Gustav Mahler: Sinfonie Nr 2 "Auferstehung"

  • Morgen ist es soweit, morgen können Taminos und alle anderen Mahlerfans dieser Welt sie ersteigern, die Originalpartitur der Auferstehungssymphonie. Bekanntermaßen war sie seit 1984 im Besitz des Mahler-Enthusiasten Gilbert Kaplan, der sie vom Mengelberg-Nachlaß ersteigerte. Seine Erben möchten sie jetzt weitergeben ... für geschätze 3,5 Mio Britische Pfund als ca 4 Mio €. Es wäre der höchste Preis, der je für eine Partitur gezahlt wurde. Ich nehme an, dass zumindest in der Anfangsphase der eine oder andere Tamino dabei ist. :thumbsup:

  • Also weiß niemand oder nur ganz wenige, wo eine der wertvollsten Partituren einer der großartigesten Sinfonien überhaupt sich fortan befindet.


    Um die Gräfin aus "Cappriccio" zu zitieren: "Bedenklicher Zustand!"

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich bin völlig überwältigt, um nicht zu sagen überrollt im positiven, von Tennstedt's Interpretation der 2ten mit dem LPO.
    Sie wurde ja auch hier schon öfter erwähnt, aber ich bin manchmal ein Nachzügler, jedoch es nie zuspät!



    Ich habe das jetzt (CD kam diese Woche) das zweite mal gehört, ich denke man sollte bei so einer überwältigenden Aufnahme nicht gleich posten nach dem ersten hören. Die vielen positiven Rezensionen hier und anderswo, haben mich bewogen sie mir doch zuzulegen, und jetzt muss ich sagen, ich glaube dem lieben Gustav würde sie gefallen! ;)
    Beim anhören kommt man ja aus dem staunen nicht heraus, daß LPO spielt sich ja die Seele aus dem Leib, im Moment würde ich sagen, will ich je wieder das anders hören! ? Ich warte mal ab!
    Ich war ja nie der Tennstedt Fan, aber man wird wenn man das gehört hat zu einem!
    Mich hat er hier voll ins Herz getroffen, und ich habe einige zweite im Regal stehen!!!
    Besonders erwähnen sollte man Chor und Solisten, vom allerfeinsten. Jard van Nes kenne ich durch Wagners Wesendonck-Lieder in der Henze Fassung und Yvonne Kenny durch die Oper!


    Zitat

    Gustav Mahler an Oskar Bie 1895
    „ Wie lähmend ist jedoch der fortwährende Windmühlenkampf! Auf Verständnis unter meinen >Zunftgenossen < rechne ich schon lange nicht mehr. Ich fühle, dass diejenigen, welche mir einst folgen werden, nicht dort zu suchen sind, wo Musik und Ähnliches gemacht wird. Meine Musik ist >gelebt<, und wie sollen sich diejenigen zu ihr verhalten, die nicht > leben < und zu denen nicht der Luftzug dringt von dem Sturmflug unserer großen Zeit."



    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Lieber Fiesco,


    diese Eindrücke teile ich absolut. Ich wollte nur (nicht besserwisserisch) anmerken, dass es sich um das LPO (London Philharmonic Orchestra) handelt. Meines Wissens dirigierte Tennstedt das LSO nie oder zumindest sehr selten.
    Das ist hochemotionaler Mahler, wie ich ihn persönlich auch sehr schätze. Diese Meinung teilen nicht alle Diskutanten. Manche finden Tennstedts Mahler zu pathetisch und bevorzugen nüchternere Dirigenten wie Klemperer. Ich mag beides.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Verbindlichsten Dank Eure Majestät, hab es gleich verbessert! ;)


    Ich denke Mahler verträgt es auch, pathetisch interpretiert zu werden, nachdem was er alles erlebt hat!
    Ich habe mir jetzt noch die 6te bestellt bin ganz gespannt! :jubel:


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Wegen der herausragenden Kritiken zu Tennstedts Mahler, habe ich mir schon überlegt, ob ich mir seine Mahler-Sinfonien_GA (WARNER/EMI) zulegen soll, in der ja auch drei der grossen LIVE_Aufnahmen der Sinfonien 5, 6, 7 enthalten sind. Aber ich glaube, dass ich mit seinem langsamen Tempo nicht so zurecht kommen würde ... das liegt mit nicht. Die Sinfonien sind ohnehon sehr lang ... und dann noch so ausgedehnt ?(


    :?: Ich wollte auch die Frage stellen, wie seine Sinfonie Nr.2 in der Studio-Aufnahme gegenüber der Live-Aufnahme (LPO) aus Fiescos und Lutgras Beiträgen zu beurteilen ist.
    Aber die Antwort wurde bereits in diesem Thread von Ulrich Kuhdoweh und Norbert gegeben:

    Zitat

    Tennstedts Studioaufnahme der 2. konnte mir nie recht gefallen; sie erschien mir zu langsam, zu wenig spannend.


    Diese 16CD-Box sind preiswert zu haben ... aber alle dieser CD´s würde ohnehin nie hören (die 8. never !).



    WARNER, ADD/DDD



    Ich höre gerade die Sinfonie Nr.2 in der Hammeraufnahme mit Metha / Wiener PH. Da werde ich als Hörer gleich im ersten Satz mit ausgiebiger Dramatik wach gerüttelt. Bei Mahler will ich keinen Schönklang hören, sondern die krasse Realität um die Ohren gehauen bekommen.
    *** Auch Metha´s Spielzeiten liegen in einem gesunden Verhältnis, das mir liegt: 10:12 - 10:28 - 5:28 - 33:57 und damit fast genau im gleichen Rahmen wie bei Solti (Decca) :thumbup:


    :!: Ausserdem wünsche ich mir bei Mahler ein audiophiles Klangbild (um überhaupt an diesen langen Sinfonien-Schinken gefallen finden zu können !!!) und das ist auch hier bei Metha und der Sinfonie Nr.2 in vollstem Umfang gegeben. :thumbup: Eine spitzenmässige Analogaufnahme, die alle "Klangsprachen spricht".



    Decca, 1975, ADD



    ;( Ich lese in diesem Thread, dass Klemperer für eine seiner sehr unterschiedlichen Aufnahmen 99 Minuten benötigt (die 1971er) .... uuuaaahhh nooo ... bei allem Wohlwollen für Otto --- nichts für mich !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo teleton,

    Zitat

    ich höre gerade die Sinfonie Nr.2 in der Hammeraufnahme

    was ich über Jahre von dir gelesen habe da war immer von Hammeraufnahmen die Rede, aber bei dir ist es einfach so, wenn es da nicht kracht und scheppert ist das nichts ;):D für dich! Aber ich hoffe doch sehr das du das nicht für allgemeingültig erklärst! 8-)
    Aber ich überlasse dir gerne weiterhin deinen Intusiasmus für Hammeraufnahmen. Es lebe die Orchester Eruption!


    Nichts für ungut, ist nicht böse gemeint! :) Oftmals muss ich einfach nur Schmunzeln über dich, und ich warte im Post auf das Wort Hammeraufnahme! :thumbsup:


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Nur weil einige einen Fetisch aus inoffiziellen Spätaufnahmen Klemperers machen, heißt das nicht, dass der normalerweise langsam gewesen wäre. Im Gegenteil ist seine Aufnahme aus dem Concertgebouw von 1951 mit unter 72 min ein Kandidat für die schnellste und die bekannteste EMI Studio (Philharmonia) mit knapp 80 min. tempomäßig völlig unauffällig, nämlich ganz normal/durchschnittlich.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Bei Mahler will ich keinen Schönklang hören, sondern die krasse Realität um die Ohren gehauen bekommen.

    Ausserdem wünsche ich mir bei Mahler ein audiophiles Klangbild (um überhaupt an diesen langen Sinfonien-Schinken gefallen finden zu können !!!)

    ..... keiner hat einen solchen "Sog" im ersten Satz - und die Aufnahmequalität ist superb:




    Aber trotzdem schlägt bei mir die Solti-Aufnahme / Chicago SO (Decca) nach wie vor ein, wie eine Bombe.

    Im Vergleich mit Solits älterer Aufnahme mit dem London SO (kennst Du die?) - schonungslos, geradezu drastisch expressionistisch - ist die spätere Chicagoer Aufnahme regelrecht glatt:



    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich wollte auch die Frage stellen, wie seine Sinfonie Nr.2 in der Studio-Aufnahme gegenüber der Live-Aufnahme (LPO) aus Fiescos und Lutgras Beiträgen zu beurteilen ist.


    Lieber Wolfgang
    Es gibt unter den Tennstedt-Fans einen Konsens, dass die Studioaufnahmen bei weitem nicht so gut sind wie die Live-Aufnahmen, offensichtlich war der Dirigent in der Studiosituation gehemmt. Deshalb und vor allem wg Deiner Vorliebe für Soltis Mahler rate ich dringend von dem Erwerb der EMI-Aufnahmen ab. Tennstedts Mahler ist am ehesten mit dem von Bernstein zu vergleichen.


    Es gibt viele Wege zu Mahler, man muss nicht jeden mögen. Soltis Mahler spricht mich z.B. nur bedingt und nur bei einigen Aufnahmen an.


    *** Auch Metha´s Spielzeiten liegen in einem gesunden Verhältnis, das mir liegt: 10:12 - 10:28 - 5:28 - 33:57 und damit fast genau im gleichen Rahmen wie bei Solti (Decca) :thumbup:


    Der erste Satz in 10:12, das dürfte aber Rekord sein :D

  • Hallo Holger und Lutgra,


    Danke für die Empfehlungen mit Neumann und Solti-LSO; sowie den Hinweis zu Tennstedt.
    Da ich die Mahler-Sinfonien-GA mit Solti (Decca) in allen Punkten zufriedenstellt, habe ich mich nie für Soltis Aufnahmen der Sinfonie Nr.2 mit dem LSO interessiert.
    Da die Solti-Aufnahme der Zweiten mit den LSO aber deutlich gespanner - "schonungslos, geradezu drastisch expressionistisch" - sein soll, werde ich da wohl käuflich tätig werden müssen !


    *** Habe soeben diese preiswerte Doppel-CD-Ausgabe mit dem LSO gefunden
    und so gleich noch die Erste mit dem LSO mit dabei:



    Decca, ADD




    @Fiesco
    Natürlich erkläre ich meine Vorliebe für Aufnahmen mit Biss und Sidehitze nicht für allgemeingültig. Aber wie langweilig soll es denn sein, wenn nicht so ?
    Ich stehe dazu, dass ich solche Aufnahmen, die ich auch gerne mal als Hammeraufnahmen bezeichne, bevorzuge und kein softes Serenadengedudel !
    Dafür bin ich bei Tamino bekannt. Und jeder weis, wenn ich etwas empfehle, dann ist bei den Aufnahmen auch Spannung angesagt :P

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Nur weil einige einen Fetisch aus inoffiziellen Spätaufnahmen Klemperers machen, heißt das nicht, dass der normalerweise langsam gewesen wäre. Im Gegenteil ist seine Aufnahme aus dem Concertgebouw von 1951 mit unter 72 min ein Kandidat für die schnellste und die bekannteste EMI Studio (Philharmonia) mit knapp 80 min. tempomäßig völlig unauffällig, nämlich ganz normal/durchschnittlich.


    Otto Klemperer brachte das Kunststück fertig, sowohl die schnellste als auch die langsamste Aufnahme der 2. Symphonie von Mahler dirigiert zu haben. In engeren Sinne konkurrenzfähig ist die ganz späte Aufnahme von 1971 natürlich nicht. Außerdem klingt sie nicht besonders gut (Mono). Ich halte von seinen vielen Interpretationen dieses Werkes die von 1963 mit dem Philharmonia Orchestra (live) und die von 1965 mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (live) für die gelungensten. Beide in Stereo.



    Was Tennstedt anbelangt: Unbedingt die Live-Aufnahme(n) wählen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe vor Weihnachten nach längerer Zeit mal wieder den späten Mahler-Zyklus von Bernstein gehört, den er Ende der 80er für die DG aufgenommen hat (außer der 8.). Ich halte nach wie vor den zweiten Zyklus, der ca. 10 Jahre früher entstanden ist und nur auf DVD verfügbar, für seinen besten. Aber gerade die 2. und auch die 3. Symphonie haben mir jetzt in den späten Einspielungen extrem gut gefallen, auch wenn die Tempi teilweise extrem sind. Der erste Satz der 2. zum Beispiel ist wirklich sehr langsam genommen, was ich eigentlich gar nicht mag. An den Spielzeiten erkennt man das nicht unbedingt, hier die Zeiten aus den drei Aufnahmen zum Vergleich:


    Symphonie Nr. 2, I. Allegro maestoso:


    Bernstein 1963, New York Philharmonic: 23:40
    Bernstein 1973, London Symphony Orchestra: 23:56
    Bernstein 1987, New York Philharmonic: 25:09


    Aber wenn man den ersten Satz hört, gerade den Wahnsinns-Anfang, dann erkennt man nicht unbedingt, dass das ein Allegro ist. Nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, war ich zunehmend begeistert, und würde diese Aufnahme jetzt zu meinen liebsten zählen, zumal sie auch sehr gut klingt. Ich kann nur jedem empfehlen, einmal hineinzuhören. Ursprünglich sah die CD so aus:



    Sie ist aber auch in mehreren Bernstein-Boxen der DG enthalten:



    Über die Solti-Aufnahmen mit dem Chicago Symphony Orchestra habe ich die meisten Mahler-Symphonien kennengelernt und die Aufnahme der 2., die damals meine Lieblingssymphonie war, habe ich dutzende Male gehört. Das letzte Mal ist aber schon lange her.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.


  • Den Umstand, dass einer der größten Mahler-Dirigenten unserer Zeit, James Levine, im Zusammenhang mit diesem Thread seit 14 Jahren mit keinem einzigen Wort erwähnt wurde, führe ich mal darauf zurück, dass bis 2011 keine Aufnahme des Werkes unter seiner Leitung verfügbar war. Für RCA spielte er in den 70er und 80er Jahren die Symphonien Nr. 1, 3-7, 9 und 10 ein. Es fehlen die beiden chorgewaltigen Symphonien Nr. 2 und 8. Wie ich las, steckte RCA damals in finanziellen Nöten und Levine musste sich entscheiden, was ihm am wichtigsten ist. Offenkundig fiel die Entscheidung dann gegen die Komplettierung des Mahler-Zyklus. Die Veröffentlichung eines Live-Mitschnitts vom Ravinia Festival in der Reihe "From the Archives" des Chicago Symphony Orchestra kam damals ebenfalls nicht zustande. Es gab also über Jahrzehnte kein offiziell greifbares Tondokument unter Levine. 2011 änderte sich das gleich zweifach, dann auch Helicon brachte eine Aufnahme mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Levine heraus. Beide stammen aus dem Jahre 1989 und beide haben Christa Ludwig im Mezzo-Part. Insgesamt wird aber die Aufnahme der Wiener Philharmoniker von den Salzburger Festspielen vorgezogen, schaut man sich diverse Kritiken an.


    Zunächst ein Blick auf die Spielzeiten: 23:28 - 10:52 - 10:42 - 4:47 - 38:13


    Der sehr gut klingende Mitschnitt des ORF stammt vom 10. Orchesterkonzert der Salzburger Festspiele 1989, genauer gesagt vom 19. August 1989, und entstand im Großen Festspielhaus. Wie Gottfried Kraus im Begleittext schreibt, war Levine neben Böhm der einzige Dirigent, der sich in der Ära Karajan in Salzburg sowohl als Konzert- als auch als Operndirigent etablieren konnte. Die "Münchner Abendzeitung" sprach hinsichtlich der vorliegenden Aufführung von "kaum wiederholbare[n] Sternstunden". Kraus verweist darauf, dass kein anderes Werk Mahlers bei den Salzburger Festspielen häufiger aufgeführt worden sei als seine Zweite. Unter all jenen Aufführungen, wo so großartige wie die von Claudio Abbado, Lorin Maazel, Sir Simon Rattle, Zubin Mehta und Gilbert Kaplan darunter gewesen seien, steche jene von Levine gleichwohl am meisten heraus und wurde daher auch von Orfeo anlässlich des Mahlers-Jahres 2011 (100. Todestag) berücksichtigt.


    Die Lobeshymnen werden zurecht angestimmt. Unter den vielen Interpretationen dieses Werkes finde ich diese hier besonders gelungen. Das Orchester spielt ungemein expressiv und zupackend, geht förmlich aufs Ganze und nutzt seine vollen Reserven (und die sind bei den Wiener Philharmonikern bekanntlich fast unerschöpflich). Dieses hohe Niveau wird glücklicherweise auch vom Chor und den beiden Solistinnen gehalten. Eine bessere Vokalbesetzung ist 1989 wohl fast nicht denkbar. Gelingen Levine bereits die subtilen Momente im langsamen Satz und im "Urlicht" hervorragend, so zeigt sich seine Genialität besonders im Kopfsatz, im Scherzo und natürlich besonders im Finalsatz. "Wild herausfahrend" trifft es hier wirklich, denn die Pauken könnten nicht prominenter sein. Die Wiener Blechbläser heulen regelrecht auf. Der Höhepunkt wird selbstredend am Ende erreicht, wo Levine ein fulminanter Abschluss gelingt.


    Insgesamt die überzeugendste Aufnahme, welche die Wiener Philharmoniker von diesem Werk vorlegten, besser noch als die an sich sehr guten Einspielungen von Mehta, Maazel, Abbado und Kaplan.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph II.,


    das klingt vielversprechend. Da ich schon lange keine Mahler 2 mehr erworben habe (die letzte war, glaube ich, Tennstedt), habe ich Levine mal auf meine to-do-Liste gesetzt. Bin eh noch auf der Suche nach der must-have-Aufnahme dieses Dirigenten.

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • :?: Mich würd jetzt mal interessieren, ob diese Levine - Aufnahme der Sinfonie Nr.2 mit den Wiener PH (ORFEO) auch die absolut packende Aufnahme mit
    Solti / London SO (Decca) übertrifft ??!??
    Diese hatte mir Holger Anfang des Jahres hier im Thread empfohlen ... nochmals Danke - die ist wirklich grosse Klasse und tatsächlich der Chicago SO-Aufnahme überlegen !


    Da ich bei Mahler nicht unendlich viel Aufnamen kaufen will, weil ich diese "langen Schinken" sowieso nicht so oft hören will/kann, würde ich hier nur dann käuflich tätig werden, wenn mir trotz Josefs Fürsprache für Levine´s Aufnahme der 2 einer sagt, dass mit meiner o.g. Frage falsch liegen könnte ...



    Mir gefällt auch Metha´s Aufnahme der Sinfonie Nr.2 mit den Wiener PH (Decca) ausgezeichnet, von der ich in Beitrag 156 berichtete.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang,


    ich nehme mal die Bürde der Antwort auf mich... ;)


    Levines Aufnahme ist auch für mich eine hervorragende, bezogen auf die Sätze 2 bis 5. Im Kopfsatz gibt es bei mir eine Eigenheit, die sonst nur noch bewusst in zwei anderen Sätzen anderer Sinfonien auftritt: Das Tempo ist maßgeblich mit entscheidend, ob mir der Satz gefällt oder nicht.
    Bei Beethovens "Eroica" z.B. kann der Kopfsatz wahlweise knapp unter 15 Minuten (Scherchen) oder über 20 Minuten (Giulini) dauern und ich kann mich an beiden Ansätzen begeistern. Beim Kopfsatz der 2. Sinfonie von Mahler hingegen habe ich noch keine Aufnahme gefunden, bei der eine Spielzeit von wesentlich über 22 Minuten mit zugesagt hätte. Levine braucht 23'28'' und das ist mir zu langsam.


    Die Zeitmaße der anderen Sätze sind stellenweise auch nicht gerade schnell (ibs. Finalsatz in 38'13''), aber da stört es mich nicht. Im Gegenteil, da kann ich erfreut anerkennen, dass Levine sich die Zeit nimmt, die verschiedenen Stimmungen, Orchesterfarben etc. ausgiebig auszukosten, aber, wie schon geschrieben, der Kopfsatz...


    Soltis frühere Aufnahme mit dem CSO ist insgesamt sehr espressiv gehalten. Dass du sie der "abgeklärteren", späteren aus Chicago voziehst, ist nachvollziehbar. Solti benötigt für den Kopfsatz 21'15'' und für den Finalsatz 34'28''. Also gehe ich einmal davon aus, dass Levines Aufnahme tendenziell eher nichts für dich und deine Hörpräferenzen sein dürfte.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Beim Kopfsatz der 2. Sinfonie von Mahler hingegen habe ich noch keine Aufnahme gefunden, bei der eine Spielzeit von wesentlich über 22 Minuten mit zugesagt hätte.


    Dann fällt auch Bernstein mit den New Yorker Philharmoniker durch das Raster … (23:38)


    Otto Klemperer dagegen braucht keine 20.00 Min dafür … :baeh01:

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Guten Morgen,


    Ich habe eine Aufnahme mit dem CSO von 1980 aufgenommen in London und die mit dem LSO von 1966 gibt es noch eine weitere mit CSO ?


    Gruss


    Kalli

  • Zeiten des 1. Satzes:


    Vaclav Neumann Tschech. Philh.:


    Exton 18:47
    Supraphon 19:05


    Mehta Israel PO (Masada Live) 20:18


    Abbado mit dem CSO braucht 20:47 (in Luzern später fast genau dieselbe Zeit, Differenz nur 2 Sekunden)


    Solti LSO 21:15


    B. Walter NYP 21:37


    Chailly KCO 23:03


    Caplan Wien Ph. 23:20


    Svetlanov 23:52


    Jansons KCO 23:53


    Bernstein mit den NYP braucht (DGG) 25:01. (!) Levine (23:28) liegt also deutlich näher an Bernstein - und ist immerhin noch eine halbe Minute länger als Chailly und hat ungefähr dasselbe Tempo wie Caplan in Wien. Also das ist eher die "epische" Gangart des Kopfsatzes.


    Mein Favorit ist eindeutig Neumann - das ist einfach ein dramatischer Sog, den er in diesem Satz entfaltet, was keine andere Aufnahme so hat. Die spätere Exton-Aufnahme ist sogar noch flotter als die ältere bei Supraphon. Svetlanov und Jansons scheinen sich in ihren Tempovorstellungen ebenfalls an Bernstein orientiert zu haben.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Dann fällt auch Bernstein mit den New Yorker Philharmoniker durch das Raster … (23:38)


    Otto Klemperer dagegen braucht keine 20.00 Min dafür … :baeh01:


    Das tut er in der Tat, lieber Maurice. Ich kenne nur die Aufnahme der DGG und in der ist mir Bernstein nicht nur im Kopfsatz zu langsam.


    Bei Klemperer muss es nicht gerade die legendäre (aber lausig klingende) 1951er Aufnahme aus Amsterdam sein, in der er den Satz in 17'51 durcheilt, aber in den beiden anderen Einspielungen (Philharmonia Orchestra; SO des Bayer. Rdfs.) hat er mit 19'02 bzw. 20'28 jeweils sehr passende Zeitmaße gefunden.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler



  • Ich denke, lieber Kalli, dir ist ein Schreibfehler unterlaufen. Die 1980er Aufnahme

    ist in Chicago aufgenommen worden, nicht in London. Mir ist keine weitere Aufnahme der 2. Sinfonie bekannt.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Jospeh II: Eine bessere Vokalbesetzung ist 1989 wohl fast nicht denkbar....


    Ich will mal hier in meiner Antwort nur auf die Solistinnen abstellen. Bekanntlich haben ja in Bernsteins später Aufnahme mit den New Yorkern von 1987:

    auch Barbara Hendricks und Christa Ludwig gesungen, und in Punkto Orchester und Dirigat möchte ich die Bernstein-Aufnahme mindestens auf eine Stufe stellen mit der Levine-Aufnahme.


    Und die Klemperer-Aufnahme aus den 60er Jahren dürfte sich auch in jenen Sphären bewegen:

    Hier singen Elisabeth Schwarzkopf und Hilde Rössl-Majdan.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Wo wir bei Spielzeiten sind: In seiner letzten Interpretation von 1971 benötigte Otto Klemperer für den ersten Satz 25:40!
    Die übrigen Sätze: 13:01 - 13:50 - 5:14 - 41:25. Gesamtspielzeit: Gut 99 Minuten.


    Man findet die Aufnahme mittlerweile bei YouTube, zu meiner Überraschung wohl doch in (mäßigem) Stereo (bislang war mir das nur als Mono bekannt):



    Es wäre mal Zeit, dass sich Testament dessen annimmt. Die technische Ausführung durch das New Philharmonia Orchestra ist zwar alles andere als perfekt; es hat hörbar Probleme mit den extremen Tempi, was durch zahlreiche Unsauberkeiten deutlich wird. Trotzdem ist dieses vorletzte Konzert Klemperers (das letzte ist schon auf CD erschienen) von historischem Interesse.


    Gleichwohl, bei aller Wertschätzung für Klemperer: Die Aufnahme ist natürlich nicht in derselben Klasse wie seine früheren eigenen Interpretationen (am besten die mit BRSO) oder wie die kürzlich vorgestellte von James Levine.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zu Mahlers "Auferstehungs-Sinfonie" kann ich nichts Wesentliches beitragen, in meinem Regal steht nur eine einzige Aufnahme:



    die wohl jedem Mahler-Freund bestens bekannt sein dürfte.
    Ich bin ehrlich zuzugeben, daß ich mit Mahlers Sinfonien nie richtig warm geworden bin, höchstens die 1., 4. & 5. kommen bei mir öfter in den Player ….. :untertauch:


    Bei Beethovens "Eroica" z.B. kann der Kopfsatz wahlweise knapp unter 15 Minuten (Scherchen) oder über 20 Minuten (Giulini) dauern

    Ich wollte nur kurz dazu etwas sagen: Giulini (ich spreche von der DGG-Aufnahme mit dem LAPO) wiederholt im Kopfsatz die recht ausgedehnte Exposition, das macht Scherchen nicht, wie nach wie vor auch die Mehrzahl seiner Kollegen. Dadurch reduziert sich die Spielzeit um ca. 5-6 Minuten. Giulini schlägt ohnehin aber sehr gemessene Tempi an; Karajan benötigt in seiner 1977er Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern für den Satz gerade mal 13.28 Min., Leibowitz braucht nur 12.37 Min. (beide ohne die Wiederholung), während Klemperer in seiner Stereo-Version von 1959 ohne Wiederholung 16.36 Min. in Anspruch nimmt.
    Höchst interessant ist aber, daß Erich Kleiber, der m.W. als erster die Wiederholung des Kopfsatzes der EROICA aufgenommen hat (in seiner Aufnahme von 1953 mit den Wiener Philharmonikern, DECCA), den 1. Satz nach 16.54 Min. zu Ende bringt und damit fast zeitgleich ist mit Klemperer, der die Wiederholung ausläßt. Doch das ist ein Thema, das eigentlich nicht hierher gehört ….


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino, lass' es mich mal so ausdrücken: Du hast halb recht. ;)


    In der Aufnahme mit dem Orchestra della Radio Televisione della Svizzeria Italiana lässt Scherchen in der Tat die Wiederholung der Exposition weg und kommt auf eine Spielzeit von 13'57''. In der Westminster Aufnahme von 1958 mit dem Wiener Staatsopernorchester, in der er ein rasanteres Grundtempo anschlägt, wiederholt er sie bei einer Gesamtspielzeit des Satzes von 14'37''. Damit ist er sogar schneller als der "Rekordjäger" Chailly, der auf 15'11'' kommt.


    Wenn ich vergleiche, dann unter gleichen Voraussetzungen, aber das hätte ich durchaus deutlich machen können.. Ich meinte explizit die Westminster Aufnahme.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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