Das Haydn-Jahr 2009 - Nutzen oder Schaden für Haydns Image ?

  • Liebe Forianer, liebe freundlich gesinnet Mitleser


    Die Frage ist gar nicht so absurd wie sie im ersten Augenblick scheint.


    Das Mozartjahr beispielsweise war geprägt von Produkten, die sich des Namens "Mozart" oder "Amadeus" bemächtigten, sowie von geschmacklosen "Souvenirs", welche alle eines bewirkten: Die Vermarktung Mozarts, ohne daß dessen künstlerischer Wert überhaupt in irgendeiner Weise gefestigt oder bestätigt wurde. Die Neuaufnahmen hielten sich in Grenzen - irgendeine erwähnenswerte ist nicht in meiner Erinnerung haften geblieben.


    Wie sieht es nun drei Jahre Später im Falle Haydns aus ?
    Trügt mich mein Eindruck, oder ist das Haydn-Jahr (mangels optimaler Massentourismus-Vermarktungsmöglichkeit) ungleich würdiger begngen worden? Es gibt letzlich werder HaydnKugeln, Haydnlikör, ja nicht einmal eine Schaumrolle oder ein Krapferl wurde nach Haydn benannt.
    Vielleicht hat irgendwer im Burgenland einen Haydnwein auf den Markt gebracht - ich weiß es nicht.


    Die oft angepriesene Haydn neue Gesamtaufnahme aller Sinfonien von Hänssler unter Fey dürfte offensichtlich nie vollendet werden, keine Schande, das Schicksal teilt sie dann mit anderen Haydn-Projekten der Vergangenheit - Aber zumindest schade.
    Hyperion hätte die historische Gelegenheit gehabt ihre gestoppte Gesamtaufnahme wenigstens um zwei oder drei weitere CDs zu bereichern - und hat sie versäumt - auch schade. Dieser Zyklus zählt meiner Meinung nach zum Besten was es ins Sachen HIP Aufnahmen von Haydn- Sinfonien gibt.


    Angeregt zu diesem Thread hat mich übrigens ein Satz unseres neuesten Mitglieds, Helge Kreisköther. Er schrieb in einem anderen Thread:


    Zitat

    ...denn leider wird der große Joseph Haydn sein kindisches "Papa"-Image nicht los.


    Und ich habe mir da die Frage gestell: Stimmt das wirklich ? Ist nicht grade Joseph Haydn in den letzten Jahren zunehmend ernster genommen worden, höher geschätzt worden ?
    Und wenn dem so wäre, inwieweit hat das Haydn-Jahr solch eine Entwickling mitverschuldet, bzw ausgelöst ?
    Hier im Forum ist ja Haydn seit geraumer Zeit durchaus geschätzt.
    Und wie es aussieht wird sich diese Tendenz weiter festigen.


    Aber das ist nur meine persönliche Meinung zu diesem Thema - jetzt ist Eure gefragt...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Forianer,


    meiner Meinung nach hat das "Haydnjahr" demselbigen in Sachen Bekanntheit und Ruhm durchaus genutzt. Wenn ich mich an die BBC Proms in London erinnere kann ich nur sagen, dass seine Werke immer gut angenommen wurden. Einige Sinfonien waren zu hören aber auch "Die Schöpfung" und vor allem einiges an Kammermusik. In der bekannten Last Night dann sogar das Trompetenkonzert in Es-Dur. Ich finde das erstaunlich, wurde in Britannien doch gleichzeitig Henry Purcells 350 Geburtstag und Händels 250 Todestag mit viel TamTam begangen.
    Aber so wurde auch auf Haydn aufmerksam gemacht. Und was kann dem mehr bringen als ein interessantes Werk, dass das breite Publikum neugierug macht und dazu anspornt dieses Komponisten kennen zu lernen.


    Gruß
    Patrick

    "Begleitmusik zum Ersaufen - jetzt weiß ich, dass ich in der Ersten Klasse bin!"

  • Wenn die Erinnerung ernsthaft und seriös gestaltet wird, ist sie in der Regel für den Geehrten positiv. Das Gedenken zum 200. Todestag Haydns ist m. E. also voll berechtigt und würdigt eine überaus schöpferische Komponistenpersönlichkeit, die u. a. 107 Sinfonien, 68 Streichquartette und 24 musiktheatralische Werke gestaltet hat. Daneben noch die weltberühmten Oratorien und geistlichen Werke. Meines Erachtes völlig zu Unrecht stand Haydn etwas im Schatten von Mozart und Beethoven. Es wurde ihm auch mit dem im Grunde nicht stimmenden, verzopften Prädikat "Papa Haydn" ein Etikett augeklebt, das zu einem etwas verstaubten Image beitrug. So ist es mehr als eine Rettungstat,wenn jetzt im Haydn-Jahr mit zahllosen Konzerte-, Rundfunk-, Fernsehbeiträgen und Biographien an den ungeheuer produktiven Komponisten gedacht wird. Bei den Opern ist geradezu eine Haydn-Renaissance eingetreten.
    Ich durfte mich in letzter Zeit intensiver mit Haydn beschäftigen, weil die Gottlob-Frick-Gesellschaft in Kooperation mit dem Heilbronner Sinfonie Orchester eine "Hommage á Joseph Haydn" mehrfach aufführt. Dabei werden die Zuhörer zu einer glanzvollen musikalischen Reise durch das Werk des großen Komponisten eingeladen. Im insturmentalen Teil erklingen mit dem Trompeten- und Hornkonzert zwei glanzvolle Bläserwerke. Natürlich darf der zweite Satz aus dem "Kaiserquartett" und der effektvolle Schluss der "Abschiedssinfonie" nicht fehlen. Die Höhepunkte der Opernausschnitte reichen vom Schäferspiel über die Opera buffa bis hin zum heroische Drama. 4 junge, hervorragende Sängerinnen und Sänger werden Arien, Duette und Ensemles präsentieren, die durch Frische der melodischen Einfälle sowie durch Lebendigkeit bezaubern. Haydns-Werke sind also keinesfalls veraltet und museal sondern ungeheuer lebendig und zeitlos aktuell.
    Hoffen wir also, dass Haydn's Stern wieder heller erstrahlt und dieser
    großartige Komponist die Ehre und Aufmerksamkeit erhält, die er verdient.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!