Pechschwärze aus den 30ern - Emanuel List

  • Als Festbestandteil des eisernen Dreiecks der Wagner-Interpreten aus der Vorkriegszeit (Melchior, Schorr, List) und schwärzeste Bassist österreichscher/deutscher Abstammung in meinen Augen.


    Trotz der Höhendefizite (wegen dieses Schwachpunktes muss er doch bei der Aufnahme von "O isis und Osiris" sowie "Als Büblein klein" um einen halben Ton und bei Aufnahme von "Hier im irdischen Jammertal" sogar um anderthalb Ton heruntertransponieren), doch eine Reihe von tiefen D in "Im tiefen Keller" (soweit wie ich weiß, die zweittiefste Version, die ersttiefste ist von dem ungarischen Ungeheuer E. Koreh, Grundton tiefer C!Und die Originale Fassung ist F) und mühelose tiefer C aus Rosenkavalier (z.B. die Aufnahme aus 1949) und aus Siegfried (als Fafner hat er einige ungeschriebene abgrundtiefe Noten selbst konstituiert) aus 1937 macht ihn doch beeindruckend.


    Anders als die warme und feuchte Stimme von K. Ridderbusch und elastische sowie weiche Stimme von G. Frick ist die von List eher "körnig" und "rauh" und weniger abwechslungsreich, doch die genügende Ausdrucksstärke und komödiantische Begabung machen ihn einen der besten Ochs m.E.


    Hierbei einige repräsentative Aufnahme von ihm:


    http://www.hbdirect.com/album_detail.php?pid=685808
    also die allgemeinbekannte und allerzeit unschlagbare Walküre unter Bruno Walter mit L. Melchior, L. Lehmann aus 1935


    http://www.elimbo.de/EAM00007t…saenger_einmal_anders.htm
    "Opernsänger einmal anders"


    von Preiserrecords, 2 Stück (Nr. sieben und acht) mit List, fürchterliche Kellertiefe Cs und das Trinklied war wirklich "betrunkenenhaft" interpretiert.


    Hat jemand ihn doch live erlebt und wie findet ihr seine Stimme?

    Soll er dir noch so viel Atem lassen, als 'en Altweiberfurz, soll ich?

  • Das ist ja wohl eher ein Sänger aus dem Kapitel "Schellack-Schätzchen"


    :pfeif: :pfeif:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Nachdem dieser Thread hier begonnen wurde, möchte ich meinen Beitrag auch an dieser Stelle einstellen. Emanuel List hatte, nach den Aufnahmen zu beurteilen eine große, schallmächtige Stimme mit besonders ausladender Tiefe. Er war ein typischer, schwerer deutscher Baß. Die angelsächsichen Kritiker und Stimmenfachleute John Steane und William Mann aber auch Jürgen Kesting in der Neuauflage seines Werkes "Die großen Sänger" bezeichnen diese Art von Sängern als deutsche "Raspelbässe". Der Gesangston würde mit großer Kraft erzeugt, wäre in der Tiefe voll und tragend, in der Höhenlage jedoch mit Problemen behaftet. Vor allem seien diese Stimmen im Gegensatz zu den cantabil klingenden italienischen und französischen Bassisten, relativ schwer und unbeweglich. Xingwang kommt in seinem Beitrag ebenfalls zu diesem Schluss. Emanuel List soll in Amerika zahlreiche glanzvolle Liederabende gegeben haben, was wiederum gegen die Einstufung als Sänger mit unbeweglicher Stimme sprechen würde. In den Aufnahmen, die in historschen Serien veröffentlicht sind, imponiert der Sänger besonders in eindrucksvoll gesungenen Wagner-Partien. Es ist allerdings generell fragwürdig Bassisten nur nach den tiefen Tönen zu beurteilen. Der ganze Stimmumfang sollte mühelos, ausgeglichen und tonschön sein.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo, Taminos!


    Emanuel List, österr. und später amerik. Baß. Geb. 22.3.1890 in Wien, gest. 21.6.1967 ebd. Sang zuerst im Chor des Th. an der Wien, ließ dann seine Stimme ausbilden und trat in London in Vaudeville-Th. und in New York in Kinos auf. 1922 kehrte er nach Wien zurück und debutierte an der Volksoper als Mephistopheles in FAUST. 1924-34 war er Mitglied der Berliner Staatsoper, trat 1931-34 in Salzburg auf (Osmin, Rocco, König Marke) und sang 1933 Fafner, Hunding, Hagen in Bayreuth. 1934 mußte er emigrieren. War von 1933 bis 1950 Mitglied der MET, wo er als Ochs und in den Wagner-Partien durch seine schwere, "schwarze" Stimme Maßstäbe setzte. Gastierte 1925-36 in London, auch in Paris und Buenos Aires.


    Emanuel List war ein excellenter, abgrundtiefer Baß mit einem enormen Volumen. Ein Kritiker schrieb über ihn: "Während andere Bassisten den tiefen Ton suchen, Herr List hat ihn schon".


    Es gibt von PREISER eine wunderschöne CD mit Opernarien und Liedern von Emanuel List gesungen. Arien von Mozart, Weber, Lortzing, Nicolai, Wagner, Gounod und Strauss. Auch als Liedsänger zeigt er sein Können. Bezeichnend für seine Stimme ist das bekannte Trinklied von Fischer "Im tiefen Keller sitz ich hier", wo er mit Leichtigkeit "in den Keller geht".




    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Hallo Wolfgang,


    habe mir gerade Hörproben der Preiser-CD von Emanuel List angehört, klingt vielversprechend. Auch bei Jürgen Kesting "kommt er gut weg". Danke für den Beitrag, ein interessanter Sänger.


    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

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  • Nicht zu vergessen, der legendäre erste Walküren-Akt unter Bruno Walter, wo List einen großartigen, hochbedrohlichen Hunding singt. Enthalten auf dieser CD, wenn auch nicht auf dem Cover erwähnt:

  • Bei den Tenören bewundert man die höchsten Höhen, bei den Bassisten die tiefsten Tiefen. Legt man diese Maßstäbe an, dann war Emanuel List auf Grund seiner tatsächlich enoremn Tiefe einer der ganz großen Sänger dieses Faches. Am besten nachzuvollziehen in dem Bravourlied "Im tiefen Keller".


    Nur mit dem Fortschreiten der Aufnahmetechnik wurden die Forderungen an Sänger höher. Auch von den Bassisten wurde eine einwandfreie volltönende Höhe gefordert, die mindestens bis zum von Bassisten gefürchteten hohen F reichen soll, z.b. in der Ansprache des Pogner in Wagners "Meisteringern".


    Bei Emanuel List dominierte und faszinierte die Tiefe und als Tieftöner sollten wir ihn auch in Erinnerung behalten.


    Herzlichst
    Operus

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  • Hallo, Operus!


    Ich akzeptiere Dein Fachwissen und Deine sachliche Meinung. Aber hier irrst Du vielleicht. Ich weiß leider nicht, ob List je den Pogner gesungen hat. Dafür braucht man natürlich keinen "schwarzen" Baß. Aber List war doch sehr vielseitig. Die 16 Jahre an der MET hat er die verschiedensten Rollen gesungen. Als FALSTAFF muß er im "Büblein klein" auch seinen Stimmumfang beweisen. Und als OCHS muß er im zweiten Akt auch ein hohes Fis stemmen. Ich halte ihn auch als hervorragenden Liedsänger in Erinnerung. Seine Lieder "Wenn ich einmal der Herrgott wär", "Strömt herbei ihr Völkerscharen" und "O Wien, mein liebes Wien" sind hervorragend gesungen.


    Seine Paraderolle ist für mich allerdings sein "Ochs".



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Heute ist Emanuel Lists Todestag. Er starb am 21. Juni 1967. Dazu habe ich diese CD ausgesucht:



    Heute ist sein 48. Todestag.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Emanuel List gehört zu meinen deutsch-singenden Lieblingsbässen. Seine Preiser-CD werde ich mir gleich zu Gemüte führen. Darauf ist seine große Bandbreite im Opern- und Liedfach zu bestaunen.

    W.S.

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  • Erstaunlich, der Thread über Emanuel verwaist :?:


    Ich höre momentan mit Emanuel List einen meiner deutsch-singenden Lieblingsbassisten auf einer Preiser-LP List Nr.2. Er singt hier aus seinem Opern-Repertoire Arien aus "Die Zauberflöte", "Der Waffenschmied", "Der Freischütz", "Die lustigen Weiber", "Das goldene Kreuz", "Lohengrin", "Götterdämmerung", "Parsifal", "Margarethe" und das Lied von Andreas Hofer. Leider scheint die LP Nr. 2 bei Preiser nicht mehr erhältlich zu sein.


    Aber die CD Nr. 1 ist noch zu bestellen, auch mit ähnlichen Titeln und Liedern dieses großartigen Bassisten:


    W.S.