Die barocke Orchestersuite

  • Die Orchestersuite ist den meisten Klassikliebhabern nur durch die 4 Suiten von Johann Sebastian Bach und die Feuerwerkmusik und die Wassermusik von Georg Friedrich Händel bekannt.
    Fakt ist jedoch, das die Orchestersuite zu einer der wichtigsten musikalischen Gattungen des Hochbarock gehört.


    Die Geschichte der Orchestersuite, oder Ouvertüren - Suite wie sie oft genannt wird nimmt ihren Anfang am frz. Hof.
    Zu Zeiten Louis XIII waren vor allem die Cembalisten und Lautenisten die hochangesehendsten Musiker am Hof. Sie arrangierten ihre Stücke, zumeist einfache Tanzsätze, zu Suiten die von einer improvisierten Prélude eingeleitet wurde und zusammen mit den folgenden Tänzen in einer Tonart standen.
    Dann durch die Gründung des ersten Orchesters "die 24 Violinen des Königs" tat man das gleiche mit den Balletten entnommenen Tanzsätzen.
    Eine der ersten echten Orchestersuite der Geschichte ist das sogenannte "Concert donné à Louis XIII en 1627"
    Für die Unterhaltung bei der Tafel wurde es üblich solche Suiten zusammenzustellen.
    In Deutschland fruchtete diese Entwicklung ebenfalls sehr schnell, man denke nur Johann Hermann Scheins "Banchetto Musicale" ebenfalls eine Sammlung von Suiten, bestehend aus Ballettsätzen.


    Wärend man in den italienisierten Ländern Sonaten und später Concerti als Konzertmusik hörte, bzw zur Unterhaltung bei Tisch, so nahm diese Funktion die Suite in den frankophilen Regionen ein.
    Lully arrangierte die Instrumentalsätze seiner Opern ebenfalls zu Suiten um sie bei den Soupers oder Spielabenden zum besten zu geben.
    Aus ganz Europa reisten die Musiker an um die Kunst der Suite bei den französischen Meistern zu lernen.
    In Deutschland und England gab es ettliche Höfe die sich frz. Musiker kommen ließen um Suiten Lullys aufzuführen, bzw. neue Werke schufen.
    Berühmt ist natürlich Georg Philipp Telemann der wohl über 1000 (!)solcher Orchestersuiten hinterließ.
    Bald bezeichnete man diese Suiten nur noch als Ouverture, da durch Lullys Opernsuiten, die frz. Ouverture die alte Intrada, bzw. die Pavane ersetzte mit der bisher die Suiten eröffnet wurden.


    Hannover, Celle, Darmstadt, München und Düsseldorf wurden zu den Zentralen Höfen der frz. Musikpflege.
    Namen wie Graupner und Fasch sind sogar noch Heute geläufig.


    Die gewöhnliche Besetzung einer Suite orientiert sich an dem Orchester Lullys: ein 5 Stimmiges Streicherensemble mit reichem Basso Continuo und ganz typisch das Trio 2 oder 3 Oboen mit Fagott.
    Manchmal kamen noch Flöten dazu und Trompeten und Pauken.
    Ebenfalls wurde oft und reichlich Schlagwerk verwendet - was in den Sonaten und Concerti wohl eher selten der Fall ist und was die starke Bindung zum Ballett unterstreicht.


    Die Orchestersuite verschwand erst mit dem Auftreten der Symphonie.


    Ich habe hier einige sehr schöne Aufnahmen mit Suiten ausgesucht und bewusst auf die bekannten Gestalten wie Fasch, Telemann, Graupner, für Deutschland und Lully, Campra und Delalande für Frankreich verzichtet - die haben ihre eigenen Threats.



    Johann Sigismund Kusser, Hofkapellmeister in Stuttgard und Leiter der Hamburger Oper, soll auch bei Lully in Paris studiert haben.
    Die Ensembles Musica Aeterna und Les Menus Plaisirs spielen 6 seiner Ouvertüren Suiten.



    Lully in Deutschland
    Hier werden einige der deutschen "Lullisten" vorgestellt: Kusser, Erlebach und ein Concerti von Händel.
    Auch wenn die Interpretation recht gut gelungen ist, so ist es doch etwas seltsam, dass man darauf verzichtet hat, eine Suite von Lully mitaufzunehmen um den Ursprung darzulegen und vor allem um den Titel der CD zu rechtfertigen...



    Ouvertüren für die Hamburger Oper
    Die von mir schon einmal erwähnte CD - die wohl bisher beste Aufnahme des Berliner Ensembles :jubel:



    Francesco Maria Veracini - 5 Ouvertüren
    Etwas italianisierte Orchestersuiten für den Dresdner Hof - meisterhaft und mitreißend eingespielt von der Musica Antiqua Köln.



    Am Hof zu Hannover
    Das Ensemble "Capella Agostino Steffani" gibt einen Einblick in die Hofmusik des wohl frz. Hofs Deutschlands.
    Vorgestellt werden Kompositionen von Steffani und anderen Komponisten die am Hof gespielt wurden.
    Eine der eindrucksvollsten CD's mit barocken Orchestersuiten.



    Agostino Steffani - Suiten
    der großartige Komponist, der sowohl den italienischen wie auch frz. Stil beherrschte ist Heute kaum mehr beachtet - ein Verbrechen!



    Marais - Alcione Suite des Airs
    Mal ein frz. Original - meisterhaft eingespielt von Jordi Savall und seinem Ensemble.



    Geortg Muffat
    Auch er studierte wie Kusser, Fischer und Steffani direkt bei Lully - und das hört man.
    Hier ist er vertreten mit Orchestersuiten und Concerti.



    Benedikt Anton Aufschaiter war Hofkapellmeister in Passau.
    Auch er soll bei Lully studiert haben, oder zumindest bei Muffat. Über sein Leben ist nicht viel bekannt bevor er nach Passau kam.
    Jedenfalls sind seiner Serenaden (Suiten) eine absolute Endeckung.

  • Ein hoch auf den Lullisten!!! :jubel: :jubel:


    Zitat

    Jedenfalls sind seiner [Aufschaiters] Serenaden (Suiten) eine absolute Endeckung


    Genauso ging es mir vergangenes Jahr, als ich diese CD für mich entdeckt habe. Einfach großartig!


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Scherz ist eventuell etwas mißverständlich, eigentlich kommt das Wort Badinerie von Badinage, eine Neckerei oder Schäkern.


    Wie alle anderen Sätze der Orchestersuiten beruhen sie auf den französischen Tänzen und / oder Charakterstücken wie sie bei Marais und Couperin zu finden sind.


    Dadurch das eventuell auch eine Tändelei gemeint sein könnte bekommt, der hüpfende Charakter des Stückes schon eine gewisse Komik.


    Interessanterweise ist dies ja der einzige Satz der 4 Orchestersuiten zusammen mit dem Air aus der 3. Suite der kein reiner Tanz ist.

    In den frz. Suiten zur gleichen Zeit sind die Tanzsätze fast ganz in den Hintergrund getreten, gerade in der Kammermusik, da herrschen solche Charakterstücke vor.


    Ein weiters Beispiel wäre noch die Badinage von Marin Marais, da kann man sich auch fragen was daran jetzt witzig sein soll......ungeachtet desse ist das Stück genial.

  • hier noch ein paar Aufnahmen mit wirklichen Perlen:




    German Consort Music
    The Parley of Instruments / Holman


    Johann Rosenmüller: Sonata da Camera
    Johann Heinrich Schmelzer: Sonata a 5
    Georg Böhm: Ouvertüre a 5 in G
    Johann Caspar Ferdinand Fischer: Ouvertüre in g-moll a 5
    Georg Philipp Telemann: Ouvertüre a 4 in C


    der Kauf lohnt schon allein wegen den beiden Suiten von Fischer und Böhm...



    Händel in Hamburg
    The Parley of Instruments / Holman


    Hier kann man Händels Ballettmusik für seine frühen Hamburger Opern erleben und wie gut er den frz. Stil beherrschte.




    Schein Banchetto Musicale
    Accademia del Ricercare


    Eine Aufnahme mit Suiten aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, äußerst schwungvoll und phantasievoll gespielt, leider gibt es von dem Werk Banchetto Musicale noch keine Gesamtaufnahme.

  • Hallo,


    ein wirklich schönes Beispiel für die Orchestersuiten im französischen Stil, außerhalb von Frankreich, sind die 1693 im Druck erschienen 6 Ouvertüren von Philipp Heinrich Erlebach (1657-1714), im Orginaltitel: Vl Ouvertures, begleitet mit ihren darzu schicklichen Airs, nach frantzösisches Art eingerichtet und gesetzet von Philip Heinrich Erlebach. genannt.


    Erlebach war Zeit seines Lebens im Thüringischen Rudolstadt als Kapellmeister angestellt. Er konnte keine großen Reisen unternehmen, wie viele seiner Kollegen. Und trotzdem kannte er sich perfekt in den damaligen Musikstilen aus. Wie er seine Kenntnisse erlangte schreibt er im Vorwort des Druckes: nämlich durch Reise-Beschreibungen und Land-Karten die Sitten und Landschafften fremder Völker erlernet, also auch durch fleissige Durchgehung, Anhörung, Übung und Erwegung der von ihnen in jeder Kunst uns mitgetheilte Sachen, in ihre sonderbare Manier eindringen, ihre Kunst-Griffe ihnen absehen und derselbigen nachgehends füglich sich bedienen kann.


    Das Ergebnis dieses Studium ist äußerst erstaunlich. Erlebach schreibt Ouvertüren in einem astreinen französischen Stil. Nachhören kann man die Ouvertüre Nr. 4 auf der vom geschätzten Herrn Lullisten präsentierten CD mit Musik für die Hamburger Oper, gespielt von der Akademie für Alte Musik Berlin.


    Ouvertüren 5 und 6 sind auf folgender CD enthalten, es spielt die Berliner Barock-Compagney:




    Wie ich meine, eine hervorragende Aufnahme von ebenso hervorragenden Stücken. Ein dickes Lob an die Berliner Barock-Compagney! Ganz besonders möchte ich, weil ich sie sogerne mag, die schönen Chaconnen erwähnen, die jeweils am Ende der Suiten stehen. Dazu sind noch zwei Sonaten im italienischen Stil aufgenommen, die Erlebach nur ein Jahr später als die französischen Suiten veröffentlichte. Auch hier erweist sich Erlebach als Experte und absolut auf der Höhe seiner Zeit. So machte er auch Gebrauch von der Scordatur der Violine, eine (Ver-)Stimmtechnik, die vor allem im Süddeutschen Raum verbreitet war (siehe z.B. Heinrich I.F. Bibers Rosenkranzsonaten oder auch Pachelbels Musicalische Ergötzung bestehend aus 6 verstimmten Partien für 2 Violinen und Basso Continuo).


    Fazit: uneingeschränkte Empfehlung!



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Denke bei barocken Orchestersuiten vor allem an Concerti grossi von A. Scarlatti, Albinoni und vor allem Händel. Gibt es da eine Abgrenzung? Und wozu gehören systematisch die Brandenburgischen Konzerte? Oder diejenigen von Vivaldi?


    Und wenn die Antwort lauten sollte "französischer resp. italienischer Stil", woran kann man dann die Stilunterschiede festmachen ?

  • Zitat

    Original von m-mueller
    Und wenn die Antwort lauten sollte "französischer resp. italienischer Stil", woran kann man dann die Stilunterschiede festmachen ?


    Ich versuche, aus der Hüfte zu schießen ...


    Französisch: Punktierungen, Verzierungen, eleganter Ausdruck
    Italienisch: unkonventionelle harmonische Fortschreitungen, Concerto-Elemente


    (Was natürlich nicht heißen soll, dass diese Dinge dem jeweils anderen Stil ganz abgehen würden.)
    :hello:

  • Zitat

    Original von m-mueller
    Denke bei barocken Orchestersuiten vor allem an Concerti grossi von A. Scarlatti, Albinoni und vor allem Händel. Gibt es da eine Abgrenzung? Und wozu gehören systematisch die Brandenburgischen Konzerte? Oder diejenigen von Vivaldi?


    Das hat der Lullist eigentlich im Eingangsposting schon gut erläutert. Concerti grossi oder auch Solokonzerte sind keine Orchestersuiten. Sie folgen meistens entweder dem 3sätzigen Konzertschema (schnell-langsam-schnell) oder dem viersätzigen Kirchensonatenschema (langsam-schnell-langsam-schnell). Dagegen das Suitenschema:
    Franz. Ouverture + stilisierte Tanzsätze (Allemande, Courante, Sarabande, Gigue usw.)
    Allerdings sind zum einen die Schemata nicht so streng, es können zusätzliche Sätze eingefügt werden, zum andern gibt es Mischungen, z.B. in Händels op.3 haben das d-moll und das F-Dur Konzert IIRC Ouverturen als erste Sätze. Oder Bachs 1. Brandenburgisches: nach einem gewöhnlichen 3sätzigen Concerto con molti stromenti folgen einige Tanzsätze
    Obendrein ist das konzertante Element in Suiten nicht Pflicht.
    Aber im Grunde folgen Bachs und Händels Konzerte von der Grobstruktur dem italienischen Modell (Bach eher Vivaldi, Händel eher Corelli)


    Zitat


    Und wenn die Antwort lauten sollte "französischer resp. italienischer Stil", woran kann man dann die Stilunterschiede festmachen ?


    -> Couperin: Les gouts reunis, Les Nations, Apotheoses de Lully & Corelli. Dort werden die Stile selbst zum Thema gemacht ;)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    -> Couperin: Les gouts reunis, Les Nations, Apotheoses de Lully & Corelli. Dort werden die Stile selbst zum Thema gemacht ;)


    Allerdings könnte man die Ansicht vertreten, dass der dort portraitierte italienische Stil geradezu zu seiner Karikatur verkommt, so gewollt sind die Stilmittel eingesetzt ...

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  • Am einfachsten Du besorgst Dir einfach 2 Aufnahmen:


    z.B. Lully: L'Orchestre du Roi Soleil (Le Concert des Nations / Savall)


    und


    Corelli: Concerti Grossi (Ensemble 415 / Banchieri)


    das sind ja so die beiden Hauptrepresentanten mit ihrem Stil, auf Vorbildlichen Einspielungen.


    Besser kann man den Unterschied zwischen dem frz. und dem ital. Stil in der Oper nachvollziehen, denn der Unterschied ist zu dieser Zeit überall zufinden.
    (Mann sollte nur nicht gerade auf Charpentier oder Leclair setzen, da gerade diese beiden sehritalienisch komponierten.



    Aber ich denke man kann den Unterschied bei Bach schon gut erkennen: die 4 Orchestersuiten & die 6 Brandenburgische Konzerte. (von mir aus auch die Violinkonzerte) das sind zweit vollkommene verschiedenen Welten.


  • Diese im Moment zum Sonderpreis erhältliche CD kam heute bei mir an. Nur eine Suite ist auch auf der oben erwähnten Goebel-CD zu hören.
    Bei Mary Utiger klingt Veracini wie eine Mischung aus Vivaldi, Händel, Telemann, und - "Goebels" Veracini! Dominiert bei letzterem Dresdner Hofgepränge, hat die Musik hier auch viel Esprit und Humor - sehr zu empfehlen als Ergänzung. Vieles hier hört sich an wie Mischformen aus Concerto und Suite.

  • Guten Abend


    einen musikalischen Querschnitt über die barocke Orchestersuite enthält eine CD der EMI (finde kein Cover) mit dem Freiburger Barockorchester unter Th. Hengelbrock.
    Sie enthält eine Overtüre in D-C-Dur von J. F. Fasch, die Suite Nr. 2 g-moll von G. Ph. Telemann, die Suite G-Dur von Joh. Ludwig Bach und von J. D. Zelenka eine Suite F-Dur a 7 concertanti.



    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von Bernhard
    einen musikalischen Querschnitt über die barocke Orchestersuite enthält eine CD der EMI (finde kein Cover) mit dem Freiburger Barockorchester unter Th. Hengelbrock.
    Sie enthält eine Overtüre in D-C-Dur von J. F. Fasch, die Suite Nr. 2 g-moll von G. Ph. Telemann, die Suite G-Dur von Joh. Ludwig Bach und von J. D. Zelenka eine Suite F-Dur a 7 concertanti.


    Das war eine der Perlen in der von der Legende Gerd Berg produzierten Reihe Baroque Special - eine erstklassige CD, vor allem die Suite von Fasch ist fantastisch: solche Sachen für Oboen und Fagotte hat sonst niemand geschrieben!
    Die Johann Ludwig Bach Suite ist eine Rarität, meines Wissens ist das die einzige Einspielung.
    Parallel hat das FBO in dieser Serie eine CD mit den 4 Suiten von Johann Bernhard Bach aufgenommen - davon scheint es auch keine weitere Aufnahme zu geben.

  • das ist diese CD hier:



    Johann Bernhard Bach: Orchestersuiten
    Freiburger Barockorchester / Hengelbrock




    Aber ganz ehrlich, ich verstehe nicht warum man so etwas auf CD einspielt. Orchestersuiten sind meine musikalische Lieblingsgattung neben der Oper.
    Aber diese Werke reichen weder an Telemann heran, geschweige denn an Fasch oder die großen französischen Vorbilder.


    Man sollte lieber mal richtige Meisterwerke einspielen, denn die gibt es von anderen Komponisten und sogar in teils anonymen Handschriften Sammlungen (Kassel :pfeif: ) zu hauf.


    Mich hat diese Einspielung nur gelangweilt.

  • Zitat

    Original von der Lullist


    Aber ganz ehrlich,
    ...
    gelangweilt.


    :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:


    Manchmal bin ich richtig froh, dass Du erst jetzt in die Musikgeschichte eingreifst. :D

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von miguel54
    Die Johann Ludwig Bach Suite ist eine Rarität, meines Wissens ist das die einzige Einspielung.


    Nicht ganz, Goebel hat mit seiner musica antiqua Köln auf dieser CD



    ebenfalls die Overture G-Dur von J.L. Bach -und etwas spritziger als Hengelbrock- eingespielt. :jubel: :jubel:


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von der Lullist



    Man sollte lieber mal richtige Meisterwerke einspielen, denn die gibt es von anderen Komponisten und sogar in teils anonymen Handschriften Sammlungen (Kassel :pfeif: ) zu hauf.


    Was für Handschriften liegen in Kassel vor ? Aus welchen Gründen werden sie nicht näher beachtet ?
    Die ältesten deutschen Orchestersuiten -damals Grosse Ballette genannt-, von Johann Casper Horn und Georg Bleyer 1663 und 1670 in Mitteldeutschland veröffendlicht, kennt die jemand ?


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Verbreitung fanden die barocken Orchestersuiten an deutschen Höfen -die damals gerne alles ""ranzösiche" schätzten (oder nachäfften)- durch die Amsterdamer Unternehmer und Verleger Heus, Pointel und Roger. Populäre französiche Opernmelodien fanden in und außerhalb Frankreichs Gefallen. Die Verleger verbreiteten Bearbeitungen für die beliebtensten Instrumente der Zeit wie Laute, Cembalo, Flöten, Gamben etc.. Um 1700 waren deutsche Clavirbücher voll von Arrangements vor allem Lullyscher Opernsätze. Die Nachfrage steigerte sich so enorm nach diesen Melodien, da aber die deutschen Hofkapellen die für fünf Stimmen eingerichteten Konzersätze von Lully aus Kapazitätsgründen oftmals nicht spielen konnten, brachten die holländischen Verleger so ab 1680 vierstimmige Bearbeitungen der Instrumentalstücke aus Opern auf den Markt und vertrieben sie außerhalb Frankreichs. Mattheson empfahl noch das Studium solcher Potpourris, in denen auf die Overture i.d.R. Balletteinlagen der betreffenden Opern folgten.



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Johann Casper Horn und Georg Bleyer 1663 und 1670 in Mitteldeutschland veröffendlicht, kennt die jemand ?


    Davon haben lediglich die Titel, nicht jedoch die Werke überdauert !
    Von Bleyer gibt es einzelne Instrumentalsätze, die
    vergleichweise "altmodisch" klingen, also eher im Sinne von M. Praetorius und seinen Nachfolgern Schein, Scheidt oder Vierdanck.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • hier ist ein eigener Thread zur Handschriften Sammlung in Kassel:


    Kassel - ein Mekka der Alten Musik ?!



    Warum wird es nicht beachtet ?
    Frag mal bei der hessischen Regierung nach, die Gelder für Kunst und Kultur sind reduziert worden, sonst ist nichts passiert :pfeif:


    Zur Sammlung:
    Ich habe hierbei die "Akte 61" im Auge, die Werke, meist Orchestersuiten und Ballette, die zwischen 1650 und 1668 komponiert wurden sind hier versammelt.


    Und das ist die einzige !! Quelle für Orchestermusik dieser Epoche.


    Es gibt noch eine weitere Quelle, eine Sammlung die in Stockholm liegt, aber wohl nicht so umfangreich ist und die dortigen Werke sind auch in Kassel zu finden.


    Diese Handschriften sind allesamt Abschriften / Originale von frz. Geigern und Hofkomponisten.
    Meist fehlt aber der Name des Autors, doch gibt es einige Namen die Aufhorchen lassen, näheres kann man im entsprechenden Thread nachlesen.


    Mein Ziel war und ist es kleinere und größere Konzerte in Kassel zu veranstalten, mit diesen wundervollen Musiken, die stets in meine barocken Performances eingebunden sind.
    Die erste Veranstaltung gab es im Sommer, auch da gibt es einen Thread zu.



    :hello:


  • Nun mal langsam mit die jungen Pferde. :D
    Unausgewertete Originalliteratur– ob Orchester- oder andere Musik – lagert in Europa noch zigtonnenweise in den Magazinen und anderen selten betretenen Räumlichkeiten. Selbst in modernen, gut geführten Bibliotheken schlummert noch viel, was keine Inventarnummer hat.
    Es muss sich immer erst jemand gezielt dafür interessieren. Und da braucht es am besten wohl ausgebildete Musikwissenschaftler, die wir ja in so reichem Maße besitzen und die nicht wissen, wohin mit all dem vielen Geld, das sie verdienen...
    Immerhin beschäftigt sich ab und an ein Dissertatiönchen mit einem Fund, aber wenn es in diesem Tempo fortschreitet, erleben die Aufarbeitung der Bestände noch nicht einmal unsere Ururenkel.

  • Hildebrandt:


    Zitat

    Und da braucht es am besten wohl ausgebildete Musikwissenschaftler, die wir ja in so reichem Maße besitzen und die nicht wissen, wohin mit all dem vielen Geld, das sie verdienen...


    Komisch, meine Taschen sind leer, also mach ich irgendwas falsch !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • ich habe wohl das kleine "frz." vergessen.
    In der Bibliothek von versailles findet sich jedenfalls nur Orchestermusik in dem "Philidor-Manuscript" aber auch da hat schon Philidor selbst mit Fragmenten zu kämpfen gehabt, dabei waren sie zu dem Zeitpunkt vielleicht 150 - 50 Jahre alt.


    Selbst die Mansucripte von Lully, also die vor 1665 sind nicht immer vollständig.


    Für die Orchestermusik von Dumanoir, ist die Handschriftensammlung in Kassel bisher aber die einzige Quelle.

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von Hildebrandt



    Unausgewertete Originalliteratur– ob Orchester- oder andere Musik – lagert in Europa noch zigtonnenweise in den Magazinen und anderen selten betretenen Räumlichkeiten. Selbst in modernen, gut geführten Bibliotheken schlummert noch viel, was keine Inventarnummer hat.
    Es muss sich immer erst jemand gezielt dafür interessieren.


    Und wer interessiert sich dafür :D?(
    Mich würde so interessieren was z.B. an den Kurfürstlichen Höfen der geistlichen Kurfürsten in Köln, Mainz und Trier um 1700 musiziert wurde; bin aber kein Musikwissenschaftller.
    Auch mam Mannheimer Hof gabs zur Regierungszeit des Kurfürsten Carl-Philipp 1716 - 1747 ein reichhaltiges Musikleben, die Mannheimer Hofkapelle wurde eigentlich schon 1704 in Innsbruck gegründet, der kunstsinnige und musikbegeistere spätere Kurfürst Carl-Philipp war von 1704 bis 1716 kaiserlicher Gubernator von Tirol und den Vorlanden. Mit seinem Regierungsantritt als Kurfürst von der Pfalz in der Kurpfalz 1717, brachte er sein kleines Hoforchester aus Innsbruck, das überwiegend aus Musikern aus Tirol und Schlesien bestand, mit in seine neue Residenz an Rhein und Neckar. Das frühe Mannheimer Hoforchester besaß, zeitgenösigen Berichten zufolge, schon damals eine herrliche Klangpracht und Perfektion. Gespielt wurden weniger große Opern sondern mehr Instrumentalmusik wie Suiten und Concerti, Oratorien und Pastoralopern. Auch deutsche Musiker, wie der Kapellmeister Wilderer, der Komponist Jacob Greber und der Konzertmeister Gottfried Finger dominierten in der Hofkapelle.
    Was die wohl alles gespielt haben ?



    Im Mannheimer Schloß wird nichts mehr zu finden sein, das wurde im letzten Krieg total zerbombt, und die Hofoper wurde schon 1795 von den Franzosen beschossen und zerstört X(



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


  • War lange Zeit eine meiner Lieblings-CDs.
    :hello:

  • Zitat

    War lange Zeit eine meiner Lieblings-CDs.


    Wads eben nur EINES bedeuten kann: einer von Euch beiden hat eben den "Falschen Geschmack" ! :D


    Aber mal Spass beiseite: Für Suiten, die nicht mehr als Unterhaltung sein wollen, sind die Ludwig-Sachen ausgezeichnet gemacht. Über andere Interpretations-Ansätze liesse sich ganz gewiss reden, obwohl ich im Moment NICHT dazu tendiere, alles mit durchgängigem Schlagwerk-Geklapper durchzurasseln, wie das seit einiger Zeit stark in Mode gekommen ist. :yes:


    Und last not least: welcome back, KSM !


    (ich wollt schon ne Vermisstenanzeige aufgeben ! :D =

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Über andere Interpretations-Ansätze liesse sich ganz gewiss reden, obwohl ich im Moment NICHT dazu tendiere, alles mit durchgängigem Schlagwerk-Geklapper durchzurasseln, wie das seit einiger Zeit stark in Mode gekommen ist.


    Das ist auch wohl ein Hauptgrund dafür gewesen, dass ich diese CD so oft gehört habe. Seither habe ich eventuell vergleichbares Samtpfotenbarock von Hermann Max kennengelernt, dessen Graupner-Einspielung dann z.T. auch Suchtpotential für mich hatte.


    Für den großen CPE ist solch ein Musizieren vielleicht weniger passend, aber bei Johann Bernhard brauch ich nichts Ruppiges und Aufregendes.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Bernhard


    Und wer interessiert sich dafür :D?(
    Mich würde so interessieren was z.B. an den Kurfürstlichen Höfen der geistlichen Kurfürsten in Köln, Mainz und Trier um 1700 musiziert wurde; bin aber kein Musikwissenschaftller.


    Mir ist neulich ein Fachblatt über den Weg gelaufen, das sich speziell mit der Musikhistorie Deiner Region auseinandersetzt. Wenn mir der genaue Titel wieder zwischen die Finger kommt, werde ich ihn kundtun.


    Mindestens Ansatzpunkte bietet aber doch beinahe jeder historische Verein, der sich mit einer Stadt oder einem Landstrich beschäftigt, und seine Veröffentlichungen wenigstens in der örtlichen Bibliothek hinterlegt.

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