Hermin Esser, ein deutscher Tenor (1928 - 2009)

  • Zitat

    Original von operus
    Gerade erreicht mich die traurige Nachricht, dass der in seiner Zeit zu den führenden Heldentenören gehörende Hermin Esser nach langer, schwerer Krankheit gestern verstorben ist. Esser verfügte über eine leuchtende, große, heldische Stimme. Deshalb war er besonders für Wagner-Partien prädestiniert. In Künstlerkreisen nannte man ihn auch den "rettenden Engel von Bayreuth". Immer wenn man ihn brauchte ist Hermin Esser egal in welcher Partie spontan eingesprungen. Als Persönlichkeit war er humorvoll, trug das Herz auf dem rechten Fleck und war immer offen und direkt in seiner Kommunikation.
    Herzlichst
    Operus


    Diesen Beitrag von Operus habe ich hierher kopiert, da ich meine, Hermin Esser hat hier einen eigenen Thread verdient!



    Esser, Hermin, Tenor, * 1.April 1928 Rheydt (heute zu Mönchengladbach). Er studierte Architektur, ließ aber seine Stimme am Schumann-Konservatorium in Düsseldorf bei Franziska Martienssen-Lohmann ausbilden. Debüt 1954 am Stadttheater von Krefeld, Engagements am Stadttheater von Gelsenkirchen, an Felsensteins Komischen Oper Berlin (bis 1961) und am Staatstheater von Wiesbaden (1961-64). 1964 wurde er an die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg berufen. Auch dem Opernhaus von Essen und dem Staatstheater von Wiesbaden verbunden. Seine persönliche Heimat war Naurod bei Wiesbaden, wo er noch vor kurzem mit seiner Frau Brigitte (und seinen beiden Töchtern und zwei Enkelkindern) goldene Hochzeit feiern konnte!


    Zu seiner Bayreuther und überhaupt Karriere als Wagnersänger mögen hier andere berichten, ich selbst erinnere mich noch gut an einen Opernabend in Wiesbaden, wo er den "Sly" in der gleichnamigen Oper von Wolf-Ferrari sang (mit Carla Pohl, 1980). Auf der Düsseldorfer Bühne habe ihn nicht erlebt.


    Am Donnerstag kommender Woche findet in seinem Heimatort Naurod eine Trauerfeier und die Beisetzung statt.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • :faint:


    Oh, das ist wahrlich unerwartet. Der Familie, die ich persönlich kenne, herzliches Beileid.


    ;(


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Harald,


    ganz herzlichen Dank, dass Du wieder die Arbeit übernommen hast, Beiträge an der richtigen Stelle zu platzieren und ein so schönes Bild von Hermin Esser zu präsentieren.Mit diesem strahlenden Ausdruck sollte er uns in Erinnerung bleiben. Vielleicht verrätst Du mir einmal, wie Du fast von jedem Künstler an Bilder,Cover und detaillierte Informatioen herankommst. Das ist fast nicht zu glauben. Du erfüllst dadurch eine ganz wichtige Aufgabe im Forum.
    Es sind Künstler wie Hermin Esser, die für den Opernbetrieb unentbehrlich sind. Er hat sich immer ohne persönliche Eitelkeit und ohne mit anderen Sängern zu rivalisieren in den Dienst der Sache gestellt. Ohne Murren sang er oft nach der Premiere die weiteren Vorstellungern. In Rom schrieb ein Kritiker: "Tristan begann in der dritten Vorstellung"..... Ab da hatte Esser die Titelpartie übernommen. Vor ihm sang ein sehr prominenter Kollege, der sich vielleicht besser verkaufen konnte. Bei einem Opernkonzert in Heilbronn fiel Fritz Uhl wegen einer schweren Erkältung am Vortag des Konzertes aus. Ich rief Hermin Esser an, er sagte spontan zu und studierte sogar bis zum nächsten Tag das Gebet des Rienzi "Allmächt'ger Vater blick' herab" ein. Dadurch konnte das Programm ohne Änderung gespielt werden. Auch beim Honorar war Hermin sehr entgegenkommend und nützte die starke Position des Einspringers in keiner Weise aus. Eine solche Haltung ist in der heutigen materiellen Zeit sehr selten. Sie zeichnete Esser besonders aus. Nach diesem Konzert wurden wir gute Freunde und Hermin Esser war ein aktives Gründungsmitglied der Gottlob Frick-Gesellschaft und unterstütze unsere Idee, die Erinnerung an Sängerlegenden wachzuhalten in vorbildlicher Weise.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Eigentlich wollte ich an dieser Stelle einige Schallplatten-Cover der schönsten Aufnahmen von Hermin Esser einstellen, aber leider habe ich nichts entsprechendes im Netz gefunden, einen Holländer vielleicht, bei dem er den Erik singt, aber sonst.....


    Dabei hatte er ein so weit gestreutes Repertoire, aber wo sind die CDs?


    Wenn es früher in Naurod etwas zu feiern gab (z.B. das Apfelfest) war er immer dabei. Seine Lieblings-Arie war "Nessum Dorma" und auf seinem Plattenspieler führte er uns dann seine Version vor! (Ich war manchmal dabei; von Niedernhausen aus wars ja nur ein Katzensprung nach Naurod) und entsinne mich an die "Turandot"-Schallplatte von bzw. mit ihm (Philips/Pergola Vinyl-LP, Querschnitt in deutscher Sprache, dirigiert von Horst Stein).


    Die habe ich in den letzten Tagen oft gespielt, zum Gedenken an einen großen, fast vergessenen Sänger......


    R.I.P.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo!


    Vor Kurzem habe ich mir erst den Ausschnitt aus "Turandot" mit Hermin Esser angehört. Einfach großartig! Leider hält da die Turandot der Sigrid Ekkehard nicht ganz mit.


    Hermin Esser war, wie schon erwähnt, nicht nur ein großartiger Wagner-Sänger, sondern glänzte auch wie hier bei Puccini. Ein großer Verlust für die Opernwelt.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

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  • Hermin Esser war nach dem ersten Eindruck einer sehr burschikosen, direkten Art ein ganz feiner sensibler Mensch mit viel Mitgefühl und Hilfsbereitschaft. Man musste ihn allerdings näher kennen und den Panzer des kraftvollen Siegfried und machtwollen Tristan, den er nach außen zeigte. durchbrechen um den echten so wertvollen Hermin zu erkennen. Übrigens bei Hans Hopf war das ganz ähnlich.


    Daraus ergibt sich die Frage sind die Heldentenöre gezwungen, oder zwingen sie sich selbst auch im Alltag die strahlenden, kraftvollen Helden zu sein?


    Herzlichst
    Operus

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  • Hallo, Operus!


    Es ist leider schon einige Jahre her, als ich zufällig im Autoradio eine Sendung mit Hans Hopf privat hören konnte. Ich nehme an, daß es sich um eine Aufzeichnung handelte. Er wurde in seinem Haus interwiewt, es war glaube ich M. Müller-Mahrein der das Gespräch führte, und Hopf gab da Einiges am Klavier zum Besten. Er schien mir privat ein ganz angenehmer Mensch gewesen zu sein, den Eindruck hatte ich damals. So etwa könnte ich mir Hermin Esser auch vorstellen. Es müssen Heldentenöre nicht immer die Schwergewichte sein, die sie auf der Bühne darstellen.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Heute hätte er seinen 85. Geburtstag feiern können:


    [timg]http://www.wagnerwiesbaden.de/jpgs/Esser.jpg;l;170;222[/timg]Esser, Hermin, dt. Tenor, * 1.4.1928 Rheydt.
    Er wurde in Düsseldorf von Franziska Martienssen-Lohmann ausgebildet und debütierte 1954 in Krefeld.
    Nach verschiedenen Engagements (u.a. Komische Oper Berlin) kam er 1964 an die Dt. Oper am Rhein.
    Sang ab 1966 in Bayreuth (Froh, Erik, Tannhäuser, Tristan). Gastierte in Paris, Wien (Siegfried, Parsifal) und London und hatte in Italien große Erfolge im Wagner-Fach (1981 Tristan in Rom unter Matacic).
    Gastierte 1988 an der Dresdner Staatsoper als Herodes in Salome.
    Im April 2009 ist er nach längerer Krankheit in seiner Wahlheimat im Taunus gestorben.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    wie schön und wohtuend, dass Du an den großen Heldentenor Hermin Esser erinnerst. Er hat dies Gedenken wirklich verdient. Danke. Erst kürzlich erhielt ich von seiner Witwe Brigitte wertvolle Materialien und besonderes Bildmaterial, das wir in der Gottlob-Frick-Gedächtnisstätte gerne präsentieren werden.


    Herzlichst
    Operus

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  • Vorhin gehört: Hermin Esser als OTELLO. Mit Brünhild Friedland singt er das große Duett "Nun in der nächt´gen Stille" aus der gleichnamigen Verdi-Oper. Begleitet werden sie von der Staatskapelle Dresden, unter der Ltg. von Helmut Seydelmann.

    W.S.

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  • heute vor 5 Jahren verstorben:


    Hermin Esser, deutscher Tenor ( 1.04.1928 - 17.04.2009 )

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    da sieht man wieder wie schnell die Zeit vergeht. Wir hören öfters eine Aufnahme mit Hermin Esser und sind immer wieder beeindruckt von seinen reichen stimmlichen Fähigkeiten.
    Seine Witwe, Brigitte Esser, ist nach wie vor regelmäßiger Gast bei den Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft. Damit Sänger nicht ganz im Nirwana des Vergessens versinken brauchen Sie Freunde wie Dich, die immer und immer wieder an vergangene Gesangsgrößen erinnern. Danke!


    herzlichst
    Operus

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  • Heute jährt sich wieder der Geburtstag von Hermin Esser - er wäre 87 Jahre alt geworden. Ich höre ihn nun als "Kalaf" in Puccinis "Turandot". Es ist ein wunderschöner Querschnitt des Werkes mit dem Berliner Rundfunk-Sinfonie-Orchester unter der Leitung des unvergessenen Horst Stein. In der Titelrolle: Sigrid Ekkehard:


    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Hallo, Manfred!


    Ich freue mich, daß du an den von mir sehr geschätzten Tenor Hermin Esser erinnerst. Ich habe verschiedene Aufnahmen mit ihm, u. A. die von dir oben beschriebene TURANDOT.




    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Hermin Esser war einer der ganz Verläßlichen und ein Qualitätsgrant im unsteten Opernbetrieb. Wolfgang Wagner sagte in Bayreuth einmal zu mir. "Hermin Esser müsse man am Festspielhügel ein Denkmal setzen, weil er so viele Vorstellungen in letzter Minute gerettet hätte. " Er erwies sich dann auch meist ein Gewinn für die Aufführung und die jeweilige Partie. Kein Ersatz, wo man sofort denkt "O je" wenn der Herr im schwarzen Anzug vor den Vorhang tritt und dem Publikum die Absage verkaufen möchte.


    Schön, dass immer wieder an Hermin Esser erinnert wird.


    Herzlichst
    Operus

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  • Eine Studioaufnahme mit Hermin Esser, die ich sehr gern höre, ist die Brautgemachszene aus LOHENGRIN, die sich in dieser, Hanne-Lore Kuhse gewidmeten Sammlung, befindet.


    Richard Wagner
    LOHENGRIN
    Das süße Lied verhallt


    Lohengrin: Hermin Esser
    Elsa: Hanne-Lore Kuhse


    Staatskapelle Berlin
    Dirigent: Horst Stein
    aufgenommen am 13. März 1960


    Dauer: 20.47 Minuten



    Leider scheint TRISTAN UND ISOLDE aus dem Teatro La Fenice mit Esser als Tristan (unter Karl Böhm in Bayreuth war er etwa zur gleichen Zeit der Hirt und der junge Seemann) vom Markt verschwunden zu sein. Es handelt sich um einen Mitschnitt von 1971. Die Isolde singt Gunilla af Malmborg, die Brangäne Grace Hoffman. Marke ist Eduard Wollitz und Kurwenal Hans Günther Nöcker. Am Pult waltet Kurt Masur. In dieser Serie des Labels Mondo Musica sind sehr viele hoch interessante Mitschnitte erschienen. Der Verkaufserlös floss seinerzeit in den Wiederaufbau des ausgebrannten Opernhauses von Venedig.


    Auf die Zugehörigkeit von Hermin Esser zur Komischen Oper Berlin ist weiter oben schon hingewiesen worden. Dort trat er auch als Mozart-Tenor in Erscheinung. Sehr lyrisch, jedoch schon damals mit einem Ansatz, der die Entwicklung zum Heldentenor ahnen ließ. Zwei Mitschnitten haben sich erhalten:


    DIE ZAUBERFLÖTE
    Komische Oper Berlin 1957 (ohne Vorspiele und Dialoge)
    Dirigent Meinhard von Zallinger


    Tamino: Hermin Esser
    Pamina: Sonja Schöner
    Königin der Nacht: Ingrid Czerny
    Papageno: Richard Kogel
    Papagena: Irmgart Armgart
    Sarastro: Herbert Rößler
    Sprecher: Hans Reinmar
    Monostatos: Karl-Heinz Thomann



    DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL
    Erster und zweiter Aufzug ohne Vorspiele und Dialoge
    Komische Oper 1957
    Dirigent Harold Byrns


    Belmonte: Hermin Esser
    Konstanze: Sonja Schöner
    Blonde: Eva Maria Baum
    Pedrillo: Georg Baumgarten
    Osmin: Herbert Rößler



    P.S. Bitte an einen Moderator: Ließe sich die Threadüberschrift ändern? Vielleicht in Hermin Esser, ein deutscher Tenor (1928 - 2009). Danke.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Welch überwältigender Klang, die Stimme des Heldentenors Hermin Esser. In Bayreuth hat er neben vielen Loges Anfang der 70er Jahre auch den Siegmund gesungen. 1971 alternierte er mit dem nicht übermäßig überzeugenden Helge Brilioth. Dessen Siegmund wurde aufgezeichnet, wohl nicht aber der des großartigen Hermin Esser, der in Bayreuth unentbehrlich war, doch anscheinend hintanstehen musste.

    Ich wollte in diesen (ausgefallenen) Bayreuth-Tagen an diesen großen Sänger erinnern...


    VG
    Otello50

  • Welch überwältigender Klang, die Stimme des Heldentenors Hermin Esser. In Bayreuth hat er neben vielen Loges Anfang der 70er Jahre auch den Siegmund gesungen. 1971 alternierte er mit dem nicht übermäßig überzeugenden Helge Brilioth. Dessen Siegmund wurde aufgezeichnet, wohl nicht aber der des großartigen Hermin Esser, der in Bayreuth unentbehrlich war, doch anscheinend hintanstehen musste.

    Wenn ich richtig informiert bin, wurden aus Bayreuth nur die Premieren übertragen und bei dieser Gegelenheit von Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet. Eine Ausnahme bildeten geplante offizielle Veröffenltichungen, die sich aus mehreren Vorstellungen zusammensetzten wie der "Ring" unter Böhm, in dem Esser als Froh dokumentiert ist. Aus der Datenbank der Festspiele geht hervor, dass Esser als Siegmund lediglich Einspringer für jeweils eine Vorstellung - 1971 für Brilioth und im Jahr darauf für King.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich schätze Hermin Esser ungemein. Ich habe ihn vor nicht allzu langer Zeit im Internet auf you tube in mehreren Bayreuther Meistersinger-Mitschnitten als David gehört. Er ist der beste David, den ich je gehört habe. Da können sich sonstige hochgelobte Davids (?) wie Gerhard Unger oder Peter Schreier einen davon abschneiden, und nicht zu knapp. Esser singt den David mit absolut phantastischem heldentenoralem Aplomb, hervorragend im Körper und mit einer phantastischen italienischen Technik, stimmstark und ausdrucksstark. In dieser Rolle war er sogar manchem Stolzing-Sänger überlegen. Einen besseren David als Esser gibt es m. A. nach nicht. In diesen Aufnahmen war schon zu spüren, dass Esser in nicht allzu langer Zeit den Sprung zum Heldentenor vollführte. Dieser Sänger war schon etwas ganz Besonderes.


    Herzliche Grüße


    Lustein

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  • Da können sich sonstige hochgelobte Davids (?) wie Gerhard Unger oder Peter Schreier einen davon abschneiden, und nicht zu knapp. Esser singt den David mit absolut phantastischem heldentenoralem Aplomb, hervorragend im Körper und mit einer phantastischen italienischen Technik, stimmstark und ausdrucksstark.

    Ist es denn inhaltlich wirklich sinnvoll, dass ein David mit "heldentenoralem Aplomb" singt? Die Rolle gehört nunmal nicht ins Stimmfach des Heldentenors und das hat auch seine Gründe. Wagner war ja nicht dumm und wuste genau, warum er Stolzing zum Heldentenor machte und David nicht. David ist der Schüler, der trotz allen Strebens noch weit davon entfernt ist, selbst Meister zu sein. Insofern halte ich einen "stimmstarken" David "mit absolut phantastischem heldentenoralen Aplomb" schlicht für eine Fehlbesetzung - so anspruchsvoll die Rolle des David auch ist - oder gerade deshalb. Wagner komponiert doch im 1. Akt geradezu, wie der neunmalkluge, belehrende David an seine stimmlichen Grenzen stößt, sich übernimmt, beweist, dass er selbst noch kein Meister, sondern nur ein Schüler ist, der selbst noch viel lernen muss. Ein strahlender David mit "heldentenoralem Aplomb" ist meines Erachtens von Wagner überhaupt nicht intendiert. Der Stimmfachunterschied zwischen Stolzing als jugendichem Helden und David als lyrischem Tenor mit buffonesken Zügen ist meines Erachtens vom Komponisten klar herausgearbeitet und sollte m.E. daher auch klar zu erkennen sein.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Esser singt den David mit absolut phantastischem heldentenoralem Aplomb,

    Für mich ist "heldentenoraler Aplomb" das Letzten, was ich von David erwarten würde. Der ist doch ein entzückender Hasenfuß, der großspurig auf den Putz haut, wenn sein Meister nicht in der Nähe ist. Steht er vor ihm, bringt er fast kein Wort heraus und lässt sich sogar verprügeln. Er hat aber auch schon viel gelernt, weiß damit allerdings noch wenig anzufangen, außer, dass er damit gegenüber Stolzing prahlt. In der Gewalt gegen den Buben sehe ich eine dunkle Seiten von Sachs. Wagner ist mit David eine seiner schönsten Erfindungen gelungen. Er ist eine durch und durch menschliche Gestalt. Ich schätze nach wie vor Gerhard Unger als einen der besten Interpreten der Rolle. Er hat den David in der Stimme. Schreier singt ihn etwas genauer. Er ist mir aber eine Spur zu akademisch. Esser als David? Nun ja. Er singt ziemlich frei und klingt mir zu reif. Letztlich aber ist alles Geschmacksache.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Generell Zustimmung, bis auf einen Punkt: Gerade als David ist mir Schreier keine Spur zu akademisch, sondern dieses "Überkorrekte" passt ganz wunderbar zur Rolle - dieser David versucht das, von dem er innerlich spürt, dass es ihm noch fehlt, durch besondere "Korrektheit" zu überspielen. Daher kommt die Rolle David dem Interpreten Peter Schreier meines Erachtens ganz besonders gut entgegen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Noch ein Wort zu Hermin Esser:


    ich habe nochmal nachgesehen und gefunden, dass es von diesem großen Sänger doch ein Zeugnis seines Siegmund gibt: der Mitschnitt eines Konzerts in der Zagreber Philharmonie vom 15.03.1974 unter Lovro von Matačić mit dem 1. und 3. Akt. Wotan ist Tomislav Neralić, Brünnhilde Esther Kovac. Die Doppel-CD (in Stereo!), 2013 herausgegeben von der Lovro und Lilly von Matačić Stiftung (Fond Lovro und Lilly Matacic in Zagreb) ist sicher nicht leiccht zu bekommen. Ich will es versuchen. Es wäre schön, diese Aufnahme kennenzulernen.


    Herzlichst

    Otello50

  • Lieber "Otello50",


    es gibt auch eine andere "Walküre" mit Esser als Siegmund, und zwar aus Chicago 1972. Und diese kannst du dir, wenn du willst, sofort anhören:



    :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Lieber "Stimmenliebhaber",

    vielen Dank, Du hast natürlich recht. Die Aufnahme hatte ich aus dem Blick verloren. Man bekommt einen guten Eindruck von seiner Gestaltung des Siegmund, trotz der Tonqualität.


    VG
    Otello50

  • Esser als David? Nun ja. Er singt ziemlich frei und klingt mir zu reif. Letztlich aber ist alles Geschmacksache.

    Lieber Rheingold!

    Unsaubere Intonation und ein freier Umgang mit dem Notentext sind für mich keine Geschmacksache.
    Beides bekommt man bei Hermin Esser - beim David ebenso wie bei Otello, Tristan oder Tambourmajor.

    Ich hatte das Vergnügen den Sänger in vielen Live-Aufführungen zu hören. Da konnte er mit seiner robusten klangvollen Stimme punkten. Aber Lust, seine Aufnahmen zu hören, habe ich nicht.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Hermin Esser war mein erster David, in einer Aufführung der Bayreuther Festspiele, ohne dass er bei mir einen besonderen Eindruck hinterließ. Anders wenige Jahre später, als er in Nürnberg den Stolzing sang. Neben Waldemar Kmentt der beste Rollenvertreter, wohlgemerkt im beschränkten Rahmen meiner live-Erfahrungen.


    Wie hier schon oft erwähnt, hatte Hermin Esser eine besondere Karriere als Einspringer, landauf, landab. Ich erinnere einen Dialog in der Maske des Augsburger Stadttheaters. Gerade wird der Einspringer Esser zum Mohren von Venedig verwandelt. Seine Frage "was habt ihr denn in der kommenden Spielzeit auf dem Programm, damit ich mich schon mal drauf einstellen kann".


    :)


    Er kam wieder, als Tannhäuser, als Jung-Siegfried, als Hermann in Pique Dame, ausschließlich als Einspringer.


    Schade, dass seine wenig phonogene Stimme zu magerer Präsenz auf Tonträgern führte.

  • Lieber udohasso,


    Dein wieder sehr interessanter Beitrag drängt mir erneut eine Frage auf, die mich einfach nicht loslässt: wo sind heute die Tenöre, die noch einigermaßen klangvoll Wagnerpartien meistern. Weltweit nicht mehr als ein Dutzend. Seiffert, Gould, Vinke, Skelton, Kaufmann (z.T) und Schager fallen mir spontan ein. Den Tristan und Tannhäuser bewältigen noch weniger. Da wäre ein Hermin Esser sicher sehr willkommen. Früher hatte gefühlt jedes mittlere Opernhaus seinen Heldentenor. Bei den anderen Stimmlagen sieht es nach meiner Einschätzung auch nicht viel besser aus.

    Wie aber steht es um die Zukunft des Wagnergesangs, wenn die angemessenen Stimmen fehlen? Natürlich sieht es die professionelle Zunft anders...


    Was Hermin Esser angeht: phonogener als seine Stimme fand ich die des vielbeschäftigten Wolfgang Windgassen auch nicht. Einige von Windgassens Tonaufnahmen (sein später Tannhäuser, sein Othello) waren mir angesichts seiner gaumigen Tongebung und gewissen Larmoyanz eher unwillkommen. Sein historischer Rang steht natürlich außer Frage.


    Herzlichst

    Otello50

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