Mahlers 3. - zauberhaftes Posthorn

  • Ich höre gerade mal wieder meinen derzeitigen Favorite Mahler Sinf no 3, aktuell in Bernsteins 1961er Aufnahme. Im 3. Satz gibt’s ja diese zauberhaften Posthorn-Passagen und die haben mich zu diesem Thread angeregt.


    Mahler hatte diese Stelle meines Wissens in ersten Entwürfen für Posthorn gesetzt, ist dann aber dazu übergegangen ein Flügelhorn zu fordern, da er die mangelnde Verfügbarkeit eines Posthorns in den „kommenden“ Orchestern befürchtete. Zudem forderte Gustav Mahler ja diese Passagen von einem Fernorchester zu spielen, was in den Aufnahmen der letzten Jahre meines Wissens nicht immer umgesetzt wurde (werden konnte). Wird dies eingehalten, so entstehen für mich mit die hinreißendsten Momente der Orchesterkultur.


    Anyway; ich persönlich kann nicht genug bekommen von dieser Stellen und mich würde interessieren, welche Aufnahme für Euch die zauberhafteste Einspielung dieser Passagen bietet.



    @Mod: wenn der Thread woanders besser aufgehoben ist, bitte verschieben. Danke

  • Ja , das ist auch einer meiner Lieblingssätze. Das zugrunde liegende "Kuckuck hat sich zu Tode gefallen" ist ja bereits ein schwer einzuordnendes Idyll mit Untiefen.


    Das Posthornmotiv schreibt sich aus der Romantik, also von Eichendorff (und ein bißchen von Spitzweg) her. Es erklingt bereits in der Winterreise (Die Post).


    J.F.v.Eichendorff:

    SEHNSUCHT


    Es schienen so golden die Sterne,
    am Fenster ich einsam stand
    und hörte aus weiter Ferne
    ein Posthorn im stillen Land.
    Das Herz mir im Leibe entbrennte,
    Da hab ich mir heimlich gedacht:
    Ach, wer da mitreisen könnte
    In der prächtigen Sommernacht!



    Aber Mahler geht darin nicht ganz auf. Ich habe diese Trioteile immer als ein wenig scheinheilig empfunden - sie sind einfach zuuu schön, um wahr zu sein.


    Vielleicht geht es um den Gegensatz der animalischen, der Wald- und Waldestiernatur zu der empfindsamen Landschaftsnatur. - Aus Sicht der geschäftigen, selbstgenügsamen Kreatur ist bereits das Posthorn ein unbegriffenes Fremdobjekt, ein Störenfried. - Alle spitzen die Ohren ...


    Die dramatische Entwicklung des Satzes weckt bei mir immer wenig idyllische Assoziationen von Jagd, Hatz und gewaltsamer Überwältigung (woran die Hörner einen beträchtlichen Anteil tragen).


    Der Postillon (bei seiner zweiten Wiederkehr) ist da schon ein seltsamer Orpheus, dem die Tiere nicht trauen. Und wirklich: hinter der empfindsamen Romantik als Natursehnsucht steht die gewaltsame Naturbeherrschung, Mord und Totschlag. Sie hat das letzte Wort.


    Ich höre Haitink :jubel:, fand aber auch Solti mit Chicago immer toll.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Was macht ein Klassik-Liebhaber, der seit Tagen mit einer Lungenentzündung zuhause liegt und dem unsäglich langweilig ist? Richtig, er fängt an, Erbsen zu zählen. Meine Erbsen finde ich derzeit mal wieder bei Gustav Mahlers Sinfonie no 3, genauer im dritten Satz und noch genauer in den Passagen, die es mir gewaltig angetan haben: den Posthorn-Passagen. Für mich macht es den Reiz des Stückes aus, wenn diese Passagen extrem leise und extrem „weit weg“ vom eigentlichen Geschehen spielen. Nur wenige Aufnahmen vermögen dies.


    Wie gesagt, mir ist langweilig ;-) und ich hab in den vergangenen Tagen mir mal alle diese Stellen aus meinem M3-Portfolio (vergleichs-)angehört, um zu so etwas wie einem was auch immer aussagenden Ergebnis zu kommen. Mir kam es vornehmlich auf die Unterscheidung Posthorn –Flügelhorn und Fernorchester ja/nein an. (Anm: ein Fern“Orchester“ ists ja nicht direkt, aber diese Passagen sollen als solches gespielt werden. Deshalb werde ich es der Einfachheit halber einfach als Fernorchester bezeichnen). In alphabetischer Reihenfolge. Nehmt mir diese Spielerei bitte nicht allzu übel ;-)


    Bernstein I – NYSO
    Sehr halliges Flügelhorn – vermutlich als Fernorchester gedacht (kommt aber nicht so rüber).


    Boulez – WP
    Knackig gespieltes Posthorn -als Fernorchester top gespielt – vielleicht einen Touch zu laut.


    De Waart – RSO
    Sehr (leider zu) halliges Posthorn –als Fernorchester gespielt. Toll! (Übrigens: der deWaart-Mahler ist nicht zu verachten).


    Gergiev – LSO
    Toll gespieltes Flügelhorn - aber als Quasi-Fernorchester seltsam steril und synthetisch. Vermutlich dazugemischt?


    Haitink – CGO
    Posthorn – nicht als Fernorchester konzipiert, bzw recht hallig dazu geschnitten (?).


    Horenstein - LSO
    Tolles Flügelhorn – aber recht laut für ein „Fernorchester“ . die Atmosphäre stellt sich nicht ein. Ein echtes Manko dieser so tollen Einspielung.


    Inbal – FSO
    Flügelhorn direkt aus dem Orchester spielend – der Reiz ist dahin.


    Kubelik – SOBR
    Sehr exzellent gespieltes Posthorn, das sehr weit (links) von der Bühne positioniert war und sich perfekt ins Geschehen einfügt.


    Levine – CSO
    Trompete (?) schön weit weg und entsprechend leise als Fernochester gespielt. Toll.


    Mehta – SOBR
    Posthorn sehr postilionig gespielt (wie passend) und sehr weit positioniert weg und leise spielend. Toll.


    Mitropoulos – NYPO (?)
    Recht flott und knackig gespieltes Flügelhorn; direkt aus dem Orchester spielend. Damals vermutlich nicht anders machbar. Im besten Sinne recht hemdsärmelig gespielt.


    Nagano – DSO Berlin
    Trompete (?) – sehr laut und hallig (dazu-)gespielt.


    Neumann – TPhil
    Flügelhorn – kein Fernorchester. Die einzige mir bekannte Aufnahme, in der die als Fernorchester geforderte Passage lauter spielt als das eigentliche Orchester. Wirkt wie dazugemischt.


    Rattle -CBSO
    Posthorn (oder Trompete?) vollkommen verhallt, was den Fernorchester-Charakter kaputt macht.


    Rögner -SO Berlin
    Gespielt wurde eindeutig eine Vuvuzela*, die vom Nebenzimmer herübertönt.
    *) für alle Tamino-Generationen der kommenden Dekaden: eine Vuvuzela war ein (unsägliches Krach-)Instrument der Fans zur Fussball-WM 2010 in Südafrika. Wie es ein solches Instrument in ein Sinfonieorchester geschaffen konnte, ist bis heute nicht eruiert worden.


    Schuricht – RSO Stuttgart
    Flügelhorn mit etlichen Kiekser gespielt – wirkt seltsam „eingespielt“ – so als wollte man etwas türken. War aber seinerzeit vermutlich nicht anders möglich. Schade bisserl.


    Solti – CSO
    Posthorn (?) – vermutlich auf einem Balkon im Saal gespielt –aber zu laut.


    Tabakov – Sofia PO
    Etwas zu lautes Flügelhorn (Trompete?) in der Ferne.


    Zinman – TOZ
    Posthorn (?) – vermutlich auf einer Empore im Saal gespielt. Passend in die Aufnahme integriert.


    Halt, drei herausragend eingespielte Passagen gibt es dennoch; die hab ich hier mal separat aufgelistet:


    Jansons – SOBR
    Zauberhaftes Posthorn – als Fernorchester mit idealer Balance zum Hauptorchester gespielt. Weit weg und leise. So muss es (mindestens) klingen. Rundfunkaufnahme vom Januar 2011 aus München.


    Bernstein III – NYPO
    Posthorn – schön weit weg und äußerst stimmig gespielt. Toll. Und das, obwohl ich die Bernstein III Aufnahme eigentlich überhaupt nicht mag.


    Zander – PO
    Hinreisendstes Posthorn, das (räumlich) ewig weit weg vom Orchester platziert sein musste und himmlisch leise spielt. Sehr leise. Fast schon zu leise … man muss teilweise zu atmen aufhören, um es wahrzunehmen. Mit den zauberhaft darüber flirrenden Violinen werden diese Passagen zum allerschönsten des gesamten Kataloges. (Für mich ist die Zandersche Aufnahme eh ein heimlicher Favorit).


    Hoffentlich geht’s mir bald wieder besser :D

  • Thomas!
    Erstmal beste Genesungswünsche von mir und die Bitte, solche Aufstellungen auch im gesunden Zustand von Zeit zu Zeit zu bringen.
    Es ist sehr informativ.
    Ergänzen möchte ich Gielen, der in einem Interview einmal sagte, wie unendlich schwer es war, überhaupt ein seinen Ansprüchen genügendes Posthorn aufzutreiben.
    Anschließend durfte der "arme" Trompeter tagelang seinen Part auf dem Posthorn üben.
    Da ist es klar, dass heutige Produktionsbedingungen nur noch ganz selten auf das Posthorn eingehen und sich lieber mit Trompete oder Flügelhorn begnügen.


    Gruß S.


    PS: Bei Levine (DLP) sind alle Musiker mit Instrumenten aufgezählt. Kein Posthorn.

  • Neumann – TPhil
    Flügelhorn – kein Fernorchester. Die einzige mir bekannte Aufnahme, in der die als Fernorchester geforderte Passage lauter spielt als das eigentliche Orchester.


    Auch von mir zunächst einmal vielen Dank für Deine hochinteressante Auflistung und gute Besserung, lieber Thomas!


    Sieht man einmal davon ab, dass Vaclav Neumann den Trompeter (bzw. Flügelhornspieler) mitten im Orchester sitzen hat und sehr in den Vordergrund rückt (das ist nun wirklich alles andere als ein "Fern"trompeter), möchte ich dennoch behaupten, dass diese wundervollen Soli in keiner anderen mir bekannten Aufnahme so vollendet geblasen werden wie bei ihm. Bereits deswegen halte ich Neumanns Aufnahme für unentbehrlich in einer gut bestückten Mahler 3-Sammlung (wenngleich ich Horensteins Einspielung doch den Rang der besten Aufnahme zubilligen würde).


    Was hältst Du von Sir John Barbirollis Live-Mitschnitten mit dem Hallé Orchestra und mit den Berliner Philharmonikern? In Deiner Riesen Mahler 3-Sammlung fällt mir sein Fehlen auf. Der Mahler-Forscher Deryck Cooke hat die Barbirolli-Aufnahme aus Manchester vom 23. Mai 1969 immerhin als "one of the finest Mahler performances I have ever heard" bezeichnet...

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  • Also in den beiden Konzerten, die ich in Essen und in Berlin live gehört habe, spielte eine Ferntrompete, und ich habe ähnliche Feststellungen gemacht, dass es eben Sinn macht, wenn die Ferntrompete (oder das Posthorn) leise spielt und dadurch auch die Aufmerksamkeit des Zuhörers gesteigert wird und nebenbei die Wirkung gigantisch ist.
    Ich habe in Berlin (am 03.02.2011) um mich herum einige gesehen, die bei diesen herrlichen Stellen Tränen in den Augen hatten (mich selbst eingeschlossen).
    Im Grunde genommen ist es auch egal, ob Posthorn oder Trompete, nur muss es so gespielt werden, wie du, Thomas, es bei der Zander-Aufnahme festgestellt hast und wie Swjatoslav und ich es an zwei verschiedenen Terminen in Berlin wahrgenommen haben.
    Übrigens, die von dir, lieber Swjatoslaw, gepostete Barbirolli-Aufnahme mit dem Hallé-Orchestra habe ich schon in den Warenkorb geschoben.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Guten Morgen s.bummer, Swjatoslaw und William B.A.


    Habt Dank für Eure Wünsche und Euren input. Es freut mich, dass auch eine solche Spielerei hier im Forum ankommt. Spontan würde mir ja noch der Finalschluss der Dritten einfallen, Aber ich wills ja nicht übertreiben 8)
    Und warum mir der banale Begriff „Ferntrompete“ nicht eingefallen ist? Ich weis nicht – ist ja soo naheliegend ;-)


    Die Problematik mit dem Posthorn war ja auch dem Gustav Mahler schon bekannt, der (so hab ich es mal in einem G-Mahler-Buch gelesen hab) auch befürchtete, dass es „künftig“ keine vernünftigen Posthörner geben werde und er deshalb für diese Partien auch ein Flügelhorn zugelassen hat. Letztendlich ists (fast) tatsächlich wurscht was gespielt wird, wobei das Posthorn doch noch so einen besonderen Charme hat – gerade weil es so herrlich in die ländliche Idylle (so seh ich das) reinpasst.


    Und die Neumann-Einspielung, hm, ob es wirklich keine besser geblasene Stelle gibt weis ich nicht; was mich an dieser Einspielung (die als Ganzes im Übrigen tatsächlich eine ganz Außergewöhnliche ist) massiv „stört“ ist nicht die Tatsache, dass der Trompeter mitten im Orchester sitzt, sondern dass sein Part soundtechnisch vollkommen unnötig aufgeblasen wurde und ihn so aus dem Orchestergeschehen herauslöst. Da hier neben einer Lautstärkenerhöhung auch noch andere Hallanteile dazukommen (dazu gemischt wurden?) entsteht ein künstlicher Effekt, der den Charme dieser Passagen unnötig zerstört. Da kann es noch so gut geblasen sein. Auf meiner recht räumlich spielenden Anlage klingt diese Passage wie ein Fremdkörper (wie übrigens auch bei Gergiev, Haitink, Nagano, Schuricht und Rögner).


    Die Barbirolli-Aufnahmen kenn ich nicht (mein Portfolio stammt zu zwei Dritteln aus der Stadtbibliothek); welche der beiden würdest Du mir empfehlen? Was zeichnet sie aus? Aber bitte nicht wieder einen Glaubenskrieg mit s.bummer heraufbeschwören ;-) ;-)


    Die Zander-Aufnahme ist – wie ja schön öfter mal angedeutet – mein heimlicher Star aller Einspielungen. Nirgends hab ich das Gefühl, eine geschlossenere Einspielung zu hören. Und gerade die Posthorn-Passagen sind dort unglaublich spannend interpretiert. Eeeewig weit weg und atemraubend leise. Man wähnt sich richtiggehend in der Landschaft sitzend und ganz weit weg zieht der Postillion vorbei. Eine echte Idylle - so wie Kirchenglocken ganz weit in der Ferne ;-) Meine oben schon genannte sehr räumlich aufspielende Anlage kann dies wunderbar reproduzieren (und ich rede hier übrigens nicht von der SACD-, sondern der CD-Stereo-Spur). So spannend ist das in keiner anderen Einspielung. Jansons, Bernstein III und vor aus auch Kubelik und Levine kriegen das zwar auch wunderbar hin – aber halt nicht so plastisch.

  • Die Barbirolli-Aufnahmen kenn ich nicht (mein Portfolio stammt zu zwei Dritteln aus der Stadtbibliothek); welche der beiden würdest Du mir empfehlen? Was zeichnet sie aus? Aber bitte nicht wieder einen Glaubenskrieg mit s.bummer heraufbeschwören ;-) ;-)


    Ich kenne nur die BBC Legends-Version aus Manchester und finde die ziemlich gut. Die Berliner Aufnahme entstand damals mit der Absicht, sie bei EMI Records als fellow-up zu den bereits existierenden EMI-Alben mit der Fünften und mit der Neunten in der Interpretation durch Barbirolli und die Berliner herauszubringen. Dies geschah jedoch nie (erst vor kurzem hat Testament die Berliner Einspielung veröffentlicht), weil EMI offenbar das Interesse daran verloren hatte bzw. weil es irgendwas daran herumzumäkeln gab. Deryck Cooke bat in einem Brief an die EMI-Verantwortlichen inständig darum, dann doch wenigstens den BBC-Mitschnitt aus Manchester zu veröffentlichen. Was aber ebenfalls nicht geschah, bis die BBC selbst in ihrer Legends-Reihe die Veröffentlichung ihrer Bänder vornahm. Mit diesem BBC Legends-Album machst Du nichts falsch.

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  • Aus meiner neuen Mahler-Box, mit Gary Bertini und dem Kölner WDR-Sinfonie-Orchester möchte ich heute meine Höreindrücke schildern, die ich in zwei Hörsitzungen gestern und heute gewonnen habe.
    Bertini gehört mit dieser Einspielung, die vom 25. bis 27. März 1985 vom WDR als Studioproduktion aufgenommen wurde, zu den langsamsten im Lande:


    1. Satz: 33:56,
    2. Satz: 10:01,
    3. Satz: 19:35,
    4. Satz: 10:50,
    5. Satz: 4:04,
    6. Satz: 26:00
    insgesamt: 104:47 Minuten.


    Dennoch ist dies eine ungeheuer spannend musizierte, klanglich und aufnahmetechnisch hervorragende Aufnahme des Kölner Orchesters, in der die Vorzüge dieser Formation, der homogene Gesamtklang, die samtenen Streicher, die kernigen Bläser und das fantastische dynamische Spektrum voll zum Tragen kommen.
    Die Konkurrenz auf dem Gebiet gerade der dritten Sinfonie ist groß, als da wären Bernard Haitink, Leonard Bernstein, Sir Simon Rattle, Klaus Tennstedt, Giuseppe Sinopili und Eliahu Inbal, was alleine meine Aufnahmen der Dritten betrifft.
    Alle anderen sind schneller, am nächsten kommt ihr noch Bernsteins New Yorker Aufnahme aus den 60er Jahren, aber keine ist schöner musiziert, überhaupt bekomme ich langsam Ehrfurcht vor der Schönheit des Kölner Blechbläser-Klangs. Die Sinfonie ist aus einem Guss gespielt, man hat nirgends das Gefühl, dass hier langsam oder langatmig musiziert würde, und die Sinfonie klingt trotz ihrer Grundtonart d-moll sehr hell und optimistisch. Aber dafür ist Bertinis Mahler-Bild ja auch bekannt, dass er nicht das Dramtische, das Tragische, das Verzweifelnde, das Weltschmerzhafte aus der Partitur heraussucht, sondern das Positive, das Optimistische, das emotional Schöne.
    Das ist ein wohltuender Gegenpart zu manchen anderen betont tragischen, pessimistischen Lesarten.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes: :rolleyes:

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  • Nein, ich habe keine Kreide gefressen!
    Diese Aufnahme finde ich wirklich gut.
    Horenstein mit dem LSO 1960 und Helen Watts und Highgate School Chor.
    Diese Aufnahme erstarrt nicht wie die von 1970, sie hat Fluss und Dramatik und Horenstein ist viel flexibler in den Tempowechseln.
    Zwar kein Abbado oder gar Levine, auch kein Neumann, aber diese Aufnahme bringt es allemal.
    Sie klingt auch garnicht so schlecht. In meiner Aufnahme quasselt der Radioansager in die Pause zwischen 1. und 2. Satz. Und es muss wohl zunächst auf LP Matrizen mitgeschnitten worden sein, denn man hört deutlich ne Pause im 1. Satz. (Umdrehen) Aber das stört nicht weiter.


    Ich habe den schlimmen Verdacht, dass der gute Horenstein so ab ca. 1968- 1969 nicht mehr so richtig in der Lage war, das umzusetzen, was er wollte. So wie Klemp!
    Das hier von 1960 ist ein fast anderer Zugriff. Vielleicht wissen die Biografen hier mehr.


    Gruß S.

  • Hallo allerseits,
    ich bin bekanntlich der Ansicht, dass neuere Aufnahmen mit Mahler Sinfonien, insbesondere aus den letzten 10 Jahren besser sind, als alles vorher erschienene. Und das betrifft nicht nur die Klangqualität. Sondern aufgrund der besseren Orchesterkultur und der Tatsache, dass heute jeder Dirigent und Musiker quasi mit Mahler aufwächst, man nicht immer neu bei Null anfangen muss.
    Nun habe ich ein paar neuere Aufnahmen durchgehört, die mir allesamt besser gefallen als beispielsweise die meines letzten Postings, die von Horenstein 1960, auch wenn diese himmelweit besser ist als Horenstein 1970, die hier ja so hoch gelobt wurde und wird.
    Aber gegen legendäre Aufnahmen kann man nun mal nix machen. Die spielen eine Sonderrolle, so wie alte Autos für Oldtimerfans. Dabei kann man mit solchen Autos nur .... Sie sind halt was Besonderes! (Ich habe auch so etwas in der Garage! :thumbsup: )
    Dies als Einleitung und Entschuldigung. Fangen wir also an mit
    Danish National Symphony Orchestra Thomas Dausgaard 2009
    einer sehr straighten Aufnahme, die dann in einen wunderbar leicht genommenen aber dennoch herrlich pathetisch ausklingenden 6. Satz mündet.
    Dausgaard hört sich auf den ersten Eindruck recht nüchtern an, aber es bleibt alles sehr stimmig.
    Dann
    Monica Groop, Ladies of the Eric Ericson Chamber Choir, Adolf Fredrik Boys Choir, Swedish Radio Symphony Orchestra, Esa-Pekka Salonen. 2010
    106 Minuten, aber was für welche! Keine langweilige Minute dabei. Auch hier ein relativ langsamer 6. Satz, doch was soll ich sagen, welche Spannung!
    Vor allem braucht er überhaupt keine Mätzchen ala Lennie, um Größe aufkommen zu lassen. Die Aufnahme ist einfach wunderbar. Was er aus den 1. und 2. Geigen und Bratschen im 6. Satz zum Klingen bringt, man glaubt es nicht!
    Weiter geht es mit Anne Sofie von Otter, Mezzosopran Damen des Rundfunkchors Berlin Staats- und Domchor Berlin, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Ingo Metzmacher.
    Eine flüssige Aufnahme, die einem Michael Gielen vor 30 Jahren sicherlich auch gelungen wäre. Metzmacher traut sich, drauf zu hauen und der 1. und der 6. Satz sind hinreissend.
    Schließlich: Mariss Jansons Solistin: Nathalie Stutzmann, Mezzosopran Tölzer Knabenchor Chor des Bayerischen Rundfunks. 2010
    Fast schon konventionell. Wie Norbert berichtete nicht ganz Haitink Qualität, aber enorme Spannung und Präzision.
    Und zum Abschluss: Lucerne Festival Orchester Abbado 2009 oder 2010? Viel intimer als die anderen, daher auch irgendwie zahnloser, aber wenn man sich eingehört hat, unglaublich gelungen: Man wird in die Aufnahme reingezogen, wenn auch nicht so wie bei Salonen.


    Wenn ich also eine Aufnahme favorisieren sollte, dann die von Esa Pekka Salonen. Die ist sogar klar besser als die alte mit Levine.
    Gruß S.


    Ps. Willi: Ich erwarte noch ne Mail!

  • Zitat

    s.bummer: dann Monika Groop, Ladies of the Eric Ericson Chamber Choir, Adolf Fredric Boys Choir, Swedish Radio Symphony Orchestra, Esa Pekka Salonen.

    Ich habe die folgende Aufnahme von Salonen in meiner Sammlung:

    AD: 10/1997, 93:45 Minuten, Anna Larsson, Los Angels Philharmonic. Auch eine sehr überzeugende Aufnahme. Aber ich weiß nicht, wie der gleiche Dirigent, sicherlich innerhalb weniger Jahre, zu einer so unterschiedlichen Aufführungsdauer von immerhin über 12 Minuten kommt.


    Liebe Grüße


    Willi ?(

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  • OK, am Ende sind 40 Sek Beifall abzuziehen.
    Der 1. Satz dauert ca. 35 Minuten, der 2. ca. 11 , der 3. ca. 19 und der 6. 26 Minuten. 4 und 5 sind "normal!
    Das läppert sich.
    Aber selbst mein Hausgott Klemp hat zwischen 1951 und 1961 in der 2. um fast 10 Minuten zugelegt.
    Warum soll Salonen nicht nach 12 Jahren, immerhin ist er noch relativ jung, langsamer geworden sein? Besser wurde er auf jeden Fall, so hoffe ich.
    Gruß Hans

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  • Du würdest also Salonens neue Einspielung empfehlen, lieber Hans? Und vor allem, wo kann man sie bekommen?


    Liebe Grüße


    Willi ?(

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo Willi,
    die Aufnahme mit Salonen findet man hier:


    Britta Byström: Der Vogel in der Nacht. Mahler: sinfonia nr 3. Monica Groop (mezzo). Coro femenino Eric Ericson y de niños Adolf Fredrik. Orq. Radio Scueca. Dir.:Esa-Pekka Salonen 2010
    http://rapidshare.com/files/699109371/CA03883.zip


    Dort sind auch, man glaubt es erst gar nicht, etliche andere Mahler Aufnahmen greifbar. Vor allem die wunderbarsten Livekonzerte mit Haitink und sogar die 9. Live mit Giulini. Weitere Aufnahmen findet man in der Gesangsabteilung, da ist man nicht so stringent. Man muss ein bißchen suchen. Und spanisch können oder die spanisch-Übersetzung der Webseite einschalten. :D
    Salonen steht unter B, weil das Konzert mit dem Stück von Britta Byström begann.
    Hier also der Steinbruch für klassische Aufnahmen:
    Livekonzerte und anderes:
    Gruß Hans

  • Ich höre grad in die Salonen-Aufnahme rein.


    Also die Blechbläser hatten nicht wirklich ihren besten Tag. Das ist teilweise ziemlich übel im letzten Satz.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nach 1:39 - 1:40 im letzten Satz gibt es arge Patzer und vorher hatte ich beim Nachhören das Gefühl, dass der Posaunist an einer besonders lang auszuhaltenden Stelle absetzen und neu ansetzen mußte.
    Viel mehr ist es aber nicht.
    Für ein Livekonzert muss man sowas in Kauf nehmen, es ist ja nicht die Überblendung mehrere Liveauftritte, wo man das Beste zusammen schnippeln konnte.
    Dafür stimmt der Rest und er ist meist sehr überzeugend.


    Gruß Hans

  • Ich habe gerade diese neu erworbene Live-Aufnahme Rafael Kubeliks vom 20. 4. 1967 gehört, die zufälligerweise an Konrad Adenauers Todestag entstand. Die Klangqualität ist sehr gut, auch wenn hier einige Live-Geräusche zu vernehmen sind. Das Bayerische RSO hatte damals schon ein sehr hohes Niveau, und Kubelik kostete die dynamischen Spielräume dieser Sinfonie voll aus, zeigte auch große Stärken in den lyrischen Passagen vor allem des Scherzandos und des langsamen Finalsatzes.
    Da ich das Lied von der Erde von ihm ebenfalls in der Live-Aufnahme von Audite schon vorher erworben hatte, ist dies eine schöne Gelegenheit, so peu a peu die Gesamtaufnahme von Kubelik zu erwerben.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

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  • Und diese Dritte Mahlers kann ich auch noch beisteuern, die ich gestern zu Ende gehört habe. Damit ist meine Sammlung der Mahler-Symphonien mit Sir Georg Solti komplett. Sie ist neben der stringenten Interpretation Soltis auch klanglich exorbitant, da sie 1982 bereits in DDD aufgenommen wurde und die Aufnahmetechnik der DECCA ja bereits in den sechziger Jahren zu Zeiten des Produzenten John Culshaw einen legendären Ruf hatte. Auch die Solistin Helga Dernesch kann hier voll überzeugen, zuvorderst jedoch Sir Georg, der seinen vielen Meisterstücken hier ein weiteres hinzugefügt hat.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

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  • Geliebäugelt hatte ich schon lange damit, und nun habe ich die ersten beiden Doppel-DVD's mit den Symphonien Nr. 1 6 unter Bernstein geordert, da sie, warum auch immer, bei JPC das Stück für 19,99 zu haben waren. Mittlerweile sind sie aber schon wieder 10 Euro teurer geworden. Ich ärgere mich nur, dass ich nicht auch noch die dritte Box mit den nr. 7 und 8 geordert habe. Aber, es wird noch wieder die Gelegenheit kommen.
    Da Bernstein der Einzige ist, von dem alle Mahler-Sinfonien nach meiner Kenntnis auf DVD vorliegen, und da er gleichzeitig sicherlich einer der drei besten Mahlerdirigenten aller Zeiten ist, lag es ja nahe, diese Boxen zu ordern, zumal ich einige dieser Aufnahmen schon auf Classica gehört und gesehen habe, nur leider die Dritte noch nicht, und darum habe aich auch mit ihr begonnen, zumal die Dritte auch eine der Mahler-Sinfonien ist, die ich am häufigsten live erlebt habe, und das will was heißen, denn so oft wird sie (aus organisatorischen und finanziellen Gründen) ja gar nicht aufgeführt.
    Wie dem auch sei, dies Live-Aufnahme vom April 1972 ist ein Genuss, vor allem klanglich, wenn man mal die etwas mäßigere Bildqualität und das 4:3-Format außer acht lässt. Dafür wird man mit einer ergriefenden Aufnahme entschädigt, wozu neben den Wiener Philharmonikern und Leonard Bernstein auch Christa Ludwig, die Wiener Sängerknaben und die Damen des Wiener Staatsopernchores beigetragen haben.
    Es fällt immer iweder auf, wie sehr Bernstein in der Musik aufgeht, die er dirigiert, was es auch sei, aber ganz besonders, wenn er Mahler dirigiert. Und immer, wenn Bernstein Mahler dirigiert, und wenn ich das höre und oder sehe, fällt mir im Zusammenhang das Wort Klaus Tennstedts ein: "You couldn't conduct Mahler, unless you had suffered". Dies trifft natürlich auch zu, wenn Tennstedt dirigiert. Ich empfinde bei beiden Dirigenten im Zusammenhang mit Mahler eine seltene Dreieinigkeit, weil nicht nur der Komponist, sondern auch beide Dirigenten viel gelitten haben und weil auch ich viel Leid erfahren habe. Ich fühle dies, wenn die Beiden Mahler dirigieren, weil auch Mahler viel gelitten hat, und weil mich die Musik nicht etwa, wie man meinen könnte, traurig macht, sondern weil sie mir unendlich viel Trost spendet. Das gleiche Gefühl hatte ich auch bei der Aufnahme, der Kindertotenlieder, 5 Rückertlieder und den Liedern eines fahrenden Gesellen, speziell aber bei dem Lied: Ich bin der Welt abhanden gekommen mit Janet Baker und Sir John Baribirolli. Kurz nach dieser Aufnahme, zwei Tage nach den Proben der "Lieder eines fahrenden Gesellen", die für eine Japantournee gedacht waren, starb Barbirolli.


    Nun, Bernstein, war bei der o.a. Aufnahme 53 Jahre alt und noch bei voller Schaffenskraft. Die ganze Aufnahme war von seiner Vitalität, Musikalität und Emphase durchdrungen. Er riss das Orchester mit jeder Bewegung mit, und die Wiener Philharmoniker dankten es ihm und uns mit einer spontanen, glutvollen Leistung bei der sie volles Risiko gingen und der eine oder andere Fehler in Kauf genommen wurde. Bei diesem "Tanz auf der Rasierklinge" kommen die großartigsten Aufführungen zu Stande, so auch hier. Wer jemals die Dritte Mahler gehört hat, wartet natürlich auf den dritten Satz, das Commodo Scherzando, auf das himmlische Posthorn. Hier war es wirklich ein Posthorn, allerdings modernen Zuschnitts mit Ventilen. Wegen des Trompetenklanges wird die Partie auch in manchen Aufführungen mit einer Trompete ausgeführt. Aber hier war es ein kunstvoll ziseliertes Posthorn. Dieser Satz ist immer wieder sehr ergreifend.
    Das Gleiche trifft auch für den vierten Satz zu, in dem Christa Ludwig das "O Mensch; Gib Acht!" nach dem Text aus "Also sprach Zarathustra" von Friedrich Nietsche mit großem Einfühlungsvermögen mit ihrer fantastischen Stimme wiedergab. Auch in der Solopartie im fünften Satz "Es sungen drei Engel einen süßen Gesang" vermochte sie sich gegen die ebfalls großartig singenden Wiener Sängerknaben und die Damen des Wiener Staatsopernchores durchzusetzen.
    Das Schlussadagio war natürlich auch in Bernsteins Interpretation der Höhepunkt der Sinfonie, wie es eine wunderbare Ruhe und tiefen Frieden verbreitete und sich zum Schluss zu einem wahrhaft großartigen himmlischen Hymnus mit den sehr beeindruckenden Doppelpauken steigerte. Spontaner Jubel des Wiener Publikums war die Folge.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • hallo,


    ich suche noch eine alternative zur dritten von der ich nur die chailly aufnahme habe :


    hoppla ist diese SACD teuer geworden, ich hatte noch knapp 14€ mit versand bezahlt......solti wollte ich bestellen - aber horrender preis.....


    wie wären denn im vergleich diese beiden?


    genannt wurden schon beide, aber ein empfehlung konnte ich nicht herauslesen.


    sonnige grüsse.....heute wird noch das cabrio aus der garage geholt!


    kalli


    p.s. zander könnte ja auch passen(?), seine fünfte ist sehr gut:

  • Hallo kalli,


    bei Haitink und Jansons hast Du die Auswahl zwischen der "besten" 3., die ich kenne und einer hervorragenden.
    Falsch machst Du mit keiner von beiden etwas, aber wenn Du noch keine Empfehlung gelesen hast, dann schau doch einfach in diesen Beitrag hinein, dann findest Du eine Empfehlung... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • danke norbert,


    die haitink und die jansons aufnahme habe ich beide bestellt - ich freue mich !


    sonnige grüsse


    kalli

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Hallo Kalli,


    Haitinks Aufnahme mit dem Chicago SO habe ich auch - wirklich ganz vorzüglich! Ansonsten empfehle ich Vaclav Neumann mit der wunderbaren Tschechischen Philharmonie (das Posthornsolo ist einmalig!). Sehr ästhetisch klangschön ist auch Claudio Abbado mit den Wieder Philharmonikern, mit einer außergewöhnlichen Jessye Norman.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Nach langer Solti-Pause höre ich zur Zeit mal wieder seine Aufnahmen der Mahler-Symphonien, mit denen ich diese Werke vor über 30 Jahren kennen- und liebengelernt habe. Während mich die Aufnahmen der 1. und 2. nicht mehr ganz so zu begeistern vermochten wie in meiner holden Jugend, finde ich die Aufnahme der 3. nach wie vor herausragend. Da stimmt wirklich alles, und Deccas Aufnahmetechnik ist bei dieser Platte referenzwürdig (man achte auf das leise Flattern der Pauken-Membranen im 1. Satz, wenn man denn die Lautsprecher hat, um das adäquat wiedergeben zu können).


    Ich verlinke hier die Originalausgabe, die Aufnahme ist auch in einigen Boxen enthalten.


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Das ist eine gute Anregung, lieber Bertarido. Da Sir Georg heute vor 107 Jahren geboren wurde und ich diese Aufnahme seit Ewigkeiten nicht mehr gehört habe, werde ich sie mir nachher mal zu Gemüte führen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Bertaridos Begeisterung ist nachvollziehbar. Unterm Strich ist das eine fantastische Aufnahme.


    Solti näherte sich diesem Riesenwerk mit relativ zügigen, aber stets passenden, Tempi. Besonders der erste und der letzte Satz erklingen schneller als gewohnt, aber trotz 20:44 im Schlusssatz bleibt der Satzcharakter "Langsam. Ruhevoll. Empfunden" eindeutig gewahrt.


    Die Tonqualität ist für eine frühe Digitalaufnahme (November 1982) herausragend gut, die Orchesterleistung lässt, ebenso wie die Gesangsleistung der Chöre, keine Wünsche offen. Bei Helga Dernesch kann man vielleicht hier und dort ein leichtes Vibrato in der Stimme monieren, aber das ist lediglich Geschmackssache und für mich zu vernachlässigen angesichts des text- und werkdienlichen Vortrags. Weiterhin empfinde ich beckmesserisch die Stellen mit den Posthorn als ein wenig zu direkt und zu sehr in den Orchesterklang eingebettet, die "Mystik", hervorragend in der Audite-Kubelik-Aufnahme eingefangen, fehlt mir ein wenig, aber das sind für mich lediglich "Abzüge in der B-Note" und schmälern nicht den Ausnahmerang dieser Einspielung.


    Die Tempi: 30:45, 9:48, 16:50, 9:58, 4:12 und 20:44.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler