Anne Sophie MUTTER - Hochgejubelt und abgewertet

  • Nachdem ich bei 2001 diese CD zum Schnäppchenpreis von 4,99 € mitgenommen hatte, habe ich heute zum ersten Mal (bewusst) Anne-Sophie Mutter gehört.



    Vielleicht bin ich ja sentimental, hoffnungslos altmodisch, habe was an den Ohren oder keine Ahnung von Musik. Eins steht jedenfalls fest: So schön habe ich noch nie in meinem Leben jemanden Geige spielen gehört.


    So, jetzt ist es raus!


    Carola :hello:

  • wirklich sehr mutig von Dir - Carola.
    Aber was dem Herrn von Karajan gefällt, dafür brauchst Du dich sicher auch nicht schämen. :hello:
    Gruss aus Wien

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Nun ich glaube, daß hier in diesem Forum Frau Mutter durchaus ihre Befürworter und Verehrer hat - Zudem hält sie sich schon lange im Geschäft - Ohne alle Skandale und Peinlichkeiten.


    Ich werde mich mit ihr in nächster Zeit etwas genauer befassen, vor allem der Vergleich der Mozart Violinkonzerte unter Karajan (die unter Muti fand ich nicht gut - war aber auch aufnahmetechnisch bedingt) mit jenen von heute und denen anderer Neuerscheinungen dieser Werke (siehe in Kürze im Mozart-Violinkonzertthread) wäre interessant.


    Dabei ist ist mir stets oberstes Ziehl - UNTERSCHIEDE in der Auffassung herauszufinden - nicht aber eine "beste" Aufnahme zu küren...



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von nala


    Aber was dem Herrn von Karajan gefällt, dafür brauchst Du dich sicher auch nicht schämen. :hello:



    Na, da bin ich ja beruhigt. :D


    Und neben Karajan weiß ich notfalls ja auch noch Siegfried an meiner Seite! :D


    Was das Geigenspiel angeht, so mag ich "schlank", bleich und Knäckebrot nun mal nicht.


    Carola :hello:


  • Hallo Carola,


    zumindest was den Brahms angeht, bin ich voll und ganz auf Deiner Seite. Im entsprechenden Thread hatte ich mich lobend zu dieser Aufnahme gäußert. Den Mendelssohn habe ich nicht mehr in Erinnerung, denke aber, mir das Konzert demnächst in selbige zurück zu rufen...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Hallo Norbert,


    Ja, auch mir gefiel Mutters Spiel vor allem beim Brahms-Violinkonzert ganz besonders gut. Vielleicht, weil ich da noch meine Vergleichsaufnahme mit Kremer/Harnoncourt frisch im Ohr hatte.


    Mit Gruß von Carola :hello:

  • Ich habe von Anne-Sophie Mutter nur eine Aufnahme im Regal zu stehen.



    Das war eine meiner ersten CDs, die ich mir gekauft habe und bereut habe ich es nicht. Ich habe damals von den vielerlei Ansichten über sie noch nicht viel mitbekommen und deswegen ohne Bedenken zugegriffen.
    Der Tschaikowsky ist nicht schlecht, wurde aber mitllerweile von anderen Interpretationen verdrängt, ich habe die Aufnahme aber auch nicht mehr genau im Ohr.
    Jedoch habe ich durch die CD das tolle Korngold-Konzert kennengelernt. Das gefällt mir hier ganz hervorragend, mich verlangt es jedenfalls nicht nach einer Zweitaufnahme.



    Gruß, Peter.

  • Salut,


    Karl-Heinz Böhm, der ebenso berühmte Sohn des legendären Karl Böhm, hat soeben in Proculvisor bei Frank Elstners "Menschen der Woche" Frau Mutter im Nebensatz als "die berühmte Sopranistin" genannt...


    :baeh01:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ein Hoch auf Hillary Hahn und Midori.
    Ich habe ASM einmal live gehört(Beethoven mit Orkis).
    Mir tut das Geld für diesen Sch...heute noch leid, aber dafür hat sich meine Meinung über ASM bestätigt.

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Zitat


    Vielleicht bin ich ja sentimental, hoffnungslos altmodisch, habe was an den Ohren oder keine Ahnung von Musik. Eins steht jedenfalls fest: So schön habe ich noch nie in meinem Leben jemanden Geige spielen gehört.


    Ich bin das dann alles auch. Ich habe vier oder fünf verschiedene Versionen von Alban Bergs Violinkonzert gehört und alle waren auf ihre Art und Weise gut, aber nie habe ich es so "schön" gehört wie von Anne-Sophie Mutter. Und mittlerweile höre ich das Violinkonzert von Berg am liebsten so extrem "schön"! Dazu stehe ich! :baeh01:

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  • Mir fehlt natürlich Heldenbaritons unmittelbare Konzerterfahrung. Aber wenn ich solche drastischen Verrisse lese, kann ich immer schwer folgen, dass ASM wirklich so schlecht sein soll ( ich bin sicher kein ausgesprochener Violin-Experte). ?(
    Das, was ich von ihr kenne, ist aber doch immer mind. durchschnittlich, d.h. Geige spielen kann sie doch wohl grundsätzlich schon, oder habe ich da bisher was überhört?

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Hallo


    Ich habe auch über das Problem nachgedacht:


    Das "Problem" von ASM dürfte sein, daß sie "schön" spielt, also mit leichtem Hang zur Glätte. Damit steht sie in ziemlichen Widerspruch zum heutigen Zeitgeschmack - zumindest dem verordneten :D.


    Ich persönlich hatte das Pech eine ihrer ersten Aufnahmen für die EMI (Mozart Violinkonzerte unter Muti) zu kaufen - und die waren leider (eher durch die Tontechnik als idie Geigerin) zielich farblos - So habe ich davon Abstand genommen weitere zu kaufen.


    Gelegentlich werde ich mich aber dieser Künstlerin wieder nähern - wobei mich auch interessiert, wie die "alten" Aufnahmen unter Karajan gegen die neuen unter Previn und anderen abschneiden...


    LG


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Das "Problem" von ASM dürfte sein, daß sie "schön" spielt, also mit leichtem Hang zur Glätte. Damit steht sie in ziemlichen Widerspruch zum heutigen Zeitgeschmack - zumindest dem verordneten :D.


    Salut,


    das kommt darauf an, welche Aufnahmen im Speziellen Du jetzt meinst. Die "alten" unter Karajan, da ist es zutreffend - und da finde ich, spielt sie auch ganz wunderbar. Obwohl es meiner Meinung nach nicht immer "schön" und "glatt" sein muss.


    Aber heute... Mozartsonaten [die sie nicht einmal kannte, wie sie selbst zugab!]: Ein Gekratze, ein Geschepper... das ist einfach nicht zum Aushalten. Und von einer Künstlerin, von der man


    1. Gutes gewohnt ist und
    2. die als Wunderkind neben Mozart genannt wird


    darf man wohl weitaus mehr erwarten, als sie derzeit offenbar zu bieten in der Lage ist.


    Daß sie Geige spielen kann, ist gar keine Frage. Aber das können viele...


    LG
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Alfred,


    es scheint im Taminoforum so langsam zum festen Ritual zu werden,bestimmte Künstler gnadenlos in die Pfanne zu hauen.Insbesondere die Weltstars und aufstrebender Nachwuchs auf dem Weg zur Weltspitze sind davon betroffen.
    Außer der hier sezierten Geigerin Anne Sophie Mutter traf der Bannstrahl auch Luciano Pavarotti, Dietrich Fischer-Dieskau, Anna Netrebko und andere.
    Das Prozedere ist dabei immer das Gleiche:Jemand behauptet,ein schlecht aufgeführtes Konzert - auch Oper - gehört zu haben oder eine schlecht aufgenommene CD-Einspielung gekauft zu haben,sogleich stimmen Andere unisono in den Kanon ein,als ob sie nur darauf gewartet hätten,von ihrem abwertenden Vokabular Gebrauch machen zu können.Nicht selten wird dabei die Fäkalsprache angewendet,wohl in Ermangelung eines kultivierten Wortschatzes.Namen zu nennen ist überflüssig,man muß nur diesen Thread um 5 Beiträge rückwärts zu verfolgen,um ein solches Beispiel zu finden.
    Auch bezeichnend: Einmal gehört und auf ewig verdammt.
    So schnell wird mit (Vor-)Urteilen über Künstler der Stab gebrochen,daß man von Objektivität nicht mehr reden kann.
    Leider erlauben solche Leute auch keine andere Meinung,ohne darauf umgehend beleidigt und beleidigend zu reagieren.
    Das ist,bei aller Wertschätzung für die guten und sachlichen Beiträge,für das Tamino-Klassikforum in letzter Zeit eine große Belastung geworden.
    Dabei ist konstruktive Kritik etwas Positives und auch durchaus nötig.Es kommt allerdings sowohl auf den Ton als auch auf den Inhalt an.
    Und meistens hilft dabei die Einhaltung der Reihenfolge:
    1.Denken
    2.Schreiben.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Uranus, das ist kein Verriss, sondern Kritik ihres Spiels..wenn ein Künstler hohe Gagen kassiert und das Publikum überteuerte Karten kaufen muss, um diesen zu hören, kann es auch erstklassiges Spiel verlangen.
    Gruß Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

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  • Hallo Siegfried!
    Ich bin davon überzeugt, daß es nicht nur ein legitimes, sondern ein notwendiges Vorgehen ist, Superstars auf ihr Können abzuklopfen. Zumal die Vermarktungsstrategien der Klassikbranche sich längst vom tatsächlichen Können entfernt haben. Wenn eine Pianistin beim Spielen nicht mehr zusammenbringt als ein Jaulen wie die von ihr geschätzten Tiere; wenn eine Sängerin sich als Sexypuppe inszeniert statt an ihrer Intonation zu feilen; und wenn eine Geigerin offenbar einen auf Schönklang versessenen Dirigenten braucht, andernfalls sie auf eine Weise kratzt wie eine Konservatoristin vor der Meisterklasse - dann sind das Momente, wo man sagen muß: Bis hierher und nicht weiter. Nicht weiter mit dem Anhimmeln nämlich, das von keiner Realität gestützt wird.
    LG

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Ich bin davon überzeugt, daß es nicht nur ein legitimes, sondern ein notwendiges Vorgehen ist, Superstars auf ihr Können abzuklopfen.


    Ja, das halte ich für absolut richtig. Und einer der vielleicht besten Eigenschaften dieses Forums ist es, daß ich hier die Meinungen von Mitgliedern erfahre, die ich besser einschätzen kann, als die Meinung des Kritikers der zeitschrift xyz.


    Eines ist mir aber aufgefallen und das finde ich ganz interessant - ohne Wertung und seht es nicht auf Tamino bezogen, sondern als allgemeines Phänomen.
    Tauscht man sich über einen Pianisten aus, der am Stadttheater von Klein-Weißnichtwo ein Konzert gegeben hat und den die Marketing-Maschine noch nicht erfaßt hat, so diskutiert man locker und entspannt: "Na, so toll war's ja nicht, aber er ist ja noch jung, und wir werden mal sehen, verspricht ja doch so einiges, nun wollen wir mal nicht so streng sein, letzlich kam es doch auf die Musik an, und die war wunderschön... usw. usf.


    Je mehr der Moloch Marketing auf einen Künstler drückt, und das kann man sich jetzt wie bei einer Wippe vorstellen, umso stärker drücken auf der anderen Seite diejenigen, die sich berufen fühlen, die Leistung zu beurteilen. Aus freundlich Zugetanen werden Fans und Fanatiker, aus kritisch Eingestellten werden Gegner und erbitterte Feinde. Es kommt zu einer Polarisierung, die eine sinnvolle Diskussion unmöglich macht - und das entscheidende, die Musik tritt immer weiter in den Hintergrund. Künstler werden nicht mehr für einzelne Leistungen gelobt und für andere getadelt, sondern generell in den Himmel gehoben oder verdammt. Die Sprache wird subtil boshaft, später beleidigend.


    Diesen Mechanismus kann ich nicht recht begreifen. Bedeutet das, daß die Strategie der Marketing-Experten letzlich doch aufgeht? Sind Klassikliebhaber da auch nicht besser als andere fanatisierbare Gruppen?


    Sorry, ist ziemlich off-topic :rolleyes:

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Ich finde das keineswegs "off topic" - im Gegenteil: Es ist einer der Kernpunkte bei der Beurteilung von Künstlern.
    Das Sprichwort sagt: "Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten".
    Und genau darum geht es: Große Künstler polarisieren, ihre Kunst ist eben "verbindlich", also identifizierbar, man bekennt sich zu ihnen oder lehnt sie ab. Kleinere sind "unverbindlich", mit ihnen können die meisten leben, weil sie keine Grenzerfahrungen wagen müssen.


    Was sich früher aber eben durch die Künstler selbst entwickelt hat, machen jetzt Management und Plattenfirmen: Sie erzeugen künstlich einen "Hype", wie das so schön heißt. Um beim zitierten Sprichwort zu bleiben: Das Licht ist ein künstliches - und der Halogenscheinwerfer wird hochgedreht, bis er fast platzt (erinnern wir uns etwa an die Netrebko-"Traviata"-Affäre in Salzburg). Dadurch ergibt sich natürlich auch ein durch das Licht erzeugter Schatten - die vehemente Ablehnung durch jene Publikumsschichten, denen der Künstler/die Künstlerin unter "normalen" Umständen weitgehend egal wäre.


    Ich halte das für einen Zug unserer schnellebigen Zeit: Man muß immer neue "Superstars" schaffen, die immer kürzere Karrieren haben und dann abtreten und irgendwo im "Mainstream" mitschwimmen.

    ...

  • Mal guten Tag wünsch.....


    Vorweg, ich bin kein wirklicher Kenner der Klassik, höre sie gerne, bilde mir mein subjektives Urteil und lese interessiert, was andere dazu sagen. Aber nun zum Thema...oder auch nicht....ich kann mir nicht vorstellen, daß die Manager einer Plattenfirma sich am runden Tisch treffen, eine Liste von Namen vor sich haben und dann abstimmen, welcher von Ihnen ein Star, wenn auch nur vorübergehend, werden soll. Marketing kann vieles, aber doch nicht alles. Ich denke, daß Künstler(innen) schon mal ihre Sporen verdient haben müssen, um sich am Markt zu behaupten und so verstehe ich nicht, daß man eine mal nicht so perfekte Darbietung eines Künstlers gleich mal generalisiert. Jedem sein 'Waterloo'.....
    Ich finde, daß man das Werk und ihre Darbietung als Einheit betrachten sollte und danach urteilen und auch tolerieren, daß sowohl Werk als auch Künstler dem subjektiven Eindruck des einzelnen unterliegt.
    Demach finde ich wohl die Diskussion über das Werk, die Interpretationen und Techniken angebracht, jedoch nicht, ob AN nackt auf der Opernbühne Purzelbäume schlägt oder ASM ein Liebkind von Karajan war...usw...Beispiele gibt es genug.


    Gruß Verletto


    PS. Es werfe derjenige den ersten Stein, der sich in jedem Falle dem Marketing entziehen kann......

    Zu viele Musikstücke enden zu lange nach ihrem Ende (Igor Strawinsky)

  • Zitat

    ich kann mir nicht vorstellen, daß die Manager einer Plattenfirma sich am runden Tisch treffen, eine Liste von Namen vor sich haben und dann abstimmen, welcher von Ihnen ein Star, wenn auch nur vorübergehend, werden soll.


    Wenn Du jetzt noch die Manager von Künstleragenturen an den Verhandlungstisch setzt, hast Du leider ziemlich genau das Szenarium, wie der neue Superstar ausgesucht wird.
    Ich behaupte nicht, daß es in jedem Fall so ist - aber es ist in immer mehr Fällen so. Und der Glamour-Faktor wird immer wichtiger.


    Tatsächlich gibt es Künstler/innen, die sich dem Marketing widersetzen und dennoch einen Durchbruch haben, aber es sind wenige, und die Zeit bis zum Durchbruch dauert dann entsprechend lange.

    ...

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  • Hallo Edwin
    Hmmm....ich denke, daß dies bei der sich täglich neu umwälzenden Pop-Musik so sein mag, aber bei der Klassik...nun ja, ich nehme es mal so zur Kenntnis. Aber Künstler/innen, wie du schreibst, die auch ohne Marketing den Durchbruch schaffen, sind dann aber wohl nur lokal bekannt, denn einmal einen Vertrag mit einer Plattenfirma unterschrieben, sind sie auch mehr oder weniger dem Marketing der Plattenfirma unterworfen. Der Unterschied mag dann nur in der Art der Vermarktung bestehen, die man vielleicht vertraglich fixieren kann. Aber selbst diese Künstler/innen werden die daraus resultierenden Vorteile nicht als ihren Feind betrachten. Ob sie mit ihrer Kunst auf lange Sicht Erfolg haben werden, reguliert sowieso der Markt.
    Was mich ja eigentlich stört, war die Generalsierung eines Künstlers, sei es aus welchen Grund auch immer, wenn er mal nicht das abliefert, was man erwartet. Siehe AN, siehe ASM...übrigens hab ich eben das Klavierkonzert von Kissin und Levine aus NY gehört, und trotz meiner klassischen 'Naivität' fiel mir auf, daß sie einige Zeit brauchten, bis sie sich fanden, komme jedoch niemals auf die Idee, Kissin oder Levine generell 'in die Pfanne' zu schmeissen.
    Schönen Abend noch
    Verletto

    Zu viele Musikstücke enden zu lange nach ihrem Ende (Igor Strawinsky)

  • Hallo Verletto!


    Tatsächlich sind die Künstler, die es heute bzw. in jüngerer Vergangenheit ohne herkömmliches Marketing geschafft haben, in der Minderheit. Pierre Boulez gehört dazu, Christine Schäfer beinahe (ich hörte, sie sei von ihrer Plattenfirma abserviert worden), auch Mariss Jansons hat sich beharrlich nach oben gearbeitet, Simon Rattle auch (was er jetzt macht, hat mit seinen Anfängen nichts zu tun). Man wird schon auf ein paar kommen.


    Was kann ich Dir sonst noch erzählen? - Wie wär's mit einem Dirigenten (ich kann seinen Namen nicht nennen, Tamino steht etwas zu sehr in der Öffentlichkeit), dem man angeboten hat, entweder auf der "modernen Schiene" zu fahren oder keinen Fuß auf den Boden zu kriegen? Der Dirigent entschied sich, lieber weiterhin Wagner zu dirigieren statt Zimmermanns "Soldaten", für die er sich einfach ungeeignet fühlte. Und weg war er vom Fenster der großen Karriere mit x CD-Einspielungen.
    Oder wie wär's mit einem anderen Dirigenten, dem seine Agentur nicht nur vorschreibt, welche Orchester er dirigieren muß, sondern auch, welche er unter keinen Umständen dirigieren darf, weil sie a) bei einer Plattenfirma unter Vertrag stehen, mit denen die Agentur keinen Vertrag hat oder b) gerade bei diesen Orchestern ein anderer Dirigent der Agentur plaziert werden soll. Derzeit ist man bei der Agentur dabei, für den Dirigenten, von dem ich spreche, ein bestimmtes Image zu basteln, was bis ins Privatleben geht, und einen Karriereweg zu entwerfen. Der Generalstab plant...
    Das hat die Klassik- von der Popbranche gelernt.


    Wogegen ich mich wehre, ist, das als gegeben hinzunehmen. Ich muß als Klassik-Fan damit zwar leben, gestatte mir aber, immer wieder auf diese Mechanismen hinzuweisen. Und wenn ein Star gemacht wird, der die Leistung nicht bringt und man sich fragt, wie das zugehen kann, daß so jemand groß wird, dann stecken meistens solche Designer-Karrieren dahinter. Vergiß nicht, daß Agenturen Unsummen für das gezielte Headhunting ausgeben.


    Wenn dann ein/e Künstler/in wirklich etwas kann, ist man nahezu überrascht: Gepusht und dennoch brillant, ja wo gibt's denn das? (Bei Hilary Hahn etwa, die, nebenbei bemerkt, auf ihrer Homepage auch nicht weiß Gott wie viele Fotos veröffentlicht, damit jeder sehen kann, wie toll sie in was weiß ich für einer Pose ausschaut...)


    LG

    ...

  • Ich habe drei Jahre lang in einem Tonträgerfachgeschäft (so schimpft sich das)für klassiche Musik gearbeitet. Keine allzulange Zeit, bedenkt man, daß ich aushilfsweise nur 2-3 Tage die Woche dort war. Dennoch habe ich eins aus dieser Zeit mitnehmen können:


    Die Klassik-Branche steht der Pop-Branche in nichts, aber auch in wirklich gar nichts nach - im Gegenteil, ihre Mechanismen sind sogar vielleicht noch arger
    Während die Pop-Industrie insofern mit offenen Karten spielt, als daß sie erst gar nicht groß zu verschleiern versucht, daß hier Stars mit immer kürzer werdender Halbwertzeit produziert werden, wird in der Klassik das ganze Format noch mit Ewigkeitsversprechen und Beweihräucherungen versehen, wohlwissend, wie Edwin schrieb, daß man sein neues "Produkt", sollte es genügend Individualität und Eigensinn entwickelt haben, schnell wieder absägen kann, sollte es mal aufmucken. Wen interessieren da schon die Ankündigungen eines Genies vor 2, 3 Jahren?
    Und das ist wirklich zum :kotz:


    Ich bin wahrlich kein Mensch, der zu radikalen Einstellungen neigt oder schnell für eine gewisse Partei und gegen eine andere antritt.
    Aber was ich im Geschäft so v.a. von den Majors mitbekommen habe, ist manchmal echt haarsträubend....


    Insofern, manchmal nicht ganz einfach einen gewissen Kulturpessimismus außen vor zu lassen.


    Aber da ich ein sonniges Genüt bin, ertrage ichs mit Fassung (gibt sicher schlimmeres :D)


    Sorry, das war jetzt vielleicht wirklich etwas off-topic.


    LG
    Wulf

  • @ Siegfried



    Hallo,


    Habe erst jetzt Deinen Beitrag gelesen.


    Also ich kann eigentlich sehr wenig bis null Fäkalsprache in den Beiträgen entdecken.


    Wahr ist hingegen ein überkritischer Ansatz gegenüber Künstlern.
    Aber auch hier hält sich der Ton doch - soweit ich gesehen habe - eigentlich immer im grünen Bereich. Wir haben kaum Korrekturen durch
    die Moderation .


    Ich verstehe aber natürlich, daß Anhänger eines Künstlers nicht erfreut sind, wenn dieser "durch den Kakao" gezogen wird.
    Andrerseits lebt solch ein Forum durch die kritische Auseinandersetzung - und es gibt immer wieder Forianer (In ALLEN Foren) die meinen, man sollte SCHÄRFER diskutieren - das gebe mehr Zündstoff - mehr Diskussion - mehr Interesse.


    Ich versuche hier eine gesunde Balance zu finden, zwischen der illusion einer allzu heilen Welt und brutalem Streit.
    Interessant für mich ist, daß - alle paar Monate - jene Vorwürfe gegen Tamino erhoben werden, die Du jetzt formulierst - und das - obwohl es hier - selbst nach meinen eigenen - sehr strengen - Maßstäben - gesittetz zugeht, während in manchen Foren "Die Fetzten fliegen - und sich niemand daran stösst.


    Ich selbst bin "betroffener" mit einem meiner Lieblingskünstler, Karl Böhm. Gegen ihn wurde hier (und andernorts) schon viel negatives geschrieben. Er wurde als Mensch negativ beschrieben - aber was mich persönlich wirklich wundert - auch als Dirigent angegriffen.
    Ich habe mich nicht im Schmollwinkel zurückgezogen, keine Feindschaften aufgebaut - sondern versuch sachlich - und an Hand von CD-Empfehlungen die Front gegen diesesn Dirigenten aufzuweichen.


    Auch im Falle von Anne-Sophie Mutter haben ihre Anhänger durchaus zu Recht darauf hingewiesen, daß ihre Karierre nun schon zu lange stabil ist, um als "gepushter Star" abqualifiziert zu werden - letztlich mussten sich ihre CDs auch verkaufen.


    In meinem Fall führt das dazu, daß einige Neuanschaffungen mit dieser Künstlerin für dieses Jahr geplant sind.


    Oskar Wilde (einer meiner Lieblingsschriftstelle) hat ein mal sinngemäß gemein, es wäre nicht so wahnsinnige wichtig WAS über einen geredet wird - Hauptsache wäre, DASS über einen geredet wird.


    Und in dieser Beziehung kann sich wohl kaum ein Künstler beschweren ...


    Liebe Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von heldenbariton
    Ich habe ASM einmal live gehört(Beethoven mit Orkis).
    Mir tut das Geld für diesen Sch...heute noch leid, aber dafür hat sich meine Meinung über ASM bestätigt.


    Natürlich ist es ärgerlich, wenn man für ein Konzert hohe Eintrittsgelder bezahlt und dann von der gebotenen Leistung enttäuscht wird. Man sollte aber auch nicht den menschlichen Faktor außer Acht lassen: Auch ein noch so renommierter Künster (und dazu rechne ich ASM jetzt einfach mal) kann einmal einen schlechten Tag erwischen. Das ist dann für den Zuhörer ärgerlich (ginge mir genauso)- allerdings von einem Konzert auf die Fähigkeit oder Unfähigkeit eines Interpreten zu schließen geht freilich ein wenig zu weit.


    Sicherlich sind nicht alle Aufnahmen die ASM in den letzten Jahren produziert hat von gleicher Qualität (ich denke da an "ihre" Jahreszeiten und Teile der Beethovensonaten) andererseits sind auch eine Reihe von hochkarätigen Aufnahmen darunter, beispielsweise Tschaikowsky/Korngold oder Mozart´s VC.


    Daneben wäre auch noch ihr Einsatz für die Moderne zu nennen: Penderecki, Rihm und Dutilleux.


    Herzliche Grüße, :hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Der schlechte Eindruck bestätigt sich auch beim Hören ihrer Aufnahmen (Brahms, lieblos heruntergefiedelt). Da lob ich mir Ginette Neveu.


    Gruß Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Zitat

    Original von heldenbariton
    Der schlechte Eindruck bestätigt sich auch beim Hören ihrer Aufnahmen (Brahms, lieblos heruntergefiedelt). Da lob ich mir Ginette Neveu.


    Gruß Heldenbariton


    Welche ihrer beiden Brahms-Einspielungen? Es gibt ja zwei: Mit Karajan oder Masur am Pult. By the way: Welche Aufnahmen von ASM kennst Du noch?


    Herzliche Grüße, :hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Daneben wäre auch noch ihr Einsatz für die Moderne zu nennen: Penderecki, Rihm und Dutilleux


    Und auch Lutoslawski - wobei ASM ziemlich genau ihre Grenzen aufzeigt: Sie spielt die richtigen Noten. Aber wie sie sie spielt, ist teilweise mehr als eigentümlich. Mitunter habe ich den Eindruck, sie spielt das halt so schnell mal herunter, warum sollte man sich da länger damit befassen?

    ...

  • Eigentlich interessiert mich Frau Mutter nicht sonderlich, das liegt vor allem an ihrem Repertoire. Als ich jedoch mitbekam, daß sie das Berg-Konzert einspielen wollte, war meine Neugier geweckt.
    Dieses Werk zählt zu meinen ausgesprochenen Favoriten und bei solchen Werken ist es häufig der Fall, daß man davon eine "platonische Idee" im Kopf hat, wie es denn zu klingen habe.


    Frau Mutter spielt das mit sattem, kerngesunden, ich möchte fast sagen "paus
    bäckigem" Ton, strotzend vor körperlicher und psychischer Gesundheit.


    Daß das Bergsche Werk jedoch SO nicht gemeint sein kann, war mir nach wenigen Talten klar. Alles brüchige, hybride, die "Glasknochen seiner Faktur" blieben hier hoffnungslos auf der Strecke, wenn auch auf höchstem Niveau.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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