Das „Requiem“ Mozarts im Spiegel seiner Quellenlage

  • Zitat

    Original von Masetto aus reklovs Wohnzimmer


    Liegt dieser DVD(Box?) auch die Audio CD bei oder gibt es diese einzeln zu kaufen. Mich würde schon interessieren, wie Böhm das Requiem umsetzt, da ich "lediglich" eine Aufnahme von Herreweghe mein Eigen nenne.


    Salut,


    ich vermute NEIN. Jedenfalls habe ich noch nicht erlebt, beim Kauf einer DVD auch eine CD mitgeliefert zu bekommen - schon garnicht beim Preis von 25,-- Sesterzen.


    Von Böhm gibt es sicherlich einige nennenswerte Einspielungen, Alfred weiß da sicher besser Bescheid, als ich [auch mal diesen Thread durchstöbern!]- was ich finden konnte:



    Mathis / Hamari / Ochman / Ridderbusch



    Seefried / Rössel-Majdan / Dermota / Frick


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Kommt auf den Einkaufszettel (der schon vieel zu lang ist).
    Ich kenne das vom ProgRock, da liegt den DVDs oft das Konzert als Audio CD bei (sowas ist natürlich vorbildlich). Kostet im Allgemeinen, selten mehr als 5 Euronen mehr, als die normale DVD-Ausgabe.
    Sowas würde sich auch bei Klassik-DVDs mehr als anbieten.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Salut,


    wo wir gerade beim Thema sind... dieda habe ich seit einiger Zeit:



    St. Olaf Choir
    Larmore, Taylor, Owens, Jette
    St. Paul Chamber Orchestra
    Andreas Delfs


    Gefällt mir beinahe überhaupt nicht. Einziges Highlight: Das Lacrymosa [von dem die ersten 8 Takte original von Mozart sind] ist endlich einmal richtig gesungen, die 8tel-Pausen nämlich sind sehr gut zu hören [bzw. es ist nichts zu hören]. Der Chor ist insgesamt gut, Orchester, Solisten und Tempi gefallen mir nicht, was persönliche Geschmacksache ist. Besonders das Tuba mirum fand ich schrecklich wegen des Instrumentes - es klang 'amerikanisch'. Mit Mozart, geschweige denn mit seinem Requiem, hat diese Einspielung für mich nichts zu tun. Es nutzt auch nichts, dass es eine SACD ist. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich bleibe bei Caraianus [Musikverein Wien, großer Saal, 5/1986].


    Ich habe die CD natürlich wegen des Süßmayr-Requiems angeschafft. Hier dienen der Kunst:


    St. Olaf Choir & Orchestra
    Anton Armstrong


    Es gibt keine Vergleichsaufnahme - wer es also hören möchte, muss zu dieser CD [und tief in die Tasche] greifen! Das Werk ist sehr kurz, der Text deutsch - ähnlich jenem von Johannes Brahms. Auch eher schlicht gehalten, keine großen Besetzungen oder Ausbrüche, ganz ruhig, bedächtig, einfach.


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo,


    wenn wir schon einmal von Requiem-Einspielungen dabei sind, möchte ich auch folgende CD bzw. DVD benennen, die mich sehr beeindruckt hat:
    Karajan Gedächtniskonzert zum 10. Todesjahr aus dem Salzburger Dom, 1999, Leitung Abbado, , Berliner Philharmoniker mit einer guten Gesangssolisten/innen-Garde und dem A. Schoenberg Chor.
    .




    CD bei Amazon, 19,99 €


    -------------------------------------


    Das gleiche Konzert als DVD 22,99 € von jpc, die ich besitze:




    Requiem KV 626 +
    Laudate Dominum aus KV 339;
    Betracht dies
    Herz aus Grabmusik KV 42
    (Karajan Gedächtniskonzert am 16.07.99
    im Dom zu Salzburg)
    Terfel, Mattila, Trost, A. Schoenberg Chor,
    Berlin PO, Abbado (90 Minuten)
    S:DSS5:1;Bild: 16:9


    Als Favorit ist eindeutig die Referenz-Einspielung des Requiems von Karl Böhm zu benennen.



    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Hallo,


    alle vorgestellten Veröffentlichungen des Requiems, KV 626, von WA Mozart, leiden an der grossen
    Besetzung, ob instrumental oder vokal, wie wohltuhend hebt sich das von mir besuchte Konzert von diesem Genere ab.
    Hierüber möchte ich einmal eine Diskussion eröffnen, ob ich da alleine soche Empfindungen habe.


    Ich zitiere hier einmal meine Konzert-Rezension, die wie folgt lautet:
    und hier nachgelesen werde kann!


    Hier wurde Spät-Barockmusik in einer feinen und kleinen Besetzung wiedergegeben, die den baulichen Gegebenheiten perfekt angepasst wurden. Das Detmolder Kammer-Orchester (ca. 40 Mitwirkende) sowie der Chor (25 Sängerinnen und Sänger) nebst den vier Gesangssolisten, erfüllten vollends den Erwartungen,
    Zu bewundern ist der kleine Hochschul-Vokal-Chor, (bestehend aus 25 Mitgliedern und Studenten der Musik-Hochschule Detmold) der restlos zu überzeugen wusste. In den einzelnen Stimmlagen gut ausgebildete Sängerinnen und Sänger, die diesem Requiem mehr als gewachsen waren. Hier erklang das Mozart-Werk in einer kleinen und feinen Besetzung, wie man sie nicht alle Tage zu Gehör bekommt.
    Wie wohltuend ist so ein kleiner Besetzungskreis, einmal losgelöst von einer sonstigen Aufführungspraxis des Größenwahns (Orchesterbesetzung von 60-80 Mitstreitern, Chöre von 100 und mehr Mitgliedern), erklingt dieses großartige Werk in ganz anderen Dimensionen.
    Das Empfinden für die klangliche Wiedergabe durch das Orchester und Gesangsdarbietung erlebt der Hörer viel intensiver, nuancenreicher und in einer viel innigeren musikalischen Form.


    In Zukunft sollte diese Aufführungspraxis Bestand haben und die Form einer Mammut-Veranstaltung von „Gestern“ sein.


    Auf Eure Meinungen bin ich gespannt.


    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Zitat

    Original von reklov29
    wenn wir schon einmal von Requiem-Einspielungen dabei sind, möchte ich auch folgende CD bzw. DVD benennen, die mich sehr beeindruckt hat:
    Karajan Gedächtniskonzert zum 10. Todesjahr aus dem Salzburger Dom, 1999, Leitung Abbado, , Berliner Philharmoniker mit einer guten Gesangssolisten/innen-Garde und dem A. Schoenberg Chor.





    Ich kenne weder CD noch DVD, aber ich will nur darauf hinweisen, dass auf den Covern nicht der Arnold Schönberg Chor verzeichnet ist, sondern der Schwedische Rundfunkchor. Ich vermute, einstudiert von Eric Ericson. Mit diesem Chor hat Abbado während seiner Berliner Zeit IIRC sehr gerne gearbeitet.....


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Zitat

    Original von C.Huth


    Ich kenne weder CD noch DVD, aber ich will nur darauf hinweisen, dass auf den Covern nicht der Arnold Schönberg Chor verzeichnet ist, sondern der Schwedische Rundfunkchor. Ich vermute, einstudiert von Eric Ericson. Mit diesem Chor hat Abbado während seiner Berliner Zeit IIRC sehr gerne gearbeitet.....


    ...und das lässt schon einige hochlobende Rückschlüsse zu.


    :)


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zweifellos, lieber Ulli,


    und Ehre, wem die Ehre gebührt! Die Arbeit des Arnold Schönberg Chores schätze ich auch sehr, aber hier sind es eben die Schweden, denen der Ruhm auch gebühren soll.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo,
    Zitat:
    Ich kenne weder CD noch DVD, aber ich will nur darauf hinweisen, dass auf den Covern nicht der Arnold Schönberg Chor verzeichnet ist, sondern der Schwedische Rundfunkchor. Ich vermute, einstudiert von Eric Ericson. Mit diesem Chor hat Abbado während seiner Berliner Zeit IIRC sehr gerne gearbeitet.....
    ------------------------------
    Ja, hier handelt es sich um einen Lapsus, richtigerweise muss es heissen: "Schwedischer Rundfunkchor", wie schon korrekt von C.Huth angegeben, arbeitete Abbado mit dieser Sängerschar gerne zusammen.


    Aber wie sieht es mit Eurer Meinung aus, das Werk in kleinerer Besetzung aufzuführen!



    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Generell finde ich kleinere Besetzungen sehr reizvoll. Ein Werk wird dadurch oft durchsichtiger. Dies ist sicherlich schrecklich undifferenziert und Aufnahmetechnik kann heut viel zur Klarheit beitragen (und einem Klangbrei entgegen wirken) aber für CD-Aufnahmen ist mitunter eine kleinere Besetzung sicherlich sehr interessant.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von reklov29


    Aber wie sieht es mit Eurer Meinung aus, das Werk in kleinerer Besetzung aufzuführen!


    Salut,


    im "Fall Mozart" ist das stets relativ einfach zu beantworten: Mozart hatte nur äußerst selten wirklich große Orchester zur Verfügung [vielleich bei Idomeneo] - das Requiem war für Conte Walsegg bestimmt, was Mozart vermutlich auch wusste [keine Diskussion]. Dessen Orchester [und Chor] war nicht sonderlich riesig. Mozart schnitt bekanntlich die Werke auf die Fähigkeiten "seiner" Ensembles zu - dennoch wünschte er sich z.B. bei der Aufführung der g-moll-Sinfonie 40 Violinen...


    Je größer das Ensemble, desto mehr Arbeit ist erforderlich.


    Durch kleinere Besetzungen werden Werke intimer, allerdings treten die Solisten dabei ein wenig kürzer [in Relation].


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Masetto
    Ich würde auch gern das hören, was wirklich nur Mozart beim Requiem geschrieben hat...


    Hallo Masetto,


    das kannst Du haben:


    ...[ama]B0007RUT34[/ama]


    Zitat

    Original von Note 1


    Es gibt nur wenige Aufnahmen, die Mozarts Requiem als das nehmen, was es ist: ein Fragment. In einem Konzert zum 5. Todestag des Komponisten Hans Georg Pflüger (1944-1999) wurde es Pflügers „Memento mori 1995“ vorange-stellt. Die Abfolge ist dabei nicht die der Totenmesse, sondern die Chronologie der Entstehung. Im „Lacrimosa“ bricht Mozarts Autograph nach dem siebten Takt ab, ebenso in dieser Aufführung. Pflügers „Memento mori 1995“ ist sicherlich der Gipfelpunkt seines vokalen Schaffens und steht in einer langen Tradition nicht-liturgischer Requiem-Kompositionen.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut,


    Nein. Es gab bzw. gibt m. W. mehrere [minimum zwei] Einspielungen dieser Art. Ich schrecke jedesmal davor zurück, sie anzuschaffen, weil ich nicht weiß, ob ich das wirklich benötige. Zum einen ist es natürlich sehr reizvoll, zum anderen habe ich das Faksimile und kann mir meine eigenen Vorstellungen machen. Drittens ist ja das Eingespielte nicht unbedingt das, was Mozart sich vorstellte...


    Außerdem endet Mozarts Handschrift hier:



    ...und nicht bei den abgebrochenen Takten das Lacrymosa [o.k. - das ließe sich durch Programmieren des Players ändern :rolleyes: ]. Zudem finde ich bei dieser CD den "Fremdkörper" extrem störend.


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • NB: Die Chronologie wird in der Mozart-Forschung immer noch kontrovers diskutiert; wahrscheinlicher scheint mir (mit Wolff), daß Mozart das Lacrymosa noch offen ließ, um den Übergang zur geplanten Amen-Fuge zu gestalten.
    Beste Grüße
    Ben

  • Salut,


    man darf zwei Fragestellungen nicht miteinander vermischen:


    1. Welches waren die letzten Notizen Mozarts im Requiem?


    Es wird vermutlich niemals definitiv geklärt werden können. Aber es spricht immerhin dafür, dass es die letzte Seite des Hostias war:


    Zitat

    Original von Günter Brosche


    Mit größter Sicherheit dürfen also die auf Bl. 99r nun nur mehr zweimal aufscheinenden Worte „quam olim da capo[/I] die von Mozart knapp vor seinem Tode zuletzt geschriebenen Worte sein, womit er Anweisung gibt, nach dem Hostias die Fuge mit jenem Textbeginn aus dem Domine Jesu Christe (Bl. 99v-95r) zu wiederholen. Wir sehen keinen Anlaß, nicht anzunehmen, dass daher Bl. 99r auch die von Mozart zuletzt geschriebene Partiturseite ist, können dafür aber keinen Beweis erbringen. Die Textworte Faceas, Domine, de morte transire ad vitam den Sterbenden schreiben zu lassen, ist verlockend, jedoch wollen wir keinen Anlaß zu einer neuen Legendenbildung geben. Dazu würde der traurige Umstand passen, dass die rechte untere Ecke dieses letzen beschriebenen Blattes, die zum drittenmal die Worte „quam olim / d: C:“ und damit wirklich das Letzte, was Mozart niederschreiben konnte, enthielt, von einem offenbar Wissenden herausgerissen und gestohlen wurde. Diese Untat wurde im Jahre 1958 begangen […]


    Und warum sollte man nicht einem Zeitgenossen, Maximilian Stadler, glauben, wenn er ebenfalls schreibt: […] mit den Worten „quam olim da capo“, die seine letzt geschriebenen waren?


    Auch, dass Mozart das Lacrymosa „offenhielt“, ist reine Spekulation: Es kann es vor oder nach den Worten quam olim… notiert haben.


    2. Welches waren die letzten Notizen Mozarts überhaupt?


    Hier bietet Dr. Ludwig Köppen eine interessante, aber wohl auch nicht mehr ganz neue Theorie: Seiner Meinung nach sind die letzten Zeichen Mozarts auf der letzten Partiturseite der Freimaurerkantate KV 623, welche am 17.11.1791 von Mozart selbst aufgeführt wurde, zu suchen und zu finden:


    Er weist eine deutliche Zitterschrift in der Coda nach, welche er auf seine zweite Hypothese [die hier nichts zur Sache tut] stützt. Ich kann noch sooft diese Noten anschauen, ich entdecke keine Zitterschrift, allenfalls eine gewisse Flüchtigkeit.


    Es spräche aber doch aus ganz einfachen Gründen dafür, dass dies die „wahren“ letzten Noten sind, da Mozart nach der Aufführung der Kantate ernsthaft bettlägerig wurde und dann vermutlich kraftlos keine einzige Note mehr schrieb.


    Letztlich ist es ja auch egal. Aber: Der Schnipselfetischist von 1958 kann demzufolge nur dann vollends befriedigt sein, wenn er auch die Coda der Kantate KV 623 in seinem Besitz wähnt.


    Ein spannender Roman zum Thema "Quam-olim-Schnipsel" stammt von Gerhard Roth:


    ...[ama]3596145813[/ama]


    Der "Schnipsel" ist aber nur "Aufhänger" für einen sehr spannenden und nachdenklichen Lebensplan. Das Ende ist klar und deutlich, aber bitter. Tiefgründige, manchmal schmerzliche, oft ernüchternde Sommerlektüre.


    Natürlich alles reine Fiktion... der Schnipsel ist natürlich bei mir... :hahahaha:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, was man unter Skizzen zu verstehen hat. Eine Aufnahme, die sich an das nur Vorhandene hält, müsste in meiner Vorstellung davon ziehmlich dünn klingen, so dass z. B. nur ein Instrument eine einfache Stimme spielt und vielleicht noch ein Cello o. ä. darunter erklingt. :untertauch:


    Ich habe mich unlängst mit jemandem darüber unterhalten. In diesem Gespräch wurde mir mitgeteilt, dass er es sich nicht vorstellen könne, dass es eine solche fragmentarische Aufnahme des Requiems gäbe, da wirklich wenig vorhanden sei (aus Mozarts Feder) und das ganze somit sicherlich kein Hörvergnügen darstellen würde.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Salut Masetto,


    Du hast es ganz richtig beschrieben. Zum Beispiel im Kyrie ist "nur" der Chor ohne Begleitinstrumente von Mozart selbst geschrieben, also a capella. Natürlich klingt das dann etwas merkwürdig und dünn. Ob es für Dich ein "Hörvergnügen" sein wird, kann ich Dir nicht sagen. Jedenfalls erwarb ich in Wien eine CD mit Fragmenten Mozarts, die auch als Fragmente eingespielt wurden. Irgendwie finde ich das schon reizvoll... die "Stücke" dauern alle maximal jeweils 40 bis 45 Sekunden... gerade, wenn es spannend wird, bricht es ab.


    Beim Mozartrequiem gibt es meines Wissen zwei Unterschiedliche Herangehensweisen an diese Fragment-Aufführung:


    1. Möglichkeit: Es wird wirklich nur das gespielt, was von Mozart komponiert und selbst aufgezeichnet wurde.


    2. Möglichkeit: Es werden nur die von Mozart vorgefertigten Stücke gespielt, in Ergänzung von F. X. Süßmayr aber ohne die nicht komponierten Teile wie Sanctus, Benedictus und Agnus Dei. Man lässt dann, um es "authentischer" klingen zu lassen nach den paar Takten des Lacrymosa abbrechen. Ein - zugegeben - wirklich genialer Effekt!


    Mozart skizzierte übrigens immer zunächst die wichtige Melodiestimme [Solosänger, Chor, oder Soloinstrument] und das Fundament, den Bass. Im Prinzip ist das kaum etwas anderes als eine Sonate von Händel mit Solovioline und beziffertem Baß - da muß man halt etwas ergänzen. Deswegen klingt es aber nicht schlecht.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ich finde die Idee mit dem Lacrymosa-Abbruch immer putzig - unbestreitbar folgt in der Liturgie noch das von Mozart unbestreitbar komponierte Offertorium! Was macht man dann damit? Es vor das Lacrymosa stellen? Wrum schalten bloß so viele Leute ihr Gehirn nicht ein, wenn sie über so was reden - die Legende wirkt halt nachhaltig, doch ein Blick in die Faksimile-Ausgabe belehrt eines Besseren...

  • Hallo Ben,


    ich stimme Dir ja schon zu - ich meine aber, dass eine der Einspielungen [ich habe keine und mag auch keine, glaube ich] in der mutmaßlichen Kompositionsreihenfolge gespielt wird. Das macht dann schon irgendwie "Sinn"... denn - wenn man dieser Ansicht folgt! - kann ja danach nichts mehr kommen, denn man musiziert ja den "sterbenden Mozart". :rolleyes:


    Möglich wäre ja auch die korrekte liturgische Reihenfolge - dann bricht das Lacrymosa eben ab und es geht mit etwas anderem weiter.


    Alles in allem: für das Forscherohr sicherlich hochinteressant - und als Reißer allemal. Von Musikgenuß kann aber m. E. dabei nicht die Rede sein.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich habe in diesem Zusammenhang einmal eine grundsätzliche Frage: Welche Vervollständigungen des Mozart-Requiems gibt es überhaupt? Süßmayr - eh klar! Dann noch eine von Eybler, denke ich. Die von Britten ist im Grunde eine Süßmayr-Fassung mit Entfernung unlogischer Stellen.
    Und sonst?

    ...

  • hallo
    ich hab' mal bei wikipedia nachgesehen:
    Vervollständigungen
    Bereits kurze Zeit nach der Erstveröffentlichung gab es Versuche, alternative Vervollständigungen von Mozarts Requiem zu erstellen. So ergänzte der Salzburger Komponist Sigismund von Neukomm, der 1816 nach Rio de Janeiro ausgewandert war, das Werk für eine Aufführung in Brasilien um den Satz "Libera me". Neukomms Fassung wurde kürzlich in den Archiven eines Klosters in Rio entdeckt und von Jean-Claude Malgoire aufgeführt.


    Etwa seit den 1970er Jahren haben verschiedene Musikwissenschaftler, unzufrieden mit der traditionellen Süßmayr-Arbeit, erneut Vervollständigungen des Requiems versucht.


    Marius Flothuis (1941)
    Franz Beyer (1971/79 und 2005)
    Duncan Druce (1992)
    C. Richard F. Maunder (1986)
    H. C. Robbins Landon (1991)
    Robert D. Levin (1993)
    „Traditionelle“ Ausgaben, einschließlich der Beyer-Edition, versuchen lediglich, Aspekte der Süßmayrschen Orchestrierung in einen Mozart gemäßeren Stil zu bringen, wohingegen Robbins Landon sich für die Vervollständigung der bruchstückhaften Arbeit Eyblers als zuverlässigere Anleitung für Mozarts Intention bediente. Die „radikale“ Ausgabe Maunders verwirft vollständig die Süßmayr-Kompositionen, behielt aber das Agnus Dei, nachdem eine umfangreiche Paraphrase aus einer früheren Messe entdeckt wurde. Die Levin-Version ist eher eine Synthese zwischen den beiden Extremen, indem hier die Grundthemen der Süßmayr-Sätze beibehalten, aber neu auskomponiert werden. Maunder und Levin benutzen ferner die Skizze der in den 1960er Jahren entdeckten Amen-Fuge, um ein passendes Ende für das Lacrimosa zu finden.





    lg
    d.

    Es gibt kaum etwas Schöneres, als dem Schweigen eines Dummkopfes zuzuhören

  • Salut,


    nein, von Eybler gibt es keine vollständige "Fassung". Eybler hatte mit der Ergänzung begonnen und musste sie dann zu Gunsten von Süßmayr liegen lassen.


    Von Eybler existent ist die Istrumentierung des Dies irae[/I9, das [i]Tuba mirum [ohne Bläserstimmen, bis auf die Tuba :D ], Rex tremendae sowie das Recordare [ebenfalls jeweils ohne Bläser], Confutatis [diesmal mit Bläsern] und zwei Takte im Sopran des Lacrymosa. Im Confutatis z.B. setzt Eybler die Pauken und Trp. offbeat ein, was sehr gut kommt.


    Eybler und Süßmayr waren jene, die unmittelbar nach Mozarts Tode damit beschäftigt waren, das Fragment zu ergänzen. Möglicher Weise war noch ein Dritter [Abbé Stadler] involviert.


    Daneben gibt es folgende Ergänzungsversuche der Neuzeit:


    Marius Flothuis [1941]
    Franz Beyer [1971/79 und 2005]
    Duncan Druce [1992]
    C. Richard F. Maunder [1986]
    H. C. Robbins Landon [1991]
    Robert D. Levin [1993]


    Und dann ist seit einiger Zeit die Rede von einer Requiem-Ergänzung [aus dem 19. JH?], die vor einigen Jahren [?] in Brasilien [?] aufgetaucht ist. Da mich das wenig interessiert, weiß ich darüber leider nichts genaues.


    Die "Fassung" von Franz Beyer ist zu haben:



    Auch jene von Robert D. Levin:



    Und diese Edition [Süßmayr] beinhaltet angeblich noch einige Requiem-Fragmente:



    ...und auch H. C. Robbins Landon ist erhältlich:



    Mich persönlich interessiert primär aber eine Einspielung der von Eybler instrumentierten Teile - ohne weitere Fremdzutaten.


    LG
    Ulli


    P.S. d.Minor hatte klaren Heimvorteil... :O :D

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut,


    so sieht die Amen-Skizze in Druckform [auf die Schnelle] aus:



    Und so unheimlich kann das dann klingen, wenn ein Fragment "ertönt" :D [ich habe, da der PC keinen echten Gesang imitieren kann, als Instrument die Kirchenorgel gewählt].


    Der Duktus im Alt [später Tenor u. Bass] ist übrigens eine Spiegelung des "Requiem"-Themas aus dem Introitus, womit ein sich innerer Zusammenhang mit dem Requiem recht eindeutig identifizieren lässt. Es kann aber niemals sicher gestellt werden, dass Mozart diese Skizze auch definitiv hätte verwenden wollen. Sie müsste ja Süßmayr/Eybler vorgelegen haben und sie hätten dann den Instruktionen des Meisters folgen müssen/sollen...


    Vielleicht waren ja auch das Mozarts letzte Noten... klingt jedenfalls so ;(


    Ich halte das ganze für mehr als fraglich.


    Viel Vergnügen.


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli: Süßmayr hätte zur Ausarbeitung der Amen-Fuge halt fähig sein müssen, eine Fuge zu schreiben, aber sieh Dir mal seine eigenen frühen Werke an - und das was er aus der Osanna-Fuge im Requiem gemacht hat - nämlich gar nichts: So wie es aussieht eine nicht ausgearbeitete Fugen-Exposition, vielleicht von Mozart ähnlich skizziert wie dies Amen, und dann einen Notschluß drangeklatscht.
    Auch Sanctus und Osanna dürften mithin auf Notate Mozarts zurückgehen, wie schon Friedrich Blume herausarbeitete -- diesbezüglich empfehle ich einmal mehr dringend die Lektüre von Christoph Wolffs Studie zum Requiem (Bärenreiter/DTV). Der Anfang vom Sanctus ist eine Dur-Variante vom Dies Irae-Anfang; der Anfang vom Osanna ist eine Dur-Variante vom "Quam Olim" ...
    Zu dem "Amen" gebe ich zu bedenken, daß es abgesehen vom geänderten Metrum fast völlig übereinstimmt mit dem Schluß-Amen aus dem Stabat Mater von Pergolesi (aus dem auch Mozarts Lacrymosa-Anfangsthema stammt). Mozart hat im Requiem auch andere prominente Trauer-Chorwerke zitiert. Maunder hat davon eine, wie ich finde, ziemlich gute und stilnahe Ausarbeitung geschrieben.

  • Ich habe mir dieses brasilianische Libera me angehört:



    Und ich muss sagen, es ist wenig berauschend. Sigismund von Neukomm [1778 - 1858], der es komponiert, oder eher kompiliert, hat, hat einfach die textlich entsprechenden Teile aus dem übrigen Requiem collagiert und mit eigenen Überleitungen versehen.

  • Zitat

    Original von ben cohrs
    Lieber Ulli: Süßmayr hätte zur Ausarbeitung der Amen-Fuge halt fähig sein müssen, eine Fuge zu schreiben, aber sieh Dir mal seine eigenen frühen Werke an - und das was er aus der Osanna-Fuge im Requiem gemacht hat - nämlich gar nichts: So wie es aussieht eine nicht ausgearbeitete Fugen-Exposition, vielleicht von Mozart ähnlich skizziert wie dies Amen, und dann einen Notschluß drangeklatscht.
    Auch Sanctus und Osanna dürften mithin auf Notate Mozarts zurückgehen, wie schon Friedrich Blume herausarbeitete -- diesbezüglich empfehle ich einmal mehr dringend die Lektüre von Christoph Wolffs Studie zum Requiem (Bärenreiter/DTV). Der Anfang vom Sanctus ist eine Dur-Variante vom Dies Irae-Anfang; der Anfang vom Osanna ist eine Dur-Variante vom "Quam Olim" ...
    Zu dem "Amen" gebe ich zu bedenken, daß es abgesehen vom geänderten Metrum fast völlig übereinstimmt mit dem Schluß-Amen aus dem Stabat Mater von Pergolesi (aus dem auch Mozarts Lacrymosa-Anfangsthema stammt). Mozart hat im Requiem auch andere prominente Trauer-Chorwerke zitiert. Maunder hat davon eine, wie ich finde, ziemlich gute und stilnahe Ausarbeitung geschrieben.


    Salut,


    Christoph Wolffs sehr gutes Buch über Mozarts Requiem habe ich bereits im Vorschulalter gelesen. Ich verstehe nicht, was Du mit "Zu dem 'Amen' gebe ich zu bedenken" meinst? Was gibt es da zu bedenken bzw. worauf beziehst Du Dich hier? Was ist dabei, wenn Mozart zitiert oder benutzt? In jedem Fall - wie man es auch sieht - ist der Duktus der skizzierten Amen-Fuge die Umkehrung des "Requiem". Wenn es andersherum wäre, um so "genialer", dass Mozart erst später aufzulösen vorhatte.


    Und natürlich: Süßmayr ist kein Mozart, sondern ein Süßmayr. Es geht mir gar nicht darum, seine Arbeit zu verteidigen, denn das hat sie nicht nötig. Abgesehen davon hat Mozarts Requiem in der Musikgeschichte ohnehin eine verdiente Sonderstellung - ohne zu übertreiben meine ich, dass man es durchaus als "A und O" bezeichnen darf. Und dazu hat eben auch, wenn auch vielleicht mit Abschlägen, Süßmayr beigetragen.


    Warum vergleichst Du diese Arbeit mit Süßmayrs Frühwerken? Das macht keinen Sinn. Süßmayrs stand während der Requiem-Vollendung kompositorisch knapp vor seinem künstlerischen Höhepunkt und galt als einer der beliebtesten Opernkomponisten seiner Zeit. Muß man als Unterhaltungsmusiker Fugen komponieren können?


    Und das Sanctus ist ja dann auch sehr schlüssig konzipiert, wenn es den musikalischen Gedanken des Dies aufgreift. Was ist daran auszusetzen?


    Das Osanna - empfinde ich - besticht gerade durch seine Kürze und einen "drangeklatschten Schluß" kann ich nirgends finden!? Einig angebrachte Kritik wäre meinetwegen die Wiederholung des Osanna in B- statt in D-Dur, andererseits spricht Wolff gar von "struktureller Stabilität".


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • lieber Ulli, ich bezog mich insbesondere auf folgenden Satz Deiner Message:


    Es kann aber niemals sicher gestellt werden, dass Mozart diese Skizze auch definitiv hätte verwenden wollen. Sie müsste ja Süßmayr/Eybler vorgelegen haben und sie hätten dann den Instruktionen des Meisters folgen müssen/sollen...


    Drücke ich mich immer so mißverständlich aus? Ich habe den Eindruck, daß Du meine Postings mitunter nicht oder nicht richtig verstehst ...

  • Zitat

    Original von ben cohrs


    Drücke ich mich immer so mißverständlich aus? Ich habe den Eindruck, daß Du meine Postings mitunter nicht oder nicht richtig verstehst ...


    Immer sicher nicht, in diesem Falle konnte ich keinen 100% sicheren Bezug herstellen. Deshalb habe ich mir erlaubt, nachzufragen.


    Zur Amenfuge:


    Das sogenannte Berliner Skizzenblatt wurde Mitte des 20. Jahrhunderts [bin nicht sicher, publiziert wurde es 1963] von Wolfgang Plath entdeckt. Darauf befinden sich auch Skizzen zur Zauberflöte. Ob Süßmayr bzw. Eybler und anderen dieses Blatt jemals vorgelegen hat, wird niemals bewiesen werden können. Zudem ist es ja auch durchaus schwierig, es als solches zum Requiem gehörend überhaupt zu erkennen, denn ebenfalls enthalten sind Skizzen zum Rex tremendae, die Mozart aber später ganz anders ausgearbeitet hat. Verräterisch sind hier nur die Worte "a--men". Zudem dürfte Süßmayr unter Zeitdruck gestanden haben, das Werk zu "vollenden", logisch, dass man da einen Plagialschluß vorzieht. :D Der ist zwar nicht einfallsreich, tut aber noch immer seine Wirkung.


    Schade, ich hätte mir diese vermutlich sehr ausgedehnte Amenfuge auch sehr gewünscht, egal ob von Mozart, Süßmayr oder Eybler...


    Liebe Grüße
    Ulli


    LG
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose