Mein Liebstes Werk eines Epigonen

  • Wie einige von Euch schon wissen, liebe ich gewisse Werke, welche bei anderen nicht so hoch im Kurs stehen, weil sie nämlich von sogenannten Epigonen geschrieben wurden.


    Epigonen sind, vereinfacht gesagt Komponisten, welche sich an den Stil eines anderen Komponisten - bewusst oder unbewusst - anlehnen.
    Die Werke können durchaus hochwertig und eigenständig sein - in der heutigen Zeit wo "Originalität" meiner Meinung nach überbewertet wird werden solche Komponisten gerne als "zweite Garnitur" gesehen.


    Ich hingegen bin auf derartige Komponisten geradezu versessen, weil sie es auf diese Weise möglich machen, beispielsweise mehr Kompositionen im Mozart-Stil verfügbar zu haben als Mozart je geschrieben hat. Ein Nachfolger oder Parallelkünstler gewissermaßen.


    Es gibt zu diesem Thema bereits einen Thread, der sich von dem soeben gestarteten doch ein wenig unterscheidet.


    <a href="thread.php?threadid=3563"> Epigonale Schätze der klassischen Musik<br>


    In unserem Thread hier darf jeder Mitspieler sein Lieblingswerk nominieren, welches aus Epigonenhand stammt - und weil Sommer ist ausnahmsweise sogar DREI !!


    Also Werke die von einem Komponisten a la Mozart, Haydn, Beethoven oder Schubert, Brahms oder Mendelssohn etc etc stammen - aber nicht von diesen komponiert wurden. Ihr werdet staunen wie viel es da gibt....


    Viel Spaß wünscht
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Niemand liebt Epigonen, scheint es.


    Meine Wahl wäre


    Franco Geminiani, concerti grossi nach op. 5 Corelli


    Geminiani war Corelli Schüler und hat die Violinsoanten Corellis zu concerti grossi aufgeblasen. Das Ergebnis höre ich außerordentlich gerne.



    Ich habe diese Aufnahme, Manze dirigiert:


    marta

  • Zitat

    Original von Mawal
    Niemand liebt Epigonen, scheint es.


    Hm. Ich kenne einfach keine... :pfeif:


    Ich find sie alle zu individuell als daß ich sie als Epigonen degradieren dürfte. Naja, außer Mozart vielleicht - der hat jede Menge Johann Christian Bach epigoniert...


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Ich find sie alle zu individuell als daß ich sie als Epigonen degradieren dürfte.


    Du zitiertest Mozart "Notenschmierer": die Brüder Stamitz. Hoffmann fandest du fast 13 im Dutzend, usw... :P


    LG, paul

  • Ich finde :untertauch: Kozeluch :untertauch: ein gutes Beispiel. Und noch schlimmer (wie ist das möglich) Reichardt.
    Bei Reichardt kann ich sofort seine Oper Erwin und Elmire nennen



    Kozeluchs Sinfonia Concertante



    Auf dieser CD ist auch Hoffmeister genannt. Er schrieb "anspruchslose" Musik. Darf man die epigonal nennen?


    LG, paul

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  • So ist das Leben


    Ich hatte mir diesen Thread zunächst simpel und einfach vorgestellt: Jeder nennt ein bis drei Werken von Epigonen - und somit ihre Komponisten. Basta.


    Zunächst kamen keine Beiträge. Sowas passiert - Auch gut.


    Aber dann war alles noch viel komplexer als ich gedacht hatte: Ihr habe dem Thread eine neue interessante Dimension verpasst, an die ich nicht gedacht hatte - vielmehr habt ihr sie freigelegt:


    Wer ist eigentlich Epigone von wem ? (Epigonentum ist an sich nichts negatives - "Tritt in die Fußstapften von...." - Erst das Ende des 19. Jahrhunderts und mehr noch das 20. sah das in dieser Richtung - der Originalitätswahn war ausgebrochen )


    In der Tat übernahm Mozart vieles was an Johann Christian Bach erinnert - in meiner frühesten Jugend, nit 17 oder 18 fand ich, J.C Bach als optimalen Mozart-Ersatz, ebenso wie Hummel. Wenngleich ich mich wundere, daß ich das bei Hummel so gesehen habe - ein Körnchen Wahrheit steckt ja doch dahinter.


    Desgleichen war Mozart Epigone diverser italienischer Opernkomponisten -an denen er andrerseits kein gutes Haar ließ.
    Aber Mozart als Musikkritiker ist eher eine erbärmliche Erscheinung: Ungerecht, auf sich selbst bezogen, intolerant - und stünde nicht böse Absicht hinter den Verdikten - ich wäre geneigt zu sagen inkompetent.
    Letzteres war natürlich nicht der Fall, Mozart kritisierte nicht - er fällte ganz bewusst "Todesurteile - ganz besonders über gefährliche Konkurrenten. Kozeluch, Clementi und Salieri seien hier als Beispiel genannt.


    Im Falle Mozarts werden zu viele Komponisten als Epigonen empfunden, weil man (auch ich neige dazu !!) gerne die universale Musiksprache des 18. Jahrhunderts mit Mozart gleichsetzt.


    Hier sollte man besonders vorsichtig sein. Zudem sollte ein Epigone - zumindest ich sehe das so - weitgehend auf ähnlichem Niveau schreiben wie sein Vorbild....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von musicophil
    Bei Reichardt kann ich sofort seine Oper Erwin und Elmire nennen


    Vielleicht kannst Du uns ja auch mal mitteilen, weshalb Du der Ansicht bist, dem Singspiel "Erwin und Elmire" den Stempel der Epigonalität aufdrücken zu dürfen?
    :no:


    Das Thema hatten wir schon oft genug, kein Wunder, dass niemand Lust hat, erneut darüber zu streiten, was Epigonalität jetzt genau genommen ist.


    Ich habe zwar eine recht umfangreich CD-Sammlung mit sehr vielen Komponisten, aber Epigonen sind mir darin jetzt keine bewußt, vielleicht hie und da etwas auf einer Anthologie, was mir nicht präsent ist. Eher kommen mir Epigonen im Konzert unter die Ohren, das sind dann aber Werke, die nach 1970 komponiert worden sind, für Alfreds Ohren ultramodern sind, und deren Schöpfer ich mir in den seltendsten Fällen gemerkt habe. Diese hier zu nennen ist aber nicht in meinem Interesse.


    Kozeluch, Mozart, Reichardt, Hoffmeister und Lachner sind natürlich keine Epigonen.

  • Ein sehr schönes epigonales Werk ist, finde ich, die 5. Symphonie von Schubert.


    In diesem Werk ist er ja einfach Mozart-Epigone - es ist wirklich so was wie Mozarts 42te.


    LG,
    Hasenbein


    Edit: O.K., Aufgabenstellung falsch verstanden. Tschuldigung! :D Trotzdem ist die 5.schön! ;)

  • Zunächst verwechselt Paul (Leopold) Hof(f)mann mit (Franz Anton) Hoffmeister. Das sind zwei paar Schuhe. Hofmanns findet man sicher zu 13 im Duzend, deshalb widersprach ich an dieser Stelle nicht. Des ungeachtet hatte ausgerechnet Leopold Hofmann den von Mozart begehrten Posten als Domkapellmeister und -organist von St. Stephan inne. Ganz so schlecht wie ich ihn einstufe, kann er also nicht gewesen sein... Auf einmal switcht Paul aber auf Hoffmeister um, und dieser war sicher - wie auch Kozeluh - kein Epigone. Ganz im Gegenteil waren Hofmeister und Kozeluh für Mozart und die musikalische Welt drumherum eher tonangebend und nicht nur konkurrenzfähig, sondern echte Konkurrenten. Mozarts g-moll-Klavierquartett z.B. wurde im Rahmen der Verlegergespräche als zu schwer abgelehnt und gegen eines von Kozeluh ersetzt. Und Hofmeister ist nicht nur Komponist sondern auch Namensgeber von Mozarts Quartett D-Dur KV 499, da er wie Kozeluh auch Verleger war. Gerade Kozeluh und Hofmeister haben einzigartige Kammermusikwerke komponiert, an die so schnell kein anderer Zeitgenosse heranreicht.


    Genau, wie ich es im Klavierkonzertethraed à la Amadée festhielt, war eher Mozart der Epigone, der sich allerdings nicht nur an einem Vorbild festmachte, sondern die in Wien (und zuvor in ganz Europa) präsente musikalische Vielfalt nutzte, um daraus quasi ein 'best of' zusammenzustellen. Auch Haydn diente ihm als Vorbild für seine Quartettreihe, die sogenannten Haydnquartette. Mozart war aber hier nicht der einzige - in der eisenstädter Haydnausstellung finden sich im Haydnhaus (nachgezählte) 10 oder 11 Quartettreihen unterschiedlicher Komponisten, die neben Mozarts allesamt nach dem selben Muster Joseph Haydn gewidmet waren... d.h. mit in etwa gleichlautender Präambel im Druck. Mozart inkludiert, machen alle diese Komponisten von dem Namen Joseph Haydn Gebrauch, werbetechnisch sicher nicht gerade unvorteilhaft.


    Ein Epigone müßte soetwas sein wie jemand, der Mozarts Geist aus Haydns Händen erhält... und dieser jemand komponierte ja auch zunächst sehr mozartnah... Eigentlich haben alle Komponisten zunächst ihre mehr oder minder festen Vorbilder und komponier(t)en epigonal. Ich sehe das als notwendige Übung an. Erst später - in der sogenannten Reife - entfalten sich die jeweiligen Einzigartigkeiten der Komponisten.


    Es gibt also wirklich keine Komponisten aus meinem Geschmackssprektrum, die ich definitiv als Epigonen bezeichnen würde.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)