Mozart - ein unangenehmer dünkelhafter Mensch ?

  • Liebe Forianer


    Es gibt ja verschiedene Mozartbilder. Das clichéhafteste ist das vom "lieben Wolferl" - aber das sollte man nicht überbewertenm - hat es doch vermutlich seinen Ursprung darin, daß man Kindern schon im Vorschulalter "Den lieben Wolferl" nahebringt - ein Bild das manche dann ihr ganzes Leben lang begleitet.....


    Es gibt Vorstellingen vom "unflätigen" Mozart der am liebsten fäkale Wortspiele erfindet... etc etc..


    Und dann - das ist mir besonders aufgefallen gibt es jenen Mozart, der - hierin seinem Vater Leopold nicht unähnlich - erbarmungslose Urteile über seine Mitmenschen und Kollegen fällt - und das nicht immer im Einklang mit der Realität. Und auch nicht immer dem Betroffenen ins Gesicht. Ich erinnere an das Treffen Mozart-Clementi und die überlieferten Stellungnahmen der beiden Musiker, die ziemlich divergierten. Clemente betont Mozarts Liebenswürdigkeit und das gute Einvernehmen - Mozarts Bericht klingt alles andere als freundlich - ja stellenweise geradezu neiderfüllt - gehässig.


    Andrerseits wird immer wieder das gute Einvernehme mit Joseph Haydn betont. War das eine echte Freundschaft - oder vermutete Mozart in Haydn - was heute vermutlich nur wenige bejahten - einen "Überlegenen" Konkurrenten mit dem man besser gut auskam?


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • es ist immer problematisch über eine Persönlichkeit zu urteilen, noch mehr wenn sie soweit von unserer Zeit existierte, da es kaum möglich ist diesen Menschen kennen zu lernen.


    Dennoch habe ich mir folgendes Bild gemacht:


    Seine Musik, ein Traum, wunderschön und unbeschreiblich.


    Die Person, ein ziemlich unangenehmer Mensch, den niemand wirklich um sich haben wollte.
    Er gönnte niemanden den Erfolg und war ein Neider erster Güte.


    Jedenfalls sind die Beschreibungen der Persönlichkeit des "bösen Italieners" wesentlich liebevoller und haben absolut nichts mit dem üblichen Klischee zu tun.


    Ich würde sogar soweit gehen, das aufgrund Mozarts unerträglichem Charakter er auch nirgends ernsthaft eine Stelle angeboten bekam.
    Für die meisten Stellen war er sich dann auch noch zu fein.


    Daher ist es reichlich dämlich zu behaupten Mozart sei unfair behandelt worden. Er war wohl auch etwas größenwahnsinnig.
    Er whatte keine lust sich empor zu arbeiten, er wollte gleich die höchsten Musikämter - dass das nicht geht, hätte er eigentlich wissen müssen.
    Und wer dann noch eine Anstellung als Organist in Versailles abschlägt, der verdient es nicht besser - selbst Schuld.


    Wie jeder Mensch hat auch Mozart sein Schicksal selbst bestimmt.

  • Ich denke eher, Mozart war ein sehr lustiger Mensch, wenn man seine Korrespondenz mit seiner Base in Betracht zieht.
    Aber mal ganz ehrlich: von was sollte Mozart denn leben, wenn er nicht Erfolg gehabt hätte??????????? Es gab ja kein Harz IV.
    Dies sehr wohl wissend, hat sich sein Vater intensivst um eine Anstellung des Sohnes in Florenz bemüht, was ein Traumjob gewesen wäre, zumal dort ein Habsburger regierte, der dazu noch musisch interessiert und sehr gebildet war: Leopolod II., wenn ich nicht irre, aber leider wurde daraus nichts. Man muß sich schon mal vorstellen, daß die Mozarts so ganz ohne finanziellen Rückhalt waren, und wirklich drohten in die totale Armut abzusinken.
    Michael

  • das er nicht erfolgreich gewesen wäre, bestreitet ja niemand.
    Aber aufgrund seiner Persönlichkeit bekam er wohl kein Hofamt - er war nicht bereit zu dienen - auf soetwas hat kein Fürst lust...

  • Hallo Lullist,
    bekommen hätte Mozart die Anstellung ja, dafür hatte sich sein Vater in Mailand mit dem Grafen Firmian genug Mühe gegeben, das Schlimme und völlig Unvorhergesehene war das Edikt der Kaiserin Marie Theres, die ein Reiseverbot für unnütz herumirrende Menschen verfügte, worunter leider auch die Mozarts fielen, was alles zu vertiefen wäre.
    Michael

  • Zum einen waren die Mozarts nicht arm - zum andern nicht erfolglos.
    Mozarts Vater hatte ein passable Stelle in Salzburg und war der Verfasser einer Violinschule.
    Mozart führte als Erwachsener durchaus ein Leben mit gehobenem Lebensstandard, Reitpferd, Billiardtisch, teure Wohnungen in guter Lage - er speiste oft bei Adeligen und war hoch angesehen.
    Daß er mit seinem Geld nicht wirtschaften konnte - das steht indes auf einem anderen Blatt.


    Interessant wäre auch, welchen Ruf Erzbischof Colloredo allgemein hatte, ob er ein "Tyrann" war oder (kaum jemand traut sich das heute auch nur anzudenken, geschweige denn auszusprechen) Mozart lediglich ein "unbotmäßiger Lakai", dier permanent seine Grenzen überschritt. Einiges deutet in diese Richtung


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Man sagt, was Hänschen nicht gelernt hat, lernt Hans nimmer mehr. Und was Hänschen gelernt hat, wird ihn das ganze Leben hindurch begleiten…


    Dieser Spruch passt insofern zum Thema, als man bei der Vorstellung von Mozart als Mensch nicht vergessen sollte, wie seine Kindheit verlief. Wenn ich mir vorstelle, wie das Kind stundenlang in der Kutsche sitzt und von Ort zu Ort fährt, wie er jeden Abend lange aufbleiben muss, wie er von unbekannten Damen gehätschelt wird und wie er krank und fiebrig in einem fremden Zimmer liegt, fühle ich Empörung gegen die Eltern und Mitleid mit ihm. Er war mehrmals krank, wurde schon als Kind vom Rheumatismus gequält, hatte die Pocken und andere schwere Krankheiten. Wenn unsere Kinder auch nur ein Bruchteil davon erleben müssten, wären wir verzweifelt. Er wurde von vielen hochgestellten Personen lauthals gelobt, was dem Kind bestimmt schmeichelte, aber die Erwachsenen, die seine „Künste” so ahndachtvoll bewunderten, hat er innerlich wahrscheinlich für echt doof gehalten, ausgelacht und wohl auch verabscheut. „Der Lullist” hat recht, wenn er meint, wir (und so auch Mozart) haben die Wahl und können über unser Leben entscheiden – aber diese Wahl wird durch unsere Lebensumstände doch eingeschränkt. Wenn wir uns den erwachsenen Mozart vorstellen möchten, müssten wir immer auch an diese Umstände denken, die nicht er geschafft hat – die aber seine Persönlichkeit mit bestimmen mochten.


    :hello:KP

  • Ich empfehle dazu Braunbehrens' "Mozart in Wien". Oder eine Auswahl der Briefe. Anstatt nun eine neue Reihe Vorurteile anstelle der Althergebrachten zu kultivieren...
    Daraus erscheint mir Mozart keineswegs als ein unangenehmer Typ, sondern als ein unglaublich aktiver (Workoholic) mit einer großen Zahl von Freunden, Bekannten und einem nicht nur musikalisch, sondern auch gesellschaftliche aktiven, oft sehr hektischen Lebensstil. Gesundes und berechtigtes Selbstbewußtsein ist etwas anderes als Dünkel; Mozart kannte seine Qualitäten und hatte eben keine Lust, sich unter Wert zu verkaufen (auch wenn das manchmal kaum zu vermeiden war). Eitel war er ebenfalls; das lag teils wohl auch daran, daß er in höchsten Kreisen verkehren mußte (und sich noch nicht die genialischen Freiheiten bei Äußerlichkeiten leisten konnte oder wollte wie Beethoven).

    Salzburg mag für einen sehr jungen Mann eine ordentliche Position gewesen sein, für den schon als Kind Weitgereisten war es musikalischen und gesellschaftliche Provinz. Der Erzbischof hat wohl eine Zeitlang eingesehen, daß er deshalb den Mozarts entsprechende Freiheiten einräumen mußte, aber irgendwann hat Wolfgang den Bogen eben überspannt (ein Glück, noch ein dutzend mehr Messen in C-Dur, die nicht länger als 25 min sein und keine komplizierten Fugen enthalten durften, vermißt wohl niemand ;).


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Interessant für den Aspekt der Vater-Sohn-Beziehung könnte folgendes Buch sein:


    Mozart : Vater u. Sohn ; eine psychologische Untersuchung
    Florian Langegger
    Zürich, Freiburg i. Br. : Atlantis 1978
    164 S. : Ill. ; 23 cm
    ISBN: 3-7611-0541-X


    Ist sehr lange her, daß ich das gelesen habe, sonst würde ich mehr berichten.

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