Giuseppe Verdi Superstar !

  • Liebe Opernfreunde


    Würde man mich nach dem erfolgreichsten Opernkomponisten "aller Zeiten" fragen, ich würde ohne Zögern "Giuseppe Verdi" antworten.


    Noch vor Wagner und Mozart :untertauch:


    Wie lautet nun Verdis Erfolgsrezept ?
    Ohrwurmthemen ? - die hatten andere auch
    Geschickt ausgewählte Stoffe, verarbeitet von den besten Librettisten ?
    Ma ja, vielleicht ab seinen besten Jahren - Vorher war das ales schon recht "gemischt"
    Mangelnde Konkurrenz ?
    Das kann man wohn nicht dagen. Meyerbeer war sicher ein berühmter Mann und hätte das Zeug dazu gehabt, Verdi ernsthaft Konkurrenz zu machen. Wagner erwähne ich in diesem Zusammenhang nicht, da Die Wagner-Opern gewissermaßen in einer anderen Lige spielen.


    Rossini wäre zwar ein Zeitgenosse Verdis - hat aber sein Hauptinteresse schon im mittleren Jahren von der Komposition von Opern auf die Komposotion erlesener Speisen verlagert.....
    Bellini war bereits gestorben bevor Verdi seine erste Oper schireb, Donizetti nur wenige Jahre danach.


    Das alles reicht theoretisch zu Erklärung von Verdis Vormachtsstellung aus - aber eben nur theorethisch. Denn er behauptet diese, seine Vormachsstellung noch bis auf den heutigen Tag, auch gegen seine Nachfolger.


    Giuseppe Verdi Superstar !!! Was ist sein Geheimnis ??


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wenn wir nur von Opern reden würde ich auch Verdi sagen. Ich mag ihn vor allem deshalb so gerne, weil ich seine Musik so "ehrlich" und "geerdet" finde. Kaum Schnick-Schnack zum Selbstzweck, kein Baden im Rausch der eigenen Musik. Er war ein Mann des Theaters, wußte um theatralische Effekte - war aber viel weniger eitel als Puccini; ich finde, das hört man der Musik an.


    Daß in der Fülle seiner Opern auch hier und da ein paar Sorgenkinder befinden und Einiges ähnlich klingt, finde ich natürlich, aber anders als etwa bei Donizetti, der auch sehr viel komponiert hat (allerdings eher wie am Fließband und so klingt Manches auch), ist der Schnitt von Hochqualitativem doch sehr hoch. Verdi war vielleicht kein radikaler Neuerer, aber auch kein Bewahrer. Langsam und stetig mit vielen Rückschlägen hat er seinen Stil aber durchgesetzt und immer wieder verfeinert. Ich mag an Verdi, daß er dem Geschmack des Publikums eben nicht nachkomponiert hat. Man sieht seinen Werken auch gut Verdis künstlerische Entwicklung an.
    Meine 5 Lieblingsopern? in willkürlicher Reihenfolge:


    Macbeth
    Ernani
    Trovatore
    Forza del Destino
    Otello

  • Liliebe "gioconda" ,


    lieber alfred !




    giuseppe verdi war unter allen mir bekannten opernkomponisten d e r realist !


    seine stoffe entnahme er zu einem grossen teil bedeutenden literarischen vorlagen ( macbath oder otello ) oder den real existierenden lebensschicksalen ( rigoletto , la traviata ) , die jeden menschen schon bei der lektüre der libretti tief bewegen .


    seine musik dazu ist immer stoffbezogen . seine opern sind "erdig" , sie enthalten das, was der normale mensch aus seinem umfeld selbst kennt oder über solche menschlichen tragödien gehört hat .


    der autobiographie von giuseppe taddei ( mit beispiel - cd ) "ich falstaff" können wir vieles über die wirkung von verdi auf ihn selbst aber auch auf die emenschen seiner umgebung , in der er in italien aufwuchs als ganz einfacher junge , entnehmen. diese lektüre lohnt sich sehr .


    selbst "il trovatore" ist im handlungsverlauf sehr schnell nachzuvollziehen , wenn wir uns die oper insgesamt vor augen halten .


    die "traviata" beruht auf realen ereignissen einer persönlichkeit , die als junges mädchen aus der normandie in die weltstadt paris gekommen ist und dort alles miterlebte , ihren körper wie teile ihrer seele dafür opferte . ( das haus , in dem die wahre vioeltta , alphonsine du plessis , lebte , gibt es noch heute nahe der église madelaine . )


    rigoletto ( "die grösste menschliche tragödie" so carlo maria giulini ) lebt von den konflikten der gilda in nihrer naiven hingabe an den studtenden - herzog aus mantua und ihrer tieg´fen liebe zu ihrm missgebildetetn , hochintellketuellen vater rigoletto , von dem sie sich dann löste , um in den zynischen hinterhalt des herzogs zu geraten und in den armen ihres vaters zu sterben .


    macbeth . ich habe shakespeares werk im original förmlich in mich aufgesogen . dann kannte ich verdis oper , um dann anfang der 1970er jahre den grausamen polanski - film zu sehen . so waren grosse teile des wirklichen mittelaters im machtkampf wirklich . und die rolle der ladymacbeth ist wohl einzigartig in literatur wie musik .


    forza del destino soll laut einigen musikkritikern zu lang sein . aber sie dürften nie die aufnahmen mit callas , der taebaldi , t. troyanos oder l. price gehört haben ! ich erinnere mich an abende mit "forza del destino" in der hamburger oper ( mit troyanos , die übrigens aufgezeichnet worden ist für das fernsehen ) , die den besten aufnahmen auf LP damals ebenbürtig war . zu lang ?


    "nabucco" mit der "heimlichen nationalhymne italiens" traf genau den nerv , den geist der entstehungszeit : freiheit , unabhängigkeit . ein völlig zeitloser inhalt .


    und dann "otello" . die oper enthält so unendlich viel an feinstem psychologischen stoff , an der kenntlichmachung verschiendener menschlicher charaktere , ihrer verhaltenswidersprüchen. riccardo chailly sagte einmal, das die saisonpremiere von "otello" in der scala di milano mit domingo als otello und einem über sich selbst hinauswachsenden carlos kleiber am pult , die bedeutendste je von ihm miterlebte opernaufführung überhaupt gewesen sei ( es gibt einen mitschnitt des abends inzwischen auf cd ) .


    und dann der "falstaff" . man lese giuseppe taddeis buch , um einen tiefen einblick in diese komposition zu bekommen .



    Beste Grüsse



    Frank


    PS.: ausdrücklich möchte ich die (mit-)leser auf den thread von "G u s t a v " hinweisen, der darin anhand von live-mitschnitten von aufführunge mit maria callas auch dezidiert vieles über einige der verdi - opern schreibt . höchst lesenswert !

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Giuseppe Verdi Superstar? Ich weiß nicht ... mein Weg zu ihm war lang und nicht einfach.


    Wagner - den fand ich sofort toll. Nichttriviale Handlung, leitmotivische Zusammenhänge, dadurch quasi-sinfonische Strukturen, ein prächtiger Orchestersatz ... also, der Ring hat mich sofort hingerissen. Rheingold war die erste Oper, die ich mir gekauft hatte, und eine meiner ersten CDs.


    Mozart hat mich auch sofort begeistert. Egal, ob Zauberflöte, Don Giovanni, Figaro. Bei Cosi und Idomeneo hats länger gedauert und bei der Entführung und dem Tito dauerts noch.


    Dito Puccini und Strauss. -


    Aber Verdi?? Bei so einer abstrusen Handlung wie dem Troubadour muss man erst einmal auf die Idee kommen, wochenlang die mühsame Arbeit des Partiturschreibens auf sich zu nehmen. Bei Wagner habe ich irgendwie sofort verstanden, woher der die Energie nahm, seine Riesenpartituren Note für Note zu füllen, Seite für Seite. Bei den viel sparsameren Partituren des Verdi habe ich das lange nicht verstanden.


    Verdi ist vielleicht etwas für ausgemachte Gesangsliebhaber. Rubati, feinste dynamische Schattierungen, mezza voce und messa di voce, sie machen die Verdische Gesangskunst zu großen Teilen aus. Es braucht toller Sänger, damit Verdi packt - vom Stimmmaterial und von der Interpretation her. Und Hörer, die das nachempfinden können. Wagner kann man auch mit zweitklassigen Sängern lieben, wenn man sich dann halt der sinfonischen Struktur hingibt.


    Ich meine, es braucht bei Verdi eine gewisse Hörhaltung. Ich habe meinen Zugang zu Verdi über den Simon Boccanegra und den Don Carlo gefunden und höre jetzt auch den Trovatore mit Genuss (gute Stimmen vorausgesetzt).


    Ich glaube nicht, dass Verdi mit dem Etikett "Superstar" einverstanden gewesen wäre. Ich bemühe ein Klischee - aber war er nicht der Bauer von Le Roncole und sah sich auch selbst so? Stilles Wachstum, harte Arbeit, nicht aufgeben bei Rückschlägen, Bescheidenheit - passt das nicht viel eher zu Verdi als das glamouröse Etikett "Superstar"?

  • Lieber Wolfram,
    Ich glaube, dein Beitrag spricht ein grundsätzliches Problem an. Für viele Leute, darunter auch ich, ist eine Oper eben keine Sinfonie, in die mal eben ein paar Singstimmen eingewoben sind, sondern was an Gefühlen oder Aussagen in einer Oper transportiert werden soll, geschieht in erster Linie durch die Sänger und nicht durch den symphonischen Satz. Dazu gehört auch, dass,wenn verschiedene Gefühle, Gedanken oder Ähnliches gleichzeitig auftreten, diese auch in einem Duett, Terzett oder Ensemble gleichzeitig ausgedrückt werden können, Dinge, die es ja bei Wagner nur in verschwindend geringem Ausmaß gibt. Deren Fehlen machen eben die Werke Wagners so langatmig. Für mich ist Wagner aus diesem Grund nur mit erstklassigen Sängern überhaupt erträglich.
    Hinzu kommt, dass die Werke Verdis und anderer italienischer Komponisten unmittelbar das Gefühl ansprechen und somit einfacher zugänglich sind. Damit will ich keinesfalls ausdrücken, dass Wagner nicht in der Lage wäre, das Gefühl anzusprechen. Ich weiß noch, wie begeistert ich war, als ich zum erstenmal das Liebesduett aus Tristan und Isolde hörte, nur sind diese Augenblicke bei Wagner dünner gesät als bei Verdi und ähnlichen Komponisten. Dies hat zur Folge, dass viele Leute den Zugamg zu Verdi einfach leichter finden als zu Wagner. Hinzu kommt, dass viele Melodien Verdis eingängiger sind als die Wagners.Natürlich sind vom Libretto her manche Verdiopern zumindest fragwürdig. Aber Verdi wollte ja auch explizit menschliche Leidenschaften ausdrücken, und das ist ihm ja auch gelungen - selbst mit dem " Trovatore".


    Mit freundlichen Grüßen


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Ich liebe Verdi und ich liebe Wagner. Aber ich liebe Verdi auf eine andere Art. Für mich ist er ein Mensch, der seine menschlichen Leidenschaften in Musik verwandelt hat, scheinbar einfach, oftmals sehr vielschichtig, wie Leidenschaften ja eben auch sind. Wagner ist für zunächst einmal eine Idee, die in Musik verwandelt wurde, in grandiose Musik, voller Gefühl (und gar nicht spärlich gesät) und voller Leidenschaft, aber Ausgangspunkt ist eben eine Idee. Ich kann die Idee beiseite packen, aber zunächst ist sie da und schafft auch eine Distanz. Verdi ist direkt da, er trifft eben auch direkt.


    Ich habe übrigens einmal (1993) Marienfeierlichkeiten in einem kleinen Dorf südlich von Neapel erlebt. Die Banda marschierte auf und sie ist ja durchaus unseren Spielmannszügen vergleichbar. Und was spielten sie: ein Potpourri aus „Aida“ und „Forza“ und alle gingen mit. Da habe ich gemerkt, dass die Verdische Musik „aus dem Volk kommt“ und auch direkt wieder zurückgeht. Ob das heute noch so ist, ist eine andere Frage. Mit Sicherheit galt diese Popularität der Musik für Wagner aber nie.


    Was ich an Verdi liebe ist seine Menschlichkeit, wofür ich ihn bewundere ist sein Werdegang. Und nach all diesen tosenden und tödlichen Leidenschaften mit einer lächelnden Oper wie dem „Falstaff“ zu enden, ist zum Niederknien.


    :hello: Gustav

  • Es sind die Melodien, diese fantastischen ans Herz greifenden Melodien, die rühren, ärgern, begeistern, so viele, so schöne Melodien.
    Ich kenne nur zwei Komponisten, deren Melodien mich auch so begeistern: Mozart und Monteverdi. Die von Rossini und Bellini erwischen mich nicht so, keine Ahnung warum.


    Einher mit dem Melodienreichtum geht eine scheinbare Schlichtheit des Orchestersatzes. Wenn aber der richtige Dirigent drankommt... ich nenne mal den großen, überall vollkommen unterschätzten Nello Santi, d e r Verdidirigent der letzten 20 Jahre, da hört man dann Erstaunliches, zumal in Macbeth und den "großen, späten 5" : Don Carlo, Aida, Simone Boccanegra, Otello und Falstaff.


    Der Falstaff ist mir neben Rigoletto, Macbeth und Don Carlo auch die liebste Oper: Nicht nur, dass das Liebespaar endlich mal überlebt, da gibt es einen melodischen Reichtum sondergleichen. Und nicht eine Melodie wird ausgewalzt, jede ist wie ein kostbares Juwel, das nur einmal funkelt. Was für ein großartiges Werk!


    Leider wird Verdi häufig nicht gut aufgeführt. Er verlangt Sänger mit viel Stilgefühl, farbenreichen Stimmen mit Piano- und Legatokultur, aber großer Expansionsfähigkeit, einen Dirigenten, der klare Klangvorstellungen hat, sich aber willig den Sängern beiordnet und einen Regisseur, der strukturiert aber behutsam vorgeht. Das klappt fast nie!


    Ein Beispiel fürs Gelingen in den letzten Jahren ist für mich der Pariser "Don Carlos", den Luc Bondy inszeniert hat. Auch der Kölner "Macbeth" von Robert Carsen gefällt mir - in der richtigen Besetzung. Komplett daneben fand ich zum Beispiel die Wiener "Forza" unter Pountney und Mehta.

    Der Jugendtraum der Erde ist geträumt
    Grillparzer
    Macht nix!
    grillparzer

  • Meine erste Verdi-Oper erlebte ich als Schulbub vor ca. 50 Jahren in Stuttgart: "Die Macht des Schicksals", damals noch auf deutsch gesungen. In der Pause konnte ich einen Blick in die Partitur werfen. Da stand der Originaltitel "La forza del destino", umrahmt von handschriftlichen Randnotizen des Dirigenten. Das hat gewaltigen Eindruck hinterlassen. Bezwingend von Anfang an war jedoch die Musik, neu für meine Ohren, die damals noch überwiegend auf Mozart fixiert waren. Und beim berühmten Duett Alvaro-Carlos liefen mir tatsächlich die Tränen herunter.


    Gesungen hatte damals ein gutes Sängerensemble, wobei ich mich noch an Elisabeth Löw-Szöky, Eugene Tobin, Raymond Wolansky und Otto von Rohr erinnere.


    Das war die Grundsteinlegung für einen nie mehr versiegenden Verdi-Enthusiasmus. Von allen Italienern ist er mir am meisten ans Herz gewachsen.


    :hello:


    Vittorio Emanuele Re D'Italia

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Vittorio Emanuele Re D'Italia


    Auf Wagner würde auch was passen:


    Wilhelm als Germaniens neuer Empereur Rex. :stumm: :pfeif:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Für mein Empfinden gibt es bei Verdi kein falsches Gefühl, an keiner Stelle der mir bekannten Opern - alles ist ursprünglich und wahr. Verdis Figuren sind zwar charakterlich nicht unkompliziert, könnten uns aber doch wohl jederzeit im wirklichen Leben begegnen (bei Lady Macbeth vielleicht keine so berückende Vorstellung, aber für ein Gespräch mit Simone Boccanegra würde man ja schon etwas geben, oder?) und singen dazu Melodien, die ebenfalls nicht komponiert, sondern vielleicht eher von Verdi empfunden und meisterhaft weiterentwickelt scheinen.


    Als Beispiel möge der Nilakt aus Aida dienen, und da das Duett Aida - Amonasro: mir ist erst kürzlich beim Hören dieser Szene auf der DVD mit dem Konzert zum 50. Jahrestag der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper wieder klargeworden, wie meisterlich und gleichzeitig natürlich in dieser Szene die Melodieführung ist, wie fein die Charakterzeichnung - und wie man mit jedem der Charaktere leiden kann.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Auf Wagner würde auch was passen:
    Wilhelm als Germaniens neuer Empereur Rex. :stumm: :pfeif:


    Welchen Wilhelm Wagner meinst du denn? Derer gibts viele, Richard dagegen ist einmalig! :yes:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried


    Welchen Wilhelm Wagner meinst du denn? Derer gibts viele, Richard dagegen ist einmalig! :yes:


    Ich meinte damit eigtl. Wilhelm I. von Preußen, nachmaligen Deutschen Kaiser. ;) :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Dabei konnte Wagner den "Kartätschenprinzen" von Anno ´48 auf den Tod nicht leiden!


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)