Bösewichte in der Oper

  • Hallo Taminoianer!!


    Hab mal wieder eine neue Diskussionsidee für euch!!


    Und zwar: Wer ist euer Lieblingsbösewicht in der Oper?? Oder sagen wir so welchen Bösewicht könnt ihr überhaupt nicht leiden, was ja ein gutes Zeichen für den Bösewicht ist. :D


    Meine Lieblingsfieslinge:
    Barnaba aus der Gioconda von Amilcare Ponchielli; So ein (Sorry) Drecksack. Treibt Enzo in den Tod, zwingt Gioconda zum Selbstmord, nachdem er ihr Mutter erstochen hat. Gioconda bringt sich ja nur um da sie nicht mit ihm schlafen will. Kurzum: der böseste der Bösen


    Scarpia aus Tosca: Auch hier geht es um das sexuelle Verlangen. Scarpia erpresst Tosca, dass ihrem Geliebten Mario nichts passieren wird, wenn sie sich ihm hingibt. Sie aber ersticht ihn, Mario stirbt und Tosca springt von der Engelsburg in den Tod. Auch sehr gemein, aber ihn trifft ja die gerechte Strafe, im Gegensatz zu Barnaba.


    Giorgio Germont aus La Traviata: Zwingt Violetta Alfredo zu verlassen, weil er nicht mit dem Ruf leben kann, den sie der Familie Germont einbringt.


    Wenn man will Don Giovanni: Der "Frauenversteher :D" ; manche mögen ihn als Bösewicht sehen, aber ich find ihn nur bemitleidenswert. Er macht am Ende einfach keinen Stich mehr :D :stumm:
    Mozart aber wollte aus keiner seiner Figuren "nur gute oder nur böse" machen, seine Figuren haben immer gute und schlechte Seiten.


    Monostatos, der böse schwarze Mann aus der Zauberflöte :D


    Paolo aus Simon Boccanegra und Wurm aus Luisa Miller beide von Verdi: Wurm ist meiner Ansicht nach noch böser, aber so genau bin ich mit beiden nicht vertraut ;(


    Jago aus Othello mit seiner Taschentuchintrige, die mit einem Mord und einem Selbstmord endet.


    Don Magnifico der böse Stiefvater Aschenbrödels. Ja, ja total böse :D :D :D


    So jetzt seid ihr dran!


    Mfg Joschi

  • Meine "Lieblings"-Bösewichte:


    Natürlich Scarpia


    Don Alfonso aus Cosí fan tutte


    Mephisto aus "La damnation de Faust" von Berlioz


    Phillip II. ( sofern man ihn als Bösewicht bezeichnen kann??? ) und Inquisitore aus Don Carlo(s)


    Da werdenmir sicher noch einige einfallen.

  • Zitat

    Original von DonBasilio
    Hallo Michael!!


    Don Alfonso halte ich für keinen Bösewicht, höchstens für einen Spassvogel mit böööööösem Humor :D


    Mfg Joschi


    Nunja, in dem Stück ist er mehr oder weniger der Bösewicht. Das er im allgemeinen gesehen keiner ist wird wohl keiner bestreiten. Aber wer so gut lügen kann muss einfach böse sein :D ( edit sagt: obwohl, dann müssten eigentlich Guglielmo und Ferrando auch als Bösewichte gelten *verwirrtbin* )

  • Hallo,


    Schon lustig, was mancher, scheinbar harmloser Thread hergeben kann:


    Beginnen wir bei Philipp II.
    Natürlich ist er kein Bösewicht. Er ist ein unglücklicher, religiös orientierter Mensch mit viel Macht, der erkennen muß, daß all seine Macht nichts gegen seine Einsamkeit auszurichten vermag - hilflos den Zwängen seines Amtes under der Religion ausgeliefert.


    Der Großinquisitor ist ebefalls kein Bösewicht im eigentlichen Sinn, sondern ein "verblendeteter" (in der Oper ist er sogar blind, um das symbolisch anzudeuten !!) Religionsfanatiker, der sogar glaubt er tue Gutes, indem er die Ketzter verbrennt!! Nichts würde seinen Glauben aufhalten, nicht mal die Person des Thronfolgers... ! Hier wird die Person dazu in der Oper eingesetzt, um zu zeigen welch Spielball PhillippII in den Händen der Kirchenfürsten in Wirklichkeit war......


    --------------------------


    Don Alfonso in der Cosi, ist natürlich auch kein Bösewicht.
    Er strebt weder nach Eigengewinn, noch nach Schaden der Anderen- Er sagt sogar voraus - was passieren wird. Er ist - Daponte sagt es ja selbst - ein Philosoph..... :D



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Nunja, ich bin nicht von dem Standpunkt herangegangen sondern eher an Rollen die im Stück selbst praktisch die negativen Punkte hergeben ( und so ganz nebenbei Musikalisch ein Recht haben hervorgeholt zu werden ). Das die von dir angegebenen Gründe natürlich ihre Richtigkeit haben und diese Personen auch ihre Gründe für ihre Taten haben ändert nichts an der Tatsache das z.B. der Inquisitor Posa töten lässt, genauso wie Phillip seinen eigenen Sohn hinrichten lassen würde, was für mich Grund genug ist jemanden als Bösewicht zu bezeichnen.

  • Hallo Joschi,


    viele hast Du uns ja schon vorweggenommen! diese lass ich drum weg.
    Da wir aber eh schon viel am korrespondieren sind, schreibe ich hier mal so meine Bösewichte hin, die mir grad einfallen:
    es sind nicht alle wirkliche Bösewichte aber verletzter Stolz und Ehre müssen halt gerächt werden...


    Don Carlo di Vargas aus "La Forza del Destino" (Verdi), um die Familienehre zu rächen hetzt er Don Alvaro quer durch die ganze Oper.


    Schlimmer noch ist Don Rui Gomez de Silva aus "Ernani" (Verdi), weil er und nur er Elvira "besitzen" will, verspielt er seine Sympathien zuerst beim König Don Carlo, dann nachdem sich Ernani und Elvira endlich im 7. Himmel glauben, blässt de Silva das Horn und zwingt Ernani in den Freitod, um so doch noch das alleinige Besitzrecht auf Elvira zu erhalten.


    Natürlich der Gross-Inquisitor aus "Don Carlos" (Verdi), der dem wunderschön singenden Rodrigo das Bühnenleben verkürzen lässt...


    Enrico aus "Lucia di Lammermoor" (Donizetti), der seine Schwester belügt, nur damit sie den von ihm auserwählten Arturo heiratet und somit dem Blutvergiessen den Weg bereitet.


    Francesco aus "I Masnadieri" (Verdi), weil er seinen eigenen Vater einlocht, nur um an das Familienerbe zu gelangen.


    Der Conte di Luna aus "Il Trovatore" (Verdi), der aus blinder Rache seinen eigenen Bruder enthaupten lässt, nur weil er glaubt, sich an der Zigeunerin rächen zu können.
    Die oben genannte Zigeunerin Azucena, die ihr Kind rächt, in dem sie dem Conte erst nach dem Brudermord die Wahrheit offenbart.


    Die Turandot aus ihrer eigenen Oper, sie hat schon manchen Prinzenkopf auf dem Gewissen und wird erst weich nachdem Puccini gestorben ist...


    Callistene aus "Poliuto" (Donizetti), auch so eine Rachemensch.


    Melot aus "Tristan und Isolde" (Wagner), weil er es nicht lassen kann, die zwei Turteltäubchen bei seinem Chef zu verpetzen.


    Der Bösewicht schlechthin ist natürlich Hagen aus der "Götterdämmerung" (Wagner), was er alles böses tut nur um Alberich den Ring zurückgeben zu können ist jenseits von gut und böse!



    Gruss
    Christoph


    Michael,
    ich würde Philipp II höchstens als Marionette seiner eigenen Gesetze und des Gross-Inquisitors bezeichnen.


    Alfred,

    Zitat

    Schon lustig, was mancher, scheinbar harmloser Thread hergeben kann:


    wenn man so scharfsinnig vorgeht wie Du es tust, so gibt es im Prinzip überhaupt keine Bösewichte, denn jeder macht nur das was für ihn und sein Wahrheitsempfinden richtig und in Gottes Namen gut ist (siehe aktuelle Weltpolitik - böse sind immer nur die anderen...)

    Über Geschmack kann man - aber muss man nicht streiten!

  • Hallo,


    also Germont ist kein Bösewicht.


    Sparafucile ist einer, Alberich und Mime sind welche, detto Klingsor, Graf Luna ist kein Waisenknabe, Abigaille und Ortrud vertreten in dieser Liste das weibliche Geschlecht, Pizarro ist ein Prototyp eines Bösewichts, Kaspar im Freischütz im weiteren Sinn auch ein Bösewicht.


    Und jetzt muss ich einmal Luft holen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,


    warum soll den Sparafucile ein Bösewicht sein?
    er ist Auftragsmörder aber doch kein Bösewicht im üblichen Sinn.


    Germont würde ich auch nicht als Bösewicht bezeichnen. Obwohl sein Handeln Violetta gegenüber auch nicht gerade die feine englische Art ist...


    Gruss
    Christoph

    Über Geschmack kann man - aber muss man nicht streiten!

  • Zitat

    Original von DonBasilio


    Monostatos, der böse schwarze Mann aus der Zauberflöte


    Salut,


    Monostatos würde ich auch nicht unbedingt als Bösewicht einstufen, obwohl hier sicherlich ein Zusammenhang zwischen böse und schwarz herzustellen ist. Die damalige Zeit ließ ja solche Diskriminierungen zu... Schließlich ist Monostatos ein auf seine Vorteile bedachter Egoist im Spielfeuer seiner Abhängikeit zu Sarastro. Für solche Identitäten hätte ich ein anderes Wort auf der Zunge, welches auch für die drei Damen zutreffend ist...


    Mir stellt sich hier die Frage, ob ein Bösewicht gleichbedeutend ist mit dem im Alphabet vorausgehenden Schimpfwort!?


    Die Gewichtung von Gut und Böse stellt sich in der Zauberflöte allgemein als schwierig dar. Es fängt bereits damit an, ob der Kenner des Librettos den sogenannten "Bruch" zwischen den beiden Akten als geniale Absicht Schikanders oder als sein Unvermögen in der Literatur einstuft.


    Akzeptiert man Schikaneders Können [wie ich], könnte man allenfalls die Königin der Nacht in gewissem Umfange als Bösewichtin einordnen, wobei der von ihr erhoffte Erfolg doch eher ausbleibt.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Christph Glaus schrieb:


    Zitat

    wenn man so scharfsinnig vorgeht wie Du es tust, so gibt es im Prinzip überhaupt keine Bösewichte, denn jeder macht nur das was für ihn und sein Wahrheitsempfinden richtig und in Gottes Namen gut ist


    Hier sieht man die spärlichen Privilegien die man als Webmaster genießt:
    Unter normalen Umständen hätte man geschrieben "so spitzfindig herangeht wie du " :D


    Aber im Ernst, Natürlich gibt es Bösewichte. Beispielsweise würde ich einen Auftragsmörder durchaus zu den Bösewichten zählen ....


    Germont ist natürlich kein Bösewicht. Und sein Handeln gegnüber Violetta ist natürlich gerade die feine englische Art.


    Wer ist Violetta eigentlich ? Eine Prostituierte !
    Ja, eine der teureren Art, zudem gebildet, aber dennoch käuflich. Ein Spielzeug, mehr nicht.- Etwas das die bessere Gesellschaft des 19. Jahrhunderts einerseits benutzte, andereseits verachtete oder aber zumindest (öffentlich) ignorierte.
    Germont ist hier in einer Zwickmühle. Im 19. Jahrhundert war es für junge Herren von Stand durchaus üblich und standesgemäß sich eine Kurtisane zu halten - sie zu heiraten war jedoch so gut wie undenkbar !!
    Er erkennt den Wert von Violetta, Kann aber aus gesellschaftlichen Zwängen nicht anders handel, als er es tut- wobei er selbst fast daran zerbricht.
    Alexandre Dumas (der Jüngere), von dem zwar nicht das Libretto, aber wohl das Buch (1847) und das Theaterstück (1852) stammt, wagte es diesen Konflikt öffentlich aufzuzeigen - eine Pioniertat seinerzeit.
    Die "Karmeliendame ist in Wahrheit eine historische Person mit Namen Marie Duplessis (1824-1847). Sie wird verklärt dargestellt - im Gegensatz zu Zolas "Nana"...
    Germont verhält sich - wenn man die Zeit betrachtet- aus der das Sujet - stammt - sogar ausgesprochen edel, er lässt durchblicken, daß er Violettas Opfer schätzt - aber nicht daruf verzichten kann.


    Eine übrigens sehr ähnliche Szene findet man übrigens in Lehars "Zarewitsch" (gelegentlich mit Puccini verglichen), wo der könftige Zar uinmöglich seine Geliebte heiraten kann - aus Staatsräson
    (Lehars Operetten sind manchmal sehr deprimierend, mehr dazu später in einem eigenen Thread)


    Aber: Die Existenz von realen Bösewichten leugne ich nicht.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Wobei das schwarz bei Monostatos nicht unbedingt auf die Hautfarbe zu beschränken ist. Es gibt ja Theorien wobei Monostatos für die, in der Zeit nach Joseph II. ( also in der Zeit in die die Zauberflöte fällt), wieder nach Macht aufstrebende Kirche steht und die schwarze Farbe symbolisch für die Mönchskutten steht.

  • Salut,


    von der Mönchstheorie habe ich noch nichts gehört, aber es ist ein interessanter Aspekt. Im Originalbüchl zur Zauberflöte wird Monostatos zielsicher als Mohr beizeichnet. Eigentlich bekleidet er eine parallele Rolle zu Osmin [Entführung aus dem Serail]. Beide sind quasi "Vorsteher" resp. Peiniger der Wache/Sklaven und unmittelbar ihren Dienstherren untergeben, weswegen sie meinen, sie seien mindestens ebenso mächtig.


    Wenn Monostatos [an Pamina gerichtet] "Verloren ist Dein Leben! [...] Mein Haß soll Dich verderben!" singt, so sind das ebenso leere Drohungen wie Osmins "Erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf heiße Stangen...".


    In Monostatos Arie "Alles fühlt der Liebe Freuden..." kommt aber auch wieder deutlich heraus, wie Monostatos zu sehen ist: nämlich als häßlicher Schwarzer. Auch dies ist wieder Zweideutig: Häßlich kann sich ebensogut auf sein Gemüt, seine Seele beziehen wie schwarz. Er schämt sich gar vor dem Mond dafür, dass er sich in eine Weiße verknallt hat... "Bin ich nicht von Fleisch und Blut...?" zielt doch aber eindeutig auf die Hautfarbe Monostatos ab.


    Ein Bösewicht ist er nicht. Eher ein Optimist im Sinne von Harnoncouts Sinnspruch. Ein Bösewicht ist für mich der Teufel selbst, der Böses absichtlich tut, um anderen zu schaden.


    Im Falle Monostatos ist es jedoch er Rache oder Neid, die ihn zu seinen Handlungen bewegen. Daß er dadurch auch Böses tut, ist nur Beiwerk, für das er ja auch ausreichend [mit siebenundsiebzig Sohlenstreich] bestraft wird. Übrigens ähnlich wieder zu Osmin...


    Eine wirklicher Bösewicht erreicht in aller Regel sein Ziel und geht straffrei aus [das ist ja gerade das furchtbare daran]. Somit scheidet übrigens auch Don Giovanni als Bösewicht aus...


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,


    Monostatos.


    Wenngleich ich die Figur anders sehe, deutet auch der Name Monostatostos auch den Mönch hin, dies mag aber Zufall sein.
    Mönch (von Monachos oder Monachus) bedeutet frei Übersetzt "Einsiedler"
    Monostatos Würd ich mit Allein gebliebener oder alleinstehender
    Übersetzen


    mono= allein (einzeln)
    stato= geblieben, gestanden


    Warum alber ist Monostatos allein geblieben ?


    Er sagt es selbst:


    "und ich soll die Liebe meiden -
    weil ein Schwarzer häßlich ist."


    Man kann die Figur auf vielerlei Art deuten.
    Eindeutig ist die Figur dem Dunklen zugeordnet
    (= Königin der Nacht)
    Aber Dunkel muß niicht zwangsläufig schlecht bedeuten


    Man befasse sich mit dem Symbol Ying und Yang, dann versteht man besser was ich meine.


    Schikaneder, selbst ein Kind seiner Zeit, wusste offenbar selbst nicht so recht auf wessen Seite er stehen sollte. Vielleicht ist daraus das Zwiespältige der Zauberflöte entstanden, das das Werk weit über ähnliche Werke ähnlicher Machart hinaushebt.


    Siehe auch:


    Die Zauberflöte - Ein Machwerk ?


    Monostatos aus meiner Sicht, ist ein unbedeutender Spielball der Mächtigen und seiner eigenen unerfüllten Begierden.
    Dies läßt ihn korrupt werden und scheitern - böse aus meiner Sicht ist er jedoch nicht.



    Beste Grüße


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Also schön langsam krieg ich das Gefühl das ich hier auf das Thema meiner Bakkalaureats-Arbeit stoßen werde :D


    Muss vielleicht dazusagen das ich auf die Mönchstheorie in Diskussionen mit der Regiseurin und dem Dirigenten bei der Zauberflöten-Inszenierung letzten Sommer in Reinsberg gestossen bin, ich also nicht weis ob dies überhaupt irgendwo schriftlich festgehalten oder überlegt wurde. Fand es nur recht interessant und passt auch irgendwie.


    Naja, wir entfernen uns ziemlich vom Thema :evil:

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Eindeutig ist die Figur dem Dunklen zugeordnet


    Salut,


    nicht eindeutig. Monostatos ist zwar dunkelhäutig und hat eine häßliche Seele, dennoch fühlt er sich offenbar dem Weißen [Pamina] zugetan und tongeschlechtlich ist er auch eher den strahlenden Tonarten [C-Dur, G-Dur] zugeordnet. Dies im Gegensatz zur Königin der Nacht, welche in d-moll, c-moll [im ersten "verwirrten" Teil noch in B-Dur] auftritt. Zudem ist Sarastro, der Herr des Sonnenreichs, sein Chef und nicht die Königi der Nacht. Die Gegensätze von Gut und Böse werden in der Zauberflöte eher durch Nacht und Sonne ausgedrückt. Daß Monostatos hier ein kleiner Querläufer ist [wobei er ja an seiner Hautfarbe nichts ändern kann], dafür wird er schließlich gestraft [NB: dies ist im Textbuch nicht eindeutig festgelegt].


    Ansonsten stimme ich Deiner Spielballtheorie absolut zu.


    Zitat

    Aber im Ernst, Natürlich gibt es Bösewichte. Beispielsweise würde ich einen Auftragsmörder durchaus zu den Bösewichten zählen ....


    Ich würde hier eher den Auftraggeber als einen solchen bezeichnen.



    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Christoph


    Zitat

    warum soll den Sparafucile ein Bösewicht sein?
    er ist Auftragsmörder aber doch kein Bösewicht im üblichen Sinn.


    Na gut, wir haben also den Gutmenschen Auftragsmörder, der aber nicht einmal soviel Ganovenehre besitzt, auch gefälligst den Auftrag auszuführen, für den er bezahlt wird, sondern aus purer Laune (seiner Schwester) heraus einen völlig Unschuldigen abmurkst.


    Also mir reicht das für einen Bösewicht. ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,


    Zitat

    Na gut, wir haben also den Gutmenschen Auftragsmörder, der aber nicht einmal soviel Ganovenehre besitzt, auch gefälligst den Auftrag auszuführen, für den er bezahlt wird, sondern aus purer Laune (seiner Schwester) heraus einen völlig Unschuldigen abmurkst.


    Wenn Du das so siehst, dann mag er ein Bösewicht sein. Für mich ist er es jedenfalls nicht - er bekommt einen Job und erledigt ihn Auftragsgemäss. Denn wenn man ihn als Bösewicht bezeichnet, dann muss man auch Rigoletto dazu zählen, der Sparafucile eben diesen Auftrag zum Mord gibt und ihn dann auch noch dafür bezahlt.
    Im weitesten Sinne müsste man aber sogar den Duca als Bösewicht hinstellen, denn er vergeht sich reihenweise an unschuldigen Mädchen...



    Meine Definition eines Bösewichtes ist vorallem die mentale Denkweise und das Handeln danach. Ein Mensch, der aus Gier, Eifersucht, verletztem Stolz und Ehrgefühl oder auch abgewiesener Liebe zuerst mit psychischem Terror sein Rachefeldzug beginnt und schliesslich zum Mörder wird und dies alles als gerechtfertigt betrachtet, weil man ja auch ihn in seinen "Wahrheits-Verständnis" angegriffen oder verletzt hat, so ein Mensch ist für mich ein Bösewicht, weil er meistens aus purem Egoismus heraus handelt und dabei das Wohl der Gemeinschaft als Scheingrund in den Vordergrund stellt.
    Es ist mehr eine phlosophische Definition als eine schwarz/weiss Sichtweise.
    Zudem bin ich ein Mensch, der versucht sich auf die Seite der Schwächeren zu stellen, soweit es mir und meinem "Wahrheits-Verständnis" entspricht. Auch wenn ich versuche mehrere Blickwinkel und Sichtweisen in meine Urteilsfindung mit einzubeziehen, so bin auch ich nicht davor gefeit, ein unschuldiges Wesen als Bösewicht hinzustellen!



    Alfred,
    Warum sollte den auch eine Prostituierte nicht eine Chance erhalten, sich gesellschaftlich rehabilitieren zu können und wieder als normale, angesehene Person als Ehefrau ihre Aufgaben zu erfüllen. Vielleicht wurde sie als kleines Mädchen dazu gezwungen und ist ohne Absicht dort hinein gerutscht!
    Du siehst, man kann immer mehrere Sichtweisen auf ein Objekt haben und für den Betrachter ist die Seinige immer die Richtige und oftmals die einzig Wahre (ich verweise drum ein allerletztes Mal auf die aktuelle Weltpolitik mit dem Oberpolizisten und Wahrheitsvertreter USA gegen den Rest der Welt, um Parallelen zur heutigen Zeit aufzuzeigen).
    Ich schliesse mich aber keineswegs aus, wenn es darum geht Fehleinschätzungen zu erstellen!


    Gruss
    Christoph

    Über Geschmack kann man - aber muss man nicht streiten!

  • Hallo Christoph


    Zitat

    Für mich ist er es jedenfalls nicht - er bekommt einen Job und erledigt ihn Auftragsgemäss.


    Aber gerade das tut er ja nicht!



    Zitat

    Warum sollte denn auch eine Prostituierte nicht eine Chance erhalten, sich gesellschaftlich rehabilitieren zu können und wieder als normale, angesehene Person als Ehefrau ihre Aufgaben zu erfüllen.


    Eine an sich wünschenswerte moralische Einstellung. Aber im Europe des 19: Jahrhunderts vollkommen illusorisch. (Und wenn du mich fragst, zumindest in "besseren" Kreisen, auch heutzutage fast nicht durchführbar. Die menschliche Natur hat so ihre Tücken, und gewisse Vorurteile wehren sich vehement gegen ihre Ausrottung.)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo!


    Wenn ich mich mit einer Oper beschäftige, möchte ich gar nicht an deren "Übereinstimmung" mit heutigen Problemen oder Parallelen mit dem aktuellen Weltgeschehen denken!


    Das war eigentlich nicht der Grund warum ich das Thema gestartet habe, um zu diskutieren wer heute böse ist, sondern, ich wollte wissen wer auf der Opernbühne "böse" ist und wer nicht!
    Aber was richtig und was falsch ist wollen wir hier nicht unbedingt diskutieren.


    Eigentlich wollen wie ja nur von den Fieslingen sprechen.


    Hoffe auf Verständnis!!


    Mfg Joschi

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • hallo Joschi,


    Sorry, wenn ich Dein Thread mit aktuellem versehen habe. Ich muss aber beifügen, dass es auch mich stört, dass hier Bühnenfieslinge schön geredet werden, nur um die eigene Sichtweise durchsetzen zu wollen. (Ich gehöre auch dazu - ich weiss)
    Wenn das aber seine Durchlaucht macht, dann dürfen wir auch!


    Gruss
    Christoph



    PS
    1. ich wäre froh wenn sich die Schreiber in diesem Thread nicht nur darauf begnügen würden, irgendwelche Namen von Bühnenfiguren aufzuschreiben, sondern dies auch begründen, warum sie diese Figur ausgewählt haben. Und kommt mir nicht mit gesellschaftlichen Umständen aus irgend einer Zeit, dann sind wir wieder weg von der Opernbühne! Oftmals wird ja ganz bewusst vom Librettisten diejenige Zeit verdreht oder überspitzt dargestellt - drum ist es beinahe unmöglich ernsthafte Bezüge zur Realität herzustellen.
    2. und bitte: schreibt eure eigenen Listen und zerpflückt nicht nur die, die andere Taminoianer niedergeschrieben haben. DANKE!

    Über Geschmack kann man - aber muss man nicht streiten!

  • Hallo DonBasilio


    Zitat

    Eigentlich wollen wie ja nur von den Fieslingen sprechen.


    Hoffe auf Verständnis!!


    Du hast sogar unser vollstes! ;)
    Aber wie du siehst, liegen die Dinge oft nicht so einfach, und allein die Katalogisierung, wer denn nun ein Fiesling sei, macht ernsthafte Probleme. Die meisten Bösewichter sind gar nicht so einfach zu fassen.


    Zwei Beispiele:


    Don Pizzarro ist eine skrupelloser Machtpolitiker, der auf seinem Weg vor nichts zurückschreckt und seine Gegner mit allen Mitteln vernichtet, und der nahezu einfarbig böse ist. Da können wir relativ leicht zuordnen.


    Bei Graf Luna wird es schwieriger. In der Sicht des romantischen Betrachters ist er der Bösewicht. Er stellt sich der Liebesverbindung Leonore - Manrico entgegen, macht nichts wie Schwierigkeiten und ist letztlich für einen Haufen Leichen verantwortlich.
    Aber wie sieht der Troubadur aus Sicht des Grafen Luna aus? Er liebt eine Frau aus seinem Land und sieht sich unversehens mit einem Nebenbuhler konfrontiert, der noch dazu aus dem gegnerischen politischen Lager kommt - also ein Feind, und wir haben Krieg! Er tut das ganze Stück lang nichts anderes, als was ihn seine Position als Politiker und Soldat aufzwingt. Er macht lediglich seinen Job, wie es Sherrill Milnes einmal salopp formulierte. Es ist "Die Macht des Schicksals", die seine Handlungen in einer Spirale des Grauens enden lässt. Aber irgendwie brauchen wir in so einem Stück einen Bösewicht, und dass ist eben er...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus!


    Bei Pizarro hast du völlig Recht! (Den vergaß ich in meiner Liste)


    Was mir aber auffällt ist, dass noch keiner eine Bösewichtin nannte.


    Mir fällt absolut auf die Schnelle keine ein.


    Ah doch! Salome, auch sie schreckt vor nichts zurück, sie will etwas und wenn sie es nicht bekommt wird sie es mit allen Mitteln versuchen zu bekommen. Auch sie will den Kopf Jokanaans und sie bekommt ihn.


    Das wäre die einzige Bösewichtin die mir einfällt!


    Wie schauts mit euch aus??


    Mfg Joschi

  • Hallo DonBasilio,


    also ich habe bereits Abigaille und Ortrud angeführt. Bei Salome wird es wieder schwierig. Sie muss wohl eher als krank denn als böse eingestuft werden.... (Na ja, vielleicht können wir uns auf beides einigen; aber das treibende Element ist eine durchaus typische Jungmädchenschwärmerei, die ins fatale umkippt; aber da wäre der Fachkommentar eines Psychiaters willkommen...)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Was mir aber auffällt ist, dass noch keiner eine Bösewichtin nannte.


    Nananana, habe ich nicht die Königin der Nacht [sogar mit kleiner Begründung] genannt!?


    Zitat

    ich wollte wissen wer auf der Opernbühne "böse" ist und wer nicht!


    Meistens die Inszenierer... ;) Das ist aber nun wirklich überhaupt nicht das Thema. Ich denke weiter darüber nach!


    Liebe Grüße,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,


    ja die Königin der Nacht ist eher eine negative Figur. Wieder eine rücksichtslose Politikerin, was noch nicht so schlimm wäre, aber dann das eigene Kind zu einem Verbrechen zwingen zu wollen ist schon stark.
    In komischen Opern tun wir uns auch etwas schwer mit den Bösewichten, ansonsten könnte der Osmin mit seiner sehr vereinfachten Weltanschauung herhalten ("..erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf heißen Stangen!"; man sieht, ein gründlicher Typ).
    Ist der Baron Ochs ein Bösewicht ("... der aufgeblas'ne, schlechte Kerl, ...")? Nicht wirklich, eher ein Ungustl.
    Bei der Salome fällt mir ein, dass man den Finger vielleicht eher auf ihre Mutter Herodias richten könnte, sie ist ja die heimliche Drahtzieherin, der die Sache aus dem Ruder läuft.
    Die Medea ist an sich eher eine tragische Figur, wird aber zur Furie.
    Wie schaut es mit der Ilias in Idomeneo aus?
    Elektra ist auch eher krank als böse, aber ihre fast perverse (und eigentlich nicht gut begründete!) Wut auf ihre Mutter, und ihre unbezähmbare Rachsucht ist schon sehr negativ.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Das wäre die einzige Bösewichtin die mir einfällt!


    Wie schauts mit euch aus??


    Ähhh ich will mich an dieser Stelle nicht über die sprachlich korrekte Form von"Bösewicht" auslassen :D. daher zum Thema:



    Die bösartigste weibliche Opernfigur, die mir in der Schnelle einfällt ist zweifellos Lady Macbeth. Das in vielfacher Hinsicht. Sie legt eine Kaltblütigkeit an den Tag die schon bemerkenswert ist.....


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    also ich bleibe eigentlich bei meiner Ansicht, daß weder Osmin noch Monostatos [ich habe beide weiter oben etwas verglichen] keine Bösewichte, sondern dumme Esel sind. Mit der Königin der Nacht bin ich auch nicht ganz so d'accord, aber sie hat doch erhebliche Ambitionen zu einem Bösewichtinnendasein, da sie nicht endgültig zernichtet wird. Das wiederum ist Auslegungssache. Wenn man das reine Zauberflötenlibretto für sich betrachtet, dann findet sie ein bitteres Ende wie Don Giovanni, ist somit gestraft und kein[e] Bösewicht[in]. Zieht man der Zauberflöte zweiten Teil heran [davon gibt es mehrere, u.a. Goethe, Schikaneder selbst/Winter/Süßmayr] so ist die alte Kuh wieder auf dem Parkett... und damit |absolut| als Bösewichtin einzustufen, weil sie nicht vernichtbar ist, wie z.B. der Teufel.


    In vielen italienischen Opern werden jedoch Figuren, die gerade in der Scene "böse" sind, als scelerato [meinstens die Männer X(] betitelt. Man sollte also schon zwischen dem Gebrauch des Wortes in der Oper und den tatsächlichen Gegebenheiten [aus heutiger Sicht?] unterscheiden.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Um mal die Liste der weiblichen Bösewichtiger mit (potentiellen) Kandidatinnen etwas zu erweitern:


    Die Amme aus Strauss'/Hofmannsthals "Frau ohne Schatten"
    Die hasst alle Menschen, will eigentlich nur in ihre Heimat ins Geisterreich zurück und spielt irgendwie alle Beteiligten miteinander aus. Ihr ist das Schicksal des Kaisers und des Färberehepaars völlig egal bzw. ist sogar froh, wenn die umkommen...


    Die Buryja (Küsterin) aus Janaceks Jenufa
    Eine Kindsmörderin, die nur auf die gesellschaftliche Stellung bedacht ist; immerhin bekommt sie Schuldgefühle


    Katia Ismailowa aus Schostakowitschs "Lady Macbeth von Mezensk"
    Ist an diversen Morden (mit-)beteiligt.
    Die übrigen Akteure sind auch alles andere als sympathisch und haben gehörig "Dreck am Stecken": z.B. der Schwiegervater Boris (Haustyrann par exellance) oder Sergei (misshandelt und vergewaltigt Frauen und wird ebenfalls Mörder)


    Claire Zachanassian aus von Einems "Besuch der altren Dame"
    Die gute Frau will Rache und besticht nebenbei ein ganzes Dorf


    Ich möchte auch noch weitere Kandidaten zur Diskussion stellen (sorry, falls die ine oder andere Person schon erwähnt wurde):


    Herzog Blaubart
    tötet seine Frauen reihenweise


    Dichter Mittenhofer aus Henzes "Elegy for Young Lovers"
    er ist verursacht mit den Tod eines Paares, um seiner Inspiration willen


    Boris Godunow
    erschleicht sich den Zarenthron und geht daran zu Grunde


    Claggart aus Brittens "Billy Budd"
    fädelt aus Bosheit eine Intrige gegen Billy Budd ein, der hingerichtet wird


    die Geister Quints und Miss Jessels in Brittens "Turn of the Screw"
    versuchen teils (erfolgreich) die Seelen der Kinder Flora und miles an sich zu reissen.



    Gruß
    Karsten

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose