Schumann-Symphonien-Ranking

  • Wir lieben sie ja, diese etwas seichten Rankings :D, daher nun auch beim heurigen Jubiläumskomponisten Schumann, den ich so langsam für mich entdecke. Auch hier wieder ein recht kurzes, da es derer (leider) nur vier gibt:


    II – IV – III – I


    Wobei ich extra dazu sage: Die Abstände sind sehr knapp.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • @ Joseph II. :



    Für mich ist dies einzig und alleine abhängig von der jeweiligen


    Interpretation .


    Dazu kommt ein erlenbare "kunst des Hörens" im analytischen


    wie emotionalen Sinn .


    Und eines direkt als hinweis, da ich angeregt von "Agons" Thread über Jean MARTINON doch erneut festhestellt habe , welche bleibenden Eindrücke grosse Konzertabende jedenfalls auf mich auch nach vielen Jahren haben .


    Leider sind auch bei den Aufnahmen der Schumann - Symphonien nicht alle derzeit verfügbar .


    Bei zwei der vier Symphonien gibt es wirkliche REFERENZAUFNAHMEN :



    Symphonie Nr. 4 : Wilhelm Furtwängler ( DGG )


    Allenfalls Bruno W a l t e r erreicht diese ungeheur in die Tiefe gehende , bewegende Deutung durch Furtwängler .


    Ich kenne diese Aufnahme seit rund 35 Jahren . Sie bleibt einfach ein Meilenstein in der Schumann - Exegese .



    Symphonie Nr. 3 "Rheinische" : Carlo Maria Giulini ( DGG )


    Ebenfalls nicht annähernd durch einen anderen Dirigenten erreicht .


    Schumann hat diese "Rheinische" hier in Düsseldorf komponiert . Der Erfolg war deswegen so durchschlagend , weil Robert Schumann es in kürzester Zeit vermocht hatte , die typisch rhinische Facetten in Musik zu giessen .


    Dies beinhaltet die sprichwörtliche Lebensfreude der rheinländer ( auch in kritischen Zeiten überwiegt eine Lebensbejahung ) wie auch die musikalische Darstellung des typisch rheinischen Katholizismuses durch den Protestanten Schumann .


    Man könnte trefflich diskutieren , ob es sich um eine Art Programmusik handelt .



    Bei den Symphnonien Nr. 1 und Nr. 2 , die ich für gleichbedeutend ansehe , gibt es dagegen zahlreiche gute Interpretationen .


    An der Spitze vielleicht die Deutungen durch George SZELL ( CBS = LP / Sony = CD ) .


    Bernsteins emotionsgesättigte Wiedergaben höre ich hier gerne wie auch Karajans hoch differenzierten Klang . Bei Karajan weiss ich auswendig nicht, ob er die Schumann - Symphonien nur einmal aufgenommen hat ( DGG ) .


    Viele Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Die III. habe ich mal selbst spielen dürfen, daher rangiert sie bei mir ganz vorne.


    Derzeit: III. - IV. - I. - II. - Zwickauer Fragment

  • Die 4 Schumann-Sinfonien haben für mich alle 4 den gleich hohen Stellenwert.
    Jede ist für sich gesehen ein wertvolles Einzelstück. Ein Ranking ist für mich eigendlich nicht möglich.
    :angel: :motz: Denoch lasse ich mich zu dieser Reihenfolge hinreissen, die absolut nicht bedeutet, das ich die Nr.1 auch nur im geringsten weniger schätze: III - IV - II - I.


    Ganz elementar ist für mich die Sinfonie Nr.2. Wenn ich eine neue Interpretation der Schumann-Sinfonien kennenlerne, ziehe ich dazu immer zuerst die Sinfonie Nr.2 heran um eine Qualitätsaussage der Interpretation zu erkennen !


    FrankGB hat die wichtigsten Dirigentennamen für Schumann schon zusammengefasst - volle Zustimmung zu Bernstein (SONY und DG) - Karajan (DG) - Szell (SONY).
    FrankGB ist ja nun 1000%-Guilini-Fan. Klar das dieser nicht fehlen darf. Bei Guilini vermisse ich immer das letzte Quentchen an Emotionalität; daher wäre ich auch nie auf die Idee gekommen, dass er bei Schumann spitze sein könnte. Ich kenne seine DG-Aufnahme nicht.
    Bei der III ist Karajan meine Lieblingsaufnahme, mit der ich auch zuerst bereits auf LP in Kontakt kam. Absolut perfekt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • ...wenn man über Schumanns Sinfonien schreibt und wertet, dann sollte die "Leipziger" Erstfassung der 4. Sinfonie von 1841 nicht vergessen werden...


    Sie wird zum Glück immer häufiger eingespielt/aufgeführt und gefiel Johannes Brahms (und mir :D ) besser als die gängigere Korrekturfassung von 1853.


    Brahms schrieb an Clara Schumann: "Viel wertvoller ist mir der Besitz der ersten Leseart der d-moll Symphonie. Jeder, der sie sieht, ist meiner Meinung, daß die Partitur durch die Umarbeitung nicht gewonnen hat, an Anmut, Leichtigkeit, Klarheit gewiß verloren."

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Wolfgang ,


    ich bin der Meinung, dass jemand seine Meinung über eine Interpretation aus verbal begründen können sollte .


    GIULINI und Schumann ( wie GIULINI und Johannes Bragms ) haben eine ganz bestimmte Affinität zueinander .


    In diesem konkreten Fall bin ich von den Stimmungen in der "Rheinischen" ausgegangen uind wie Giulini dies in einer wundervollen Interpretation umzusetzen vermag .


    Bruno WALTER hat vor mehreren Jahrzehnten in einem Intervie einmal zutreffend gesagt, dass jemand, der die Natur nicht liebe , auch niemals Beethoven dirigieren könne .



    KARAJAN hat wie wohl kein zweiter Dirigent etwa die "Italienische" von Men Mendelssohn mit ihren Stimmungen musikalisch wiedergeben können ( das ist Bernstein zum Beispiel nicht annäherdn gelungen) .


    Den bedeutenden britischen Dirigenten ist die ganz eindringlich bei der "Schottischen" oder den "Hebriden" von Mendelssohn gelungen, wenn man sie im Konzert erleben konnte . Und auch hier steht Karajan seinen britischen Kolleg nichts nach . Er muss ein ganz besonders Gespür für diese oft sehr dunklen Atmosphären gehabt haben .


    Und Daniel Barenboim hat mit seinen Hinweisen, dass die bedeutesten Dirigenten deutscher , vor allem romantischer Kompositionen , italienische Dirigenten wie eben Giulini oder Riccardo Muti seien mit ihren eben breiteren Tempi .


    GIULINi ust dabei mit den hervorragenden Wiener Philharmonikern in seiner letzten GA der Brahms - Symphonien bis an die Grenzen gegangen ( DGG ) .


    Beste Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Norbert :



    Joahannes Brahms wusste oder hat es geahnt und befrüchtet , dass mit den Schumannschen ursprüngliche Intentionen wahrscheinlich schnnell Missbrauch gerieben werden würde . Er hat ja leider Recht behalten .


    W e r verwednet denn die "Leipziger" Ausgabe konsequent ?


    Danke für Deinen Hinweis im voraus .


    Viele Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank,


    kennen und schätzen gelernt habe ich die "Erstausgabe" mit dem zu oft als "bieder" gekennzeichneten Kurt Masur. Diese Wertung trifft bei Schumann allerdings nicht zu:



    Harnoncourt hat beide Versionen aufgenommen:



    Auch mit Roger Norrington ist die "Leipziger" Version erhältlich:



    Ich bin wahrlich nicht mit allem einverstanden, was Norrington fabriziert, aber seine Interpretationen der Schumann-Sinfonien gehören für mich zu den besten, die ich jemals gehört habe.


    Norrington selbst sagt selbstbewußt: "Schumanns Sinfonien sind wunderbar, sie müssen nicht geändert, sondern nur gut gespielt werden!"


    Recht hat er ;) und hält imo diesem Anspruch voll und ganz stand.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Ich habe das vermutlich schon hundertmal geschrieben:


    4 ist ziemlich klarer Favorit, gleich in welcher Fassung; auch eine der überzeugendsten Sinfonien nach Beethoven.


    2 ist mindestens auf diesem Niveau in den Binnensätzen, der langsame Satz ist besonders ergreifend, aber die Ecksätze, besonders das Finale fallen dagegen für mich etwas bis deutlich ab.


    3 halte ich für sehr uneinheitlich, ich schätze den ersten Satz und die "Domweihe" in 4, liebe das "rheinische" Scherzo, aber die beiden anderen Sätze scheinen ziemlich überflüssig.


    Etwa gleichauf sehe ich #1, die dagegen sehr einheitlich ist, aber auch keine solchen Höhepunkte aufweist. Je nach Stimmung könnte ich sie aber der Dritten auch vorziehen. Die anderen Abstände sind aber für mich recht deutlich.


    :hello:


    JR (heute aus Westsibirien)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    das finde ich interessant, daß Du den Finalsatz der II. so schwach findest. Bei Bernstein (WPh) knallt das richtig. Auf den so hochgelobten Karajan bin ich schon gespannt (vorgemerkt). Sicher: Es ist wohl plakativ, aber ich kenne banalere Schlußcodas.


    Liebe Grüße
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • lieber johannes :



    deine argumente kannte ich nicht !


    eine interessante analyse der symphonien , der ich durchaus auch folgen kann , wobei die nummerierung ja problematisch ist ( im vergleich zu beethoven oder brahms ) .


    liest du dei e wertung , gewichtung s aus dem notentext alleine oder aus dir bekannten interpretationen ?


    danke für eine antwort aus westsibirien .


    einen schönen abend .


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Schumanns Symphonien zu ordnen ist kein leichtes Unterfangen, je weniger ein Komponist geschrieben hat, umso schwieriger ist das meines Erachtens.



    Bei genauerer Selbstbetrachtung bildet sich aber dann doch ein Urteil heraus, das von der Symphonie ausgehend, die mir am wenigsten liegt, eine bei den übrigen drei sehr knappe Anordnung erkennen lässt.




    Nun, jene 'ungeliebte', die ich dennoch sehr gerne mag, ist die Vierte.
    Ich finde sie unterhaltsam und wirklich gut, doch als einzige von Schumanns Symphonien berührt sie mich nicht tiefer.


    Angesichts der Empfehlungen werde ich mich aber noch mit Furtwänglers Deutung auseinandersetzen.



    Eigentlich gleichauf liegen II & III, an sich freilich grundverschieden.
    Die zweite schätze ich wegen der vorwärtsstrebenden Sätze 1, 2 und 4, wobei insbesondere der Finalsatz herrliche Steigerungen enthält, denen man sich einfach nicht entziehen kann. Gleiczeitig enthält sie den mit Abstand stärksten langsamen Satz Schumanns, der eine völlig eigene, tief emotionale, in sich gekehrte Welt aufspannt.
    Die dritte ist einfach gut, im Finale dann eine der absoluten Lieblingsstellen mit dem für mich so begeisternden Schumannschen Hornklang (ich frage mich, was manche Leute [Gustav Mahler, etc.] immer an diesen Instrumentierungen auszusetzen haben.


    Beide am liebsten mit George Szell, die zweite wegen der Bläser in der Live-Aufnahme aus Lugano.



    Mein Favorit ist demnach die Frühlingssymphonie, deren Erster Satz meine Schumann-Begeisterung erweckt hat und der in ungeheurem Maße meine Stimmung zu beeinflussen vermag, das vorwärtsstürmende Element ruft stets Euphorie hervor.


    Hier gibt es nur eine Aufnahme: Leonard Bernstein, VPO.
    Allein das Blech ganz zu Beginn beantwortet alle Fragen diesbezüglich, wohl eine der besten Orchesteraufnahmen überhaupt!




    Nochmals als Zusammenfassung:



    I - II/III - IV


    (absteigend)

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Gerade sind sämtliche 4 Schumann-Symphonien als Ausgabe für Klavier zu 2 Hd. bei mir eingetroffen (als Noten-Kopien besaß ich sie schon länger und habe v.a. meine drei Favoriten rauf und runter gespielt, was viel Vergnügen bereitet) - und nun dieses Thema.
    Was mich aber am meisten überrascht: Erstmals finde ich einen Gleichgesinnten, der die Zweite auf den ersten Platz setzt.


    Meine Rangfolge lautet: II. - I. - III. - IV.


    Einen nennenswerten Abstand mache ich nur zur IV., nicht zwischen den drei anderen. Die Zweite schätze ich besonders wegen ihres tiefgründigen Anfangssatzes. Warum die IV. von Reclams als sein "sinfonisches Hauptwerk" bezeichnet wird, erschließt sich mir überhaupt nicht.


    Meine bislang vorgezogene Interpretation der II. ist diejenige des RSO Frankfurt unter dem inzwischen fast vergessenen (farbigen) Dirigenten Dean Dixon.
    Ich habe sie einst im Radio mitgeschnitten, auf CD ist sie mir noch nicht begegnet.


    Seit Nov. 1994 bewahre ich einen Zeitungsausschnitt auf, der besagt, dass die verlorengeglaubte Original-Handschrift der II. in einer Privatsammlung wiederentdeckt worden sei und am 1.12.1994 im Londoner Auktionshaus Sotheby's mit einem Schätzpreis von ca. 2 Millionen DM versteigert werde - "einer der bedeutendsten Musikfunde seit dem 2.WK".
    Ferner trage die handschriftliche Fassung von 1845/46 eine Reihe von Vermerken, die in der Druckversion nicht berücksichtigt worden sei.


    Nachtrag:
    Das 246-seitige Arbeitsexemplar der II. ging für stolze 1,35 Millionen Britische Pfund unter den Hammer. Mit Aufgeld musste der neue Eigentümer, der New Yorker Sammler Robin Lehman (hoffentlich keiner von der gleichnamigen Bank :pfeif:) knapp 1,49 Millionen Pfund berappen, was damals (Dez. 1994) umgerechnet 3,64 Millionen DM entsprach. Wahrlich kein Pappenstiel: Laut F.A.Z. Rekordpreis für ein Musik-Autograph!
    Wer hätte das gedacht? Schumanns Zweite. Na, wenn das kein gutes Omen für das angebrochene Gedenkjahr ist! Da sollte sich für alle "Schumi"-Fans der Weg am 8. Juni nach Zwickau doch lohnen - kurioserweise weilte ich dort das bislang einzige Mal im . . . Dez. 1994.

    Einmal editiert, zuletzt von PianoForte29 ()

  • meine Rangfolge, nachdem ich mir heute alle 4 angehört habe :


    4 - 3 - 1 - 2

    Es wird immer weitergehn, Musik als Träger von Ideen.

    Kraftwerk

  • Für mich steht die zweite Symphonie ganz eindeutig an erster Stelle! Das ist ganz klar meine liebste Symphonie zwischen Beethoven und Brahms. Da der langsame Satz schon genügend gelobt worden ist, konzentriere ich mich mal auf das Finale:


    Zitat

    Original von Joseph II.
    Hallo Johannes,


    das finde ich interessant, daß Du den Finalsatz der II. so schwach findest. Bei Bernstein (WPh) knallt das richtig. Auf den so hochgelobten Karajan bin ich schon gespannt (vorgemerkt). Sicher: Es ist wohl plakativ, aber ich kenne banalere Schlußcodas.


    Ich will mal versuchen, eine Lanze für das Finale zu brechen - gerade diesen Satz finde ich gar nicht plakativ. Das Fanfarenthema spielt m.E. klar auf Beethovens Fünfte an, das Überwinden der persönlichen Krise und der Stimmung des dritten Satzes wird als Sieg des Willens apostrophiert. Und erst scheint der Satz ja auch in ähnlich triumphal jubelnden Bahnen zu verlaufen; wie bei Beethoven rekurriert die Durchführung dann den dritten Satz, nämlich dessen Hauptthema; aber statt dies wie im Vorbild für die umso strahlendere Reprise des Hauptthemas zu verwenden, meldet sich nachdenklich das "Nimm sie hin denn, diese Lieder"-Thema - das sich bei Schumann traditionell auf Clara bezieht - zu Wort, wie ein aufkommender Gedanke, dass es dann doch nicht nur der eigene Wille war, der ihn zurück in die Spur gebracht hat. Die "Reprise" bringt keine Lösung, auch kein neues endloses Jubeln wie bei Beethovens Fünfter, sondern den Widerstreit der Gefühle respektive Themen; und erst in der "Coda" kann sich eine triumphale Synthese herausbilden. Ich finde diesen Satz grandios!


    An zweiter und dritter Stelle folgen dicht aufeinander die vierte und die dritte Symphonie. Bei letzterer sehe ich die Bewertung der Sätze ähnlich wie Johannes. Nummer eins mag ich auch, vor allem den langsamen Satz.



    Gruß,
    Frank.

  • Hallo Frank Spradow,


    das hast Du höchst angemessen in Worte gefasst. Für mich ist die Sinfonie Nr.2 der Maßstab für die Interpretationen der Schumann-Sinfonien insgesamt.


    :yes: Gerade der Finalsatz - - - der Dirigent, der den Aufbau und die Gestaltung dieses 4.Satzes ideal hinbekommt, legt auch insgesamt eine hörenswerten Schumann hin !


    Dazu gehören für mich Szell (SONY), Bernstein (SONY und DG), sowie Karajan (DG).



    :wacky: Lange abgesetzt habe ich eine Aufnahme, die in dieser Hinsicht unbrauchbar und langweilig war - Marriner (Brillant) :faint:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hat sich vielleicht jemand mit der von Gustav Mahler neu instrumentierten Fassung beschäftigt - R. Chailly hat sie eingespielt? Das habe ich bisher immer wieder aufgeschoben - für die nächste Zukunft - es ist schließlich Schumann-Jubiläum - nehme ich es mir jedenfalls endlich vor! Ansonsten habe ich u.a. die Klemperer-Aufnahme in meiner Sammlung und einen Mitschnitt der Symphonien 1 u. 2 aus Italien mit S. Celibidache. :pfeif:


    Beste Grüße
    Holger

  • Hallo Holger,


    ich hatte Chaillys Aufnahmen einmal gehört und bin zu der Auffassung gekommen, daß sich alles zwar recht imposant anhört, aber Norrington mit seiner Meinung Recht hat: "Schumanns Sinfonien sind wunderbar, sie müssen nicht geändert, sondern nur gut gespielt werden!"


    Ulrich Kudoweh hingegen ist, wie er im Robert Schumann - Die Sinfonien -Thread berichtete, von Mahlers Bearbeitungen sehr angetan.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Lieber Holger :



    an anderer Stelle hatte ich es schon geschrieben , dass ich diese Mahlerbearbeitung der Symphonien von Robert Schumann für kotraproduktiv halte .


    Wer Schumann - Symphonien sammelt, der kan sich die Chailly - Aufnahmen ja kaufen .


    Einen Gewinn und besseren Zugang zu Schumann hat er dabei aber nicht .



    Dir die besten Grüsse aus dem Dorf an der Düssel , über das es gestren abend in center.tv einen sehr schönen Bericht gegeben hat .




    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Einen Gewinn und besseren Zugang zu Schumann hat er dabei aber nicht .


    Lieber Frank,


    für mich wäre das auch nicht so entscheidend. Man erfährt so doch wohl einiges über Mahler - und es könnte ja sein, daß aus dieser Verbindung Mahler-Schumann dann doch etwas Originelles entsteht, bestimmte neue Seiten von beiden sichtbar werden. Ich lasse mich mal überraschen! Vor dem 17. Jahrhundert zählte die Instrumentierung noch gar nicht zum Werk, sondern war variabler Bestandteil der Aufführungspraxis. Insofern ist so ein Versuch auch historisch sehr interessant.


    Beste Grüße
    Holger

  • Zitat

    Original von Spradow


    Ich will mal versuchen, eine Lanze für das Finale zu brechen - gerade diesen Satz finde ich gar nicht plakativ. Das Fanfarenthema spielt m.E. klar auf Beethovens Fünfte an, das Überwinden der persönlichen Krise und der Stimmung des dritten Satzes wird als Sieg des Willens apostrophiert. Und erst scheint der Satz ja auch in ähnlich triumphal jubelnden Bahnen zu verlaufen; wie bei Beethoven rekurriert die Durchführung dann den dritten Satz, nämlich dessen Hauptthema; aber statt dies wie im Vorbild für die umso strahlendere Reprise des Hauptthemas zu verwenden, meldet sich nachdenklich das "Nimm sie hin denn, diese Lieder"-Thema - das sich bei Schumann traditionell auf Clara bezieht - zu Wort, wie ein aufkommender Gedanke, dass es dann doch nicht nur der eigene Wille war, der ihn zurück in die Spur gebracht hat. Die "Reprise" bringt keine Lösung, auch kein neues endloses Jubeln wie bei Beethovens Fünfter, sondern den Widerstreit der Gefühle respektive Themen; und erst in der "Coda" kann sich eine triumphale Synthese herausbilden. Ich finde diesen Satz grandios!


    Ich muß zugeben, dass die 2. in meiner Gunst durchaus gestiegen ist, seit ich sie zuerst kennengelernt hatte. Früher fand ich die Ecksätze, besonders das Finale, sehr schwach, repetitiv, ad nauseam Wiederholung des banalen Marschthemas und des Ferne-Geliebte-Zitats. Ich bin auch immer noch der Ansicht, dass sich diese Melodie nicht so gut als Jubelthema eignet wie als poetische Anspielung wie etwa in der C-Dur-Fantasie.
    Wie auch immer, ich versuche das Werk demnächst mal wieder zu hören (wobei ein guter Teil meiner CDs in Umzugskisten steckt...)
    (Es liegt BTW sicher nicht an meinen Einspielungen. Ich besitze Bernstein/DG, Szell, Levine/DG komplett, 1+4 mit Gardiner, 1+3 mit Herreweghe, 2+3 mit Kubelik, 4 mit Furtwängler und Abendroth und noch ein paar einzelne historische (Schuricht mit einem stellenweise grausam klingenden franz. Orchester zB).)


    Mich wundert allerdings das vergleichsweise schlechte Abschneiden der 4. hier. Meinem Eindruck nach ist sie seit jeher die beliebteste Schumann-Sinfonie. Für mich ist sie die überzeugendste Sinfonie der Hochromantik. Die "Frühlingssinfonie" ist ähnlich geschlossen, aber eben deutlich leichtgewichtiger, zwar keine Ausfälle, aber eben auch keine solchen Höhepunkte wie der langsame Satz der 2.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Ich muß zugeben, dass die 2. in meiner Gunst durchaus gestiegen ist, seit ich sie zuerst kennengelernt hatte. Früher fand ich die Ecksätze, besonders das Finale, sehr schwach, repetitiv, ad nauseam Wiederholung des banalen Marschthemas und des Ferne-Geliebte-Zitats. Ich bin auch immer noch der Ansicht, dass sich diese Melodie nicht so gut als Jubelthema eignet wie als poetische Anspielung wie etwa in der C-Dur-Fantasie.
    Wie auch immer, ich versuche das Werk demnächst mal wieder zu hören (wobei ein guter Teil meiner CDs in Umzugskisten steckt...)


    Ich nehme an, die sind gerade nicht in Westsibirien. ;)
    Die Zweite hat mich auch nicht von vornherein begeistert, die wollte erst schöngehört (und -gelesen) werden. Auch den dritten Satz fand ich übrigens nicht einfach, denn besonders sanglich ist er nicht. Deine Bedenken gegen die Verwendung des Liedthemas teile ich aber nicht: Die Synthese von Fanfarenmotiv und Liedthema in der Coda des Finales kommt mir sehr organisch vor, und vorher wird das Liedthema ja wirklich eher als nachdenkliche poetische Anspielung als als Jubelthema eingesetzt.



    Zitat

    Mich wundert allerdings das vergleichsweise schlechte Abschneiden der 4. hier. Meinem Eindruck nach ist sie seit jeher die beliebteste Schumann-Sinfonie. Für mich ist sie die überzeugendste Sinfonie der Hochromantik. Die "Frühlingssinfonie" ist ähnlich geschlossen, aber eben deutlich leichtgewichtiger, zwar keine Ausfälle, aber eben auch keine solchen Höhepunkte wie der langsame Satz der 2.


    Hmm, wenn ich bei einer der Symphonien ein wenig den Eindruck der Plakativität habe, dann ist das die Vierte. Da liegen die Themenbeziehungen zwischen den Sätzen ja z.B. viel stärker auf der Hand als bei den anderen, und auch rein intuitiv schien mir die Zweite und auch der Kopfsatz und die Fuge der Dritten immer deutlich komplexer, reifer zu sein als die Vierte. Als ich dann erfahren habe, dass die Vierte die eigentliche Zweite ist und aus den frühen 1840ern stammt - damals von Schumann vorerst verworfen - hat das diesen Eindruck natürlich bestätigt. Aber vielleicht kenne ich wiederum diese Symphonie nicht gut genug?!



    Gruß,
    Frank.

  • Zitat

    Original von Dr. Holger Kaletha
    und es könnte ja sein, daß aus dieser Verbindung Mahler-Schumann dann doch etwas Originelles entsteht, bestimmte neue Seiten von beiden sichtbar werden. Ich lasse mich mal überraschen! Vor dem 17. Jahrhundert zählte die Instrumentierung noch gar nicht zum Werk, sondern war variabler Bestandteil der Aufführungspraxis. Insofern ist so ein Versuch auch historisch sehr interessant.


    Also - an der Instrumentierung hat Mahler, soweit ich mich erinnere, nicht allzuviel geändert. Die meisten Änderungen beziehen sich auf die Dynamik.


    Ich finde, es entstehen andere Werke, aber ein durchaus interessantes Resultat. In der Rheinischen ist mir Chaiily bisweilen etwas flott, aber ansonsten gefällt mir das sehr gut.


    Man lernt tatsächlich m.E. mehr über Mahler als über Schumann. Für Schumann bevorzuge ich seit letztem Jahr den Gardiner.

  • Zitat

    Original von Spradow


    Ich nehme an, die sind gerade nicht in Westsibirien. ;)


    Ich gerade auch nicht mehr, aber nun in Südwestsibirien ist das Wetter auch nicht viel besser...


    Zitat

    Hmm, wenn ich bei einer der Symphonien ein wenig den Eindruck der Plakativität habe, dann ist das die Vierte. Da liegen die Themenbeziehungen zwischen den Sätzen ja z.B. viel stärker auf der Hand als bei den anderen, und auch rein intuitiv schien mir die Zweite und auch der Kopfsatz und die Fuge der Dritten immer deutlich komplexer, reifer zu sein als die Vierte.


    Komplexität ist kein Wert an sich. Der Choralsatz oder was immer es sein soll in der 3. mag komplex sein, aber es ist nicht so recht klar, was er in einem Werk mit einem "heroischen" Kopfsatz und einem volkstümlichen Scherzo verloren hat. Die Vierte ist aus einem Guß und dass sie das offensichtlich ist, sehe ich nicht als Nachteil. Es geht ja auch um eine hörbare "poetische Einheit", nicht nur darum versteckte Bezüge oder so zu erkennen.


    Zitat


    Als ich dann erfahren habe, dass die Vierte die eigentliche Zweite ist und aus den frühen 1840ern stammt - damals von Schumann vorerst verworfen - hat das diesen Eindruck natürlich bestätigt.


    Das ist ein Fehlschluß. Schumann hatte fast alle seine besten Werke bis 1841 geschrieben!
    (Die wichtigsten Klavierwerke waren alle bis 1839 komponiert, 1840 war das Liederjahr, 1841 die 1. und die 4. Sinfonie, sowie die Erstfassung des Klavierkonzerts (dessen Kopfsatz))
    Danach wollte er ein seriöser Nachfolger Beethovens mit gewichtigen Sinfonien usw. sein, was seinem Stil nicht annähernd so lag wie Klavier- und Liedzyklen. Das ist vielleicht auch ein Problem der 2. Romantische Emotion soll mit Beethovenscher Wucht und Bachscher Tiefe auf Linie gebracht werden. Ich würde natürlich nicht so weit gehen zu sagen, dass Schumann das nicht gelungen sei. Aber nicht nur das Finale, auch der Kopfsatz kommt mir stellenweise etwas "hohl" vor.
    Auch wenn sich die Vierte mit der motivischen Einheitlichkeit und dem Dur-Finale natürlich auch an Beethoven orientiert, finde ich hier die Verschmelzung viel müheloser gelungen.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich würde auch folgende Reihung vornehmen


    4 - 2 - 3 - 1


    Früher konnten mich die Ecksätze der 2.auch nicht überzeugen bis ich dann
    die Interpretation Mutis mit den Wr.Philh. gehört habe wo das Finale richtig gut zur Geltung kommt, da kann sogar m.M. nach die hier gelobte Bernstein-Interpretation nicht mithalten, dafür ist diese wiederum im langsamen Satz tiefgründiger, melancholischer wie halt typisch für Bernstein.


    Bei der 3. finde ich den Kopfsatz sehr reizvoll - die anderen Sätze sprechen mich leider nicht so an - die 1. läßt mich irgendwie komplett kalt, für mich klingt es zwar schon recht ordentlich aber es hat leider in keinem Satz jetzt die besonderen Momente die mich emotional fesseln können und danach hab ich auch das Gefühl es wäre nichts hängen geblieben, was mir bei meinen meisten CD´s eigentlich nicht passiert.


    Und bei der 4. gefallen mir einfach alle Sätze durchgehend, hier gefällt mir Karajan besonders gut.


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Komplexität ist kein Wert an sich. Der Choralsatz oder was immer es sein soll in der 3. mag komplex sein, aber es ist nicht so recht klar, was er in einem Werk mit einem "heroischen" Kopfsatz und einem volkstümlichen Scherzo verloren hat. Die Vierte ist aus einem Guß und dass sie das offensichtlich ist, sehe ich nicht als Nachteil. Es geht ja auch um eine hörbare "poetische Einheit", nicht nur darum versteckte Bezüge oder so zu erkennen.


    Genau, und deswegen geht es auch nicht darum, dem Zuhörer die Zusammenhänge zwischen den Sätzen auf dem Silbertablett zu servieren; es reicht ja, wenn sie unterbewusst wirken. Die meisten Komponisten haben sich mit so offenliegenden Bezügen auch sehr zurückgehalten, obwohl solche Techniken ja zunächst einmal recht naheliegend scheinen.



    Zitat

    Das ist ein Fehlschluß. Schumann hatte fast alle seine besten Werke bis 1841 geschrieben!
    (Die wichtigsten Klavierwerke waren alle bis 1839 komponiert, 1840 war das Liederjahr, 1841 die 1. und die 4. Sinfonie, sowie die Erstfassung des Klavierkonzerts (dessen Kopfsatz))
    Danach wollte er ein seriöser Nachfolger Beethovens mit gewichtigen Sinfonien usw. sein, was seinem Stil nicht annähernd so lag wie Klavier- und Liedzyklen. Das ist vielleicht auch ein Problem der 2. Romantische Emotion soll mit Beethovenscher Wucht und Bachscher Tiefe auf Linie gebracht werden. Ich würde natürlich nicht so weit gehen zu sagen, dass Schumann das nicht gelungen sei. Aber nicht nur das Finale, auch der Kopfsatz kommt mir stellenweise etwas "hohl" vor.
    Auch wenn sich die Vierte mit der motivischen Einheitlichkeit und dem Dur-Finale natürlich auch an Beethoven orientiert, finde ich hier die Verschmelzung viel müheloser gelungen.


    Auch Symphonien schreiben kann man im Allgemeinen besser, wenn man erstmal ein paar hinter sich hat - aber es ist sicherlich müßig, das zu diskutieren statt einfach über das Werk. ;)



    Gruß,
    Frank.

  • Nachdem ich mir nochmal alle Schumann-Symphonien (auch die "3/4-Symphonie" "Ouvertüre, Scherzo und Finale") angehört habe, bleibe ich bei meiner Reihenfolge.


    Die 2. ist für mich die packendste. Grandios der tänzerische Finalsatz (das Beste von Schumann?), der sie noch vor der 4. auf den 1. Platz katapultiert (hervorragend bei Karajan und Bernstein). Die 4. mag dafür insgesamt die ausgefallenste Symphonie sein. Karajan etwa lag besonders an ihr, keine nahm er öfter auf und führte sie häufiger auf (die 3. etwa gar nie). Seine späte Wiener Aufnahme von 1987 ziehe ich der ebenfalls hervorragenden aus Berlin sogar noch vor, da dunkler und schwerer. Bei der 3. bannt mich vor allen Dingen der Kopfsatz, danach läßt sie etwas nach. Die 1. steht dahinter, aber auch sie ist toll, besonders auch hier der 1. Satz. Der "Torso" Ouvertüre, Scherzo und Finale landet ganz am Ende.


    P.S.:


    Zitat

    Original von teleton
    Ganz elementar ist für mich die Sinfonie Nr.2. Wenn ich eine neue Interpretation der Schumann-Sinfonien kennenlerne, ziehe ich dazu immer zuerst die Sinfonie Nr.2 heran um eine Qualitätsaussage der Interpretation zu erkennen !


    Hallo Wolfgang,


    genauso sehe ich das auch!
    Wenn die Pauken am Ende des Finalsatzes nicht stimmen, hat die Aufnahme keine Chance (überspitzt ausgedrückt). :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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