Auf die Idee zu diesem Thread kam ich, als ich die meiner Meinung nach vernichtende Kritik Ullmanns über die Interpretation einiger Haydn Quartette vom "Wiener Konzerthaus Quartett".
Ich gestehe, daß ich die entsprechende Aufnahme nicht kenne, maße mir also kein Urteil über Richtigkeit und Unrichtigkeit dieses Verdikts an.
Aber sehr wohl ist mir die nun folgende Aussage eine Bemerkung wert
Zitatviel zu zäh ist mir diese art des musizierens, ganz der romantischen tradition verschrieben. immer schön die erste geige - teilweise mit schmazligstem vibrato - im vordergrund, ja keine kante zuviel, alles lieb und brav gespielt. wer's gern gemütlich mag, wird vielleicht zufieden damit, ich persönlich will mir solche aufnahmen heute nicht mehr anhören.
Tja - lieb, brav, artig, das waren Attribute des 18. und mehr noch 19. Jahrhunderts. Ich darf also davon ausgehen, daß das dereinst auch BRAV gespielt wurde. Musik wurde damals zur Unterhaltung des Adels und des gehobenen Bürgertums komponiert und aufgeführt - nicht zur "Verstörung" und "Aufrüttelung" des Publikums.
Diese Tendenz ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts, das Publikum "aus seiner Behaglichkeit aufschrecken" oder zu provozieren, Althergebrachtes in Frage zu stellen und Hässliches zu betonen. Deswegen hielt sich ja die Begeisterung für die Musik des 20. Jahrhunderts doch ein wenig in Grenzen.
Was geschieht heute?
Man interpretiert die "Klassiker" und die "Romantiker" wie (beispielsweise) Strawinsky oder Schostakowitsch.
Nach Abhören einer solcherart interpretierten Aufnahme, kann man dann gelegentlich hören: "Hach, welch ein moderner Komponist Schubert (nur als Beispiel) doch eigentlich war. Seine Kühnheit blickt weit ins 20. Jahrhundert voraus.........
Ein weiterer Aspekt dieses Threads soll auch der Umgang mit historischen Aufnahmen sein: Vergangene Zeiten hatte andere Interpretationsansätze, Dauervibrato war beispielsweise nicht verpönt.
Wenn ich Probleme mit Klangvorstellungen der Vergangenheit habe, dann kann ich mir gleich das Sammeln von Tonträgern ersparen - und gehe live ins Konzert - nur dem Moment des Erklingens verpflichtet.
Aber das ist wiederum genau das, was ich NICHT will.
Ich geniesse dieses "Zeitfenster" welches mir ermöglicht dieser schrecklichen Zeit zu entfliehen, und ganz nach meinem Willen in historische Klangbilder einzutauchen...
Ich kann hier nicht beanspruchen "Recht" zu haben - aber diskussionswürdig sind diese Themen allemal.
mfg aus Wien
Alfred