Ein Flop: Verdis "La Traviata"

  • Sagitt meint:



    Die unendliche Geschichte der Traviata wird fortgeschrieben....
    die Musik ist großartig, wer wollte daran zweifeln. Sieht man die Story dazu, kann es einem das Herz brechen, wenn es gut gespielt ist. Fast alles hängt an der Violetta. Wenn die Sängerin die Unzeitigkeit des Sterbens rüberbringt, ist das Stück kaum zu ertragen. Wer tut das ?


    zB die Gheorgiu mit Solti, zB die Gvazava mit Metha,zB die Bonfadelli mit ??,zB die Vaduva mit ???,zB die Netrebko mit Rizzi.
    Alle Sängerinnen schauspielern großartig. Alle anderen Figuren treten gegenüber der Violetta in den Hintergrund ( teilweise agieren die Herren Tenöre ziemlich peinlich), aber es ist nicht die Geschichte von Alfredo, sondern von Violetta.


    Das Angebot ist groß und die anderen neben Frau Netrebko sollten nicht vergessen werden.

  • Zitat

    Original von sagitt
    Sagitt meint:
    Das Angebot ist groß und die anderen neben Frau Netrebko sollten nicht vergessen werden.


    Ich weiß, Sagitt. Ich tobe mich ja nur deshalb so aus :D, weil ich weiß, daß hintennach die vernünftigen Stimmen kommen, die meine überschäumende Begeisterung wieder relativieren ;-) Trotzdem meine ich, daß diese CD (oder DVD) für einen jungen Einsteiger die beste ist.


    LG
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Die DVD ist bei amazon sogar 10 € billiger als die CD. :)


    Die DVD kostet dort 17,99 €.


    Wenn ich mir die DVD kaufe brauch ich ja die CD zuerst mal nicht. Eigentlich doch ungewöhmnlich das die DVD so viel billiger als die CD ist,oder?



    Die DVD Deluxe Edition kostet allerdings 26 €.Dort sind noch die Proben und zusätzliches Porträts der Sänger mit drauf.


    Grüße Bastian

  • Hallo Bastian,


    diese Aufnahme würde ich nur als DVD nehmen (wenn der Preis von Bedeutung ist, dann notfalls die Einfach-DVD, die ja billiger als die Doppel-CD sein müsste). Die Inszenierung gehört dermaßen integral zum Live-Mitschnitt, daß beim Nur-Hören zuviel Positives auf der Strecke bleibt und die paar weniger starken Eigenschaften zu scharf hervortreten.
    Aber als DVD ist die Salzburger Aufführung neben der Londoner mit Angela Georghiu und dem Film mit Teresa Stratas eine heiße Empfehlung.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Miteinander,


    nachdem es mehrere Beschwerden gab über die geringfügige Verfehlung des eigentlichen Themas in der großen Mehrzahl der Beiträge der letzten Wochen, haben wir beschlossen, ein wenig aufzuräumen. Wohlgemerkt, es geht nicht darum, Launige Zutaten zu unterbinden. Wie Edwin weiter oben anregte, wurden die Beiträge zum Thema Anna Netrebko und Marketing ausgegliedert und finden sich nun im Thread Anna Netrebko - Einzigartig oder nur Marketing?. Die Diskussion zu ihrer Person kann, bei Bedarf, dort fortgesetzt werden. Ein weiterer Teil der postings, jene die ihren Zweck als Späßchen im Augenblick erfüllt haben, auf die hoffentlich noch lange Lebensdauer dieses Themas aber uninteressant sind und als Hemmnis wirken können, wurde gänzlich entfernt.


    Viel Vergnügen nun mit dem frisch gewaschenen Traviata-Thread. Einige Fragen harren noch ihrer Beantwortung.


    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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  • Grüezi


    Ich schliesse mich Alfred Schmidt's Posting vom 11. September 2004 an - wow schon fast zwei Jahre alt.
    Senden tue ich meine Schallplatten-Ausgabe, auch wenn ich einige Stellen etwas bearbeiten musste.
    Die CD-Box der Deutschen Grammophon hatte ich ebenfalls nachträglich erworben. Sicher ist die
    CD-Ausgabe optimaler, doch ersetzt nichts in der Welt die romantische alte Schallplatte. Das die
    Aufnahme von Carlos Kleiber bei meinen Hörern ankommt, zeigen die vielen positiven Feedbacks.
    La Traviata ist ja auch ein Meisterwerk - fast wie mein heissgeliebter Nabucco.


    Greets, Tiger


    Besetzung:


    Violetta Valery: Ileana Cotrubas
    Flora Bervoix: Stefania Malagú
    Annina: Helena Jungwirth
    Alfredo Germont: Placido Domingo
    Giorgio Germont: Sherill Milnes
    Gastone, Viscone de Létorières: Walter Gullino
    Barone Douphol: Bruno Grella
    Marchese d'Obigny: Alfredo Giacomotti
    Dottore Grenvil: Giovanni Foiani
    Giuseppe: Walter Gullino
    Domestico di Flora: Paul Friess
    Il Commissionario: Paul Winter


    Bayrischer Staatsopernchor
    Chorus Master: Wolfgang Baumgart
    Bayrisches Staatsorchester
    Conductor: Carlos Kleiber


    Our cultural heritage belongs to all of us, that's why we must preserve it
    Unser Kulturgut gehört uns allen, deshalb müssen wir es bewahren
    http://www.publicdomain.ch

  • Sagitt meint:


    Zur Abwechslung mal einen Hinwei auf Frau Beci, die in ihrer Verdi-Biographie sehr interessante Dinge zur Traviata schreibt,über die wechselvolle Rezeptionsgeschichte. Bei uns entsteht ja fast der Eindruck, es gebe nur eine Oper und die heisst Traviata. So ging es dem Werk lange Zeit überhaupt nicht. Es wurde verachtet ( von anderen Komponisten) und aus verschiedenen Gründen nicht gespielt.
    Nachlesen lohnt !

  • Juchhhuuu!!



    hi allerseits! =)



    hab mir heute am Nachmittag die DVD geschnappt und gleich heut am Abend in ein paar Glaserl Roten versenkt



    bin begeistert - ich (Unwissender) kenn grad mal die paar Highlights vin LV - aber das war echt spitze
    das umstrittene? Bühnenbild - Netrebko? - Villanzón? - Hampson?


    W A H N S I N N !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! - perfetto


    ich kann diese DVD allen ans Herz legen - ist echt schön anzusehen


    ganz liebe Grüsse


    Paul? :angel:

    Einmal editiert, zuletzt von Paul? ()

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  • Hallo Paul


    Zunächst mal:


    Es ist ja schön, daß ein Einsteiger in Sachen Oper (so hast Du dich ja selbst bezeichnet) so euphorisch reagieren kann. Meinen Glückwunsch.


    Aber Edwin und ich - sowie etliche andere hier - haben natürlich schon andere Aufnahmen, andere Sängerinnen gehört und gesehen.


    Und da kommen mir dann eben doch Bedenken in Bezug auf die Güte der Inszenierung und der Sänger. Das darf Dir persönlich die Freude nicht verderben - denn was Dich so begeistert hat - ist Die Oper Verdis (oder das was von ihr noch übrig geblieben ist) :baeh01:


    Du hast Die Frage gestellt:



    Zitat

    was is so schlimm daran?


    Nichts . Aber das ist für eine so über alle Maßen künstlich bejubelte Aufführung doch a bisserl wenig ned woahr ?*


    Wie soll ich das was mich da bewegt, wenn ich diese Einspielung sehe einem Neuling schildern ?


    Am Besten Du liest, was ich einst über diese Aufführung - nach der Übertragung im Fernsehen geschrieben habe:


    Live aus Salzburg "La Traviata" - Eine Nachlese


    Du wirst vielleich nicht beipflichten - aber wenigstens erkennen, welche - gar nicht so feinen Unterschiede es gibt... :D



    Beste Grüße


    aus Wien


    Alfred







    * bitte kein Wiener Dialekt im Forum - ich find ihn grauslich :P

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Forianer,


    hier ist meine "Traviata"-Sammlung:


    Albanese, Peerce, Merrill, Toscanini
    Callas, F. Albanese, Savarese, Santini
    Callas, di Stefano, Bastianini, Giulini
    Callas, Kraus, Sereni, Ghione
    Moffo, Tucker, Merrill, Previtali
    Tebaldi, Poggi, Protti, Molinari-Pradelli
    Scotto, G. Raimondi, Bastianini, Votto
    Sutherland, Bergonzi, Merrill, Pritchard
    de los Angeles, del Monte, Sereni, Serafin
    Caballé, Bergonzi, Milnes, Pretre
    Sills, Gedda, Panerai, Ceccato
    Lorengar, Aragall, Fischer-Dieskau, Maazel
    Cotrubas, Domingo, Milnes, Kleiber
    Freni, Bonisolli, Bruscantini, Gardelli
    Scotto, Kraus, Bruson, Muti
    Aliberti, Kraus, Bruson, Paternostro
    Sutherland, Pavarotti, Manuguerra, Bonynge
    Gheorghiu, Lopado, Nucci, Solti
    Gruberova, Shicoff, Zancanaro, Rizzi


    Besonders empfehlenswert:


    Callas, Kraus, Sereni, Ghione
    Moffo, Tucker, Merrill, Previtali
    Sutherland, Bergonzi, Merrill, Pritchard
    Caballé, Bergonzi, Milnes, Pretre
    Lorengar, Aragall, Fischer-Dieskau, Maazel
    Cotrubas, Domingo, Milnes, Kleiber
    Scotto, Kraus, Bruson, Muti


    Meine Lieblings-"Traviatas":


    Sutherland, Bergonzi, Merrill, Pritchard
    Moffo, Tucker, Merrill, Previtali


    Herzliche Grüße
    LT :hello:

  • Hier ein Zitat aus :"Opern auf Schallplatten",
    zu Molinari-Pradelli's Traviata mit:Tebaldi,Poggi,Protti.


    "Warum schreit Vater Germont so mit Violetta?
    Und weshalb bleibt Alfredo so kalt?
    Fragen die von der Tebaldi offenbar nicht gestellt wurden.
    Sonst hätte sie bei dieser Aufnahme nicht mitgewirkt".


    Gruß Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Meine liebste Gesamtaufnahme ist die prächtige, vor allem zeitgenössische Verfilmung Zefirellis mit Stratas, Domingo, MacNeil, Chor und Orchester der Metropolitan Opera und Levine.


    Die Salzburger Aufführung mit Netrebko/Villazon habe ich in der Live-Aufzeichung. Da bin ich nicht von begeistert. Villazon ist mir zu hyperaktiv; Netrebko hat mehrfach in der Höhe gekniffen (hoffentlich nur aus Sicherheitsgründen).



    Ciao :hello: Principe

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  • Man darf in diesem Zusammenhang nicht vegessen, dass die Spitzentöne z.B. am Ende von "Sempre libera" (wenn es jetzt darum geht)´nicht von Verdi gesetzt worden sind.


    Riccardo Muti verbietet daher in seinen Aufnahmen den Sängerinnen diese Spitzentöne zu singen.


    Das betrifft auch die Einspielung mit Renata Scotto. Jedoch ist ihr Rollenporträt aus meiner Sicht so eindringlich und nur mit der Callas wirklich vergleichbar.


    Also nicht nur virtuos gesungene Spitzentöne machen eine Violetta aus, sondern auch eine entsprechende dramatische Durchgestaltung der Partie.


    Frau Netrebko fehlt das eine wie das andere


    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Ich kenne viele Traviata-Aufnahmen und kann es nicht lassen, immer wieder neue anzuhoeren. Nur die neuesten, schon wegen dem ganzen Star-Rummel, reizen mich ueberhaupt nicht.
    Eine alternative zur Kleiber-Traviata der DG:
    Fuer alle Fans der Kleiber-Traviata ist zu erwaehnen, dass es einen gut klingenden Stereo-Mitschnitt einer Auffuehrung der Bayerischen Staatsoper gibt, bei Golden Melodram erschienen und in der Besetzung: Cotrubas, Aragall, Bruson. Ich kann Carlos Kleiber und seine Erben beruhigen: ich besitze auch die kommerzielle Aufnahme, aber ich sage nicht, wo man den Live-Mitschnitt beziehen kann. Was man hier hoert ist von den Gesangsleistungen deutlich besser als in der Studio-Aufnahme. Ueber die Cotrubas laesst sich streiten, wie auch in der Studio-Aufnahme, Aragall ist wirklich sehr gut (wenn er's wirklich ist: ich hatte da so meine Zweifel, denn ich hatte seine Stimme etwas anders in Erinnerung. Aber wer soll es sonst sein: Domingo? Vielleicht kennt noch jemand diesen Mitschnitt), und Bruson ist die bessere Alternative zu Milnes. Wer etwas im Internet sucht, wird diese Aufnahme sicher finden; nur Vorsicht: Es gibt noch andere Live-Mitschnitte mit Kleiber in anderer Besetzung (ueber die ich nichts sagen kann).
    Eine neue Quelle der Traviata aus Lissabon mit der Callas:
    Noch eine gute Nachricht fuer jene, die eine bessere Klangqualitaet der Lissaboner Traviata mit der Callas suchen. Es gibt da offenbar eine lange Geschichte ueber Baender, die das Opernhaus selbst in seinen Archiven hatte und die in geringer Stueckzahl in einer CD-Ueberspielung nicht-kommerziell vertrieben wurden. Die Klangqualitaet dieser Baender ist deutlich besser als die in der von EMI herausgebrachte Aufnahme, die urspruenglich privat von der Rundfunk-Uebertragung gemacht wurde. Nun hat wohl jemand der Firma Pearl eine solche "gute" Kopie zukommen lassen und Pearl vertreibt die Aufnahme komerziell. Ab 2007 fallen diese Auffuehrungs-Mitschnitte ohnehin unter "public domain" sodass zu erhoffen ist, dass Walhall oder Line/Cantus eine Kopie zu guenstigerem Preis veroeffentlichen.
    Varady als Traviata auf CD:
    Wer Julia Varady schaetzt, wird wissen, dass auch sie eine gute Traviata war. Es gibt bie Ponto/Mitridate nun eine Aufnahme unter Lopez-Cobos aus Berlin, mit Franco Tagliavini und Nucci. Allein wegen der Varady ist die Aufnahme sehr hoerenswert,
    hingegen: Franco Tagliavini gehoert nicht gerade zu den stimmschoensten Alfredos und dass Nucci eine internationale (und Schallplatten-) Karriere machen konnte (und noch nicht aufhoert) liegt wohl daran, dass es (nach Milnes, Bruson, Zancanaro etc) seit den 80er-Jahren kaum mehr Nachwuchs an guten Verdi-Baritonen gibt.
    Beste Gruesse,
    Stefan

    Stefan

  • Vor einigen Tagen sprach ich von einem neuen Traviata-Mitschnitt aus Lissabon, der nicht wie die bei EMI erschiene Ausgabe auf einer Radio-Uebertragung beruht.
    Hier ist das Cover der CD


    Wie gesagt: die dieser Aufnahme zugrundeliegende Klangquelle ist wohl ein Band, dass die Lissaboner Oper selbst angefertigt und an die Kuenstler verteilt hat.
    Die Klangqualitaet ist gut, viel besser als in der EMI-Ausgabe. Es gibt kaum Verzerrungen, nur dann, wenn ein Saenger zu nahe am Mikrophon forte singt.
    Man fuehlt wie mit einer Tarnkappe auf der Buehne, inmitten der Saenger. Man merkt, wenn sie sich vom Mikrophon entfernen. Das Orchester kling etwas entfernt, aber wenn es alleine spielt, ist der Klang sehr transparent.
    Fazit: Unter allen Callas-Traviatas, die Studio-Aufnahme eingeschlossen, hat diese Aufnahme den besten Klang, und den Vorteil das bessere Saengerensemble zu haben.
    Stefan

    Stefan

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  • Nicht erwähnt (falls ich nicht etwas überlesen habe) wurde bisher der bei Estro Armonico bzw. Arcadia erschienene Live-Mitschnitt einer Traviata-Aufführung in der Wiener Staatsoper am 25.Dezember 1971. Im Handel gibt es davon momentan möglicherweise nur Auszüge.


    Es dirigierte Josef Krips. Ileana Cotrubas in der Titelrolle schaffte damit ihren großen Durchbruch. Nach meiner Erinnerung war sie mindestens genauso gut wie dann in der Aufnahme unter Kleiber. Nicolai Gedda sang einen ungewöhnlichen Alfred, der damals mit Recht als maniriert bezeichnet wurde, aber es war ein interessanter Manierismus, ein bewußt artifizielles Singen - nicht unbedingt zum Nachahmen, aber als spezifische Leistung hörens- und bewundernswert. Ebenso stark wie I.C. berührte mich Cornell McNeil als Vater Germont. Sicher kann das Gedächtnis täuschen, aber kein anderer Sänger dieser Partie (ich habe etliche gehört, aber längst nicht alle) konnte für mich diesen rollendeckenden Gefühlsausdruck eines besorgten Vaters mit Belcantoschönheit derart vereinigen. Mario Sereni kommt diesem Ideal immerhin sehr nahe.
    Kennt noch jemand diese Aufnahme?


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi,


    ich habe sie gestern gehört, also den ersten Akt. Frau Cotrubas schien mir in der Tat gut bei Stimme, ebenso wie Nicolai Gedda. Ich war allerdings nicht in der Stimmung für die zum Teil sehr langsamen Tempi - ich werde heute Abend nochmal reinhören und dann berichten.


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Lieber Flo,


    Früher war ich auch mehr für zügige Tempi, aber mit dem Alter entwickelt sich der Sinn für das Subtile weiter. Natürlich gibt es Dirigenten, die nur brodeln, aber ich hoffe, Du wirst Krips nach dem heutigen Abend nicht in diese Kategorie reihen. Wenn ich denke, welche verborgenen Feinheiten ein Ackermann oder ein Knappertsbusch so weise und so einfühlend aus einem Stück herausholen konnten - mir gehen da oft ganz neue Welten auf. Manchmal denke ich, auch gute Dirigenten eilen so sehr, weil sie es (noch) nicht schaffen, tief genug in die Partitur einzudringen. Wenn jemand allerdings ehrlich um eine Interpretation ringt, dann kann das für den Zuhörer auch im Eiltempo spannend sein. Siehe Bernstein, der allerdings kein Raser aus Prinzip war, sondern sehr wohl auch bedächtige Tempi nahm, wo es ihm richtig schien.


    LG nach London (wollt', ich wäre auch wieder einmal dort)


    Waldi

  • Lieber Waldi,


    ich wollt' ich wär' in Wien - London ist keine Stadt, sondern ein Zustand. Grässlich grässlich grässlich - der einzige Ort an dem ich's aushalten kann ist Richmond Park. Sonst ist es mir hier zu voll, zu dreckig, zu stickig, zu hektisch, zu metropol. Grausam.


    Zu langsamen Tempi: als Verehrer des späten Klemperer rennst Du da bei mir offene Scheunentore ein, ich meinte diese Bemerkung auch völlig wertfrei.


    Wo wir schon dabei sind: kennst Du Kl'Empereurs 1969er Aufnahme des ersten Akts Walküre mit Dernesch/Cochran/Sotin?


    Ich hoffe, ich hab hier mein Kantreferat für morgen bald, dass ich mich der Traviata widmen kann...


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Lieber Flo,


    Nein, diese Walküre kenne ich noch nicht, aber ich werde sie mir merken. Wie gut, wenn man sich immer auf etwas Zukünftiges freuen kann.
    Wenn Dir London auf die Nerven geht, begíb Dich nach Charing Cross, besuche eine gute Buchhandlung oder Musikgeschäft, höre den Straßenmusikanten zu (dort habe ich welche gehört, die wie die Profis spielten und mit Herz dazu) oder zieh Dir "My Fair Lady" mit Audrey Hepburn ein (Alternative: die Aufnahme mit Kiri te Kanawa),


    Und damit wir wegen off topic-Sünden nicht ermahnt werden:


    Ein glänzender Alfred war Robert Ilosfalvy. der konnte in seiner besten Zeit mit viel berühmteren Kollegen mithalten.


    Ich halte die Daumen für Kant!


    LG


    Waldi

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  • Verdi
    La Traviata
    Violetta - Ileana Cotrubas
    Flora - Edita Gruberova
    Alfredo - Gedda
    Germont - Cornell MacNeil


    Orchester der Wiener Staatsoper
    Krips


    25. Dezember 1971



    1. Akt
    Das Vorspiel zum ersten Akt wird in großer Ruhe mit warmem Klang entfaltet; besonders die Celli singen sehr schön ihre Linien aus.


    Die Überleitung in die Ballszene gerät dagegen etwas buchstabiert und behäbig: vor meinem inneren Auge taucht eine Gesellschaft wohlbeleibter, distinguiert-gesetzter Herrschaften auf. Dann Auftritt Violetta: ein sehr auf legato achtendes Singen – und welch’ eine schöne, volle, seidig-helle Stimme! Der Dialog gerät allerdings auch sehr getragen – und die „miei cari“ werden auch eher elegisch zum sitzen aufgefordert. Danach wird es noch teigiger – bis dann Alfredo seinen Auftritt hat.


    Vom Timbre her passt er perfekt zu seiner Violetta, dieselbe seidige Fülle. Jetzt kommt auch Leben ins Orchester, wenngleich das Tempo gemessen bleibt. Nicolai Gedda singt ein sehr schön (musikalisch wie sprachlich) artikuliertes „Libiamo“, das sich zu beachtlicher Nachdrücklichkeit steigert. Das scheint auch seine Violetta aus ihrer Lethargie zu reißen – aber ihr Widerspruch bleibt von einem Trauerflor umschattet, und der Schluss mit dem Chor wirkt schwerfällig.


    Violettas Schwächeanfall gehört dann zu einer anderen Kategorie: ohne Übertreibungen oder billige Effekte erregt die Stimme Gänsehaut. Das Orchester spielt gelangweilt vor sich hin – ein Symbol für den ungerührten Fortgang der Welt (;-))? Der anschließende Dialog mit Alfredo bleibt trotz heldischen Einsatzes von Nicolai Gedda seltsam leblos, ich habe nicht den Eindruck, dem Austausch zweier Menschen zu lauschen, zwischen denen sich gerade etwas aufbaut.


    „Un di felice“: wirklich sehr langsam genommen, aber von Nicolai Gedda mit großer Energie gestaltet – aber auch hier bleibt ein Trauerrand. Hier singt nicht ein frisch verliebter unbedarfter Optimist von der Macht der Liebe, es klingt eher resigniert. Der Entgegnung Violettas raubt das weiter bedächtige Tempo jede Spritzigkeit (die daher auch nicht ihre Ironie entfalten kann, ihren aufgesetzten Charakter), das Duett nimmt einen zunehmend schleppenden, zerfließenden Charakter an (und es ist kein Zerfließen in aufkeimender Seligkeit!). Der Schluss wirkt endlos, gibt aber den Sängern Gelegenheit, ihre Atemkontrolle vorzuführen.


    Der Abschied von Alfredo beginnt wie aus schwerem Schlaf, Gedda versucht, dem Ganzen Leben einzuhauchen, aber er kommt nicht gegen das gemäßigte Tempo an und nicht gegen die Melancholie seiner Violetta. Sehr zarte „Addio“.


    Orchester und Chor liefern zu Beginn eine lebhaftere Gestaltung des Abtrittschors – eines meiner Lieblingsstücke aus Traviata (warum weiß ich auch nicht), die dann aber von unsauberen Sopranen und allgemeiner Schwerfälligkeit beeinträchtigt wird. Der instrumentale Schlussteil wirkt wie drangeklebt.


    „E strano“: das Rezitativ wird von Sängerin wie Orchester sehr einfühlsam gestaltet, Frau Cotrubas liefert berückendes legato im piano. Sie strahlt eine verletzliche Einsamkeit aus, die zutiefst anrührend wirkt, wenn auch gelegentlich Anstrengung spürbar wird. „Ah quell’ amor“ – gesungen wie aus der Vorahnung des Scheiterns, ein antizipiertes Beklagen des Verlusts eher denn ein Vorgenuss der Seligkeit.


    Enstsprechend unvermittelt kommt der „Follia!“-Ausbruch, für den es so Recht keinen Grund im Vorhergehenden gibt. „Sempre libera“ beginnt sehr nachdrücklich, leider merkt man an einigen Stellen, wie das Orchester nicht mitgeht mit ihr, die wohl ein schnelleres Tempo gewünscht hätte. Auch das Dacapo bleibt trotz nachdrücklichem Einsatz und wunderschönem Timbre dezidiert unüberschwänglich (wo es doch etwas doppelbödig-übertriebenes haben sollte…). Da hilft auch kein es². Selbst das hat diese kraftlose, lachrymose Ausstrahlung.


    „Lunge da lei“: Gedda gestaltet das Rezitativ mit viel Liebe zum Detail, wobei er auch vor gelegentlichen veristischen Effekten nicht zurückscheut. „De miei bollenti“: stellenweise sehr deklamatorisch im Wechsel mit betörendem Legato und sehr differenziert gestalteter Dynamik. Doch fehlt mir die große Linie, alles scheint auf der Stelle zu treten, wirkt eher wie eine Betrachtung denn wie wirkliches Erleben. Ein seltsamer Nachdrücker auf dem Schlusston beendet die Arie.


    Es folgt ein sehr realistischer Dialog mit Annina, hier kommt zum ersten Mal so etwas wie Dramatik auf.
    „O mio rimorso“: Gedda beginnt sehr leicht, fast schon verspielt – steigert sich dann aber zu wiederum wohldeklamierter Intensität – den Abschluss bildet ein wohlgerundetes hohes C.


    Fortsetzung folgt,
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Cornell MacNeil, ein mir bisher unbekannter Sänger, tritt als nobel-distinguierter Germont von dunklem Timbre und beachtlicher Flexibilität in der Stimme auf.


    „Pura siccome“: bisher die überzeugendste sängerische Leistung. Eine herrlich warme, sonore Stimme, die auch in der Höhe die dunkle Wärme nicht verliert. Gleichzeitig kann er sowohl leise als auch legato singen – man glaubt ihm die zarte Liebe für seine engelsgleiche Tochter.


    Jetzt kommt auch Frau Cotrubas zu sich und gibt eine Ton für Ton glaubwürdige, dabei wunderschön gesungene Reaktion der Violetta, die auch vom Dirigenten sehr einfühlsam und flexibel begleitet wird.


    „Bella voi siete“: beklemmend, Germont traut sich schon fast nicht, und Violettas Reaktion ist in ihrer stillen Verletztheit ergreifend. Hier kommt das silbrig-seidige Timbre von Frau Cotrubas perfekt zum tragen. Germonts Cabaletta wird von Herrn MacNeil sehr flexibel im Tempo gestaltet, ich habe allerdings den Eindruck, dass sie ein wenig auseinanderfällt. Was ich dieser herrlichen Baritonstimme gerne verzeihe, die sich im forte ohne hörbare Mühe bis zu fast schon bass-mäßigem Volumen entfalten kann.


    Das anschließende Duett beginnt mit überirdisch schönen legato-Linien der Cotrubas, die auch hier völlig ohne Mätzchen intensiven Ausdruck erzielt. Dann: „Dite alla giovine“: überirdisch. Sehr langsam, wunderschön gestützt gesungen, hier passen Timbre und elegischer Charakter hervorragend – leider quäkt die Wiener Oboe dazwischen. Was den folgenden, ruhig atmend schwingenden langen Bogen in ihren Zusammenbruch in Tränen nicht beeinträchtigt.


    Vater Germont ist auch gerührt und legt echte väterliche Wärme in seine Stimme. „Sento nell’ anima“ – auch Herr MacNeil hat keine histrionischen Mätzchen nötig. Mit diesem Duett ist die Aufführung auf einem gänzlich anderen Niveau angekommen. Nicht einmal sein „generosa“ brüllt er. Für den Schlussaufschwung fehlt dann aber wieder das letzte Quentchen Energie, es läuft aus in umflorten Schöngesang. Dafür ist der Abschied – wieder ohne Übertreibungen – auf eine stille Weise herzzerreißend.


    Unglaublich, wieviel Emotion Frau Cotrubas in die schlichte Einfärbung ihrer Stimme legen konnte.

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Totale Verlassenheit strahlt die Einleitung in die nächste Szene aus – nicht zuletzt wegen einer eindrucksvollen Leistung der Klarinette. Schon dieser Moment allein wäre die ganze Aufnahme wert gewesen.


    Die anschließende Auseinandersetzung mit Alfredo erinnert überhaupt nicht mehr an die fehlende Energie im ersten Akt – ist dies dieselbe Aufführung? „Amami Alfredo“ – OK, hier bekomme ich immer feuchte Augen, aber wie Frau Cotrubas hier nicht schärfer wird, sondern die Verzweiflung durch ein voluminöses Abdunkeln der Stimme ausdrückt – das soll nicht unerwähnt bleiben.


    Alfredo findet und öffnet den Brief: unglaublich. Hier glaube ich Gedda den Alfredo – und eine wunderschöne Vorbereitung durchs Orchester!


    „Di Provenza“: ebenfalls sehr ruhig genommen, was Herrn MacNeil aber offensichtlich sehr entgegenkommt – er überströmt den Hörer mit purem Gold. (Und die Oboe hinterlässt ihr Häufchen drauf). Sehr verinnerlicht – „Dio mi guidò“ – wie verletzlich, mit brechender Stimme. Ähnlich zerbrechlich dann der „vecchio genitor“, aber ohne übertrieben zu wirken. Tief bewegend und doch innerhalb der Grenzen des „Schöngesangs“. Bravos aus dem Publikum – die ersten des Abends (?), sicher die lautesten. Berechtigt!

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Der Rest dieser Aufnahme ist eine Mischung dessen, worüber ich den Mantel des Schweigens breiten möchte, weil ich es nicht nachfühlen kann - und dessen, woran ich mit Worten kaum rühren möchte.


    Die große Auseinandersetzung mit Alfredo ist sehr dramatisch, Gedda deklamiert sehr intensiv, aber es wirkt auf mich sehr äußerlich. Die Szene in Violettas Sterbezimmer gehört dafür zum Intensivsten, was ich auf Tonträgern bisher erleben durfte. Wie Frau Cotrubas hier zu gestalten versteht lässt sich mit Worten nur unzulänglich wiedergeben: sie lebt diese Rolle, aber sie lebt sie in den feinsten Schattierungen ihrer Stimme und nicht in großen Gesten. Was ihr Alfredo leider nur allzusehr tut - und damit ist eigentlich alles über den Rest dieser Einspielung gesagt.


    Frau Cotrubas gestaltet eine Traviata zum Niederknien - bis ihr Alfredo wiederkommt. "Addio del passato" oder die Verzweiflungsschreie zum Schluss hin - alles wirkt ganz unglaublich unmittelbar und "echt", gerade weil es mit höchster Kunstfertigkeit und Stimmbeherrschung gestaltet ist - allein die Farbwechsel vom mädchenhaft-klaren Timbre hin zu einer dunkleren, volleren Farbe...


    Noch ein Wort zum Dirigenten: Joseph Krips leitete hier einen m.E. außergewöhnlich detailverliebt einstudierten Opernabend, das Orchester ist durchgängig sehr sensibel und geht auf das Bühnengeschehen ein. Was mich an dieser Aufnahme nicht so überzeugt (und das ist leider das Meiste) ist also ein mit meinem beschränkten Empfindungsvermögen nicht kompatibler Gestaltungswille, den ich daher nur aus der Distanz als solchen würdigen kann.


    Aber alleine Ileana Cotrubas' Leistung im dritten Akt würde schon diese Einspielung zu etwas Besonderem machen.


    Was für ein Stück.


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Bin vollkommen Deiner Meinung, lieber BBfloh! Fuer mich ist Cotrubas eine anbetungswuerdige Traviata , die selbst der Callas das Wasser reicht.
    Davon, und nun muss ich mal literweise Wasser auf Maestro EDwins Muehlen giessen:
    davon kann Anna N. dann wirklich nur traeumen!
    Fairy Queen :angel:

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