Joan Sutherland - "La Stupenda"

  • Liebe Musikfreunde,


    Jeder hat seine Lieblingsstimme in einem bestimmten Fach, meine war bzw ist es noch immer, Joan Sutherland.


    ...


    Ihre Stimme war für mich unverkennbar, ich kann mir im Belcano-Bereich nichts besseres vorstellen, aber auch dramatische Arien meisterte sie mit Bravour.In "Hoffmanns Erzählungen" etwa verkörperte sie auf der berühmten Bonynge-Aufnahme alle vier tragenden Frauenrollen überzeugend, etwas das auf Grund des verschiedenen Anforderungsprofils nur wenigen Sängerinnnen überzeugend gelingt.
    Donizetti, Bellini, Verdi, Rossini - überall war die Sutherland an vorderster präsent - welch Vergnügen. Und sie hat alles für die Platte eingespielt - DECCA sei dank. Am Pult stand meist ihr Mann, Richard Bonynge der zu Unrecht immer als "Mr. Sutherland" bespöttelt wurde - Er war nicht nur Dirigent und Pianist siondern zudem noch Musikwissenschafter.
    Ich fand seine Dirigate immer recht schmissig und wirkungsvoll - theatergerecht. Während ich hier schreibe, stimuliere ich mich gerade mit der berühmten Aufnahme von "La fille du Regiment" mit dem Chor und Orchester Covent Garden und Pavarotti als Partner der Sutherland.
    Ich wüsste nicht daß das je überzeugender eingespielt wurde.
    Ihr Repertoire war aber weit größer, ich habe mich nur auf die Schwerpunkte konzentriert.


    Nun interessiert mich, wer von euch diese Künstlerin auch schätzt (ober eben auch nicht) und welche Aufnahmen euch besionders besitzenswert erscheinen. Ich hab nämlich festgestell, daß das meiste, was ich von ihr habe noch auf LP, nicht aber auf CD vorhanden ist. Da will ich vorsichtig gegensteuern..... ;)


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Joan Sutherland ist es zu verdanken, daß viele Belcantoschätze für die Ewigkeit konserviert wurden. Für mich als Belcantofan eine ware Fundgrube. Meine erste Belcanto-Oper war Maria Stuarda. Es folgten Lucia, Beatrice di Tenda, Semiramide, Norma und wie sie alle heißen. Oft wurde ihr vorgeworfen, daß die Textverständlichkeit nicht so gut wäre. Ab er mal ehrlich: ist der Text im Belcanto sooo wichtig und ist dieser bei den Koloraturkaskaden in höchster Höhe sängerisch überhaupt zu bewältigen? Vielleicht ein Thema für einen Thread: Wort oder Text?


    :jubel: Immer wieder Danke an Frau Sutherland, La Stupenda und natürlich ihren Eheman, Richard Bonynge. Wenn ich mir vorstelle, daß Frau Sutherland wohl doch eher in das dramatische Fach abwandern wollte (wohl auch nach Willen ihrer Mutter). Gott bzw. Richard sei Dank, ist dies nicht geschehen.


    Welche Aufnahmen von ihr sind denn noch nicht auf CD erschienen? Ich dachte, opernmäßig dürfte so ziemlich alles vorhanden sein.

  • ja, die bedeutung der sutherland für die operninterpretation und-aufführungsgeschichte ist kaum zu unterschätzen. ich habe auch fast alle ihrer donizetti/bellini/massenet-einspielungen. und die dirigate ihres mannes sind wirklich kaum zu übertreffen (auch die tschaikowsky-ballette: grandios)


    dennoch ergreift mich ihre stimme nicht immer. und ich 'liebe' andere mehr -


    ungeheuer jedoch die meinung eines bösen kritikers (nicht meine meinung): 'die sutherland - eine seelenlose zwitschermaschine ... ' 8o

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Guten Tag,


    mein Verhältnis zu Joan Sutherland ist seit dem Tag an dem ich ihre Stimme das erste mal hörte, ein ambivalentes. In meinen Augen kann man dem "Phänomen Sutherland" weder mit Superlativen noch mit Ausdrücken wie "Zwischtermaschiene" gerecht werden. Die Wahrheit liegt wohl - wie so oft - in der Mitte.


    Sicher war sie nie eine Sängerin, die durch besondere gestische Intensität und unbedigtem Willen zum Ausdruck, wie etwa Renata Scotto und Leyla Gencer (beide zeitweise im gleichen Fach wie die Sutherland), beeindruckte. Aber Gleichgültigkeit dem was sie sang gegenüber, wie etwa zeitweilig von Gruberova oder Caballe praktiziert, kann ihr ebenso wenig vorgeworfen werden.


    Ihre ersten Platten waren und sind noch heute eine Wucht! Wie sie 1960 in "The Art of the Prima Donna" Marguerites Diamantenarie, oder Juliettes "Je veux vivre" sang, tat ihr bis heute niemand nach. Hier stimmte einfach alles. Leichtigkeit im Ansatz, große Agilität und ein traumhaftes rhythmisches Timing. Oder man höre aus 1959 "Ernani involami" unter Santi. Man muß schon zu Rosa Ponselle oder Maria Callas greifen, um eine ähnlich beeindruckende Ausführung zu erleben. Zu dieser Zeit war ihre Stimme zwar auch schon leicht verschattet (eine Eigenschaft die auch bei ihrer Clotilde neben Callas' Norma 1953 schon auffällt), sie hatte aber noch nicht den arg verhangenen Klang späterer Aufnahmen. Dieses Timbre war wohl immer Geschmacksache, man mochte es, oder eben nicht.


    Maßstäbe setzte sie sicher in Partien wie etwa Lucia, Amina oder Elvira. Ihre Sache nicht waren in meinen Augen Partien wie Norma und Trovatore-Leonora. Und dies nicht etwa, wegen mangelndem Volumen oder schwachem unteren Register. Viel eher konnte (oder wollte?!?) sie den dramatisch-expressiven Anforderungen dieser Partien nicht gerecht werden. Das sie durchaus zum lyrisch-dramatischen Sopran tendierte, beweist ihr Einsatz in den 50er Jahren als Amelia und Agathe. Und auch ein kürzlich veröffentlichter BBC-Mitschnitt von Euryanthe aus 1955 zeigt sie dieser anspruchsvollen Partie durchaus gewachsen (3. Akt: „Zu ihm, zu ihm! Oh weilet nicht!“).


    Noch heute wird ihre Norma hochgeschätzt, sicher nicht ohne Grund. Die melismatischen Passagen in „Casta Diva“ hat vielleicht mit Ausnahme der Caballe keine Sängerin vor und nach ihr in dieser Weise kultiviert. „Ah si, fa’ core, abbracciami“ im 2. Akt ist ein zärtliches Gedicht! Hört man jedoch zentrale Phrasen wie „Preghi alfine? Indegno, è tardi“ (3. Akt), braucht man nicht zur Callas zurückzukehren um diese Worte wirklich erfüllt zu hören. In solchen Momenten bleibt bei der Sutherland immer ein unerfüllter Rest. Norma ist mit purem Schönklang und dem detailverliebten ausformulieren kleiner und kleinster Notenwerte eben nicht beizukommen. Ich beziehe mich hier auf ihre erste Norma-Aufnahme, da man über die zweite wohl ebenso besser schweigt, ebenso wie über ihre sehr späte Anna Bolena.


    Ihr Verdienst für immer bleibt es, gemeinsam mit ihrem tatsächlich unterschätzten Ehemann, die von Maria Callas begonnene Rückführung vergessener „Belcanto-Opern“ ins Repertoire fortgesetzt zu haben. Trotz meiner Einwände, eine große Sängerin. Von mir hoch geschätzt, nicht geliebt!


    Herzliche Grüße


    Gino Poosch

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • hallo, gino, dam kann ich nur zustimmen. perfekt analysiert - zumindest in meinen augten und für meine ohren ... grüße

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

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  • Hallo,


    Man sieht hier, wie verschieden man eine Stimme beurteilen kann, oder besser gesagt einen Interpretationsansatz.
    Das ist aber auch davon abhängig wie man bestimmte Werke einstuft.
    Manche liebten die Callas gradezu abgöttisch. Ich muß gestehen ich habe sie, ebenso wie Sutherland , nie Live erlebt- Ihre Stimme auf Schallplatte wirkt auf mich am ehesten "abstoßend"


    Sutherland, hingegen blieb ihren Rollen siche dramatische Aspekte schuldig - aber - Hand aufs Herz - welchen BelCantoFan störte das schon ? Hier ging es mehrheitlich um Werke, die schon als Da-Capo Opern konzipiert wurden miit der Hauptaufgabe die Stimmen der Sänger ins rechte Licht zu stellen.


    Wahrscheinlich bin ich geprägt, aber eine schönere Aufnahme von "La fille du Regiment" kann ich mir schwer vorstellen. Das gilt auch für etliche andere Aufnahmen.Daß jedoch die letzten Aufnahmen der Künstlerin den stimmlichen Verfall nur zu deutlich dokumentieren ist leider eine unleugbare Tatsache...


    An sich möchte ich bei Gino anknüpfen, wenn er meint:


    Zitat

    Dieses Timbre war wohl immer Geschmacksache, man mochte es, oder eben nicht


    Ich mochte es von Anbeginn - vielleicht ein wenig zu kritiklos - Im Gegensatz zu Gino, schätze ich die Stimme nicht nur, sondern mag sie.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Hallo Alfred,


    Sie haben in der Tat recht! Es ist eine Frage des Ansatzes. Der ewige Streit: „Prima la musica, doppo le parole“ oder „Prima le parole, doppo la musica“. Oder wie es Yehudi Menuhin gesagt hat: „Der größte Feind der Technik ist die Interpretation.“


    Ich glaube, das eine gegen das andere auszuspielen, hieße sich mit der Hälfte zufrieden zu geben. Wenn gestattet, zitiere ich hier mal meinen Beverly Sills Thread, um mich nicht wiederholen zu müssen, da er meinen Ansatz relativ gut verdeutlicht.


    Zitat

    Die Musik dieses Repertoires, ist im besten Sinne des Wortes, Sängermusik. Wobei der gebrauchte Terminus weniger die Grenzen dieser Musik als vielmehr ihren Anspruch verdeutlicht. Musik also, die mit dem oft mißbrauchten, fehlgedeuteten Begriff »Belcanto« beschrieben wird. Im Gegensatz zu den dramatisch stärker eigenständigen Werken etwa Giuseppe Verdis oder Giacomo Puccinis, eine Musik die durch eine lebendige Wiedergabe durch den Sänger ihre Berechtigung erlangt und ihr erst dadurch (sic!) eine dramatische Dimension zuteil wird, die als »Wahrhaftig« beschrieben werden kann. Oder anders: Erst durch den agierenden und dadurch illuminierenden Künstler, vervollkomned sich die Kunst des Komponisten. Dies ist ein gewollter und notwendiger Bestandteil dieses Repertoires, wenn nicht gar seine raison d’être.


    Doch gerade diese Forderung wird, wenn nicht gar als unerheblich, so doch zumindest als Sekundär gerade von den Connaisseurs dieser Gattung immer wieder abgetan. Dramatische Authentizität geopfert auf dem Altar kühl-kalkulierter Perfektion. Hatte nicht Maria Callas in den fünfziger Jahren gelehrt wie man diese Musik frei von Effekten so doch mit einer unbedingten Wahrhaftigkeit gestalten kann? Waren nicht Sängerinnen wie Leyla Gencer oder Virignia Zeani weitere hoffnungkündende Exponenten dieses Gedanken? War nicht genau dies gemeint als die Callas ausgerufen haben soll, Joan Sutherland habe ihre Arbeit um Jahre zurückgeworfen? Die Sutherland, eine bedeutende Sängerin mit einem unüberbotenen Maß an vokaler Perfektion blieb diese Dimension nicht selten schuldig. Ihre musikalischen Erbinnen, Edita Gruberova etwa, reihten sich in diese Tradition ein. Nicht selten wurde Sängermusik mit «Nachtigallenmusik» gleichgesetzt. Was stets Degradierung statt Sublimierung bedeutet! Die Partien bekamen eine Stimme, kein Gesicht. Ein fataler Irrtum.


    Es ist unstrittig, dass eine adäquate technische Ausführung der musikalisch-technischen Anforderungen immer Voraussetzung sein muß, für eine darüber hinaus reichende identifikatorische Leistung. Zugegeben, nicht selten haben Künstler letzteres geschickt auszunutzen verstanden, um ihr Defizit bei ersterem zu kaschieren. Dies ist falsch und wirkt zuweilen lächerlich.


    Verstehen Sie meine Ausführungen also bitte nicht als ein Plädoyer für einen „Verismo-Belcanto“. Viel eher glaube ich, jenes Bemühen um dramatische Authentizität ist die einzige Möglichkeit, diese Musik, der nicht selten der Makel des antiquierten anhaftet, auch für die nächsten Generationen aktuell erscheinen zu lassen. Mir scheint, dies ist die deutlich bessere Strategie, als hypermoderne, die Intentionen des Komponisten karikierende Inszenierungen ohne Aussagewert.


    Sie selber schrieben ja:

    Zitat

    BelCanto ist derzeit leider nicht in Mode, weil das "Schöne" momentan generell "out" zu sein scheint


    Jene Gratwanderung zwischen technischem Finish und dramatischer Wahrhaftigkeit hat Maria Callas (in ihren besten Jahren) wie keine andere geschafft. Und auch das ist richtig, ihre Stimme wurde mindestens so kontrovers wie die der Sutherland beurteilt. Indes, von einer schönen Stimme zu sprechen, hieße am Thema vorbei zu diskutieren. Niemand hat dieses Phänomen besser in Worte gefasst als die große Ingeborg Bachmann:
    "Maria Callas ist kein »Stimmwunder«, sie ist weit davon entfernt, oder sehr nah davon, denn sie ist die einzige Kreatur, die je eine Opernbühne betreten hat.“


    Die Verdienste beider Sängerinnen sind so groß, dass eine Entscheidung für die eine oder andere nicht Not tut. Und was „La fille du régiment“ betrifft, bin ich ganz Ihrer Meinung. Mit ihrer Marie steht die Sutherland allein auf weiter Flur und disqualifiziert alle Sängerinnen vor und nach ihr, Edita Gruberova und Luciana Serra eingeschlossen. Auch wegen Pavarotti und Bonynge, eine bedeutende Aufnahme! Gerade hörte ich einen unautorisierten Mitschnitt von „Der Hölle Rache“ (London 1962). Wirklich großartig! Leider hat sie nur die erste Königin Arie im Studio aufgenommen. Und ob Sie es glauben, oder nicht: Ihre Turandot unter Mehta (live natürlich undenkbar) schätze ich sehr. Welche Sängerin ist schon als Königin der Nacht ebenso befriedigend, wie als Turandot?


    Herzliche Grüße


    Gino Poosch

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

    2 Mal editiert, zuletzt von Gino_Poosch ()

  • Fast ein Jahr ist hier nichts zur Sutherland geschrieben worden. Heute hat mich ein Freund aus Virginia auf dieses Video aufmerksam gemacht:


    "http://www.youtube.com/watch?v=YeTOZX2m8FY"

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Mmh, einer der magischsten Momente, die Oper zu bieten hat.


    Verflixt, ich bin im falschen Thread!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Zitat

    Original von Melot1967
    Fast ein Jahr ist hier nichts zur Sutherland geschrieben worden. Heute hat mich ein Freund aus Virginia auf dieses Video aufmerksam gemacht:


    http://www.youtube.com/watch?v=YeTOZX2m8FY



    ?(


    DIE Seite ist erreichbar: Der Beitrag wir deshalb binnen 24 Stunden entfern.


    Wahrscheinlich nur kuirz nicht erreichbar....


    MOD 001 Alfred

  • Der Link funktioniert. Falls nicht sofort, dann eben später mal probieren. (Derzeit habe ich z. B. mit tinypic das Problem. Solange die down sind, erscheint in meinen Beiträgen kein einziges Foto.)


    Zu dem kurzen Video mit Horne/Sutherland:
    Im ersten Augenblick dachte ich, es wäre eine der Parodien von French&Saunders. Aber ich habe natürlich schnell gesehen, dass der entzückende Ausschnitt original ist.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.


  • Hallo Forianer,


    aus gegebenen Anlass, La Stupenda Joan Sutherland wird heute 80 Jahre alt, soll heute an eine der besten und erfolgreichsten Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts erinnert werden.


    Auf http://www.klassikakzente.de kann man folgendes über die Diva lesen:


    "Die Sopranistin Joan Sutherland wurde am 7. November 1926 in Point Piper bei Sydney geboren. Als junges Mädchen war sie sich gar nicht sicher, ob sie eines Tages die großen Bühnen der klassischen Welt begeistern könnte. Sie lernte Steno und Schreibmaschine, tippte während ihres Studiums unzählige Wetterberichte und hoffte auf die richtige Gelegenheit, den Absprung zu schaffen. Diese kam nach manchen guten Ansätzen in Gestalt des Dirigenten Richard Bonynge, der ihrer Karriere nicht nur den nötigen Anstoß gab, sondern auch ihr Ehemann wurde. Zunächst jedoch wurde sie unterrichtet und gefördert von John und Aida Dickens in Sydney, die Sutherland soweit brachten, dass sie bereits mit 21 Jahren in ihrer Heimatstadt mit der Titelrolle von Purcells "Dido and Aeneas" auf der Bühne stand. In den Höhen sang sie damals noch etwas scharf, insgesamt uneinheitlich im vokalen Erscheinungsbild. Aber ihre Stimme hatte etwas Besonderes, ein emotionale Ausstrahlung, die die Menschen zu faszinieren verstand. Und so machte sie weiter, gewann den "Mobil Quest 1950", der es ihr ermöglichte, 1951 ihre Studien in London an der Royal Academy of Music bei Clive Carey fortzusetzen.


    Es wundert daher wenig, dass sie, kaum in in der englischen Hauptstadt angekommen, bereits 1952 am Covent Garden als 1.Dame in der "Zauberflöte" zu hören war. Ihr Sopran faszinierte das Publikum und machte sie zur ersten Wahl für eine Starbesetzung. Als 1953 Bellinis "Norma" mit Maria Callas in der Titelrolle inszeniert wurde, bekam Sutherland die Partie der Clothilde. Erfolg setzte ein, sie bewährte sich daraufhin als Aida, Amelia ("Ein Maskenball", Verdi), Eva ("Die Meistersinger von Nürnberg", Wagner - "viel zu früh in meiner Entwicklung", wie sie später meinte) und Agathe ("Der Freischütz", von Weber). Der Durchbruch jedoch kam im Jahr 1959. Ihr späterer Ehemann Richard Bonynge, damals noch Korrepetitor am Covent Garden, überredete erst sie selbst, dann den Verwaltungschef des Hauses, Sutherland eine Rolle aus dem 19. Jahrhundert singen zu lassen. Im Verborgenen probten die beiden, bis sich die Sängerin ihrer Sache sicher war, und als ihr dann tatsächlich die Titelpartie von Donizettis "Lucia di Lammermoor" angetragen wurde, gelang die Überraschung. Aus der lyrischen Sopranistin war ein strahlender, beeindruckender Koloratursopran geworden, der das Publikum förmlich von den Sitzen riss. Seit der Callas wurde in London nicht mehr so euphorisch applaudiert wie bei Sutherlands "Lucia".



    Von da an ging es noch steiler bergauf als bisher schon. Im selben Jahr gastierte Sutherland in Wien, bald darauf in Genua, Venedig. Anno 1961 konnte sie den Erfolg der "Lucia" an der Scala in Mailand wiederholen, wenig später in New York an der Met. Nicht zuletzt Donizettis melodramatische Figur verhalf ihr dazu, über mehr als dreißig Jahre eine der bedeutendsten Sopranistinnen ihrer Generation zu bleiben, auch wenn die Bandbreite ihres Repertoires stetig zunahm. Am 17. Oktober 1963 sang sie dann erstmals die Titelrolle in Bellinis "Norma", eine Partie, die sich zu einer ihrer Glanzrollen entwickelt. An ihrer Seite waren übrigens Marilyn Horne als Adalgisa und der junge Luciano Pavarotti als Römer Sever zu hören, zu dessen Karrierestart Sutherland maßgeblich beitrug. Immer mehr wichtige Rollen traten hinzu, die Marie in Donizettis "La Fille du Régiment" (1966), die Rosalinde in Johann Strauss "Die Fledermaus" (1973), ja sogar die Hanna Glavari in "Die lustige Witwe" von Lehár (1976). Sutherland hatte sich zu einer der prägenden Stimmen ihrer Generation entwickelt und so wurde sie 1979 schließlich wegen ihrer umfassenden Verdienste um die Musik von Königin Elizabeth II durch die Verleihung des Titels "Dame" geadelt.


    Dame Joan Sutherland blieb bis in die späten achtziger Jahre auf der Bühne aktiv. 1990 spielte sie ihre letzte Bühnenrolle an der Oper von Sydney als Marguertie von Valois in Meyerbeers "Die Hugenotten", am Ende des Jahres nahm die ihren Abschied von der Bühne mit der Silvestervorstellung der "Fledermaus" an der Londoner Covent Garden Opera, als "Gast" im 2.Akt beim Fest des Prinzen Orlofsky. 1991 wurde sie dann von der britischen Königin zum Mitglied des sehr exklusiven Order of Merit berufen, im Jahr 1998 erklärte der Bürgermeister von New York Rudolph Giuliani den 6. Mai zum "Dame Joan Sutherland Day". Obwohl sich Joan Sutherland von den Bühne zurückgezogen hatte, blieb sie der Szene als Jurorin von Wettbewerben oder Pädagogin von Meisterkursen erhalten."



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo LT,


    Danke, danke und nochmals danke für diesen Thread. :jubel:
    Ich wußte gar nicht, daß Sutherland noch nicht ein eigenes Podium bei uns bekommen hatte.


    Übrigens war Richard Bonynge, anders als oben zitiert, damals noch nicht Dirigent. Er begann als Klavierspieler. Erst später, als er seine Frau begleitete auf ihre Reisen, spezialisierte er sich als Dirigent.


    LG, Paul

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  • Na, aber sicher haben wir den eigenen Thread ;) .


    Und zwar dort, wo er hingehört, nämlich im Sängerforum.


    Und dorthin verschiebe ich auch den Thread...


    Der moderierende Norbert

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Liebe Leute,


    manche Parameter des technischen Belcanto hat Sutherland sicher erfüllt wie keine zweite nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Leichtigkeit, Spitzentöne über dem Register in allen Intensitäten zu attackieren und auszuschmücken, ist bei ihr tatsächlich atemberaubend. Da kommt auch Gruberova nicht heran, die dafür andere Vorzüge vor La Stupenda hat (etwa mehr Ausdrucksmöglichkeiten).
    Dennoch wird das Bild der perfekten Assoluta etwas getrübt, wenn man einzelne Passagen auf die sängerische Ausformung überprüft. Fallende Skalen etwa singt Sutherland stets wie eine Rutsche - glissando ist da noch vorsichtig ausgedrückt; zu klingen hätten sie aber im Belcanto wie eine Kette Perlen: man höre Callas oder Melba. Warum singt sie die Königin der Nacht, wenn ihr das F verrutscht (wie auch Gruberova unter Sawallisch)? Und, wesentlichster Einwand: Warum klingt jede Rolle gleich? Auf mich wirkt das meiste aus dem Sutherland-Fundus wie formelhafte Etüden, nicht wie Rollenportraits.


    Dennoch bleibt Joan Sutherland auch für mich eine der vielleicht fünf, sechs größten Koloratursopranistinnen des 20. Jahrhunderts.
    Phantastisch natürlich die Olympia und "Son vergin vezzosa" aus Puritani - unübertroffen, ebenso wie "Au beau pays de la Touraine" und "Je veux vivre".


    PS: Kennt Ihr die Geschichte, daß sie angeblich kein absolutes Gehör besaß und daher bei Proben noch dachte, sie singe das C, während sie bereits beim F angelangt war? Eine psychische Barriere vor den absoluten Spitzentönen konnte sich da wohl gar nicht entwickeln!



    Gruß aus Berlin,



    Christian

  • Auch auf die Gefahr hin verprügelt zu werden: ich mag Sutherland absolut nciht udn finde sie nur technisch stupenda. Alle Aufnahmen, die ich von ihr habe, sind geschenkt und ich würde niemals freiwillig eine kaufen. :no:
    Sie ist eine der ganz grossen Virtuosinnen und der Satz von den besten Koloratursopranisten des Jahrhunderts ist sicher wahr. Ihre Technik hat sie scih härtest erarbeitet und die Anekdote, dass ihr Mann sie zum üben eingesperrt hat und dabei nciht sehr schmeichelhaft über sie sprach, habe ich von einer Sängerin erzählt bekommen..... ?(


    Ich persönlich ertrage sie weder als Bühnenperson noch als Stimme im Belcanto-Repertoire.(im Barock habe ich sie neulich erst kennengelernt und muss zugeben, dass das nciht nur gut sondern teilweise auch fastschön klingt... :stumm:..)
    Ansosnten finde ich die Stimme hart und kalt und mir absolut ncihts mitteilend. Die Emotionen, die gespiegelt werden sollen, wirken auf mcih vollkommen maniriert und aufgesetzt. Und wenn ich sie dabei auch noch sehe, dann kann ich nur die Augen zumachen, um wenigstens den perfekten Gesang würdigen zu können.
    Eine DVD als Norma aus der Sydney-Opera konnte ich nicht zu Ende sehen, weil ich all diese Mimik und Gestik so künstlich und un-authentisch fand, dass meine Sehnsucht nach Callas ubermächtig wurde. :untertauch:
    So, das war ein sicher keinesfalls opportunes Statement, aber auch das muss mal erlaubt sein.
    Es beeinträchtig ja keineswegs meine grosse Bewunderung für ihre Kunstfertigkeit im Koloraturfach. :jubel:


    Fairy Queen

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    ...
    Eine DVD als Norma aus der Sydney-Opera konnte ich nicht zu Ende sehen, weil ich all diese Mimik und Gestik so künstlich und un-authentisch fand, dass meine Sehnsucht nach Callas ubermächtig wurde.
    ...


    Aha. Wo hast du eigentlich die Callas als Norma gesehen? (Und wenn nicht - wer garantiert dir, dass sie dir darstellerisch gefallen hätte? ;) )


    Generell kann man sagen, dass Sutherland-Aufnahmen aus Sidney eher etwas für Hardcore-Fans sind. Sie stammen auch überwiegend vom Karriere-Ende. Von der Norma gibt es auch eine Aufzeichnung aus Kanada mit Tatiana Troyanos als Adalgisa und diese Aufführung ist ein ganz anderes Kaliber!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Liebe Fairy Queen,


    Niemand wird Dich verprügeln, sonst beißt ihn der Waldi!
    Die Sutherland ist oft die kalte Göttin - Göttin immerhin -, aber es gibt doch Partien, wo sie nicht nur durch perfekten Kehlenschall beeindruckt, z.B. ihre frühe Donna Anna.
    Kann sein, daß man sie dann besonders auf geläufige Gurgel getrimmt hat, eine Zeitlang war das ja richtig Mode, und Ausdruck galt als ein bißchen verstaubt.


    :hello:


    Waldi

  • Lieber Waldi, tu es très mignon :lips:


    Theophilus beisst mich vielleciht immerhin in den grossen Zeh, denn ich habe die Callas auch natürlich nie live als Norma sehen können...... :untertauch:
    Was die Donna Anna und Königin der Nacht engeht(beide gehören für mcoih in denselben Topf was Kälte und Härte angeht) DAS gestehe ic hder Sutherlabnd genau wie Edda Moser als auf den Leib geschrieben zu- meinetwegen schreibe ich das sogar in Gallos Thread.
    Aber abgesehen davon gilt bei mir für meine Damen: no thanks! :no:


    Ich muss im Moment viel schreiben, weil ich auf meinen 1000sten Beitrag hinarbeite und Peter einholen muss!!!!! Also provoziert mich ruhig ein bisschen :D

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Was die Donna Anna und Königin der Nacht engeht(beide gehören für mcoih in denselben Topf was Kälte und Härte angeht)


    Liebe Fairy Queen,


    Donna Anna ist eine attraktive Spanierin und muß Gefühl und Temperament besitzen (schließlich macht Don Giovanni ja einen nachhaltigen Eindruck auf sie), aber es darf nur unter der Oberfläche brodeln. Selbstbeherrschung siegt. Eine bloß kalte Göttin wäre da eine Fehlbesetzung. Die junge Sutherland fand die richtige Mischung.


    LG


    Waldi

  • Hallo zusammen,
    mir sagt die stahlharte und gletscherkalte Stimme von Mrs. Sutherland im allgemeinen so gar nicht zu. Übrigens auch nicht im Barock! Ich kenne sie als Rodelinda und als Alcina (beide Einspielung unter dem Händel völlig unangemessenen Dirigat ihres Gatten) und kann nur sagen: Furchterregend!!! Aber in Rollen eben, zu denen dieses furchterregende Organ samt ihrer zweifellos stupenden Technik passen, hat sie Wunderwerke vollbracht! Da ist einmal ihre - hier im Thread schon einmal erwähnte - »Turandot« unter Mehta. Das ist einfach frappant und trifft den Charakter der grausamen chinesischen Prinzessin ins Mark. Die andere Rolle, in der ich die Sutherland abgöttisch verehre, ist die »Lucrezia Borgia« von Donizetti, eine der IMO (in jeder Hinsicht) schärfsten, abgrundtief bösartigsten, verdorbensten, skrupellosesten und kältesten Frauencharaktere, die die Operngeschichte hervorgebracht hat. Sutherland gestaltet dieses Rolle so eindrucksvoll, daß es den Hörer selbst vorm offenen Kamin bis ins Mark fröstelt...


    Ganz herzlich,
    Medard

  • Zitat

    Original von Klawirr
    Hallo zusammen,
    mir sagt die stahlharte und gletscherkalte Stimme von Mrs. Sutherland im allgemeinen so gar nicht zu. Übrigens auch nicht im Barock! Ich kenne sie als Rodelinda und als Alcina...


    Lieber Medard,


    Nicht also in Musik von Graun und Bononcini. Das finde ich wirklich die Mühe wert. :yes:


    LG, Paul

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  • Wie war, genauso empfinde ich es auch.
    Mir ist sie viel zu damenhaft ,heute sadt mann zu hausbacken.
    Alle CDs die ich mit ihr besitze, wurden nicht wegen ihr gekauft,
    sondern wegen der anderen Sänger.


    Rita



  • Lieber Paul,
    hm, Graun und Bononcini kenne ich mit J.S. bisher nicht. Wenn es der Mühe wert ist - und wenn Du das schreibst, ist das sicher so - werde ich diese Bildungslücke wohl beizeiten schließen müssen... DANKE für den Hinweis!!!
    Ganz herzlich,
    Medard

  • Liebe Rita,lieber Klawirr, wie tut das gut, eure Posts zu lesen! Wegen meiner Abneigung gegen Sutherland hab ich wirklich schon so oft Prügel bezogen......
    Was Turandot angeht bin ich voll d'accord.
    Was aber die Lucrezia Borgia angeht: kann jemand der eine Arie wie "Quanto é bello" singt, wirklich abgrundtief bösartig sein??? Wieso hat Donizetti diese herrlcihe Musik dann für sie geschrieben?
    Und ich muss mal wirklcih in mich gehen, denn ausgerechnet diese Arie hat man mir soeben wärmstens als ideal ans Herz gelegt zu studieren. Aber wenn Sutherland...... :no:


    F.Q.

  • Liebe Fairy Queen,
    nun, warum hat Donizetti eine solch »schöne«, tatsächlich sogar etwas süßliche Arie für die grausame Lucrezia geschrieben? Die Arie »Com è bello!« steht im Prolog der Oper. Lucrezia »besingt« dort die Schönheit des schlafenden Gennaro. Um die Beziehung zwischen den beiden entwickelt sich ja schließlich die eigentliche, mörderische Eifersuchts-, Polit- und Intrigengeschichte der Oper, die in Lucrezias Massengiftmord an Gennaro und seinen Freunden gipfelt. Das interessante Bonmot ist nun, daß Gennaro Lucrezias Sohn ist und die ganze Sache - auch schon die besagte Arie - damit eine recht finstere inzestuöse Dimension erhält: Die einzigen »romantischen Gefühle«, die diese Dame artikuliert, sind an ihren eigenen Sohn gerichtet.
    Vielleicht ist »bösartig« nicht so der richtige Begriff, um Lucrezia zu charakterisieren - verdorben und verderbend wäre vielleicht treffender gewesen.
    Ganz herzlich,
    Medard

  • Merci für diese Erklärung =) Ich schaue auch mal nach, was Joschi im Opernführer dazu geschrieben hat.
    Ob die ECHTE Lucrezia wirkilch so eine fatale Person war, ist ja sehr umstritten.
    Ihr Bruder Cesare und ihr Herr Papa sind da wohl eher historische Bôsewichte.
    In jedem Fall glaube ich nun, dass du mit Deiner Charakterisierung der Rolle bei Donizetti und der Sutherland als deren Verkörperung Recht hast. Werde mir die Aufnahme aber trotzdem nciht zulegen...... :no:
    Wie im Polanski Film "Macbeth" finde ich es sogar viel subtiler, wenn die bösartigsten Frauen von ganz zarten und engelhaften Geschöpfen verkörpert werden. Eine Lady Macbeth, die daherkommt wie ien Engel ist doch viel gefährlciher als eine die sowieso schon wirkt wie eine fatale Verderberin. Desgleichen bei der Lucrezia, die ja auf Gemälden sehr anziehend dargestellt wurde.


    Fairy Queen

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