Beginnen wir beim Auslöser dieses Threads. Ob wohl mir das Thema unterbewusst schon lange auf der Zunge lag, konnte ich es nicht eigentlich artikulieren. Wenn man über Karl Böhm, Karl Richter, Eugen Jochum, Wilhelm Backhaus, Wilhelm Kempff und zahlreiche andere schrieb, ihre Interpretationen wären "Langweilig" oder "behäbig" (ein Lieblingswort vieler Kritiker und Pseudokritiker), dann regte sich bei mir stets ein innerer Widerwille, den ich jedoch nicht in Worte fassen konnte.
Nun hat mich der Thread über Ilse von Alpenheim ein wenig in ihre wenigen verfügbaren Aufnahmen hineinhören lassen. Und ich war überrascht und fasziniert.
Ich will es nur am Beispiel der Haydn-Klavierkonzerte (sie spielt auf modernem Flügel) erläutern, buw zu erläutern versuchen.
Wesentlich getragener als gewohnt ist die gesamte Interpretation - das bei Haydn so oft gelobte Spritzige (was gar nicht zur realen Person Haydns, bzw was uns über ihn als Person überliefert ist passt) fällt weitgehend weg, bzw ist stark abgedämpft, jedoch wird ein blühender Klavierklang erreicht, eine Klangfarbenpracht, eine feierlich strahlende, fröhliche Stimmung - die Konzerte werden zu "Großen"
Bei dieser Gelegenheit ist mir klar geworden, was in den letzten Jahren durch eine (manipulierte ?) Wende in Sachen des musikalischen Geschmacks verloren gegangen ist:
Das Erhabene, Prächtige, Kontemplative, melancholische, Festliche.
Melodie wird oft zugunsten des Rhythmus geopfert, Spritzigkeit und Pointen oft gesetzt, wo sie fehl am Platz sind.
Wie seht ihr das - und welche Interpreten sollte man ihrer besonderen Qualitäten einer genaueren Betrachtung unterziehen - weil sie einst Aspekte von Werken belauchtet haben, die heute ein wenig unterbelichtet erscheinen...
mfg
aus Wien
Alfred