Haydn: Orgelkonzert Nr. 1 C-Dur Hob. XVIII:1

  • Heute habe ich dieses Konzert angehört und versucht, die Taktangaben im "Handbuch des Instrumentalskonzerts, Band 1" von Rudolf Kloiber nachzuvollziehen. Im 2. Satz habe ich Probleme mit der Kadenz bzw. dem Teil danach. Aber erst mal zwei CD-Tipps:



    Die zweite Aufnahme gefällt mir besser, die Interpretation ist packender, moderner.


    Haydn hat das Konzert 1956 geschrieben, da war er 24, es gibt aber auch Quellen, die als Entstehungsjahr 1767 angeben.


    Zum zweiten Satz: Er ist zweiteilig, genauer:


    1. Teil: 24 Takte (Takt 1-24)
    2. Teil: 16 Takte (Takt 25-40)
    Kadenz: Takt 40
    Coda: 4 Takte (Takt 41-44)


    Insgesamt also 44 Takte, in Übereinstimmung mit der Angabe im Hoboken-Verzeichnis.


    Mein Problem:
    Der letzte Ton des Orchesters im 2. Teil fällt eindeutig in den Takt 40. Dann kommt eine lange (und schöne) Kadenz. Zählt alles zu Takt 40. Irgendwann setzt das Orchester wieder ein. Aber in welchem Takt? Wenn ich den ersten Ton des Orchesters auf den Beginn von Takt 41 setze, geht es am Ende nicht auf, es wäre ein halber Takt zu viel. Anders ausgedrückt: Die Coda (Orchester-Part nach der Kadenz) ist definitiv 4 1/2 Takte lang. Es geht also nur auf, wenn ich den ersten Ton des Orchesters in die Mitte von Takt 40 lege, und das sind - bei diesem Tempo - 3 lange Sekunden.


    In Takt 40 wäre also der letzte Ton des 2. Teils, die Kadenz würde taktmäßig gar nicht zählen, und die Coda würde auf dem 3. Schlag von Takt 40 losgehen. Strenggenommen hätte der o.g. Konzertführer schreiben müssen:
    2. Teil: 16 Takte (Takt 25-40)
    Kadenz: Takt 40
    Coda: 4 Takte (Takt 40-44)


    Kann das jemand nachvollziehen?


    Ich frage auch deswegen, weil ich bei Solokonzerten oft Probleme habe, die Kadenzen taktmäßig einzuordnen.



    Thomas Deck


    PS: Dieser Thread kann natürlich auch zur Diskussion über dieses Orgelkonzert an sich genutzt werden...

  • Kurz zum Inhalt:


    Der erste Satz (Moderato, 2/4-Takt, C-Dur) wirkt klassisch, mit "meditativen" Einschüben. Damit meine ich längere Passagen vor allem in Durchführung und Reprise, wo sich die Orgel durch alle möglichen Tonarten hangelt. Der Satz hat satte 260 Takte, die bei Rieu 8:25 und bei Rhorer 7:56 dauern.


    Der zweite Satz (Largo, 4/4-Takt, F-Dur) ist nun wirklich meditativ. Schlappe 44 Takte, die bei Rieu 9:41 und bei Rhorer 6:38 dauern, jeweils aber mit einer recht langen Kadenz der Orgel. Laut Kloiber handelt es sich bei diesem Satz um eine "zweiteilige Reprisenform" entsprechend einer Kirchensonate. Er ist wirklich schön.


    Der dritte Satz (Allegro molto, 3/8-Takt, C-Dur) steht wieder in der Sonatenhauptsatzform. Rieu benötigt für die 229 Takte 5:49, Rhorer würde 5:10 benötigen, wiederholt aber, im Gegensatz zu Rieu, Durchführung und Reprise, so dass er insgesamt auf 7:07 kommt. Diverse Moll-Einschübe geben auch diesem Satz seinen Reiz.


    Zur Entstehungszeit: Haydn datierte es in der Tat auf 1756, aber erst nach 1800, er kann sich also falsch erinnert haben. Als Indiz wird aber angegeben, dass 1756 die junge Therese Keller ins Kloster ging und den Namen "Josepha" annahm. Haydn hatte sich in die Frau verliebt, aber offensichtlich machten ihre Eltern einen Strich durch seine Rechnung. 1760 heiratete er dann ihre Schwester Maria Anna Keller, mit der er keine besonders glückliche Ehe führte. Man nimmt nun an, dass er sich aus diesem Grund sehr wohl an das Jahr 1756 erinnerte, insbesondere an die Zeremonie vom 12. Mai, als seine geliebte Therese ins Kloster ging.



    Thomas Deck