Musik im Osmanischen Reich

  • Liebe Forum-Mitglieder,


    bisher wurde ja größtenteils über die "typische" klassische Musik des alten Europa diskutiert. Dabei wurde aber ein Reich ganz außer Acht gelassen, daß bis ins 20. Jahrhundert hinein - gleich Österreich-Ungarn - ein riesiger Vielvölkerstaat war, dessen Grenze zweimal bis vor Wien reichte und das in seiner Blütezeit (15.-17. Jahrhundert) einen Großteil Osteuropas, Asiens und Nordafrikas umfasste: das Osmanische Reich (1299-1922).



    Freilich wäre es interessant, mehr über die Geschichte dieses Reiches zu sprechen, doch das würde den Rahmen sprengen.


    Meine Frage lautet daher in erster Linie.: Gibt es auf dem Musik-Markt überhaupt derlei orientalisch angehauchte Musik (Vinyl, CDs, DVDs etc.)?
    Falls dem nicht so sein sollte, wäre das eine höchst bedauerliche Marklücke.


    Mit den allerfreundlichsten Grüßen


    F e l i p e

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Servus Felipe,


    höchst originelles Thema, möge es wachsen und Frucht bringen. Die überwiegende Mehrheit von uns ist da ja wahrscheinlich ziemlich ungebildet und ignorant, aber die europäische Musik hat den Osmanen schon viel zu verdanken, man bedenke, daß die Lautenmusik der Renaissance ohne die Osmanen undenbar wäre....


    Auch heute noch beherrschen sie eine einstimmige Virtuosität auf ihren Lauten und eine musikalische Fabulierlust, an der wir uns noch einiges von abschneiden könnten.


    Ich hoffe auf den interkulturellen Diskurs im Tamino-Forum.


    (Jüdische Musik und Zigeunermusik würde auch einen Thread vertragen...)


    Gruß, Markus

  • [zitat](Jüdische Musik und Zigeunermusik würde auch einen Thread vertragen...)[/zitat]


    NJET - VETO


    Alfred.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Servus Alfred


    Genau das sah ich kommen.
    Ich füge mich, will auch keine erneute Diskussion vom Zaun brechen, will nur zu Protokoll geben, daß die christliche liturgische Musik direkt aus der jüdischen liturgischen Musik entstammt. Zur Zigeunermusik hatten wir wo anders schon eine Diskussion. Ich gebs auf, schon gut.

  • Erst einmal Danke für diesen tollen Threat, den der interssiert mich ebenfalls, denn unsere westliche Musik wäre wohl kaum zu dieser Blüte gelangt ohne diesen Einfluß.
    Man denke nur an die Laute, die wir den Osmanen zu verdanken haben.


    Es gibt Aufnahmen mit solcher Musik, eine CD besitze ich sogar und kann sie durchaus empfehlen.


    Metamorphosis


    Sie erschien bei Glossa und wird von drei Herren von denen mir einer allerdings sehr bekannt ist zelebriert:
    Hristos Tsiamulis, singt und spielt Lyra, Uti, Ney, Tamburas, Kaval
    Dimitri Psonis . Santuri, Tar, Uti, Tambura, Defi
    Pedro Estevan (Mitglied von Savalls Hesperion XX) Percussion


    Eine weiter CD die mir bekannt ist und die ich mir wohl auch zulegen möchte ist:
    Cantemir

    Türkisische Musik um 1700, allerdings sind hier auch einige europäische beeinflusste Musikstücke dabei wie Lullys "Marche pour la Cérémonie des Turcs"


    Wegen Musik der Juden und die als Zigeuner bezeichneten Stämme(Was jetzt die angemessene Bezeichnung ist möge man mir zukommen lassen) teile ich die Meinung von Alfred, Klezmer kann unmöglich Gegenstand dieses Forums werden.


    Aber ThomasBernard hat schon recht, die frühchristliche Musik ist von orientalischer Musik kaum zu unterscheiden - am Text vielleicht. Auch die Antike Musik hatt ganz stark den Hang zum Orient.



    Es gibt aber eine doppel CD mit mittelalterlicher Jüdischer Musik die man doch haben sollte:


    Diaspora Sefardi


    Interpretiert von Montserrat Figueras und dem Hesperion XXI unter Savall.
    Selten habe ich solch aufregende Musik gehört, sie schein von allen etwas beeinflusst zu sein, zu den typisch jüdischen Melodien, gesellen sich arabische und europäische Musiktraditionen.
    Die sMusik der spanischen Juden (die nach ihrer Vertreibung sich in Nordafrika niederließen) ist absolut hochkarätik!
    Die erste CD ist dem Gesang gewidmet, wärend die 2. CD sich mit der instrumentalen Musik befasst.
    Die Instrumente sind äußerst Exotisch, so wie schon bei Metarmorphosis, lohnt der Kauf allein schon wegen des aufregenden Instrumentariums, aber auch hier überzeugen diese uralten Klänge, wenn sie so meisterhaft vorgetragen werden.
    (Zumindest Savall sieht diese Musik als "klassisch" an) ;)

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  • Ich habe noch etwas geschnüffelt und weiter interessante Aufnahmen entdeckt zu denen ich aber nichts direktes sagen kann, da ich sie nicht besitze:




    Zwei Aufnahmen die schon Neugierig machen, die zweite CD habe ich mir zumindest vorgemerkt.

  • Und hier noch Mozart im ägyptischen Original :D:D:D



    Nicht 100% passend aber eine famose Aufnahme, hier wird traditionelle klassische osmanische Musik mit den Melodien Mozarts verknüpft.
    Die CD ist nur als Genial zu bezeichnen, nichts für Puristen, ein Experiment eben, aber eines das wirklich mal was besonders ist!

  • Salut,


    ein wirklich sehr interessantes Thema, diese osmanische Musik, obwohl ich zugeben muß, dass ich sie nicht im geringsten kenne. Wie könnte man diese Musik beschreiben? Es wird vemutlich schwierig sein, besser ich hole mir mal gelegentlich eine der oben empfohlenen CD's.


    Nun möchte ich aber an den Lullisten anknüpfen [klar :D]:


    Es scheint in von der Mitte bis ins ausgehende 18. Jahrhundert eine Mode gewesen zu sein; die osmanische [in diesem Fall dann gleichbedeutend mit türkischer] Musik und Thematik:


    So besaß Mozart zum Beispiel 2 Diwans mit gradler Überzug, vielleicht gehört auch das aufgelistete Sofa mit Kanafas-Überzug, 6 deto Sessel, 2 Hockerl dazu.


    Die osmanischen "Wesen" fanden Einzug in Literatur und fanden Verwendung in Theater und Schaupsiel: Der wohlthätige Derwisch, Dschinnistan, Tausendundeine Nacht...


    Der Schwetzinger Schloßgarten präsentiert eine prächtige Moschee, die als Kulisse für Die Entführung aus dem Serail herhalten könnte.


    Ich kann es gut nachvollziehen, wie all diese gegenständlichen Dinge nach "Europa" gelangten, mittels Zeichnungen und Bildern nämlich, wohl [teuer] auch als Exporte [bis auf die Moschee versteht sich]. Es war wohl auch jede Menge an Porzellan dabei, welches osmanische Motive zeigte. Wie aber geschah dies damals mit der Musik? Radio bzw. CD's gab es noch nicht und die Osmanen werden wohl kaum in der "europäischen" Notenschrift ihre Kunstwerke notiert haben? Waren es osmanische Strassenmusikanten, die z.B. Mozart die Geheimnisse ihrer Musik verrieten?


    Mozart hat jedenfalls, wie auch Joseph Martin Kraus [Soliman II] und viele, viele andere eine gewisse Art an türkischer Musik komponiert, deren Merkmale - grob gesagt - in folgendem bestehen:


    meist a-moll [Türkischer Marsch, Entführung], ein paar Halbtonleitern, viele Halbtonvorschläge, teils etwas "dissonant"...


    Ich gehe einmal davon aus, dass diese europäisierte türkische Musik mit der tatsächlichen des Osmanischen Reiches im 18. Jahrhundert wenig bis nichts zu tun hat. Trotzdem: Woher kamen diese [eigentlich ganz netten] Gedanken?


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Das man die osmanische Musik nicht kannte ist nicht richtig. Wenn die orientalischen Fürsten bei Louis XIV in Versailles empfangen worden sind, so hatten sie auch ihre Kapellen dabei:
    die sogenannten "Janitscharen" (ich glaube nur das man sie so schreibt...)
    Dann die Belagerung von Wien, da konnte die ganze Stadt diese Trönende Musik "genießen" :D
    Aber es mag wohl so sein, dass die Kulturen weniger getrennt waren als man das Heute annimmt - man sehe sich nur einmal an wie weit die Idee der Pyramide sich über die Welt verbreitet hat, ausgehen von den babylonischen Stufenpyramiden. Aber das führt zuweit.


    Damals waren viele Leute musikalisch gebildet wenn sie an Forschungs, bzw. Handelsreisen teilnahmen kümmerten sie sich auch um die Musik. Gerade was chinesische Musik anbelangt so ist die ähnlichkeit der barocken nachempfundenen Musik gar nicht soweit weg.
    Oder nimm Gluck "Les Pèlerins de Mecque"
    die wussten ganz genau wie diese Musik klingt.


    Genau wie in der europäischen Musik gab es auch hier verschiedene Stilrichtungen und auch diese Musik wurde von Europa beeinflusst.
    Doch wenn man sich die traditionelle arabische Musik anhört wird man kaum eine Veränderung durch die Jahrhunderte festellen.


    Die Chinamode bzw. die Faszination des Exotischen brach wohl durch die besagten Handelreisen an und den manchmal arg überzogenen Berichten.
    Dann das Porzellan, etwas was man bisdahin nicht kannte.
    Auch hier ging wieder alles von Versailles aus. Louis XIV ließ das Porcelain Trianon erbauen - es war ein wenig kleiner als der Heutige Bau (Marmor Trianon genannt) Er gab es für seine Maitresse Athenais de Montespan in Auftrag. Dieser Bau war ganz mit Porzellankachel verkleidet und muss wundervoll gewesen sein. Natürlich sammelte ein jeder Fürst die Kunst, bzw. Gebrauchsgegenstände des Orients - die Wunderkammern entstanden, gewissermaßen der Vorentwurf zum Museum. Hier wurde alles gelagert was ungewöhnlich war.
    Im 18. Jahrhundert wurde dann die China Mode richtig derb, allein die diversen Bühnenwerke und Lustschlösser geben aufschluß darüber.


    Bemerkenswert ist aber das man oft die Türken verspottete, als brutale Barbaren, ungebildete Lüstlinge. Das hing wohl auch mit den sehr seltsamen Besuchen der türkischen Botschafter beim Sonnenkönig zusammen...


  • Die Oper "Memet" (1732) von Giovanni Battista Sammartini (1700/01-1775). Zentrale Figur des Werkes ist der Osmanische Sultan Mehmed II. (1451-1481), der sich in eine byzantinische Schönheit verliebt, deren Herz aber einem anderen gehört. In seinem Jähzorn will der Sultan sie hinrichten, aber am Ende zeigt er Einsicht und die Geschichte nimmt ein glückliches Ende.

    Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die Menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.
    - Albert Einstein (1879-1955)

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  • Zitat

    Bemerkenswert ist aber das man oft die Türken verspottete, als brutale Barbaren, ungebildete Lüstlinge. Das hing wohl auch mit den sehr seltsamen Besuchen der türkischen Botschafter beim Sonnenkönig zusammen

    ...


    Bei Aller Wertschätzung des Sonnenkönigs:


    Da spielte auch die katholische Kirche eine nicht unbedeutende Rolle, die diese "Heiden" verdammte und sich über die "heidnischen" Gebräuche (z.B. des Badens) aufregte und lustig machte, die "Vielweiberei" anprangerte etc etc.


    Soweit mir bekann, waren die türkischen Potentaten immer an guten Beziehungen mit dem Westen interessiert, wurden aber nicht als ebenbürtig behandelt, weil man Ihre Kultur nicht verstand . oder nicht verstehen wollte. Heutzutage wäre so etwas natürlich nicht mehr möglich - ausser natürlich in Amerika.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    @Lullist: Bravo! Du schaffst es immer wieder, "Verschollenes" aus meinem Geiste zu Tage zu fördern... ich wusste doch, da war was! Nun weiß ich's Dank Dir wieder!


    Zitat

    Original von Philippe Duc d'Orléans
    Sultan Mehmed II. (1451-1481), der sich in eine byzantinische Schönheit verliebt, deren Herz aber einem anderen gehört. In seinem Jähzorn will der Sultan sie hinrichten, aber am Ende zeigt er Einsicht und die Geschichte nimmt ein glückliches Ende.


    Philippe Duc d'Orléans: Das ist wirklich interessant = Stoffvorlage für die Entführung aus dem Serail? Bassa Selim ist zwar vielleicht nicht ganz so jähzornig und vor allem keine historische Figur wie Mehmed oder Soliman II., aber ansonsten stimmt das ja wohl überein.


    Kennst Du die von Dir aufgezeigte Einspielung? Wie ist sie?


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,


    ich habe folgende CD mit kurzen volksmusikähnlichen Stücken, sowie Werken von Fehime Sultan (1875-1929), Sultan Selim III (1761-1808 ), Callisto Guatelli Pasa, Bartolomeo Pisani (1811-1876), Sultan Mahmud II (1785-1839), Mehmed Burhaneddin Efendi (1885-1949) sowie Emre Araci (1968- ).




    Gruß,

  • Zitat

    Original von Ulli
    Kennst Du die von Dir aufgezeigte Einspielung? Wie ist sie?


    Also zum Glück war sie billig, denn erstklassig ist sie mit Sicherheit nicht. Ich zitiere hier einmal eine englische Rezension:

    Zitat

    Original von http://www.goldbergweb.com/en/discography/2001/13209.php In 1732, when Giovanni Battista Sammartini wrote his first opera, Memet, he was already an important exponent of the emerging symphony. Memet is in mixed Baroque- Classical style, but Act II and III's orchestral introductions are early examples of symphonic writing. Memet was a comparatively popular opera seria subject at the time. It concerns the moral struggle between tyranny and justice in the war-like Turkish sultan, Memet (tenor), who is besotted with the Byzantine slave, Irene (soprano), who loves Demetrio (alto), as does her sister, Zaide (soprano), who is beloved in turn by Memet's courtier, Solimano (soprano). The action unfolds through a series of attractive, deftly characterised arias, a couple of dramatic accompanied recitatives, a touching duet between Irene and Demetrio awaiting separation by Memet's command and a concluding quintet. A pair of trumpets adds occasional brilliance to the strings.
    Unfortunately this first recording of Memet is a disappointment. The modern instrument Camerata's attempt at Baroque articulation and reduced vibrato is undermined by lapses of ensemble and intonation. Mirko Guadagnini's Memet is calamitous. He strains awkwardly at even simple vocal flourishes. This is a serious impediment to singing any Baroque music, let alone the florid arias of a love-afflicted operatic warrior. The three sopranos are poor actresses and indifferent to Baroque style. Their shrill, unwieldy voices are riddled with a broadly undulating vibrato and evince a very approximate attitude to pitch. That the counter-tenor Michel van Goethem is a little better is faint praise indeed. Using such inferior performers robs this opera of all its charm and most of its drama. CHRISTOPHER PRICE

    Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die Menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.
    - Albert Einstein (1879-1955)

  • Um die orientalische Musik noch etwas mehr zu vertiefen hier zwei Aufnahmen mit den wohl ältesten musikalischen Quellen:
    Zwar sind beide Aufnahmen eher "Vermutungen", aber das ändert nichts an ihrer Großartigkeit.



    Hathor Ensemble
    Musik aus der Zeit der Pyramiden
    Basierend auf den Gesängen der koptischen Christen hat man versucht die zeremonielle Musik des alten Ägypten wiederauerstehen zu lassen, interessant sind auch hier wieder die rekunstrierten Instrumente.



    Musik der griechischen Antike
    Atrium Musicae de Madrid
    Zwar schon etwas betagt, dennoch immer noch aufregend, das Atrium ist ja bekannt für seine Instrumentenvielfalt und so wird auch hier eine Vielzahl von Instrumenten vorgestellt.


    Beide Aufnahmen enthalten zum größten Teil Vokalmusik.

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  • Eventuell habe ich hier noch eine recht interessante CD endeckt, werde sie mir mal bei gelegenheit zulegen, die Kritiken waren zumindest vielversprechend.


    Es handelt sich hier um europäische und orientalische Musik des 18. Jahrhunderts.



    Da hier da Concerto Köln zugannge ist, dürfte sich der Kauf wohl auch lohnen.


    Eventuell kennt hier ja schon jemand diese CD und kann etwas dazu sagen :hello:

  • [quote]Original von der Lullist
    Um die orientalische Musik noch etwas mehr zu vertiefen hier zwei Aufnahmen mit den wohl ältesten musikalischen Quellen:
    Zwar sind beide Aufnahmen eher "Vermutungen", aber das ändert nichts an ihrer Großartigkeit.



    Hathor Ensemble
    Musik aus der Zeit der Pyramiden
    Basierend auf den Gesängen der koptischen Christen hat man versucht die zeremonielle Musik des alten Ägypten wiederauferstehen zu lassen, interessant sind auch hier wieder die rekonstruierten Instrumente.


    Die Platte kenne ich auch, hat mir gut gefallen, wobei es natürlich gewagt ist, Musik zu rekonstruieren, von der keine Notationen erhalten sind. Mit den Instrumenten sieht es anders aus, die kennen wir entweder durch schriftliche oder bildliche Quellen, und wenn ich mich nicht irre hat man bei Ausgrabungen auch Stücke gefunden, so zum Beispiel zwei Trompeten im Grab von Tutanchamun. Ansonsten spielten Harfe und Sistrum eine große Rolle. Letzteres findet man häufig in Verbindung mit Darstellungen der Göttin Hathor, bei deren Riten es besonders häufig Verwendung fand. :jubel:


    Vor einigen Jahren habe ich in Ägypten einmal ein koptisches Kloster besucht, dabei hatten wir auch Gelegenheit an der Liturgie teilzunehmen, immerhin konnte man so einen Eindruck bekommen wie ägyptische Musik einmal geklungen haben könnte. Lange melismatische Tonfolgen, die eng beieinander liegen was den Tonumfang angeht. (Sorry, aber besser kann ich es nicht formulieren!)


    Koptische Musik ist allerdings in verschiedenen Aufnahmen lieferbar, obwohl ich selbst keine davon besitze.


    Musiziert wurde hauptsächlich in den Tempeln, obwohl auch Laien den Beruf des Musikers ausübten, wie wir aus der Überlieferung wissen.


    Gruß, Christian :yes:

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Was mich besonders an orientalischer Musik auffällt, sind die erhöhten Quarten und an sich die andersartige Stimmhöhe (Frequenz) der Töne, wie auch, daß man weder Dur noch Moll als Fundament verwendet.
    Allerdings war zu Bachs Zeiten der Kammerton auch anders, was man nicht vergessen sollte.
    Die Entführung aus dem Serail war wohl damals in Mode als Genre, es soll ja viele derartige Werke gegeben haben. Und in seiner "alla Turca", hat Mozart denn auch erhöhte Terzen, Quarten und verminderte zahlreich verwendet. Eingehend habe ich mich damit leider nie befaßt, wäre aber ein durchaus interessantes Gebiet, wenn man den Kontrapunkt einigermaßen kennt.


    Liebe Grüße


    Mike


  • Hallo Lullist,


    möglicherweise hast Du sie Dir ja mittlerweile zugelegt, Deine Anfrage ist ja bereits mehr als ein Jahr alt. Ich sah sie letztens bei der Weltraumodysee günstig und habe mal zugegriffen (allerdings die reguläre CD-Ausgabe).


    Hier ein paar laienhafte Anmerkungen meinerseits für etwaige Interessenten. Es spielen das Concerto Köln unter der Leitung Werner Ehrhardts sowie das Ensemble Sarband unter der Leitung Vladimir Ivanoffs. Man bekommt türkische und europäische Musik geboten, ein ähnliches Konzept, wie bei der von Dir weiter oben erwähnten Cantemir-CD. Die Stücke sind relativ abwechslungsreich angeordnet.
    Von türkischer Seite gibt es traditionelle Musik zu hören, bei ein oder zwei Stücken mit Gesang, und von abendländischer klassische Musik. Darunter Mozarts Ouvertüre zu "Die Entführung aus dem Serail", Glucks Ouvertüre zu "La Rencontre imprévue", einige Joseph Martin Kraus Stücke (u.a. aus Soliman II), sowie Süssmayrs "Sinfonia turchesca". Die Musiker von Concerto Köln und Sarband unterstützen sich gegenseitig, d.h. es spielen bei fast allen Stücken Musiker aus beiden Ensembles. Durch die Verstärkung bei den Schlaginstrumenten scheppert die Mozart-Ouvertüre ordentlich (Lauthörer Achtung: Dynamik-Warnung :O)! Puristen seien also vorgewarnt. Die türkische Musik kommt im Vergleich dazu meist viel ruhiger daher. Der tanzende Derwisch auf dem Cover könnte in der Hinsicht schon beinahe irreführend sein.


    Fazit: gerade durch die wechselnde Abfolge wird der Kontrast zwischen der europäisch-klassischen und der türkisch-traditionellen Musik deutlich. Wer mal ein wenig über den Tellerrand schauen will, kann hier schöne Vergleiche anstellen. Ein Muß ist die CD vermutlich nicht. Aber wie eingangs bereits gesagt, vermag ich das eventuell noch nicht so adäquat zu beurteilen und stecke auch nicht in der Materie (orientalische Musik) drin. Interessant ist es allemal!


    Grüße,
    Gentilhombre


    PS: Der Paukenspieler dürfte bei einigen Stücken seinen Spaß gehabt haben! :D

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • .... der Empfehlung für diese CD möchte ich mich anschließen!


    Habe sie seit ca. 2 Jahren und höre sie -wohl wegen des orientalischen Flairs- besonders gern, wenn es im Sommer schön heiß ist :]


    Die CD ist für den Einstieg in die hier im Thread angerissene Thematik wohl ideal, denn sie macht den Hörer bekannt mit dem typischen Klang "osmanischer"/ orientalisch-arabischer Musik, konfrontiert ihn aber auch nicht ausschließlich damit, was für abendländische Ohren evtl. doch etwas zu gewöhnungsbedürftig wäre.


    Reizvoll ist halt der Wechsel mit Stücken des 18. Jahrhunderts, die zeigen, wie sehr musica alla turca damals en vogue war. Man bekommt parallel zu den orientalischen Klängen eben noch die europäischen mitgeliefert und kann sich ein Bild davon machen, was und vor allem wie den Hörern damals der Orient musikalisch vermittelt wurde...


    Teilweise rührend naiv, wie da ordentlich auf die große Trommel gehauen, mit Becken und Schellenbaum gerasselt wurde, das Ganze etwas brachial/ plakativ simpel dahermarschiert und damit dann schon "alla turca" war :D


    Dagegen wirken die echten, z. T. ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammenden orientalischen Klänge richtig poetisch, ausgefeilt und sehr differenziert. Man stellt erstaunt fest, dass sich dahinter tatsächlich "Mehr" verbergen muss, als das, was man durch abendländische klasische Musik vermittelt bekommt...


    Und wann hat man z. B. schon mal die Gelegenheit, einen "echten" Janitscharen-Marsch (aus dem 17. Jahrhundert) zu hören? Ich kannte bisher immer nur den aus dem Anhang zur "Entführung aus dem Serail" vom Wolferl :]


    Die in dieser Aufnahme praktizierte Idee, die originalen türkischen Schlaginstrumente auch in den europäischen Werken einzusetzen, soll laut Booklet übrigens der Tatsache entstammen, dass viele osmanische Musiker, die einst als fürstliche "Gastgeschenke" an europäische Höfe entsandt wurden, nach Auflösung ihrer Ensembles in traditionellen Orchestern der damaligen Zeit ihr Auskommen als Schlagzeuger suchten und damit viel von ihrem rhythmischen Temperament und Talent in die "alla turca"-Musik des 18. Jahrhunderts einbrachten.


    Alles in allem also ein wirklich spannendes CD-Konzept (das lt. Booklet übrigens zunächst eigentlich nur für Konzerte gedacht [würde ich ja gerne mal live erleben!], aufgrund des großen Erfolgs dann aber auch aufgenommen wurde!) - viele überraschende Höreindrücke und ganz neue Einsichten in eine uns fremde Musikwelt, auf die wir Europäer viel zu oft etwas geringschätzig (oder einfach nur ignorant?) herunterblicken....


    Und speziell für uns' Ulli:
    Nicht zuletzt hat mich diese CD erstmalig mit Kompositionen von Joseph Martin Kraus (Ballettmusik aus "Soliman II, eller De tre sultaninnorna") und Franz Xaver Süßmayr (Sinfonia turchesca C-Dur) bekannt gemacht! Der Appetit nach "Mehr" von beiden Herren ist auf jeden Fall geweckt :yes:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

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  • die neue CD von Savall muß hier natürlich auch genannt werden:




    Orient - Occident
    Musik aus dem maurischen, jüdischen und christlichen
    Spanien, aus Italien, Marokko, Israel, Türkei und Afghanistan.
    Hesperion XXI, Jordi Savall



    die CD ist einfach ein Genuss, Savall versucht hier die Gemeinsamkeiten der kulturen zu zeigen - somit auch ein politisches Statement in unruhigen Zeiten....


    Die Auswahl ist wunderbar und von der Interpretation kann man nur schwärmen. Die mittelalterlichen Tänze aus Italien sind eventuell auch bekannt....