Heute in der Oper: "Die Meistersinger von Nürnberg" live aus Bayreuth

  • Nach der recht positiven Aufnahme meines "Tamino-Twitter" vor drei Wochen anlässlich der Münchner "Lohengrin"-Premiere nun das gleiche nochmal für die Bayreuther "Meistersinger". Hier zunächst Stab und Besetzung:


    RICHARD WAGNER- DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG



    Musikalische Leitung Sebastian Weigle
    Regie Katharina Wagner
    Bühnenbild Tilo Steffens
    Kostüme Michaela Barth
    Tilo Steffens
    Chorleitung Eberhard Friedrich

    Hans Sachs, Schuster Alan Titus
    Veit Pogner, Goldschmied Artur Korn
    Kunz Vogelgesang, Kürschner Charles Reid
    Konrad Nachtigall, Spengler Rainer Zaun
    Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber Adrian Eröd
    Fritz Kothner, Bäcker Markus Eiche
    Balthasar Zorn, Zinngießer Edward Randall
    Ulrich Eisslinger, Würzkrämer Timothy Oliver
    Augustin Moser, Schneider Florian Hoffmann
    Hermann Ortel, Seifensieder Martin Snell
    Hans Schwarz, Strumpfwirker Mario Klein
    Hans Foltz, Kupferschmied Diógenes Randes
    Walther von Stolzing Klaus Florian Vogt
    David, Sachsens Lehrbube Norbert Ernst
    Eva, Pogners Tochter Michaela Kaune
    Magdalene, Evas Amme Carola Guber
    Ein Nachtwächter Friedemann Röhlig

  • Weigle dirigiert ein gänzlich unlyrisches Vorspiel. War der früher mal Blaskapellmeister in Idar-Oberstein?

  • Hallo allerseits!


    Ich lausche bereits der soeben begonnenen Übertragung.


    Wer - wie ich - nicht im Sendegebiet des Bayerischen Rundfunks (welcher die Aufführung auf BR-4 live überträgt) wohnt, kann das ganze mittels mp3-Stream im weltweiten Gewebe verfolgen:


    http://streams.br-online.de/bayern4klassik_2.m3u


    Die angebotenen 128 kBit/s erreichen mindestens die Klangqualität einer UKW-Übertragung.



    Allerbeste Grüße!


    Laurenz :hello:

    `
    (...) Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit der Musik betrifft einen Abend, an dem das Rothschild-Quartett bei uns ein hochmodernes Werk von Egon Wellesz spielen sollte. Die Stühle waren den Musikern zu niedrig, so nahmen sie unsere Bände mit Schubertscher Kammermusik, um damit ihre Sitze zu erhöhen. Ich dachte, wieviel schöner es wäre, wenn sie auf Wellesz sitzend Schubert spielen würden (...)


    — aus „5000 Abende in der Oper“ von Sir Rudolf Bing —
    .

  • Zitat

    Original von Basti
    Weigle dirigiert ein gänzlich unlyrisches Vorspiel. War der früher mal Blaskapellmeister in Idar-Oberstein?


    So hätte ich es zwar nicht formuliert ( :hahahaha:), aber in der Sache sehe ich es nicht ganz unähnlich.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Klaus Florian Vogt, von mir schon gefürchteter Berliner Lohengrin, gibt sich merklich Mühe, seinem Laserstrahltenor lyrisches Gewicht zu verleihen. Vorläufig will's ihm nicht so recht glücken.


    Michaela Kaune kiekst und gluckst ein wenig, sie klingt älter, als die Eva klingen sollte.

  • Sein Timbre ist zwar nicht gerade "highly individual", aber Norbert Ernst weiß als David durch einen nuancierten Vortrag zu überzeugen. Ein mozartischer Tenor, der mit etwas mehr dramatischer Stimmfärbung durchaus auch für den Mime anvisiert werden könnte, zumindest für den im "Rheingold".

  • Die vorjährige Begeisterung für Artur Korn als Pogner kann ich nicht recht teilen. Für mich hört er sich an wie Evas 87-jähriger Großvater. Zudem hat er Probleme mit der Höhe (das waren jetzt aber zwei schöne Sätze :D).


    Ein sehr guter Sachs hingegen Alan Titus, ohnehin einer der wenigen Sänger, die noch international mit der Partie reüssieren können. Von der Stimmfärbung her reicht er nahezu an mein Sachs-Ideal heran, zudem leuchtet er die Partie klug aus. Kommt sowas automatisch, wenn man über 60 ist?

  • Markus Eiche als Kothner musst eben mitten im Vortrag kurz husten, klingt aber alles andere als indisponiert.


    Klaus Florian Vogt hält wohl wieder sein berühmtes Telefonbuch in der Hand, aus dem singt :rolleyes:. Der Text jedenfalls scheint ihn nicht weiter zu berühren. Dennoch: Man mag über sein Timbre sagen, was man will- gesangstechnisch ist er über jeden Zweifel erhaben.

  • Also insgesamt gefiel mir der 1. Akt durchaus.


    Alan Titus ist wirklich sehr gut, genauso Markus Eiche. Mir persönlich gefiel auch Artur Korn, ebenso Klaus Florian Vogt. Eröd und Ernst fand ich auch gut bei Stimme. Was die Damen angeht, wage ich noch kein abschließendes Urteil, bisher eher blaß.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • "Versungen und vertan!"? Nun, ein abschließendes Urteil über den ersten Akt kann ich mir leider nicht erlauben, da meine Verbindung zeitweise verrückt spielte. Das finde ich bei dieser Oper sowieso schwierig. Aber: Die Umbesetzungen lassen sich hören.

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  • Beginn des zweiten Aktes.


    Weigle verleugnet weiterhin jede Lyrik: "So, liebe Leute, ich dirigiere jetzt die 'Meistersinger', und sie müssen spielen. Also: Spielnse mal, was da steht, das wird mir schon gefallen."


    Korn wieder voller Portamenti; Kaune hört sich an wie eine Art "Ersatz-Walküre". :stumm:


    Titus hört man die Erfahrung an. Makelloses Deutsch, sublime Ausdeutung. Sehr, sehr gut. :yes: Sein Fliedermonolog verblasst leider etwas durch Weigles nahezu brutales Dirigat, ansonsten hätte das wohl noch besser geklungen.


    In der Pause übrigens ein Gespräch mit Markus Eiche, dem Kothner der Aufführung. Ein sehr kluger Sänger, den man sich merken sollte.

  • Die Szene zwischen Eva und Magdalene erinnerte mich verflixt an "Ich bin die erste Sängerin", und als dann Stolzing dazu kam, wirkte er wie ein 14-Jähriger, der von seiner ersten Liebe erzählt, geradezu lächerlich.


    Der Aufführung fehlt es an Einheit. Weigle dirigiert seine Meistersinger, Kaune singt ihre Eva usw. Um Zusammenhalt bemüht sind einzig die großartig harmonierenden Alan Titus und Adrian Eröd, der einschließlich der fürchterlichen Koloraturen einen grandiosen Beckmesser liefert.

  • Fürchterliche Kreischer von Michaela Kaune :kotz:.


    Wie im letzten Jahr droht die Prügelfuge auch diesmal Weigle komplett aus dem Ruder zu laufen, irgendeine Einheit ist- wie schon gesagt- nicht erkennbar. Schade.


    Und so endet ein zweiter Akt mit einigen Ausrufe-, aber noch mehr Fragezeichen. Was ist davon nun zu halten? Ganz ehrlich: Keine Ahnung.


    (Schlimme Intonationsprobleme der Klarinette in der Coda).


    Ein "Bravo"-Rufer, das klang aber eher ermutigend als begeistert.

  • Titus und Eröd waren in der Tat die Highlights des 2. Aufzugs, auf deren grandiose Leistung sich die Bravo-Rufe dann bezogen haben könnten.


    Mein Eindruck der Damen hat sich nicht ins Positive verkehrt. Mehr als solide wieder der David.


    Weigles etwas uninspiriertes Dirigat besteht den Vergleich mit Thielemann nicht.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Weigle (oder doch das Orchester?) müht sich zu Beginn des dritten Aktes um mehr Lyrik.


    Norbert Ernst erinnert mich mittlerweile auch in seiner Anlage der Partie an Gerhard Stolze.

  • Alan Titus, ein auch menschlich sympathischer Zeitgenosse, war ein sehr guter Sachs – fast 64 Jahre alt! Daß er grad im Schlußmonolog textlich noch ins Straucheln kam, trübt den sehr guten Gesamteindruck m. E. nicht. :jubel: :jubel: :jubel:


    Adrian Eröd gefiel mir ebenfalls ausnehmend gut, ebenso Klaus Florian Vogt und Norbert Ernst.


    Gut fand ich Artur Korn, solide auch die Damen.


    Wirklich besch...eiden war das Dirigat. Habe selten so ein schlecht dirigiertes, lieblos heruntergespieltes Finale gehört. :no:
    Vergleicht man das mit Thielemann, dann sind das wirklich Welten.


    Die Buhrufe am Ende galten ziemlich sicher dem Dirigenten Weigle (hoffentlich kommt der 2012 nicht nach Dresden :stumm:).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • ------- uff ... hoffentlich übt der Maestro noch ein bißchen !


    Er und Vogt machen ja demnächst die "Tote Stadt" in Frankfurt !


    (und ich hab schon Karten für die Nachmittagsvorstellung am 13.12.)



    guts nächtle :)
    micha

  • Hatte leider nicht die Gelegenheit im Radio mitzuhören. Als Wiener möchte ich fragen, wie sich "unser" Adrian Eröd so insgesamt getan hat - was bis dato zu lesen war klang ja recht gut. Ich kann mich noch an seinen Triumph im Vorjahr unter Thielemann in Wien erinnern!


    Und wie war insgesamt die Leistung von Markus Eiche, den ich auch sehr schätze??


    Kurt

    Hear Me Roar!

  • Also, ich habe nur wenig der Aufführung mitbekommen.
    Da konnte miuch lediglich Adrian Eröd als Beckmesser begeistern.
    Um längen besser als Hawlata (was leider keine Kunst ist) ist Alan Titus, der die Partie auch mit gaumigen Timbre schön gestalten kann. Allerdings ist er meiner Meinung nach nicht unbedingt eine Festspielbesetzung dieser Rolle.
    Kaune und Vogt waren eher durchschnittlich, Arthur Korn fand ich schon immer fehlbesetzt und Markus Eiche hat mich schon immer neugierig gemacht auf weitere Rollen.


    Heute jemand das Rheingold gehört? Schönster Versprecher vom sonst sehr guten Albert Dohmen: "Seid ihr bei Trost?" (statt: Seid ihr bei Sinn?)
    Das Orchester unter Thielemann klang fantastisch.

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  • Zitat

    Original von pieter.grimes
    ------- uff ... hoffentlich übt der Maestro noch ein bißchen !


    Er und Vogt machen ja demnächst die "Tote Stadt" in Frankfurt !


    guts nächtle :)
    micha



    Na, das passt doch... :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:

  • Zitat

    Original von WotanCBHeute jemand das Rheingold gehört? Schönster Versprecher vom sonst sehr guten Albert Dohmen: "Seid ihr bei Trost?" (statt: Seid ihr bei Sinn?)


    Das ist mir nicht aufgefallen. Allerdings hörten wir das Rheingold in einer sehr verspratzten Wiedergabe vom niederländischen Klassiksender.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

  • Die "Zeit" lobt insbesondere Eröds Beckmesser und Vogts Stolzing "light", "beckmessert" aber beim Sachs von Titus (mir etwas unverständlich) und bei der Eva von Kaune. Dem Dirigat kann der Autor auch wenig abgewinnen.


    "http://www.zeit.de/online/2009/31/bayreuth-wagner-meistersinger"

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wer die komplette Oper noch mal hören will:


    Samstag, 1. August 2009 - 18.00 - 23.00 im Deutschlandradio Kultur, Berlin!


    Bayreuther Festspiele 2009
    "Die Meistersinger aus Nürnberg"

    Festspielhaus
    Aufzeichnung vom 26.7.2009

    LG


    :pfeif:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    "beckmessert" aber beim Sachs von Titus (mir etwas unverständlich) "http://www.zeit.de/online/2009/31/bayreuth-wagner-meistersinger"


    Doch, da habe ich auch schon besseres gehört.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

  • Zitat

    Original von Martina-Sophie


    Doch, da habe ich auch schon besseres gehört.


    Sagen wir mal so: Besseres hörte ich auch schon (Greindl, Stewart, Edelmann, Ridderbusch etc. pp.). ;)
    Allerdings ist Titus dem Vernehmen nach zumindest eine gewaltige Steigerung gegenüber Hawlata die letzten beiden Jahre.
    Und für das hohe Alter (64) war's dann echt nicht schlecht.


    Da sowieso noch meine Wertung im TMOO-Schema aussteht, mal nachfolgend selbiges:


    Sebastian Weigle, Orchester der Bayreuther Festspiele: 2 (plumpes, langweiliges Dirigat, das keine Akzente setzt und für mich den Tiefpunkt in der mir bekannten "Meistersinger"-Diskographie bildet; Weigle gelingt es, das Bayreuther Orchester wie eine Provinzkapelle klingen zu lassen – für sich genommen freilich auch schon fast eine Kunst :stumm:)


    Hans Sachs (Alan Titus): 3,5 (die Wertung sieht jetzt schlechter aus, als sie ist: der 64jährige liefert eine überdurchschnittliche Leistung ab, die an manchen Stellen über die Maßen berührt [Flieder-Monolog]; im III. Aufzug allmähliches Nachlassen der Kräfte, hinzu kommen im Schlußmonolog dann einige textliche Unsicherheiten; summa summarum aber alles andere als eine schlechte Leistung, grad für das Alter!)
    Sixtus Beckmesser (Adrian Eröd): 4,5 (sehr gute Leistung, mit die beste des Abends; braucht sich nicht hinter großen Namen der Vergangenheit verstecken, wenngleich ich persönlich einige noch liebere Sänger in der Rolle habe)
    Walther von Stolzing (Klaus-Florian Vogt): 4 (sicherlich eine streitbare Darbietung [wenn man hier mit Windgassen vergleicht ...]; mir persönlich hat sie aber auf ihre Weise durchaus gefallen)
    Eva (Michaela Kaune): 3 (schlecht war sie nicht, aber umgehauen hat mich diese Darbietung beileibe auch nicht)
    David (Norbert Ernst): 4 (eine mehr als solide, ja gute Leistung; den Namen sollte man sich merken)


    Restbesetzung: 3,5 (Korns Pogner war gut – der darf ruhig etwas ältlich klingen; der Chor war auch schon mal besser)


    Gesamtwertung: 24,5 / 7 = 3,5

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Meine Wertung:


    Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele, Sebastian Weigle 2 (aber auch nur, weil ein wenig Eigeninitiative des Orchesters hörbar wurde)


    Hans Sachs- Alan Titus 5 (reicht nahezu an mein Sachs-Ideal heran)


    Sixtus Beckmesser- Adrian Eröd 5 (grandios gesungen und gespielt)


    Walther von Stolzing- Klaus Florian Vogt 2,5 (Stimme 5, Interpretation 0)


    Eva- Michaela Kaune 0 ( :wacky:)


    David- Norbert Ernst 5 (superb)


    Pogner- Artur Korn 0


    Rest 3


    Gesamt 2,81

  • Da kommt Freude auf,


    schlage gerade das Programmheft III/1974 aus Bayreuth auf, das ein Freund von mir, der in der Vorstellung war, gerettet hat
    mit Originalunterschrift von Karl Ridderbusch, einem der beiden Sachs-Interpreten. Der andere war Theo Adam. Und was für eine illustre Besetzung, Sotin, Nienstddt, Hirte, Stricker, Steinbach, Orth, Hillebrand, Feldhoff, Cox, Brenneis, Kollo, Bode, Reynolds, Weikl. Man konnte damals noch aus dem vollen schöpfen.


    Viel Spaß beim Hören.



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Die gibt es, wenn ich mich nicht ganz täusche auf CD, von Silvio Varviso super dirigiert. Allerdings singt der Kollo da glaube ich nicht.

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