Richard Strauss für Aussteiger

  • ...und immerhin hält der schnöde Durchschnitt den ganzen Betrieb finanziell über Wasser; diesen Aspekt sollte man auch nicht vergessen, meine ich!


    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Barockbassflo
    ...und immerhin hält der schnöde Durchschnitt den ganzen Betrieb finanziell über Wasser; diesen Aspekt sollte man auch nicht vergessen, meine ich!


    Eher der Steuerzahler bei >90% öffentlicher Finanzierung von Opernhäusern. Und es zahlen übrigens auch die Leute Steuern (und zwar mitunter nicht zu knapp), die nicht ständig dasselbe dutzend Opern sehen möchten.
    Allerdings ist der Witz der öffentlichen Finanzierung von Kunst (und Wissenschaft) gerade, dass eben kein Zahler dem Künstler oder Wissenschaftler direkt reinredet.


    Zitat

    (KSM) wobei vor allem die meinung des durchschnittlichen steuerzahlers mal bedacht werden könnte.


    Beides ist für eine Bewertung der ästhetischen Qualitäten von Stücken völlig ohne Belang. Wenn diese basale Tatsache nicht anerkannt wird, ist jede weitere Diskussion sinnlos.


    Ich möchte aber nochmal darauf hinweisen, dass es in meinem Beitrag zu Strauss und Zemlinsky überhaupt nicht um eine abschließendes oder verbindliches Werturteil zu diesen Opern ging. Dafür kenne ich die nicht gründlich genug. Es geht mir nur darum, dass es zu 90% Macht der Gewohnheit sein dürfte, wenn jemand Zemlinsky oder Schreker unzugänglicher findet als Strauss.


    Und, auch wenn es hier gar nicht hinpaßt, aber das hätte ich schon viel eher schreiben sollen, ich finde Edwins im Ausgangsposting genanntes Kriterium der "Inspiriertheit" äußerst fragwürdig. Es scheint mir nicht zu denjenigen zu gehören, die halbwegs objektiv diskutiert werden können.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Flo,


    Du hast natürlich recht.Ohne Publikum,keine Sponsoren


    und auch keine Steuergelder.Es gäbe keine Opernhäuser,


    und keine Konzertsäle mehr.Wir müßten uns auf unsere


    CDs beschränken. ;(


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Hallo Theophilus,
    und wenn Du's tausendmal wiederholst, ist es doch tausendmal falsch: Schrekers Musik ist nicht atonal.
    Du kannst jetzt schreiben: Aber sie ist es doch, sie ist es doch, sie ist es doch.
    Dann schreibe ich Dir wieder zurück: Du bist auf dem falschen Dampfer.
    Aber vielleicht können wir uns darauf einigen, daß die einzige atonale Partitur, die jemals geschrieben wurde, Mozarts "Kleine Nachtmusik" ist. Das ist zwar Blödsinn, aber nicht wesentlich unsinniger als Deine Schreker-Behauptung.


    Busonis "Doktor Faust" hat für lange Gesichter gesorgt? - Ich verrate Dir was: "Die Zauberflöte" tut das auch. Aber weil "Die Zauberflöte" einer der ganz großen Klassiker ist, traut sich niemand, der im "normalen Leben" kaum beim "Bullen von Tölz" mitkommt, ein langes Gesicht zu machen.
    Während es nämlich zum guten Ton gehört, bei den Klassikern des Normalrepertoires verständige Gesichter zu machen, gehört es ebenso zum guten Ton, bei den Randstücken des Repertoires das totale Unverständnis zu äußern und z.B. Atonalität bei einem Komponisten zu entdecken, der sich in Wahrheit einer erweiterten oder freien Tonalität bedient.



    So, nun zu der Sponsoren-Frage.
    Genau das ist der Grund, weshalb ich strikte für die staatliche Kulturförderung bin.
    Mir ist klar, daß auch dieses System Fehler hat.
    Das Problem ist nur, daß die wenigsten Sponsoren das geistige Niveau der italienischen Renaissance-Fürsten oder eines Ludwig II von Bayern haben.
    Ergebnis: Das Kulturleben amerikanisiert. Und schauen wir uns einmal an, wer in den USA die führenden Opernkomponisten sind: Menotti, Floyd, Ward, Picker etc. etc. Also grob gesprochen Puccini-Melodie mit vorsichtig eingeschrägter Harmonik. Musik, die in Europa um 1920 (teilweise sogar von Strauss) besser geschrieben worden ist.
    Wollen wir das wirklich?


    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    Du scheinst ja einige TV-Serien zu schauen.


    Bis jetzt hast Du dich ja mit "Lindenstraße",


    und "Der Bulle von Tölz geoutet.Ich bin mal


    gespannt, was noch kommt. :D


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert,
    "Lindenstraße" kommt bei mir eher selten dran, der "Bulle" von Zeit zu Zeit - wenn ich etwa nach einer "Elektra" einmal Lust auf etwas Anspruchsvolleres verspüre. :hahahaha:
    :hello:

    ...

  • Hallo Herbert!
    Oh doch. Ich habe sie früher, als ich noch für deutsche Schlager schwärmte, sogar recht gern gehört.
    Aber im Ernst: Natürlich kenne ich die Strauss-Opern und die symphonischen Dichtungen (die hier noch gar nicht recht gewürdigt worden sind - los, wer traut sich, die Wahrheit über "Tod und Verklärung" zu schreiben...?) recht gut gemäß meinem Grundsatz, immer auch die andere Seite zu hören.
    Stücke abzulehnen, die ich nicht kenne, ist eine Kunst, die zumindest ich nicht beherrsche.
    :hello:

    ...

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  • Wenn ich ehrlich bin: bei "Strauss für Aussteiger" hab ich gedacht, ja, ok, bei Gelegenheit mal reinschauen. Jetzt hab ich gesehen, das hier doch so einige interessante Anmerkungen zu finden sind: bei "Schreker und atonal" bin ich, logisch =),zusammengezuckt - Edwin hat das dankenswerter Weise geradegerückt. Aber es ist natürlich interessant, wenn die Namen Schreker und Zemlinsky in einem Strauss-Thread auftauchen. Tatsächlich relativert doch die Kenntnis der Musik der beiden genannten (Korngold und Siegfried Wagner will ich hier auch noch nennen, Max Brand auch, ohne eine qualitative Bewertung oder gar "Rangfolge" vornehmen zu wollen) die Position von Strauss als "der" wichtigste Komponist seiner Zeit (für mein Empfinden sogar erheblich). Und natürlich ist es eine Bereicherung unserer Spielpläne, wenn diese Komponisten wieder fürs Repertoire gewonnen werden können, auch, wenn der "normale" Opernbesucher sich mit den Werken von Schreker und Co. etwas schwerer tut: keine bekannte Handlung, keine Vorstellung von der Musik - das erfordert natürlich sowas wie eine kleine Vorbereitung auf den Opernabend, der bei "Rosenkavalier" gewiss wegfällt. Da solche sog. "Wiederentdeckungen" aber auch - gerade für kleinere Theater - eventuell ein - finanzielles - Risiko bedeuten, bin auch ich ein Verteidiger der staatlichen Kulturförderung. Auch mir wären amerikanische Verhältnisse nicht recht. So nebenbei: mit unseren Steuern finanzieren wir alle auch Dinge, die wir nicht in Anspruch nehmen: der Nichtschwimmer die Schwimmbäder, der Karnevalsverweigerer den Fasching, der Antimilitarist das Militär - da habe ich kein schlechtes Gefühl, wenn der Opernverweigerer auch für meinen Theaterbesuch einen kleinen Obolus entrichtet. Und was ein "Durchschnittsopernbesucher" ist, würde mich doch auch mal interessieren, da hab ich mir echt noch keine Gedanken drüber gemacht. Gut, aber dem wäre ich ja am Ende auch "wurscht"... Ihr seht, ist doch spannend, was einem dann in einem Thread begegnet, das mit "Strauss für Aussteiger" überschrieben ist ;) ;) ;)

  • Guten Morgen.


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    ...Das Kulturleben amerikanisiert...


    Was bedeutet das jetzt genau? Ich beziehe mich deshalb darauf, weil Alviano in seinem lesenswerten Beitrag auch von "amerikanischen Verhältnissen" sprach.
    Geht es darum, dass nur noch gewisse, zweitrangige Komponisten goutiert und aufgeführt werden, so, wie Edwin es nahe legt? Da könnte für mein Empfinden doch noch die hiesige Musiktradition dagegen stehen.
    Oder geht es um ein frei, letztlich vor allem von Sponsoren (dadurch also sehr mächtigen Sponsoren) finanziertes Kulturleben?
    Oder geht es um einen allein auf einen strikt nach kommerziellen Interessen (Auslastung/Buchung) ausgerichteten und damit nur am Publikumsgeschmack ausgerichteten Spielplan a la Broadway?


    Ehrlich gesagt würde mir jede dieser Spielformen missfallen. Das derzeitige System in Deutschland (und in Österreich?) scheint mir - ausgerichtet auch am Bildungsauftrag des Staats - da gelungener. Auch wenn ich nicht unbedingt der Auffassung bin, dass sich ein gutes Programm vor allem darin manifestiert, dass es unpopulär ist; die Mischung dürfte entscheidend sein (aber das ist ja eine Binse).
    Andererseits wird ja gerade jetzt in Berlin - pünktlich nach der Wahl, so was diskutiert man ja auf keinen Fall vorher - die Diskussion darüber kommen, ob es dreier (subventionierter) Opernbühnen bedarf. Der kommerzielle Erfolg wird dann auch wieder als wesentliches Kriterium ins Feld geführt werden.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    So, nun zu der Sponsoren-Frage.
    Genau das ist der Grund, weshalb ich strikte für die staatliche Kulturförderung bin.Mir ist klar, daß auch dieses System Fehler hat.
    Das Problem ist nur, daß die wenigsten Sponsoren das geistige Niveau der italienischen Renaissance-Fürsten oder eines Ludwig II von Bayern haben.


    Ich bin dafür, weder auf das eine noch auf das andere zu verzichten. Wenn ein privater Sponsor - und es gibt kultuvierte - sein Geld für Kunst ausgeben will, soll er das tun. Wenn's mir nicht gefällt, brauche ich ja nicht hinzugehen. Kultivierte private Sponsoren sind früher so selten gewesen sein wie heute. Nur aus dem zeitlichen Abstand heraus kommt es uns anders vor. Die Zahl kultivierter Privatsponsoren ist auch mit Sicherheit deutlich höher als die Zahl kultivierter Staatsbeamter in Sachen Kultur.


    Angesichts der aktuellen Lage der deutschen Staatsfinanzen sollte freilich jede staatliche Förderung eingestellt werden. Das gilt auch für jede andere Form von Sponsoring, zB. der politischen Parteien und ihrer Verfilzungen und gerade auch der Politiker selbst :beatnik:


    Staatliches Spnsoring heute sollte an der Basis ansetzen: Kunst in der Schule, Erhaltung der Museen, steuerliche Vergünstigungen, Förderung privater Unterstützung (zB durch Stiftungen) und ähnlcihe Dinge, bis er wieder in der Lage ist, gezielter zu fördern.

  • Hallo Lohengrins,
    Robert sagt unten schon einiges dazu.
    Das amerikanische System sieht so aus, daß Sponsoren gewichtigen Einfluß haben auf die Qualität der Werke. Das geht so:


    -> Die Produktionen werden ausschließlich durch Sponsorengelder finanziert.
    -> Um an diese Sponsorengelder zu kommen, muß die Produktion den Sponsoren gefallen.
    -> Sponsoren mögen wirtschaftlich clevere Kerlchen sein (sonst hätten sie ja nicht das Geld, um als Sponsorn auftreten zu können), in Sachen Kunst sind sie aber in der Regel mit den Geschmäckern des Durchschnittsmenschen gesegnet.
    -> Ergo muß man, damit es den Sponsoren gefällt, auch diesen Durchschnittsgeschmack bedienen.
    -> Damit haben Komponisten, die eine weniger bequeme Musik schreiben, von vorne herein eben so wenig Chancen, wie jene Komponisten anderer Stil- bzw. Zeitepochen, die nicht avanciert sind.
    Kurz: Der Sponsoren-Geschmack regelt das Repertoire.


    Dazu ein kleines Beispiel aus der Praxis (ich lasse alle Namen weg, Tamino ist etwas zu prominent, und ich könnte eventuell jemandem schaden): Ein Freund von mir wollte mit einem nicht unbekannten besseren Mittelklasseorchester der USA, das von drei Hauptsponsoren getragen wird, folgendes Programm aufführen:
    Strawinskij: "Feuerwerk"
    Hindemith: "Mathis"-Symphonie
    Berlioz: "Fantastique"
    Nix da: Bei der Programmbesprechung meinte der Manager, daß einer der Sponsoren die "Fantastique" auf den Tod nicht ausstehen könne, aber neulich geäußert habe, er würde gerne wieder einmal die "Eroica" hören. Also wurde die "Fantastique" gegen die "Eroica" ausgetauscht.
    Hindemith und Strawinskij wären hingegen allen drei Sponsoren wenig willkommen, da sie "Zwölftonmusik" nicht mögen, und alles mit "Zwölftonmusik" bezeichnen, was an neuer Musik im 20. Jahrhundert komponiert wurde. Statt Hindemith und Strawinskij traten somit eine Mozart-Ouvertüre und eine Haydn-Symphonie auf den Spielplan.
    Mein Freund hatte wenig Freude mit diesem Programm und schlug eine radikale Änderung vor: Bruckners "Neunte" mit ergänztem Finale. Kommt aber nicht in Frage: Einer der Sponsoren habe etwas gegen Bruckner, weil das alles "katholischer Dampf" sei, den er nicht mag.
    Ich kürze ab.
    Das Endprogramm sah so aus:
    - Bernstein: Ouvertüre zu "Candide"
    - Haydn: "Die Uhr"
    - Bizet: Eine Kombination aus den Arlesienne-Suiten
    - Sibelius: "Finlandia"


    Mein Freund sagte ab.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr
    Die Zahl kultivierter Privatsponsoren ist auch mit Sicherheit deutlich höher als die Zahl kultivierter Staatsbeamter in Sachen Kultur.


    Das mag schon sein, der Unterschied besteht aber darin, dass einem die unkultivierten Staatsbeamten nicht versuchen, ihren privaten Geschmack als künstlerische Leitlinie aufzudrücken. Nun muss man der Gerechtigkeit halber sagen, dass sich vermögende Privatleute hierzulande meist nicht als Sponsoren gerieren, sondern als Mäzenaten, die der Institution, der sie Geldmittel zu Verfügung stellen, auch vertrauen. Gerade hier in Hamburg gibt es sehr viele private Stiftungen, die dort einspringen, wo sich der Staat aus finanziellen Gründen weitgehend zurückgezogen hat und das nicht nur im hochkulturellen Bereich (Oper oder Bau der "Elbphilharmonie").


    Wo aber der Geschmack des Sponsors die künstlerische Linie eines Opernhauses oder Orchesters bestimmen will, hört für mich der Spaß auf. Das wäre ein weiterer Schritt zur Refeudalisierung der Kunst als Spielwiese und Statussymbol einiger Superreicher. Gerade die Niederungen des in den USA außerordentlich zeitraubenden fund raising haben z.B. dazu geführt, dass Daniel Barenboim seinen Chefposten in Chicago aufgegeben hat. Er hatte einfach keine Lust mehr, blauhaarigen Milliardärswitwen die Hand abzuschlecken und auf dinner parties um fette Sponsorenschecks zu betteln.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Guten Tag.


    Zitat

    Original von GiselherHH
    ...
    Das mag schon sein, der Unterschied besteht aber darin, dass einem die unkultivierten Staatsbeamten nicht versuchen, ihren privaten Geschmack als künstlerische Leitlinie aufzudrücken.
    ...


    Giselher, ich stimme Dir im Übrigen durchaus zu, aber bezüglich des Zitats habe ich anderes zumindest schon gehört. Ich befürchte, dass nahezu jeder, der die Möglichkeit hat zu gestalten, diese Möglichkeit auch nutzt.


    Hallo Edwin,
    das ist in der Tat ein abschreckendes Beispiel - zumal, wenn man auf das letztlich genehme Programm blickt. Bislang aber hänge ich zumindest noch der Illusion an, dass hierzulande das von Giselher beschriebene Mäzenatentum das gängigere Modell ist.
    Steht nur zu hoffen, dass das auch so bleibt.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Zitat

    Original von GiselherHH


    Das mag schon sein, der Unterschied besteht aber darin, dass einem die unkultivierten Staatsbeamten nicht versuchen, ihren privaten Geschmack als künstlerische Leitlinie aufzudrücken.


    Ihre private nicht, es it noch viel schlmimer: Sie drücken einem den öffentlich - rechtlichen Geschmack auf, und der ist oft viel schlimmer als röhrende Hirsche und Engel mit Posaunen über dem Ehebett. Die ör-Sponsoren haben nämlich nicht nur kein persönliches Interese an der Sache (bei Kunst immer schlecht), sondern vor allem eine typische Beamtenmentalität. Und Kunst und Beamtenmentalität - das paßt zusammen wie Teufel und Weihwasser, wie Edwin und Elgar :D

  • Hallo Robert,

    Zitat

    Die ör-Sponsoren haben nämlich nicht nur kein persönliches Interese an der Sache


    Ja, und das ist der Vorteil. Es kann ihnen wurscht sein, ob sie die Aufführung eines postseriellen Experiments fördern oder die einer zu spät gekommenen Puccini-Nachfolge.
    In den USA steckt durchaus ein gewisses Interesse dahinter (entweder Kommerz oder Unterhaltung - was letzten Endes gut kombinierbar ist) - und fertig ist die Misere!


    :hello:

    ...

  • Ich habe 20 Jahre Berufserfahrung mit Beamten. Es gibt viele nette Kerlchen unter ihnen, aber wenn sie mal was entscheiden sollen... :wacky:



    Die fördern auch ein postserielles Experiment. Aber nur, wenn es
    1. politisch korrekt ist
    2. der Ansicht des Dienstherrn, vorzugsweise des zuständigen Ministers oder Ministerpräsidenten, entspricht
    3. wenn es der eigenen Karriere nicht schadet, Euro 100.000 beim Sponsoring eines Lachenmann-Scelsi-Furrer Festivals in den Sand zu setzen
    4. wenn alle möglichen relevanten gesellschaftlichen Gruppen (Kirchen, Gewerkschaft, örtliche Parteivorstände, Industrie- und Handelskammer uswusf) nicht dagegen sind, die der Minister noch mal als Wähler benötigen könnte
    5. sie selber nach dem Sektempfang gehen dürfen


    Die Auswüchse aus den USA sind auch nicht begrüßenswert, privates Sponsoring kein Allheilmittel.


    PS. Wußte gar nicht, daß die Österreicher so staatsgläubig sind :)

  • Zitat

    Original von Edwin BaumgartnerWährend es nämlich zum guten Ton gehört, bei den Klassikern des Normalrepertoires verständige Gesichter zu machen, gehört es ebenso zum guten Ton, bei den Randstücken des Repertoires das totale Unverständnis zu äußern


    Zumindest meiner Erfahrung nach gehört dies keinesfalls zum "guten Ton". Sofern hier die einmal als "entartete Musik" eingestuften Werke aufgeführt werden, gehört es vielmehr zum guten Ton, diese möglichst uneingeschränkt zu würdigen, da jede Kritik einen ja vermeintlich in die Nähe derjenigen bringen könnte, die sie einst als "entartet" erklärt haben.
    Etwas seltsam finde ich auch, dass die einstige Popularität der Werke von Korngold, und Zemlinsky u. a. (ich kenne nix davon) diesen von ihren Apologeten positiv angerechnet wird, während beim Rosenklavier dessen Popularität zum Anlass genommen wird, ihn mit der LINDENSTRASSE zu vergleichen. :kotz: :stumm:

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

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  • Zitat

    (ich kenne nix davon)


    Das liebe ich: Ich kenne Strauss, ich kenne seine Zeitgenossen nicht, sie interessieren mich auch nicht, weil Strauss sowieso besser ist.
    Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Das liebe ich: Ich kenne Strauss, ich kenne seine Zeitgenossen nicht, sie interessieren mich auch nicht, weil Strauss sowieso besser ist.
    Oder habe ich da etwas falsch verstanden?


    Ich glaube er stößt sich an einer vermuteten Inkonsistenz: Bei Schreker oder D'Albert wird als Pro angeführt, dass ihre Werke seinerzeit vergleichbar populär waren wie Strauss, beim Rosenkavalier wird eben diese Popularität für eine Assoziation mit Lindenstraße mißbraucht. Außerdem vermutet er eine heutige "Überkompensation" bei zwischenzeitlich verfemter Musik. Das liegt wohl daran, dass im thread verschiedenes diskutiert wurde, einerseits die relative Popularität Straussens resp. seiner Konkurrenten damals und heute (auch als Belege pro/contra "Zugänglichkeit" für den "Normalhörer") und die relative Qualität der Werke.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,
    wenn das stimmt, hat er Leseprobleme.
    Ich habe niemals dem "Rosenkavalier" zum Vorwurf gemacht, daß er Erfolg hat. Ich habe dem "Rosenkavalier" zum Vorwurf gemacht, daß er geschrieben wurde, um Erfolg zu haben - also, daß Strauss alle Klischees bedient, von denen er glaubt, daß sie beim breiten Publikum Anklang finden.
    Wenn ein Komponist ein Werk schreibt, um damit einem bestimmten Gefühl, einer Idee oder was auch immer Ausdruck zu verleihen und damit Erfolg hat, ist das völlig in Ordnung.
    Um bei Strauss zu bleiben: Ich halte die "Elektra" nicht für ein grandioses Opernmeisterwerk, ich würde ihr aber niemals den Erfolg vorwerfen, denn bei diesem Stück gehe ich davon aus, daß Strauss ein "Überzeugungstäter" war.
    :hello:

    ...

  • Und ich mag den Rosenkavalier und die anderen gescholtene Werke trotzdem.


    Die Anzüglichkeiten find ich unterhaltsam, das Schlußterzett wunderbar, den Monolog der Marschallin über die Zeit auch. Hofmannsthal/Strauss - gerade auch in der Elektra und Ariadne - sind für mich ein Dreamteam der unterhaltenden (im Falle Elektra auch erschütternder) Oper bei gleichzeitigem höchsten Nieveau des Librettos.


    Meiner Meinung nach eine doch erheblich bessere Zeitinvestition als der Bulle von Tölz.




    und für die anderen zu Unrecht verschmähten und verachteten Komponisten hab ich dann ausserdem noch einen gewissen Rest an Lebenszeit übrig.

  • Zitat

    Original von Johannes RoehlIch glaube er stößt sich an einer vermuteten Inkonsistenz: Bei Schreker oder D'Albert wird als Pro angeführt, dass ihre Werke seinerzeit vergleichbar populär waren wie Strauss, beim Rosenkavalier wird eben diese Popularität für eine Assoziation mit Lindenstraße mißbraucht.


    Vielen Dank, genauso habe ich es gemeint!
    Ich habe wohlgemerkt nichts darüber gesagt, ob Strauss besser ist. Dass der Rosenkavalier an "Fortschrittlichkeit" hinter die vorigen Straussopern zurückfällt (da liegt schon mal ein teleologisches Kulturgeschichtsdenken zugrunde, das ich nicht für richtig halte), stimmt unter bestimmten Aspekten. Aber ein rein gegenwartsorientiertes Profitdenken von Straussens Seite hätte meiner Einschätzung nach nicht zu der anhaltenden Wertschätzung der Oper geführt, wie sie heute zu verzeichnen ist.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

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  • Ich denke, dass zur Zeit Straussens bei jedem großen Bühnenwerk die Kalkulation über den zu erwartenden Publikumserfolg eine gewisse Rolle spielen MUSSTE (Satz geändert). Das ist m. E. das Fatum von Opern wie auch von Filmen oder anderen Arbeiten, an denen viele berufliche Existenzen hängen. Bei Werken der Kammermusik oder anderen bescheiden angelegten künstlerischen Äußerungen braucht der Komponist wohl weniger Rücksicht darauf zu nehmen. Insofern denke ich schon, dass Strauss auch ein wenig ans Publikum gedacht hat.
    (Vermeintlich) leichter genießbare Werke wie der Rosenkavalier geben einem Theater aber auch den Rückhalt, ohne den experimentellere Werke nicht aufführbar wären. Insofern finde ich den RK einen Glücksfall, da er so viel Publikum anzog/anzieht wie eine Operette, aber gleichzeitig sehr viel psychologischen Feinsinn beweist, z.B. im Alters-Monolog der Marschallin, den ich wirklich großartig finde. Der kultivierte Edelkitsch, sprich die ganzen Walzer sind m. E. ganz bewusst als nostalgische Patina angelegt, sprich mit klarer Distanz und Reflektiertheit eingebaut. Einerseits verwöhnt dieses schwelgerische Eins-zwei-drei, aber es gibt sich eindeutig als etwas vergangenes, mit ein bisschen Morbidität versehen.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Draugur
    Ich denke, dass bei jedem großen Bühnenwerk die Kalkulation über den zu erwartenden Publikumserfolg eine gewisse Rolle spielen MUSS.


    Ob das Arnold Schönberg, Bernd Alois Zimmermann und Luigi Nono auch so gesehen haben?

  • Zimmermann und Nono haben dieses Problem im Zeitalter der steuerfinanzierten Bühnen natürlich nicht mehr. Ich hätte vielleicht MUSSTE schreiben müssen. Aber sie haben das Problem auch nur nicht, weil die Bühnen, die ihre Werke aufführen, mit Produktionen wie dem RK genug Geld einspielen, um sich experimentellere Werke überhaupt leisten zu können. Wie gesagt, an Opernproduktionen hängen eine Menge Existenzen.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

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