Fauré Requiem

  • Sagitt meint:


    Sein Requiem op. 48 hat Fauré 1887/1888 komponiert. Die Uraufführung ist 1888 in Paris (Hauptteile) 1891, 1893/4, 1901 (weitere Orchestrierungen)
    Ein eher " liebliches " Requiem. Was der Meister des Anmutigen, wie ihn sein Landsmann Debussy treffend nannte, hier an melancholisch-schwebender Grazie,an atmosphärischer Zartheit und Gelöstheit schuf,ist recht einmalig zu nennen. Mit Ausnahme eines kleinen Abschnitts im "Libera me" ignoriert dieses - wesentlich vom Chor getragene - Requiem das in anderen Requien so bedeutsame von Rache und Höllenqual schreiende "Dies irae"; statt dessen beschwört Fauré das ewigen Frieden und Erlösung verheißende "Dona eis requiem".


    Es gibt wohl eine Überfülle an guten Aufnahmen:
    Herrlich vom Chor her: Monteverdi choir unter Gardiner oder chapelle royale mit Herreweghe. Ganz wunderbar im Sopransolo Kathleen Battle mit Guiline oder Arleen Auger unter Legder, als Baritone empfehlen sich Fischer Dieskau mit Clyutens,Andreas Schmidt mit Guilini oder Thomas Hampson mit Legrand.

  • ja, ich mag dieses requiem auch sehr und habe deshalb auch acht einspielungen davon :D.
    ich teile deine einschätzung zu den aufnahmen, sehr schön auch die kombination mit dem durufle-requiem (gefällt mir noch besser) unter andrew davis. nur zu empfehlen .... :yes:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Salut,


    auch eines meiner Favorit-Stücke. Ich habe nur eine Aufnahme davon mit meiner Frau als Solistin [Violine]. Die kriegt aber keiner!!! :D


    Grüße,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Soweit mir bekannt gibt es von Herreweghe jeweils eine Aufnahme von den zwei unterschiedlichen Versionen!


    Anbei die Cover:


    und


    Einen positiven Höreindruck im Laden hatte seinerzeit auch diese Aufnahme bei mir hinterlassen:



    Wurde auch bereits hier im Forum besprochen! :D

  • hallo


    ich habe [bisher] zwei Aufnahmen dieses schönen Requiems: die Einspielung von Herreweghe der Kammermusikversion [1893] und die Naxos-Einspielung der Oxford Camerata unter Jeremy Summerly. Die Naxos-Aufnahme kann sich durchaus hören lassen, wenn man das Requiem für wenig Geld kennenlernen will.
    Die Anschaffung von Giulini und Gardiner ist bei Gelegenheit geplant.


  • Guten Morgen allerseits,


    wem die englische College- Klangkultur gefällt. dem sei auch die Aufnahme mit dem ST. Johns- Choir unter Hickox ans Herz gelegt



    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Nun, mein Fauré-Bestand ist eher überschaubar. Auf meine Requiemaufnahme mit Dietrich Fischer-Dieskau und Victoria de Los Angeles mit dem Orchestre de la Societé des Concerts du Conservatoire (was es nicht alles gibt!) unter André Cluytens aus dem Jahr 1962 möchte ich um keinen Preis verzichten.


    Sagitt unter Bezugnahme auf Debussy hat es treffend beschrieben, wenn er mitteilt:


    "hier an melancholisch-schwebender Grazie,an atmosphärischer Zartheit und Gelöstheit "."


    Ich habe einige Aufnahmen, zum Teil auch einige der hier erwähnten gehört, aber Sagitts Beschreibung, die für mich den Kern des Geschehens enthält, trifft am deutlichsten auf Cluytens Aufnahmegroßtat zu.

  • Gestern war für mich in Sachen Fauré eine Premiere - ich habe den Konzert-Mitschnitt auf Arte gesehen und gehört (Herreweghe). Ich kannte das Werk bisher überhaupt nicht, noch irgend etwas anderes von Fauré. Und ich muss sagen, ich bin sehr angetan, auch wenn diese Klänge mir sehr fremd sind. Dieses zart-schwebende - Himmel! Das hat was.


    findet Carola :hello:


    P.S. Ich werde es wohl erst mal mit der Naxos-Aufnahme versuchen, dann sehen wir weiter

  • Zitat

    Original von Carola
    Gestern war für mich in Sachen Fauré eine Premiere - ich habe den Konzert-Mitschnitt auf Arte gesehen und gehört (Herreweghe). Ich kannte das Werk bisher überhaupt nicht, noch irgend etwas anderes von Fauré. Und ich muss sagen, ich bin sehr angetan, auch wenn diese Klänge mir sehr fremd sind. Dieses zart-schwebende - Himmel! Das hat was.


    findet Carola :hello:


    P.S. Ich werde es wohl erst mal mit der Naxos-Aufnahme versuchen, dann sehen wir weiter


    Ich habe es mir gestern auch angeschaut und ich fand es grauenhaft!


    Ich musste nach einer halben Stunde abschalten.
    Der Chor war schwach, einige Einsätze waren sehr unpräzise. Die Intonation war auch nicht das Wahre, während den a capella Stellen ist der Chor fast immer gefallen.
    Zudem waren die Solisten eher Mittelmaß. Vorallem die Sopranistin wirkte unsicher.
    Die Tempi empfand ich als sehr schleppend. Dadurch ging das besonders schwebende bei Fauré verloren. Teilweise hatte ich das Gefühl dass die Musik still steht.


    Das schlimmste für mich:
    Die wundervolle "Hossana in excelsis" Stelle. Statt einem jubelendem Ausruf, der dem Zuhörer einen wohligen Schauer über den Rücken laufen lässt, kam nur ein schwaches unpräzises drüberweg Gesinge... :(


    Schade ich hatte mich schon so auf die Übertragung gefreut, Faurés Requiem zählt zu meinen Lieblingswerken. :motz:



    Ich empfehle die Aufnahme des Atlanta Symphony Orchestra + Chor unter Robert Shaw, gekoppelt mit dem Duruflé Requiem (ebenfalls wundervolle Musik!!).


    Verärgerte Grüße
    matthias

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  • Sagitt meint:


    ich musste ziemlich recherchieren, um die Solisten zu ermitteln. Agnes Mellon und Peter Koy, weder bvei Arte noch bei amazon oder jpc erwähnt.
    Ich war von dieser Aufführung auch eher enttäuscht, vor allem, wenn man Battle im Ohr hat, klingt mir die Mellon ziemlich farblos, verschenkt dieses wunderbare pie jesu.

  • Tja, so ist das eben. Je besser man ein Werk kennt und je mehr man es liebt, desto genauer nimmt man es mit der Aufnahme.


    Ärgert Euch nicht allzusehr, immerhin hat mir die Sendung gestern Appetit auf mehr gemacht.


    Danke für den Hinweise auf die Aufnahme mit Robert Shaw, Matthias, werde gleich mal nachgucken bei jpc.


    Carola :hello:

  • Hallo Carola,


    im Mai wird das Requiem vom Gürzenich-Orchester auch in der Kölner Philharmonie aufgeführt. Nachdem ich beim stöbern hier neulich in den Thread stolperte, steht das in meinem Kalender.


    Die Übertragung habe ich gestern leider nicht sehen können.


    Grüße
    Sophia

  • Hallo Sophia,


    ein großer Konzertsaal wie die Philharmonie ist leider nichts für mich - zu viele Menschen zu nah beieinander, als das ich das Zuhören noch genießen könnte. Aber vielleicht habe ich Glück und es kommt im Radio.


    Falls Du hingehst, schreib doch hier in dem Thread bitte wieder eine von Deinen interessanten Rezensionen, das fände ich spannend.


    Mit Gruß von Carola :hello:

  • Hallo Carola,


    schönen Dank, das versuche ich gerne über den Fauré, aber es dauert ja noch eine Weile. Dieses Wochenende ist erstmal das nächste Konzert, Montag oder Dienstag möchte ich in die Phil um mir das anzuhören. Henze ist ja ein richtiges Steckenpferd von Markus Stenz.


    Es ist schon seltsam wie unterschiedlich wir den Saal wahrnehmen: trotz der großen Platzkapazität wirkt er auf mich sehr übersichtlich und auch nicht besonders groß.


    Grüße
    Sophia

  • Gestern abend hörte ich dieses Requiem, das mich wegen des bestehenden Threads hier interessierte, in der Kölner Philharmonie. Am Pult des Gürzenich-Orchesters der Kapellmeister Markus Stenz, der Gürzenich Chor, die Solisten waren Michaela Kaune und Michael Nagy.


    Viel gibt es bzw. will ich dazu nicht schreiben. Bei mir entstand schon mit dem Ausklang des Kyrie die Irritation, an wen sich dieses Werk wohl richtet. An eine Totenmesse dachte ich, was alleine die Orchesterkomposition betraf, gar nicht. Ganz im Gegensatz dazu fand ich die Musik sehr weltlich, weder atmosphärisch abgehoben noch verklärt noch sonst irgendwie "unfassbar". Zu Beginn war das Publikum noch eher unruhig, mit zunehmender Dauer des Requiems baute sich im Saal eine Spannung auf. Das lag m.M. nach daran, daß jeder Teil (heißen die einzelnen Teile eines Requiems auch Sätze oder werden sie grundsätzlich nach ihrem Titel benannt...?) so ausklang als würde die Musik mit dem Wunsch nach innerer Ruhe beim Zuhörer die Seele umschliessen. Das Programmheft hat leider nur einen kurzen Text über Fauré, darin wird aber ganz gut der Charakter seines Requiems beschrieben: "[...] Wie Schumanns Hörnerstück gehört Faurés von graziösschwebender Melancholie geprägtes Opus 48 zu den "Außenseitern" der Gattung. Die zarte Atmosphäre, der gelassene Grundton und die wohl kalkulierte Konnotation des Erotischen erscheinen (nicht nur) unter den Requiem-Kompositionen singulär. [...]


    Zum ersten Mal hörte ich nun auch die Orgel in der Philharmonie. Leider sind das viel zu viele Pfeifen für den Saal... das dröhnte und fauchte wie das Fegefeuer ;)


    Sophia

  • Da ich neben der sehr schönen Herreweghe-Aufnahme (die man aber leider sehr weit aufdrehen muss, um auf die richtige Lautstärke zu kommen) noch gerne eine altmodische Interpretation hätte, und 2001 jetzt gleich zwei Aufnahmen aus der "Great recordings"- Reihe von EMI anbietet:


    Welche der beiden sollte es denn sein:


    Diese (singt da ein Knabenchor?)



    oder doch lieber diese:



    Hier ist allerdings das Durufle-Requiem nicht mit dabei, das ich bisher noch gar nicht kenne.


    Für sachdienliche Hinweise stets dankbar,


    grüßt Euch Carola

  • Zitat

    Original von Carola


    oder doch lieber diese


    Die erste Aufnahme kenne ich nicht, die zweite gehört seit Ewigkeiten zu meinen Lieblingen, weil hier alles selbstverständlich und perfekt ist.
    Toms Einschätzung kann ich nicht viel hinzufügen, außer vielleicht, dass sich die Überwältigung langsam, aber sicher und von ganz allein einstellt.


  • Was ist eigentlich von dieser Aufnahme zu halten? Bartoli, Terfel, er wundert mich ein bißchen, wieso diese Aufnahme noch nicht erwähnt wurde. Wo ist hier der Hund begraben?

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  • Ich wollte gerade die von Carola gestellte Frage fragen, schließe mich also ihrer Bitte um Empfehklungen an:


    Im neuen ZWTSNDNS-Katalog stehen beide Aufnahmen für jeweils 4,99 € gleich untereinander.


    Als Pragmatiker würde ich natürlich die nehmen, auf der das Requiem von Duruflé gleich mit an Bord ist.


    Also:


    Zitat

    Welche der beiden sollte es denn sein

    ?


    Schöne Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“


  • Hallo Andrew mit der schönen Luther-Signatur!


    Eigentlich bin ich ja auch fürs Pragmatische und nehme zum gleichen Preis lieber die CD mit zwei Requien , andererseits höre ich Fischer-Dieskau sehr gerne und stehe einem "College"-Chor etwas misstrauisch gegenüber.


    Auch Hildebrandts Empfehlung ging ja in Richtung der zweiten CD.


    Aber vielleicht kennt ja auch noch jemand die Erste und überzeugt uns von dieser.


    Mit Gruß von Carola

  • Ich darf auf die Ausführungen in "Choral Music On Records" von Alan Blyth verweisen.


    Er ist von Cluytens Dirigat nicht übermäßig begeistert. Das Tempo wird immer langsamer (Agnus Dei zB), ein polterndes Dies irae überzeugt ihn ebenfalls nicht. FiDi und de los Angeles Leistungen lobt er zwar, der Chor dagegen ist seiner Meinung nach nur unterer Durchschnitt.


    Er weist dann weiter daraufhin, daß die franz. Chöre damals idR schlechter waren als die britischen. Kein Sorge also im Hinblick auf den King's College Choir, der tatsächlich erstklassig ist. Willcocks Aufnahme ist die klassische unter den "anglisierten" Aufnahmen, John Carol Case und Robert Chilcott werden sehr gelobt, ebenso die Balance zwischen Chor und Orchester. Die Chor singt ihm gelegentlich etwas zu schön, nicht eloquent genug. Wirklich perfekt ist aber auch diese Aufnahme nicht.


    Wer also nicht unbedingt FiDi oder de los Angeles hören will, ist mit der Willcocks-Aufnahme wohl besser bedient. Noch besser - allerdings auch teurer - ist Herreweghe.

  • Hallo Carola,


    schön, dass Du die Signatur identifiziert hast. Vielen Dank, lieber Robert Stuhr, für Deine Hinweise.


    Ich werde mich für die Aufnahme unter Willcocks entscheiden. Ich habe im Internet ein wenig recherchiert, und habe diesen Hinweis gefunden:


    Die Fauré-Aufnahmen von 1968 leitete der damalige Chorleiter Sir David Willcocks, Duruflés Requiem wurde 1981 unter der Leitung seines Nachfolgers Sir Philip Ledger aufgenommen. Beiden gemein ist eine unheimlich präzise und ausdrucksstarke Chorleistung, warm und kraftvoll, nuanciert und in allen Registern ausgewogen. Diese beiden Gänsehaut-Aufnahmen wurden mustergültig remastered und nun völlig zurecht in der Reihe "Great Recordings of the Century" wiederveröffentlicht. Ein must-have der sakralen Musik.


    Außerdem habe ich einige hervorragende Aufnahmen mit dem King's College Choir, die mich zu dieser (in Anbetracht des geringen Preises nicht sehr wagemutigen) Entscheidung veranlassen.


    Ich mache die Tage meine Weihnachtsbestellung bei ZWTSNDNS fertig. Das muss manchmal flott gehen, damit nicht schon alles weggekauft ist.


    Schöne Grüße aus Nordwest von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Ich liebe das Fauré-Requiem ebenfalls sehr, und habe drei Aufnahmen:



    (Cluytens, Legrand, Herreweghe)


    Wobei Cluytens und Legrand die populärere Fassung für großes Orchester einspielen, während Herreweghe sich hier mit der originalen Kammermusikfassung von 1893 begnügt. Er hat die andere aber auch schon aufgenommen.


    Ein kurzer Vergleich: Die besten Solisten sind eindeutig Victoria de los Ángeles und DFD in der Cluytens-Aufnahme. Sie gibt dem Pie Jesu wirklich Seele, Wärme und Innigkeit, derer dieses intime Gebet unbedingt bedarf; er singt ruhig "wie ein Kantor", wie es die Vorstellung Faurés war. Barbara Bonney (Legrand) erinnert im Pie Jesu eher an einen Engel, Agnes Mellon an einen Chorknaben, der mit seinem Solo überfordert ist. Überhaupt spielen Legrand und Herreweghe das Pie Jesu meiner Meinung nach viel zu langsam (4'36'' bzw. 4'28'' gegenüber nur 3'19'' bei Cluytens), so dass ich beim Zuhören schon nervös werde, weil überhaupt nichts weitergeht. Thomas Hampson (Legrand) ist im Offertorium gut, im Libera me aber zu dramatisch (eine weit verbreitete Unsitte!). Peter Kooys (Herreweghe) Stimme klingt in der Höhe (die gar keine ist!) irgendwie eng und spitz, jedenfalls unschön.


    Das beste Dirigat dieser drei würde ich auch Cluytens zuschreiben, entgegen der Meinung Alan Blyths. Seine Tempi klingen in meinen Ohren immer richtig, was ich von Herreweghe und Legrand nicht behaupten kann. Das zu langsame Pie Jesu habe ich schon angesprochen, im Libera me hingegen sollten sie langsamer sein - es mangelt ihrer Deutung dieses Satzes an der nötigen Ruhe, dabei ist für mich gerade das Libera me der mystische Kern des Werkes: ein langsames Hinübergleiten von dieser Seite auf die andere. Auch das Dies irae hier drückt wohl kaum Furcht vor dem jüngsten Tag aus, sondern eher ein Zurückschrecken vor der ungeheuerlichen Barmherzigkeit Gottes. Am wenigsten poltert es bei Cluytens. Dort ist auch der pianissimo-Unisonoeinsatz des Chores mit der Baritonmelodie eine meiner liebsten Gänsehautstellen. Herreweghe und Legrand verschenken diesen Augenblick, weil sie viel zu hektisch daran vorbeidirigieren. Und Legrand bietet noch zwei sonderbare Tempoentscheidungen: Er nimmt schon das Sanctus extrem langsam (4'23'' gegenüber jeweils 3'19'' bei Herreweghe und Cluytens), was allerdings im Großen und Ganzen durchaus funktioniert und lediglich gewöhnungsbedürftig ist. Und im Agnus Dei dreht er beim Lux aeterna völlig durch: Anstatt es, wie von Fauré notiert, im selben Tempo wie den Beginn des Satzes bringen, beschleunigt er abrupt und macht zusätzlich noch ein starkes accelerando bis zu "quia pius es". Und in den darauffolgenden vier (!) Takten Orchesternachspiel bremst er ganz plötzlich wieder, bis das eigentlich gewünschte Tempo wieder erreicht ist. Die Stelle klingt nur noch lächerlich, vom ewigen Licht ist da überhaupt nichts mehr zu hören. Dabei ist das der Höhepunkt des Satzes, der entsprechend innig musiziert werden sollte. (Überhaupt, fürchte ich, werden beim Fauré-Requiem oft Intensität und Innigkeit mit Expression und Dramatik verwechselt, oder man versucht der Musik "Action" aufzudrücken, die nicht in ihr steckt. Dabei ist das Requiem, gut musiziert, spannend genug!)


    Bei Cluytens gibt es auch eine Orgel, die wirklich am Geschehen teilnimmt. Bei Legrand und Herreweghe ist sie m. E. zu dezent registriert, dabei soll der Orgelklang sich doch als eigenständiger Klang immer ins Orchester mischen, und nicht als bloßes Continuoinstrument begleiten! Der Schwachpunkt der Cluytens-Aufnahme ist leider der Chor, das muss man offen sagen. Umso schlimmer, als der Chor eine absolute Hauptrolle in diesem Werk spielt. "Unterer Durchschnitt" ist vielleicht gar ein bisschen hart formuliert, aber die obere Liga erreicht er nicht annähernd. Der Chor gefällt mir bei Legrand am besten (Ambrosian Singers).


    Die Aufnahme unter Willcocks kenne ich leider nicht, aber sie klingt nicht schlecht. Vor dem Knabensolisten schrecke ich allerdings ein bisschen zurück, nachdem ich schon Agnes Mellon grenzindiskutabel finde. Wenn ich die Aufnahme allerdings einmal im Geschäft sehe, werde ich sicher hineinhören.


    Liebe Grüße,
    Martin

  • Aus gegebenem Anlass greife ich diesen lange schlafenden Thread gerne wieder auf und verweise darauf, dass es im TMOO-Forum eine Reihe neuer Einspielungsbesprechungen gibt (s. TMOOX - Requiem op. 48 (Fauré) ), die gerne hier diskutiert werden können.


    Besonders würden mich nähere Informationen zu den verschiedenen Fassungen interessieren. Ist z. B. die von Gardiner benutzte eine andere als die sogenannte kammermusikalische, die Herreweghe einspielte? Wer weiß da mehr?


    :hello: Jacques Rideamus

  • Zitat

    Original von Jacques Rideamus
    Aus gegebenem Anlass greife ich diesen lange schlafenden Thread gerne wieder auf und verweise darauf, dass es im TMOO-Forum eine Reihe neuer Einspielungsbesprechungen gibt (s. TMOOX - Requiem op. 48 (Fauré) ), die gerne hier diskutiert werden können.


    Besonders würden mich nähere Informationen zu den verschiedenen Fassungen interessieren. Ist z. B. die von Gardiner benutzte eine andere als die sogenannte kammermusikalische, die Herreweghe einspielte? Wer weiß da mehr?


    :hello: Jacques Rideamus


    Lieber JR II,


    die Gardiner-Aufnahme kenne ich selbst nicht- mit der kammermusikalischen Fassung, die Herreweghe aufgenommen hat, verhält es sich wohl so, dass diese die ursprüngliche Fassung gewesen ist, die Faure dann später für großes Orchester instrumentierte und wohl auch im Hinblick auf die dynamischen Bezeichnungen gegenüber der Erstfassung deutlich veränderte. Während der 90er Jahre experimentierte Faure anlässlich diverser Aufführungen des Requiems mit verschiedenen Instrumentationen. Die Fassung "letzter Hand" veröffentlichte Faure 1901.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Caesar,


    danke dafür. Wenn ich aber mal aus dem Textheft der Gardiner-Aufnahme zitieren darf, hoffentlich ohne Copyrightprobleme hervorzurufen. Dort berichtet Roger Nichols, dass Fauré die "Fassung für großes Orchester", also vermutlich die von 1900, "eine Veröffentlichung dieser Version unter seinem Namen zuließ, und sich auch später nie gegen sie wandte. Doch ist es nur allzu wahrscheinlich, dass er lediglich unter dem DRuck seines Verlegers eine Instrumentierung für ein "normales" Orchester vornahm oder der Instrumentierung durch andere zustimmte. (Mein Fettdruck) Danach wäre die sinfonische Fassung nur von Fauré autorisiert, aber nicht unbedingt von ihm selbst, und das würde meinen Eindruck bestärken, dass die vollsinfonische Fassung eigentlich zu massiv für das Werk ist. Den Eindruck habe ich schon von der vorzüglichen ufnahme unter Ansermet, und es braucht nicht den Verhau der Chung-Aufnahme um das besonders deutlich zu machen.


    Die fraglos authentische Fassung, fährt Nichols fort, sei nur die frühere die noch fünf Sätze umfasste. Die Besetzung dort hätte aus nur "einer Solovioline, geteilten Bratschen und Celli, Kontrabässen, einer Harfe, Pauken und Orgel bestanden. Für die später hinzu gekommenen Bariton-Teile "Offertorium" und das "Libera Me" habe Fauré dann nur noch in Letzterem drei Posaunenstimmen hinzu gefügt. Wenn also ursprünglich die hellen Geigen und Holzbläser fehlten, ergibt das einen sehr anderen, dunkleren Klang als wir ihn von der sinfonischen Fassung kennen.


    Um meine Frage also präziser zu fassen: ist die oben beschriebene frühere Fassung also identisch mit der von Philhellene im TMOO angesprochenen "kammermusikalischen" oder noch eine weitere?


    :hello: Jacques Rideamus

  • Zitat

    Original von Jacques Rideamus


    [...] Doch ist es nur allzu wahrscheinlich, dass er lediglich unter dem DRuck seines Verlegers eine Instrumentierung für ein "normales" Orchester vornahm oder der Instrumentierung durch andere zustimmte. (Mein Fettdruck) Danach wäre die sinfonische Fassung nur von Fauré autorisiert, aber nicht unbedingt von ihm selbst, und das würde meinen Eindruck bestärken, dass die vollsinfonische Fassung eigentlich zu massiv für das Werk ist. Den Eindruck habe ich schon von der vorzüglichen ufnahme unter Ansermet, und es braucht nicht den Verhau der Chung-Aufnahme um das besonders deutlich zu machen.


    Lieber JR II,


    ich habe mir gerade nochmal das Beiheft zu Herreweghes Einspielung angesehen:


    Es gilt als möglich, dass Faure die Orchestrierung möglicherweise nicht selbst vorgenommen, sondern seinem Schüler Roger Ducasse überlassen hat. Nach im Beiheft zitierten Äußerungen Faures, war dieser aber von der 1901 erschienenen Fassung sehr angetan.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Jacques Rideamus
    Um meine Frage also präziser zu fassen: ist die oben beschriebene frühere Fassung also identisch mit der von Philhellene im TMOO angesprochenen "kammermusikalischen" oder noch eine weitere?


    Es dürfte sich vermutlich (ich kenne Gardiners Fassung nicht) um eine weitere, noch kleinere "kammermusikalische" handeln, da Herreweghe auch noch zwei Hörner und zwei Trompeten verwendet. Nichols hat Recht, wenn er die fünfsätzige Fassung als einzige zweifelsfrei originale bezeichnet; soweit ich weiß, sind die kammermusikalischen Fassungen von Offertorium und "Libera me" nur Rekonstruktionen, da das Autograph, das es sicher gegeben hat, verloren gegangen ist.


    Definitiv hat die Originalversion mehr Potenzial als die sinfonische (z.B. wenn zu Beginn des Sanctus zum ersten und einzigen Mal die Solovioline einsetzt und den ganzen Satz überstrahlt), allerdings wird dieses Potenzial m. E. in der Herreweghe-Aufnahme unzureichend ausgespielt. Auch sollte die Orgel, die in der Kammermusik-Fassung stärker präsent ist, phantasievoller registriert werden, um mehr Farbe zu geben!


    Liebe Grüße,
    Martin

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