Hallo Ben,
das ist ein interessanter Gedanke - und für mich ganz neu.
Als "quasi-sinfonische Form" oder "Doppelsinfonie" habe ich das Werk noch nie gesehen, sondern es wirklich immer "nur" für eine bloße Suite gehalten, mit quasi aufzählendem Charakter der einzelnen Planeten.
Dass da dieses von Dir erwähnte kompositorische Konzept hinter steckt, spricht natürlich für Holst - er hat sich für dieses Werk anscheinend auf mehreren Ebenen Gedanken gemacht. So gesehen stellt natürlich jede Ergänzung einen empfindlichen Eingriff in den Kosmos von Holst' Komposition dar. Es erklärt für mich aber auch, warum Matthews' Ergänzung "Pluto" klanglich den letzten beiden Planeten so ähnelt - offenbar hat er Holsts' Konzeption gekannt/ studiert und dann eben entsprechend etwas erweitert - eben um diesen einen neuen Planeten.
Enttäuschend wäre es wahrscheinlich eher gewesen, wenn "Pluto" zum Abschluss wieder "handfester", oder traditioneller klingen würde, beispielsweise wie "Jupiter", als grandioses Finale unseres Sonnensystems oder so etwas in der Art.
Das hätte Matthews dann in meinen Augen (und Ohren) als ziemlich unsensiblen "Nachschöpfer" disqualifiziert, so hingegen ist sein "Pluto" immerhin eine Art "Hommage" an Holst, der sich in das bestehende Konzept einzufügen versucht.
Jedenfall sehe ich das so - es ist einfach eine interessante "Ergänzungsidee" zu den Holst-Planeten, die man ja nicht unbedingt hören muss....
Holst hätte auf den "Pluto" sicher nicht verzichtet, wenn er denn zum Zeitpunkt der Komposition schon entdeckt wäre. Dann hätte er seine "Doppelsinfonie" eben achtsätzig angelegt.
Die zweite, die astrologische Ebene, die ja bei der Komposition des Werks offensichtlich eher von Bedeutung war als die astronomische, wird ja durch die charakterisierenden Zusätze zu den Planetennamen verdeutlicht - wahrscheinlich wird nicht jeder Astronom nachvollziehen können, warum z. B. ausgerechnet der "Neptun" jetzt so besonders mystisch sein soll :]
Vielleicht erklärt sich durch diese 2. Ebene auch die komische Anordnung der ersten drei Planeten? "Merkur" müsste als sonnennächster Planet ja eigentlich ganz am Anfang stehen
Es kann aber auch sein, dass Holst einen musikdramaturgisch motivierten Beginn seiner Suite wählte: Was gibt es wirkungsvolleres, als den Gegensatz "Mars - Krieg" als Eröffnung und "Venus - Liebe" direkt dahinter? Und dann eben erst den "neutralen" Merkur als geflügelten Boten hinter den beiden.
Auch "Pluto" spielt in der heutigen Astrologie ja eine Rolle - so gesehen verwundert es mich eigentlich, dass Holst -aus rein astrologischer Sicht- nicht tatsächlich die Sonne und zumindest noch unseren Mond mitkomponiert hat, denn denen werden ja ebenfalls astrologische Eigenschaften zugeordnet. Schade um die beiden entgangenen Sätze!
In der Astrologie gelten Sonne und Mond -glaube ich- sogar ebenfalls als Planeten, gleichrangig mit Mars, Jupiter & Co.
In dem Punkt war Holst dann vielleicht doch ein bisschen astronomisch beeinflusst?