit verschmolzen sind. Spätestens mit dem Tannhäuser ging Wagner über die Nummernoper hinaus und erweiterte und veränderte die Opernwelt.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Der Vergleich von operus ist ganz brauchbar.


    Es war tatsächlich so, dass bei Mozart die Hauptsache in der Oper die Musik war, was er auch mehrmals betonte:


    Bei der Oper muß schlechterdings die Poesie der Musik gehorsame Tochter sein...


    Natürlich waren seine Opern dennoch großartige Gesamtkunstwerke, was Opernfans auf der ganzen Welt heute noch beweisen...


    Bei Wagner war das, wie operus schon sagte, anders...
    Natürlich war die Musik wichtig (wie bei jeder Oper, eigentlich :beatnik:), aber es kommen ganz andere Faktoren, wie Architektur und Dichtung und vieles andere noch dazu...
    Also ist zu sagen, dass Wagner sicherlich mehrere dieser Faktoren in seiner Oper hat, welche zur Zeit Mozart aber allerorts sowieso noch keine Rolle spielten...


    Mozarts Opern sind auch nicht schlechter (ich finde das Wort in Zusammenhang mit Mozarts Opern lächerlich), weil er z.B. die Architektur nicht einbezieht.
    Nein.


    Ihm war schlicht und ergreifend die Musik am Wichtigsten...


    @ Joseph II.
    Dass einige Wagner-Verehrer tatsächlich "Sekten-Charakter" annehmen ist nicht so falsch...
    Versteh mich nicht falsch ich liebe vier Wagner-Opern sehr, aber dem Rest, kann ich nicht so viel abgewinnen...wobei es natürlich großartige Augenblicke gibt...
    "Fasse dich kurz" war sicherlich kein Motto von Wagner :faint: :faint:


    Zu Mozart:


    Mozart war natürlich tatsächlich kein "Opernkomponist", eben eher "Universalkomponist"..
    Was nicht heißen soll, dass er keine großen Opern geschrieben hat, sondern, dass die Oper nicht alles in seiner Schöpfung war...
    Ich erinnere mich dunkel, aber wir führten eine ähnlich Diskussion bei Mozart als "Sinfoniker"...
    Er war jetzt kein "reiner" Sinfoniker, er war eben ALLES...
    Also Sinfoniker, Opernkomponist, Kammermusikkomponist...von jedem ein bisschen...


    Während Wagner sich fast ausschließlich mit der Oper beschäftigte...
    Wobei -
    Kennt jemand die "Sinfonie in C-Dur" von Wagner ?
    Die ist ganz spannend...


    PS: Übrigens eines ist mir aufgefallen:
    Was habt ihr nur alle gegen das Jugendwerk "Die Feen"?
    Gut, es war jetzt nicht das Großwerk eines späten, erwachsenen Wagner, aber sind doch ganz jugendliche Klänge, oder?? :pfeif:
    (Wobei, die ganze drei Stunden Oper würde ich mir auch nicht freiwillig geben... :D)


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Auch wenn ich mich klar als Wagnerianer bezeichnen würde, liebe ich doch Mozart auch sehr. Es muß also durchaus kein Widerspruch sein, wenn man beiden etwas abgewinnen kann.


    Meine bevorzugten Opern Mozarts nannte ich ja bereits. Mit seinen Symphonien kann ich nicht so viel anfangen, was wenig heißt, kenne ich doch nur die "späten" (und die nicht alle). Das steht sowieso noch aus. In der geistlichen Musik ist Mozart Wagner überlegen, schon quantitativ. "Das Liebesmahl der Apostel" von Wagner steht da gänzlich alleine da, und ist eine sehr interessante Komposition! Es ist eigtl. schade, daß es von Wagner kein Requiem gibt – das wäre gewiß interessant geworden. Das von Mozart jedenfalls liebe ich insgesamt wohl sogar am meisten von allen.


    Wagner schrieb übrigens nicht nur die Symphonie in C-Dur, sondern auch die in E-Dur (aber nur zwei Sätze vollendet). Ich habe sie beide, aber keine wäre mir gegenwärtig wirklich präsent. Aber man sieht ja daran schon: In der Symphonik wurde Wagner nie heimisch. Das kommt quantitativ und vermutlich auch qualitativ nicht an Mozart heran.


    "Die Feen" sind ein höchst beachtenswertes Frühwerk. Die Ouvertüre hat ein unglaublich schönes Hauptmotiv, einen echten Ohrenwurm. Ich mag diese Oper durchaus, sogar lieber als "Das Liebesverbot". Nur wenn ich sie mit den anderen Wagner-Opern direkt vergleiche, fällt sie eben ab, was keine große Überraschung ist.


    Apropos "Sekten-Charakter": Wie kommt es, daß dafür insbesondere die Komponisten Wagner und Bruckner anfällig sind?


    :hello:

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    – Luís de Camões

  • Hmm... hat nicht Wagner in seinem 'Musiktheater' (um das Wort Oper bewußt zu vermeiden) Symphonisches geschaffen?


    Man kann sein Musiktheater auch als Synthese aus der IX. von Beethoven und der Lisztschen Symphonik begreifen, finde ich. Wagners Gesamtkonzeption bezieht alle Aspekte mit ein: Text, Struktur, Musik. Die Art, wie er mit seinen Leitmotiven arbeitet, kann man m.E. auf die motivische Arbeit in den Symphonien, die Beethoven auszeichnet, und die variierten Motivarbeiten Liszts zurückführen.


    Bei Mozart sehe ich das in der Tat anders. Mozart hat keine musikphilosophischen Schriften veröffentlich (oder? sonst korrigiert mich) - er hat es einfach gemacht. Mozart brauchte keinen theoretischen Überbau, die Musik kam aus sich selbst. Mozart als Inkarnation der Musik selbst... man hätte ihm als Libretto auch noch das letzte Machwerk unterschieben können, und er hätte Anmutiges und Zeitloses geschaffen.

  • Nun, da ich diesen Thread "verschuldet" habe, möchte ich mich hier auch zu Wort melden.
    Es scheint mir schlichtweg ein bestimmtes "Organ" zu fehlen, um das Packende in einer Mozart-Oper (und um sie allein geht es mir) nachzuempfinden.
    Der Begriff "Epoche", lieber Operus hat sicher seine Berechtigung, aber beim etwa gleichzeitigen Beethoven, vermag ich in seiner einzigen Oper, vor allem im zweiten Akt, durchaus Erschütterung zu empfinden. Wie schon anderswo erwähnt, sind für mich vor allem gewisse Szenen des Don Giovanni, sowie die Sprecher-Szene der Zauberflöte interessant.
    Liegt mein Desinteresse vielleicht daran, dass Mozart zwar ein genialer Musiker aber kein Musikdramatiker war? Im Gegensatz zu Hammel bin ich nämlich der Ansicht, dass Musik und Text eine gleichberechtigte Einheit bilden müssen (siehe Capriccio).
    Mit freundlichen Grüssen

  • Zitat

    Original von m.joho
    Nun, da ich diesen Thread "verschuldet" habe, möchte ich mich hier auch zu Wort melden.
    Es scheint mir schlichtweg ein bestimmtes "Organ" zu fehlen, um das Packende in einer Mozart-Oper (und um sie allein geht es mir) nachzuempfinden.
    Der Begriff "Epoche", lieber Operus hat sicher seine Berechtigung, aber beim etwa gleichzeitigen Beethoven, vermag ich in seiner einzigen Oper, vor allem im zweiten Akt, durchaus Erschütterung zu empfinden. Wie schon anderswo erwähnt, sind für mich vor allem gewisse Szenen des Don Giovanni, sowie die Sprecher-Szene der Zauberflöte interessant.
    Liegt mein Desinteresse vielleicht daran, dass Mozart zwar ein genialer Musiker aber kein Musikdramatiker war? Im Gegensatz zu Hammel bin ich nämlich der Ansicht, dass Musik und Text eine gleichberechtigte Einheit bilden müssen (siehe Capriccio).
    Mit freundlichen Grüssen


    Nun ich glaube nicht, dass Mozart kein Musikdramatiker war.
    Er hatte durchaus ein (sogar IMO sehr ausgereiftes) Gefühl dafür, WAS er auf die Bühne brachte...


    Vielleicht liegt es daran, dass dir Melodik nicht so zusagt??


    Wagner war jetzt bekannterweise nicht der große Melodiker und von Beethoven kann man das auch nicht behaupten...(nichts gegen die beiden)...


    Wie stehst du zu Rossini??


    Oder vielleicht magst du nur "dramatische Szenen"?
    Nach deinen Beschreibungen könnte das durchaus zutreffen.


    Vielleicht kannst du beschreiben, was du an einer Oper liebst (oder nicht liebst), dann kann es leicht ersichtlich werden, warum du Mozart so überhaupt nicht magst... ;)


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Es ist eigentlich ganz einfach, lieber Hammel. Eine Oper muss mich durch die dramatische Aktion oder eine Grundstimmung packen und ergreifen. Wie raffiniert dabei die Melodik ist, ist für mich sekundär. Daher mag ich mit Ausnahme des Gianni Schicchi auch kaum eine heitere Oper. Das Schwergewicht meines Interesses liegt daher heute bei den Veristen, einem Massenet aber ich bin auch durchaus von Hans Pfitzner (z.B. seinem Palestrina) fasziniert. Mit Wagner habe ich mich vor allem in meiner Jugend sehr beschäftigt, dieses Interesse hat aber im Laufe der Jahrzehnte (verursacht durch die immer schlechter werdenden Interpreten und das Regietheater) ziemlich nachgelassen.
    So, jetzt bin ich ja gespannt auf die Analyse :yes:

  • Auch bei Wagner ist die Poesie der Musik gehorsame Tochter. Gesamtkunstwerk hin oder her, die Musik ist klar der wichtigste Aspekt, alles andere scheint mir Augenwischerei um eines theoretischen Ideals willen, aber durch die Praxis widerlegt.
    Und Mozarts Opern sind durchaus "sinfonisch", bzw. gibt es nicht nur Stil-, sondern auch Strukturelemente, die in dieser Zeit Opernstücken, Konzerten und Sinfonien gemeinsam sind. Eine Koloraturarie mit obligaten Instrumenten (wie Martern aller Arten) hat sehr viel mit einem Konzert oder einer konzertanten Sinfonie gemeinsam. Einige Ensembles/Finali bei Mozart sind wie Sonatensätze aufgebaut (Details bei Rosen).
    Nur gibt es eben keine Leitmotive und "sinfonisch" bedeutet eben in der Hochromantik meist breitere Entwicklung als in der Klassik. (Es gibt m.E. keinen zeitgenössischen Sinfoniker, der mit Wagners Technik arbeitet; Liszt und Bruckner scheinen mir doch recht unterschiedlich davon vorzugehen, auch wenn es natürlich mehr Gemeinsamkeiten gibt als mit Mendelssohn, aber besonders Liszts Werke kenne ich zugegebenermaßen zu schlecht, um das wirklich beurteilen zu können.)


    Dass das eine per se "dramatischer" sei als das andere, kann man m.E. nicht einfach sagen. Rosen schreibt irgendwo, dass bei Mozart oft etwa in gewöhnlichem Sprechtempo gesungen würde, dafür eben aber Phrasen mehrfach wiederholt, während es bei Wagner wenige Wiederholungen gäbe, dafür viel langsamer als Sprechttempo gesungen würde (das eine ist ebenso "unrealistisch" wie das andere). Das ist etwas platt ausgedrückt, aber der lange Atem von Wagner bedeutet ja gleichzeitig weniger "action". In einem Akt Figaro passiert auf der Bühne in einer knappen Stunde mehr als in fast vier Stunden Tristan...


    Schließlich muss man auch berücksichtigen, dass fast alle Opern Mozarts im Grunde "komische Opern" sind, auch wenn sie ernste Elemente enthalten, ist ihre Grundstruktur und Musiksprache die der Opera Buffa (bzw. des Singspiels). Details sind natürlich komplexer, so kann Mozart in eine Oper wie die Zauberfllöte, die zunächst als Singspiel angelegt zu sein scheint, nicht nur Buffa-Ensembles und dramatische Seria-Arien (die beiden der Königin) einbauen, sondern auch Freimauermusik und ein Choralvorspiel (Szene der Geharnischten). Durch diese Erweiterung und Vertiefung hat er vermutlich einen ganz wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der deutschsprachigen Oper geleistet, an die Wagner über die Zwischenstationen Beethoven und Weber anknüpfen kann.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lieber Joseph II,


    zwar bin ich seit meiner Jugend ein begeisterter Wagnerianer. Das hindert mich aber überhaupt nicht daran. ein musikalischer "Alles-Genießer" zu sein. Es wäre sehr einseitig, vielleicht sogar beschränkt, wenn die herrlichen Opern von Beethoven, Bizet, Donizetti, Verdi, Puccini usw. nicht ebenso anerkannt und geliebt würden.
    Wogegen ich mich etwas wehren möchte ist, dass man Wagner-freunden so gerne sektiererisches Gehabe unterstellt. Natürlich sind wahrscheinlich alle Wagneranhänger von den gewaltigen Dimensionen seiner Gesamtkunstwerke fasziniert.
    Das heißt aber doch nicht bedingungs- und kritiklose Beweihräucherung. Ich finde z. B. Wagners amourösen Lebenslauf, sein bedenkenloses Ausnützen von Freundschaften und ganz besonders seinen Antisemitismus schrecklich. - Aber und das ist vielleicht immer das Schwierige in der Auseinandesetzung mit Genies, es gibt ein "Trotzdem". Alle Kritik, alle Vorbehalte werden relativiert und überwogen von dem musikalischen Schaffen und Erbe, das Wagner der Nachwelt schenkte.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Ich sag mal einfach so, Oper des späten 18. und des mittleren 19. Jahrhunderts - das sind 2 Paar Schuhe - die kann man nicht miteinander vergleichen. Oder Doch ?
    Mozart war ja der italienischen Oper verpflichtet, aber es war de facto nur eine "Stilkopie" - Mozart war eben kein Italiener.
    Aber auch seine "deutschen Opern" waren in Wahrhiet gar keine, sondern - streng genommen - Singspiele, auch wenn er selber "Die Entführung aus dem Serail" als "Türkenoper" bezeichnete.
    Mozart fühlte sich - zumindest in Sachen Oper - dem Publikumsgeschmack verpflichtet - und er war zeitlebens damit beschäftig besser sein zu wollen als die italienischen Vorbilder.
    Der Konflikt Mozart-Salierei (es war keine Feindschaft) bestand ja letztlich darin, daß - aus Sicht der Zeitgenossen - und auch der beiden Komponisten selbst - daß die beiden annhähernd gleichwertrig waren, auch wenn das die Nachwelt anders sieht.
    Ich kann jedem Mozartfreund der das noch nicht getan hat nur raten, sich eine Aufnahme einer Salieri-Oper anzuhören oder zu kaufen.



    Zitat

    Liegt mein Desinteresse vielleicht daran, dass Mozart zwar ein genialer Musiker aber kein Musikdramatiker war?


    Er war sicher Dramatiker genug für das Publikum seiner Zeit - entgegen den schwierigen Barockopern mit ewiger Spieldauer, unaussprechlichen Namen der Akteure und verworrener Handlung schaffen Mozarts Librettisten sehr kompakte und überschaubare Handlungen, die beim Publikum noch selten ihre Wirkung verfehlt haben - und das bis heute .So gesehen ist dies die eintige Gemeinsamkeit zu den Opern von Richard Wagner.


    Wagner Selbst schrieb ja eigentlich keine "deutschen Opern" - sondern etwas völlig Eigenständiges - das einzige Vorbaild das er hatte war Richard Wagner. Er strebte eine bisher nie dagewesene Einheit von Handlung, sprachlichem Ausdruck (bis hin zu eigenen Wortschöpfungen)
    und Musik an - und man muß sagen, daß ihm das im Wesentlichen gelungen ist. Hier geht es nicht mehr um die Frage, was übergeordnet sei, Text oder Musik, denn sie ist aus einem Guß geformt und bildet somit eine untrennbare Einheit.


    Beethovens Fidelio, ich liebe viele Stellen aus diesem Werk, halte ich persönlich nicht für dramatisch geglückter, als die Werke Mozarts.
    Fidelio wird heute als "Freiheitsoper" bejubelt und somit ideologisch "verarbeitet" - Aus meiner Sicht dramaturgisch ein eher schwaches - sehr konstruiert wirkendes Werk mit zahlreichen Stellen, die dien Kitsch geradezu verkörpern, gepaart mit einigen sehr naiven Textstellen, viel Unlogik und einem pathetischen Schluß.


    Ich mag die Oper dennoch - Beethovens Musik adelt das Werk.


    Mozart liegt mir mehr als Wagner - aber natürlich ist mir voll bewusst, welch ein gigantisches Werk Wagner uns mit seinen Opern hinterlässt
    Ich würde Wagner am ehesten mit Verdi vergleichen - nie mit Mozart


    mfg aus Wien


    Alfred






    I

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • @ m.joho:


    Das sind jetzt alles sehr schöne Analysen:


    Du schreibst, dass dir "komische Opern" nicht so sehr zusagen...
    Also glaube ich, dass das alles sehr klar ist, warum du Mozart nicht so magst...
    Mozarts Opern waren meist "komische Opern"...


    Trotzdem wehre ich mich gegen die Behauptung, Mozart sei kein Musikdramatiker.
    Er war sicherlich genug Musikdramatiker für seine Zeit - es ist eben doch ein Unterschied zwischen 18. Jhdt und Mitte 19. Jhdt.
    Abgesehen davon, dass das Wort "Drama" nicht "Tragödie" bedeuted...
    "Dramatisch genial" bedeuted ein Bühnenwerk so gut zu schaffen, dass das Publikum gefesselt ist (also nicht nur wegen der Musik)!


    Das hat Mozart in seinen Opern, obwohl "komisch", sehr gut geschafft.
    Er ist sicherlich ein großer Dramatiker, aber eben ein Dramatiker für "komische" Opern, also kein "Tragödiedramatiker"


    Beethoven hat diesbezüglich sicherlich weniger draufgehabt...
    Es gibt einige Stellen im Fidelio, die großartig sind (ab 2. Akt...), aber dramaturgisch gesehen, ist Fidelio nicht gerade geglückt...
    Wie Alfred schreibt ist sie heute eher als "Freiheitsoper" (wie so viel von Beethoven) bejubelt, aber dramaturgisch kommt sie an einer Mozart-Oper a la "Don Giovanni" sicher nicht ran...


    Du magst also eher "tragische" Opern, okay, da kann man bei Mozart nicht viel machen, wobei, versuche einmal "Idomeneo" meine liebste "Opera seria" von Mozart...


    Die ist echt großartig!


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Zitat

    Original von Hammel
    Du magst also eher "tragische" Opern, okay, da kann man bei Mozart nicht viel machen, wobei, versuche einmal "Idomeneo" meine liebste "Opera seria" von Mozart...


    Die ist echt großartig!


    Ich empfand "Idomeneo" seinerzeit (Wiederöffnung des Cuvilliès-Theaters, München 2008; Dirigent: Kent Nagano) furchtbar langweilig, noch kein "echter" Mozart, dachte ich mir damals jedenfalls. Vielleicht lag's an der schrecklichen Inszenierung, die es mir nach kurzer Zeit total verleidet hat, es weiter zu verfolgen. Habe ihn seither jedenfalls gemieden.


    Welche Aufnahmen sind denn empfehlenswert, um dieser Oper eine zweite Chance zu geben?


    Bzgl. "tragischer" Mozart-Opern, würde ich eher den "Don Giovanni" nennen. Eben ohne dieses kitschige Happy-End, das ich immer unnatürlich empfand und als Zugeständnis Mozarts an seine Zeit ansah. :stumm:


    :hello:

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    – Luís de Camões



  • Harnoncourts Interpretation ist sehr gut, mit dieser bin ich SEHR zufrieden...


    Natürlich wäre bei den "ernsten" Opern Mozarts auch "Don Giovanni" zu nennen, der allerdings korrekterweise als "Dramma giocoso" bezeichnet wird...


    Aber "Idomeneo" war ja ein Vorschlag (den ich sehr mag)... ;)


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Hm. Ich hätte bereits mit einem Vergleich von Verdi und Wagner Probleme. -


    Die Frage ist doch: Was soll bei den Opern von Mozart und Wagner das tertium comparationis sein? Die Textvorlagen? Dirigenten, die sich bei beiden positiv hervortaten (Böhm, Solti [?], Karajan [??])? Sänger, die sich bei beiden positiv hervortaten (Donath, Schreier, Moll)? Die Orchesterbehandlung? Der philosophische Hintergrund der Opern? Oder gar der politische Hintergrund? Oper als Abbild der gesellschaftlichen Stellung der Frau?


    Etwas mehr Input wäre für die Fragestellung des Threads schon nötig ... dennoch: ein potenziell interessantes Thema!

  • Zitat

    Original von Wolfram
    Hm. Ich hätte bereits mit einem Vergleich von Verdi und Wagner Probleme. -


    Die Frage ist doch: Was soll bei den Opern von Mozart und Wagner das tertium comparationis sein? Die Textvorlagen? Dirigenten, die sich bei beiden positiv hervortaten (Böhm, Solti [?], Karajan [??])? Sänger, die sich bei beiden positiv hervortaten (Donath, Schreier, Moll)? Die Orchesterbehandlung? Der philosophische Hintergrund der Opern? Oder gar der politische Hintergrund? Oper als Abbild der gesellschaftlichen Stellung der Frau?


    Etwas mehr Input wäre für die Fragestellung des Threads schon nötig ... dennoch: ein potenziell interessantes Thema!


    Das sind sehr interessante Fragen:


    1. Ist die Frage, was die Komponisten mit einer Oper sagen wollten, sowieso eine sehr schwierige...
    Aber wenn man Mozarts Opern insgesamt betrachtet und Wagners Opern, kann man davon ausgehen, dass Wagner mit seinen Opern etwas anderes erreichen wollte als Mozart, oder?


    Wagner mit Musiktheater, quasi Bühnenshow, 5 h und mehr, Dichtung, Poesie, kaum Melodik, Leitmotiv von Anfang bis zum Schluss, alles sehr sinfonisch (die Musik)...


    Und Mozart, der eher komische Opern schreibt, dramaturgisch aber perfekt, harmonisch wie melodisch ausgewogen, normale Länge, auch mit großem Libretto (besonders Da Ponte), alles sehr eingebettet in die Musik, aber keine tragische Bühnenshow, wie bei Wagner...


    Also was wollen beide? Was steht bei beiden im Vordergrund?


    Das ist zumindest das Einzige, was man irgendwie vergleichen kann...


    Die Aussagen der Opern, der Ausdruck der Komponisten, wie gehen sie vor, welche Mittel verwenden sie, um was zu erreichen?
    Das kann man analysieren, um zu zeigen, was welcher Komponist gemacht hat.


    Sonst ist ein direkter Vergleich der "Großen" sehr schwierig.
    Ich glaube es liegt an jedem persönlich, welche Opern er warum lieber mag, welchen Komponisten er warum vorzieht...


    Aber für diese genaue Analyse bin ich jetzt zu müde... :faint: :faint:


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Zur Ausgangsfrage: Ja, ein Vergleich ist schwierig, natürlich handelt es sich um unterschiedliche Epochen. Es muss also, wenn unser gemeinsames Flügelschlagen Sinn stiften soll, eine gemeinsame Grundlage gesucht werden, von der ein Vergleich abheben kann. Habt ihr ja auch schon gefunden. Mehrere. Ich versuche es trotzdem mal mit einem anderen Ansatz:
    Wagner und Mozart sind vielleicht die Opernkomponisten, die am tiefsten in die Seele des Menschen eingetaucht (oder eingedrungen?) sind. Mozart hat dies mit leidenschaftlich liebendem Blick (verzeiht mir das Pathos, es scheint mir angebracht) getan, Wagner mit verzweifeltem, wütenden, immer noch ein wenig hoffenden Pessimismus. Beide sind in ihrer Art, in ihrer Sichtweise nicht übertroffen worden. Natürlich geht Wagner "symphonischer" zur Werke. Das Orchester ist Handlungsträger, nicht "nur" Bedeutungsträger und quasi "Analysator" wie bei Mozart. Mozart wiederum ist ein großer Melodiker und selbst große Wagner-Verehrer wie ich können das von Wagner nicht behaupten.
    Mozarts Opern sind - vielleicht wegen des größeren zeitlichen Abstands - heute vielleicht nicht so einfach zu vermitteln, aber ich denke, ihre Zeit wird wieder kommen.
    Ich persönlich sehe beide auf gleichem Niveau. Ich finde in Mozarts Opern so viel positive Energie wie bei keinem anderen Opernkomponisten. Die will halt heutzutage außer mir wohl kaum einer sehen. Diese positiven Energien bleiben bei Wagner bloße Behauptung oder Hoffnung. Er malt uns den modernen Menschen in seiner kompletten Großartigkeit und Erbärmlichkeit, wobei er den groben, den gröbsten und die feinen Pinsel führt. Mozart malt alles fein und klar. Ich liebe "Titus" und Zauberflöte" so maßlos wie "Meistersinger" und "Tristan" und gebe ein Unentschieden.

    Der Jugendtraum der Erde ist geträumt
    Grillparzer
    Macht nix!
    grillparzer

  • Zitat

    Original von Grillparzer
    Zur Ausgangsfrage: Ja, ein Vergleich ist schwierig, natürlich handelt es sich um unterschiedliche Epochen. Es muss also, wenn unser gemeinsames Flügelschlagen Sinn stiften soll, eine gemeinsame Grundlage gesucht werden, von der ein Vergleich abheben kann. Habt ihr ja auch schon gefunden. Mehrere. Ich versuche es trotzdem mal mit einem anderen Ansatz:
    Wagner und Mozart sind vielleicht die Opernkomponisten, die am tiefsten in die Seele des Menschen eingetaucht (oder eingedrungen?) sind. Mozart hat dies mit leidenschaftlich liebendem Blick (verzeiht mir das Pathos, es scheint mir angebracht) getan, Wagner mit verzweifeltem, wütenden, immer noch ein wenig hoffenden Pessimismus. Beide sind in ihrer Art, in ihrer Sichtweise nicht übertroffen worden. Natürlich geht Wagner "symphonischer" zur Werke. Das Orchester ist Handlungsträger, nicht "nur" Bedeutungsträger und quasi "Analysator" wie bei Mozart. Mozart wiederum ist ein großer Melodiker und selbst große Wagner-Verehrer wie ich können das von Wagner nicht behaupten.
    Mozarts Opern sind - vielleicht wegen des größeren zeitlichen Abstands - heute vielleicht nicht so einfach zu vermitteln, aber ich denke, ihre Zeit wird wieder kommen.
    Ich persönlich sehe beide auf gleichem Niveau. Ich finde in Mozarts Opern so viel positive Energie wie bei keinem anderen Opernkomponisten. Die will halt heutzutage außer mir wohl kaum einer sehen. Diese positiven Energien bleiben bei Wagner bloße Behauptung oder Hoffnung. Er malt uns den modernen Menschen in seiner kompletten Großartigkeit und Erbärmlichkeit, wobei er den groben, den gröbsten und die feinen Pinsel führt. Mozart malt alles fein und klar. Ich liebe "Titus" und Zauberflöte" so maßlos wie "Meistersinger" und "Tristan" und gebe ein Unentschieden.


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Schöne neue Ansätze, echt...


    Wobei ich bei den Opernkomponisten, die am meisten in die Herzen der Menschen eingedrungen sind, auch noch VERDI nennen würde...


    Man denke nur an "Nabucco" - Revolutionsmusik pur, die die Menschen unglaublich berührte...


    Aber jetzt wieder zum Thema: (Wagner - Mozart)


    Für sehr wichtig empfinde ich hier die Epoche, in der die Komponisten gewirkt haben.


    Mozarts Zeitgenossen "verlangten" von einer Oper anderes, als "Wagners" Zeitgenossen...
    Das liegt an der Gesellschaft, des jeweiligen Landes, der jeweiligen Epoche...


    Wie Grillparzer ja auch sagt, sind Mozarts Opern heute wieder nicht so sehr gefragt, weil die Gesellschaft heute einfach anders denkt...


    Hier ist jetzt nicht Platz für eine ausführliche Gesellschaftsanalyse, aber insgesamt betrachtet glaube ich, dass die Gesellschaft heutzutage immer etwas "spektakuläres" geboten bekommen will, in jedem Bereich des Alltags...
    Etwas ist gut, wenn die "große Show" geboten wird...
    Wagners tragische, groß angelegte Bühnenshow, mit dramatischer, sinfonischer, großer Orchesterbegleitung, alles angehaucht mit Pessimismus und "kleines Licht am Ende des Tunnels"-Effekt,
    spricht die Leute heutzutage in unserer Gesellschaft, mehr an, als eine positiv gestimmte, durchaus oft fröhliche, melodische, optimistische Opera buffa, oder "komische Oper" eines Herrn Mozart...


    Und da ist die "Tragödie Wagners" sicherlich ansprechender, als die "komische" Oper Mozarts...


    ...leider...aber ich denke, Mozarts "Opernzeit" kommt sicher wieder...


    PS: höre gerade "Die Zauberflöte" von Böhm... :angel:
    dann kommt "Parsifal" :D


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)