Joseph Haydn - Symphonie Nr.49 f-moll "La Passione"
Die „Passione“ ist wahrlich in verschiedensten Aspekten eine ungewöhnliche Sinfonie Haydns.
Zum einen die Satzreihenfolge, indem der langsame Satz statt an 2. Stelle, wie meist in der Klassik-Periode, gleich zu Beginn steht (Womit hier der Bezug zum alten Kirchensonaten-System gezogen werden kann) Zum Anderen ist es die einzige Sinfonie Haydns wo alle Sätze ausnahmslos in
einer Molltonart stehen, also genauer gesagt in der gleichen Tonart, nämlich in f-moll.
Außerdem ist diese teils düstere, teils wilde, expressive Tonsprache bei Haydn meiner Meinung nach eher selten anzutreffen.
Sie entstand 1768 und der Grund dafür ist nicht genau bekannt, es werden lediglich Vermutungen angestellt. Es könnte z.B. sein das er diese für die Schauspielmusik "II quakuo di bel humore" (Der gutgelaunte Quäker ) schrieb. Der Beiname ist nicht authentisch und wurde erst später gegeben da man angeblich in dieser Musik die musikalische Deutung der Passion Christis sah - vielleicht wegen dem Kirchensonaten-System?
(Ich dachte vorher eher an das italienische Wort für Leidenschaft)
Die Besetzung besteht aus 2 Oboen, 2 Hörner in F, 2 Violinen, Viola, Cello und Kontrabass.
1. Satz – Adagio f-moll
Der im 3/4-Takt gehaltene 1.Satz beginnt mit vorwiegendem Einsatz der Streicher in nachdenklicher, leiser Stimmung. Die Hörner zu Beginn noch in ausgehaltener Begleitung dabei, dann auch diese genauso wie die Oboen vorerst ganz ausgespart. Das eingeleitete Thema wird somit nochmal in einer Art Variation wiederholt, moduliert dann ab T.25 nach As-Dur (Dominante)
Eine Zunahme an schnelleren Notenwerten bzw. Bewegungen mit abwechselnd einsetzenden Fortes. Die Bläser kommen erst wieder zu diesem Zeitpunkt so richtig in Erscheinung. Danach bremst Haydn wieder das ganze wieder ein, wird wieder leiser, ruhiger bis hin zur Einstimmigkeit, die nochmals in einen Ausbruch mündet und die Exposition dann schließlich vom Rythmus her in eine Art langsamen Trauermarsch in Dur mit sehr spärlich instrumentierten auf- und abwärtsbewegenden Sechzentelfiguren endet.
Die Durchführung wird mit dem zuvorgehenden As-Dur-Thema eingeleitet. Diesmal wird aber im Gegensatz zur Exposition das Achtelmotiv nicht alleine von den 1. sondern nach 2 Takten von den 2.Violinen gleichzeitig mit dem ausgehaltenen Einsatz der Hörner übernommen. Gegen Ende moduliert er in der Df. kurz wieder nach As-Dur und schließt
schließlich wieder in f-moll mit dem Trauermarschähnlichen Thema mit den Sechzentelfiguren.
Ich glaube ich muß mich in dem Moment erst dran gewöhnen das die Haydn-Durchführungen nicht die Länge ab der Frühromantik aufweisen, war ich jetzt überrascht das die Reprise gleich so schnell wieder einsetzt (T.62). Nach dem Anfangsthema beläßt er es wie in Reprisen so üblich bei dem folgenden sonst zuvor As-Dur erklungenen Forte in f-moll baut zudem weitere kleine Varianten und Auszierungen der einzelnen Motive ein.
2. Satz – Allegro di molto
Der im 4/4-Takt gehaltene 2.Satz sticht erstmal besonders wegen der großen Intervallsprünge der Violinen, begleitet durch aufbrausende Achteln (teilweise Staccati) der tieferen Streicher und Oboen hervor. Auffällig sind
dann in der 2.Periode dieses Themas die Synkopen - diesmal aber die Oboen unisono zu den Violinen.Darauf bilden die Violinen (Staccati) mit den tieferen Streichern einen energisch, temperamentvoll welchselnden
Dialog (Achtelfiguren).Das Seitenthema ab T.14 in As-Dur noch ganz lebendig aber gegen das Hauptthema schon fast entspannend wirkend,
im piano wobei nur anfänglich die Violinen mit den tieferen Streichern, ansonsten nur die 1.Violinen mit den restlichen Streichern ebenso in eine Art Dialog treten. Danach nehmen meine Ohren wieder ein Forte wahr (T.22), in der Partitur seh ich das dieses Thema wieder die Intervallsprünge vom Anfang aufnimmt jedoch zuvorgestellten punktierten Achteln, also man könnte sagen eine Variation davon.Das folgende Thema ist aber neu, klingt sehr beschwingt (zum. in Dur)und hat von der Stilistik etwas von Mozart wie ich finde. T.52 beginnt die Durchführung mit dem Eingangsthema der Exposition diesmal in As-Dur, lange bleibt er da nicht und moduliert noch während des energischen Dialogs zu b-moll und gleich darauf nach c-moll und leitet hier dann zu einem neuen Motiv über das er auch gleich schließt um darauf erneut das Seitenthema zu beginnen das diesmal in Es-Dur steht, aber dann ebenso nach c-moll moduliert wird. Es folgt schließlich nach einem neuen Variationsthema das "beschwingte" Thema, diesmal in c-moll, wiederum hin- und hermodulierend (c-moll nach As-Dur nach f-moll)
Ich nehme mal an das die darauf wiederkehrenden Intervallsprünge die Reprise einleiten (T.101) - das wäre ja mal eine für Haydn überraschend relativ lange Durchführung. Hier werden die Themen aber diesmal gegenüber der Exposition stellenweise stark variiert (bis zum Ende in f-moll gehalten)
3.Satz – Menuett - Trio
Eigentlich bin ich ja überlicherweise nicht so für Trios der Klassik-Epoche zu begeistern. Dieses hier in 3/4 läßt sich aber gut aushalten weil er ebenso in f-moll steht und bis auf das Trio eine ernste Charakteristik besitzt.
Was ich jetzt nur mal vom hören wahrnehmen kann ist eine langsame Legatidurchzogene Violinen-Oboen-Melodie die von den tieferen Streichern mit einem etwas behebig wirkenden Rythmus in Vierteln begleitet wird, die Hörner spielen dazu stellenweise längere Haltenoten. Das Trio in F-Dur, ist einer der wenigen helleren, positiven Momente in dieser Sinfonie, der Einzige in dieser Tonart. Etwas Interessantes das vielleicht nicht auf den 1.Blick aufzufallen scheint, das dieses von den Oboen vorgetragene Thema eine leicht abgeänderte Dur-Variation des Menuett-Themas darstellt.
4.Satz – Finale: Presto
Wiederum im 4/4-Takt, diesmal Alla breve. Mir gefällt der leidenschaftliche Ton - nach dem 2.Satz wieder so ein mustergültiges "Sturm & Drang"-Beispiel. Begonnen wird mit einem rythmischen Motiv das 3 mal wiederholt wird, in den 1.Violinen zuerst von c aus, dann cis und dann wieder von c. Die 2.Violine dazu in großen Terzabständen.
Die restlichen Streicher im Vierteltremolo, die Bläser wiederum in langen Haltebögen begleitend.
Das ganze Thema für sich ist damit noch nicht abgeschlossen, folgt noch ein von den 1.Violinen energischer punktierter Forte-Dreiklang und nach ein paar aufwärtssteigenden Achteln/abwärtsführenden Vierteln
(das man als 2.Motiv ansehn könnte) ein etwas verhalteneres, fast schon rythmisch tänzerisches, ziemlich homophon angelegtes 3. Motiv in piano das innerhalb dieses Themas im Ganzen gesehn als guter Kontrast wirkt.
Danach folgt ein 2.Thema in As-Dur, wobei die melodieführenden Stimmen zuerst in Ganze einleiten, darauf allein die Violinen sich einem fetzigen Achteltremolo-Rythmus hinschmeissen der es bei einzelnen größeren
Intervallsprüngen auch in sich hat, mit den Oboen kurz in Halben
(große Sextintervalle) ausholen um dann wieder in einem etwas kürzeren Achteltremolo zu schliessen.
Die Durchführung beginnt das Hauptthema in As-Dur, das aber nicht lange beibehalten wird - es passieren einige harmonische Rückungen, zuerst wieder nach f-moll bis nach c-moll wenn die Oboenstimmen das Hauptthema übernehmen (T.79), die Violinenstimmen wieder in f-moll antworten und hiermit wohl meiner Wahrnehmung nach die Reprise zu beginnen scheint. Das Seitenthema wird wie üblich in der Sonatenhauptsatzform wieder zur Grundtonart f-moll transponiert. Haydn wendet noch ein paar kleinere Änderungen an wie zB Dynamikveränderungen die es in der Exposition noch nicht gab als auch kleinere Rückungen wie sie in der Durchführung zu hören sind.
Diese Sinfonie zählt auf jeden Fall zu meinen Lieblingssinfonien Haydn´s -
leider habe ich aber bislang nur 1 Einspielung, nämlich aus der "Sturm & Drang"-Box v. Trevor Pinnock. Somit kann ich leider bezüglich Interpretationen keine Vergleiche ziehen und überlasse dieses Feld gerne Anderen.
Ich könnte mir vorstellen das zB Thomas Fey diese Sinfonie auch ganz gut
hinbekommen würde, falls er denn diese überhaupt schon mal eingespielt hat. Das was ich bislang von ihm kenne kann sich wirklich mit dem Besten messen lassen.
lg
Thomas