In der nächtlichen Ruhe erklingt bei mir gerade einmal mehr besagtes Konzert. Ich schätze es sehr und offensichtlich gibt es noch keinen Thread in dem es besprochen wird (zumindest hab ich keinen finden können). Also befand ich es für an der Zeit einen solchen zu starten:
Das Konzert in D-Dur für ein Klavier und Orchester hatte lange Zeit einen besonderen Ehrenplatz unter allen Konzerten Mozarts inne: Es galt als sein erstes echtes Solokonzert. Zwar hat es diesen "ersten Platz" eingebüßt, seit der Datenschwindel mit den Violinkonzerten aufgedeckt wurde, aber das schmälert nicht seine Bedeutung und seinen Wert als Mozarts echtes erstes Klavierkonzert.
Erste Gehversuche auf dem Gebiet des Klavierkonzertes hatte Mozart zwar bereits getan - er bearbeite unter Mithilfe des Vaters Klaviersonaten von Raupach, Schobert, Honauer und C.P.E. Bach, sowie drei Jahre später Sonaten von J. C. Bach (KV 37, 39, 40, 41 sowie KV 107) zu "Konzertchen" für Klavier und Orchester um. Dabei komponierte er jedoch sehr wenig selbst, sondern arrangierte vielmehr und schuf Orchesterbegleitungen, wobei er jedoch durchaus bereits einiges Geschick bewies. In der Tat wurde diese Werke lange Zeit alle als original Werke Mozarst angesehen.
Mit KV 175 betritt Mozart dann jedoch die eigene große Kompositionsbühne des Klavierkonzertes - einer Gattung die noch recht jung war und zu deren Entwicklung Mozart (wie nach ihm Beethoven) maßgeblich beigetragen hat. Die Beschäftigung mit dieser (meiner liebsten ) Musikgattung zieht sich durch sein gesamtes Leben bis in sein Todesjahr 1791. In er Zeit entstanden 21 vollständige Konzerte, sowie zwei Konzerte für zwei, bzw. drei Klaviere und Orchester. Dank dieser lagen Beschäftigungszeit kann man an den Klavierkonzerten natürlich sehr viel von Mozarts musikalischer Entwicklung nachvollziehen.
Dennonch möchte ich behaupten, dass KV 175 keineswegs ein schlichter, einfacher oder gar nur mäßiger Einstieg sei. Ganz im Gegenteil. Mozart stürzte gleich einige Konventionen um und entfaltet so ein ansehnliches jugendliches Meisterwerk. Bei seiner Vollendung war Mozart 18 Jahre alt.
In der barocken Festtonart D-Dur setzt Mozart ein recht großes Orchester mit Pauken und Trompeten ein (darüber hinaus zwei Oboen, zwei Hörner und Streicher).
Vergleicht man das Konzert mit den späteren Werken so sind alle drei Sätze recht kompakt (auch kurz) und sehr dicht komponiert. Das verleiht dem Konzert viel Energie und ein stetes vorwärts treiben. Außerdem ist es durchaus sehr virtuos. Beides trifft in Maßen auch auf den langsamen Mittelsatz zu, der dennoch ein schön kantabel ist und Raum hat zum Atmen.
Der Schlusssatz ist kompositotisch recht innovativ und anspruchsvoll. Es heißt gelegentlich er überforderte die damaligen Zuhörer, so dass Mozart später einen alternativen Schlusssatz komponierte - das Rondo KV 382 (welches allerdings eigentlich gar kein Rondo ist, sondern ein Variationssatz). Ganz im Gegensatz ist dieser alternative Schlussatz eine völlig "harmlose" Komposition, dessen Thema an Simplizität kaum zu überbieten ist. Trotzdem (und hier sieht man Mozarst entwickelte Kunst) ist es eigentlich sehr genial und witzig. Man mag Mozart hier sicherlich keine schlechte (weil so eingache) Komposotion vorwerfen, sondern gewisse hintersinnige Gedanken - was sich eben in der Witzigkeit des Satzes audrückt.
Dieser neue Schlusssatz ist erst 1782 in Wien entstanden, was zeigt, dass Mozart selbst das Konzert sehr schätze. Nachdem er es schon in Mannheim (und vermutlich auch in München) 1777 wieder hervorgehohlt hatte, spielte er in in seiner regen Konzerttätigkeit in Wien zumindest noch in zwei Akademiem. In allen Fällen schrieb er nach hause, wie sehr das Rondo gefalle. Auch Mozarts angebete Aloysia Weber hörte das Konzert in Mannheim. Ihr hingegen gefiel der langsame Mittelsatz so gut, dass Mozart es in der Konzertarie KV 294 (für Aloysia) zitiert. In Mannheim/München arbeitete Mozart die Obenstimmen und die erste Hörnerstimme nochmals um.
Vermutlich ebenfalls erst 1782 enstanden (zusammen mit dem neuen Schlusssatz) sind die für den ersten und zweiten Satz (sowie für KV 382) überlieferten Kadenzen zu diesem Konzert. Beide sind in leicht alternativen Versionen vorhanden.
Spieltechnisch sieht man den Noten noch die beschränkten Möglichkeiten der damaligen Istrumente an: Der Klavierpart beschänkt sich auf den Tonraum von A - d3.
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Ich persönlich schätze das Konzert wie erwähnt sehr. Es bewegt sich zwar kaum nach moll, aber trotzdem ist es nicht bloß leicht und heiter. Es hat sein Gewicht und einen wie ich finde ganz eigenen Charm, den keines der späteren Konzerte nochmals aufweist. Die Virtuosität und die überschäumende Energie bereiten einen würdigen ersten großen Auftritt für den großen Komponisten und Pianisten Mozart. Das lässt es in meinen Augen bereits zu einem größeren Meisterwerk geraten als die beiden nachfolgenden Klavierkonzerte (KV 238 und 246 in B und C), obwohl auch diese schlichteren Werke ihre Qualität und ihren wieder eigenen Charm haben.
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Ich besitze folgende Aufnahmen:
- Daniel Barenboim mit den Berliner Philharmonikern
- Derek Han mit dem Philharmonia Orchestra
- Vladimir Ashkenazy mit dem Philharmonia Orchestra
- Matthias Kirschnereit mit den Baberger Symphonikern unter Frank Beerman
Erstere Aufnahme war die erste, die ich von diesem Werk hatte - und sie wird noch lange einen festen Platz in meinem CD Spieler behalten. Barenboim als Routinier hin oder her - auf eine ganz besondere Weise ist Mozart bei ihm immer gut aufgehoben (heute auch als Dirigent, besonders von langsamen Sätzen - z.B. KV 467 Andante, oder das Adagio aus der Gran Partita - da ist er einer der ganz großen).
Im ganzen und wesentlichen meiner Mozartvorstellung entspricht jedoch die Aufnahme von Matthias Kirschnereit - Das gillt nicht nur für dieses Konzert, sondern für die ganze Box mit allen Konzerten. Man vergleiche dazu das Vorwort im Begleitheft - könnte ich geschrieben haben
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So...
...nun bin ich gespannt wer von euch Mozarst erstes Klavierkonzert ebenfalls so schätzt (und auch wer nicht!) und was es noch alles zu ergänzen gibt, was ich natürlich vergessen habe *Ulli herbei zitier*
Gruß,
Peter