Franz Schmidt - Grenzgänger zwischen den Stilen

  • Die 4. fand ich auch eher nichtssagend. Aber wie gesagt: die 2.!

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ich will noch einmal versuchen, hier eines meiner absoluten Lieblingsstücke zum Thema zu machen. Grund ist, dass ich es nicht fassen kann, dass es anscheinend genau eine Aufnahme davon auf diesem Planeten gibt. Ich schreibe von der Fuga solemnis, die es bei Naxos gibt und sonst nirgends. Auch Youtube gibt nichts raus.
    Ein so gewaltiges Stück muss doch ab und zu mal irgendwo gespielt worden sein, wo ein Mikrophon in der Nähe war. Deshalb hier noch einmal meine Bitte: Kann mir jemand helfen, weitere Aufnahmen zu hören?

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Hallo Klaus 2,


    in Beitrag 88 hatte ich doch schon die YT - Datei gepostet, sodass sich jeder davon überzeugen kann, welch eindrucksvolles Stück das ist.
    ES scheint tatsächlich auch nur diese NAXOS-Aufnahme mit Sinaisky/Malmö SO zu geben.


    Dank Sinaisky ist das eine wichtige Bereicherung auf CD für den Komponisten Franz Schmidt ... und Dank Deiner Hinweise.


    Fuga Solemnis

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Dieser Thread ist in vielerlei Hinsicht für mich bemerkenswert:
    Auch wenn er schon von 2004 Stammt, so sind 20.044 Seitenaufrufe doch bemerkenswert und bezeugen welchen hohen Stellenwert Franz Schmidt in der Musikwelt noch heute geniesst
    Er zeigt mir aber auch, welch Banause ich bin. Ich fragte mich, warum ich keine weiteren Hörberichte geschrieben habe und nach der 1. Sinfonie quasi verstummt bin. Ich besitze nämlich nur sie und die Nr 4. Dunkel erinnere ich mich, daß ich zuwarten wollte, bis ich Nr 2 und 3 gekauft hätte.
    Aber dazu ist es offenbar bis heute nicht gekommen.
    Irgendwie ziehe ich aber auch die Erkenntnis daraus, daß Tamino und sein Weiterbestehen wichtiger ist, als ich oft annehme. Gerade in letzter Zeit werde ich durch dieses Forum auf Lücken in meiner Sammlung aufmerksam. Sie entstanden vermutlich durch übertriebene Spezialisierung meinerseits.


    Ich werde das korrigieren. Meine Bestelliste ist schon wieder gewachsen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Soeben habe ich die "Konzertanten Variationen über ein Thema von Ludwig van Beethoven für die linke Hand" gehört. Ich was so überrascht und begeistert, daß ich jeglichen Versuch einer Analyse oder auch nur Beschreibung beiseite geschoben habe. Ist auch nicht notwendig, denn Dienstag, 18. Dezember 2007, 20:03 schrieb das damalige Tamino-Mitglied "andythr" schon das Wichtigste. Mir bleibt lediglich, das Entstehungsjahr (1923) zu ergänzen und vielleicht anzumerken, daß im Beiheft der von mit gehörten (übrigens vorzüglichen !!) cpo Aufnahme mit Markus Becker und der NDR Radiophilharmonie unter Eiji OUE nicht SIEBEN, sondern ELF Abschnitte angeführt sind.

    Die Unterschiede habe ich violett markiert


    1. Langsam
    2. Thema (Scherzo, allegro vivace)
    3. Ruhig fließend
    4. Lebhaft, doch nicht zu schnell (Tempo di Bolero)
    5. Sehr langsam
    6. Langsam
    7. Sehr lebhaft
    8. Sehr ruhig
    9. Mäßig bewegt
    10. Sehr lebhaft
    11 Fugato


    Es sind natürlich keine weiteren Variationen dazugekommen, lediglich die Einteilung ist eine andere
    Paul Wittgenstein schätze diese Variationen, ebenso wie Schmidt Klavierkonzert für die Linke Hand, was nicht von allen Werken, die für ihn geschrieben wurden gesagt werden kann - Franz SCHMIDT bezeichnete er indes als "den größten Komponisten der letzten 20 Jahre"


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • So - Inzwischen ist eine der beiden von mir bestellten Versionen der Sinfonie Nr 2 eingetroffen und ich habe sie gehört. Eine würdiger Nachfolger von Brahms und Bruckner. Franz Schmidt hätte ja gern Anton Bruckner als Lehrer gehabt, dieser war aber zu diesem Zeitpunkt gerade in Pension gegangen - und somit wurde nichts draus - Ein österreichisches Schicksal. Schmidt Karriere verlief generell eigenartig. die erste Sinfonie wurde mit einem Preis bedacht, und zwar nicht mit irgendeinem, sondern dem 1. Preis des Kompositionswettbewerb der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Und das war damals was Besonderes. Auch die 2 (1911/13) Sinfonie - gewidmet Franz Schalk (1863-1931) wurde in Wien wohlwollend aufgenommen, in Deutschland angeblich nicht. (Die von mir benutzen Quellen sind sich da uneines) Allerdings gab es 1915 in Essen einen fürchterlichen Verriss von Richard Specht- (einem ÖSTERREICHISCHEN Kritiker) oder sollte man sagen einen hinterhältigen? Sa war die Rede von tüchtigem Mittelmaß, von Klangreichtum, aber dann als Bosheit auch von Einfallslosigkeit, niemels als die Tate eines Genies, als das sie Sinfonie "verkauft wurde. Der genaue Taxt findet sich im Booklet der von mit gehörten Aufnahmen, ebenso wie ein Auszug aus jener - ebenfalls bösartigen Kritik von Karl Löbl vom September 1958 (Löbl war damals 27) wo er ein Dirigat von Mitropoulos lobt und betonet, daß es ihm gelungen sei das "Hinterwäldlerische" von Schmidts 2. Sinfonie geschickt zu kaschieren. Das wollten die Wiener Philharmoniker nicht auf ihrem ehemaligen Mitglied sitzen lassen und starteten eine Publikumsbefragung.... Der Rest ist im Booklet nachzulesen .....
    Interessant ist, wie viel es über diese Sinfonie zu schreiben gibt. So wird sie teilweise als 3 sätzig, teilweise als 4 sätzig bezeichnet, der Mittelsat verschmilzt angeblich die Sätze 2 und 3
    Die Angriffe gegen Schmidt sind vermutlich seinem (angeblich) "konservativen" Stil anzulasten, ein Hinweis darauf ist beispielsweise, daß Eduard Hanslick Franz Schmidt eine ruhmreiche Zukunft voraussagte.
    Das Werk - aus meiner Sicht ist durchaus klangschön, siehe die Variationen des Mittelsatzes , und das Finale erreicht geradezu Brucknerische Ausmaße, ein Komponisten den Schmidt sehr verehrte...
    Ans sich woollte ich mir die 2. Sinfonie in der Naxos Ausgabe kaufen - was auch geschehen wird (sie ist bestellt) und zwar wegen der "Fuga solemnis"
    Aber die Kritik DIESER Aufnahme war so hymnisch, daß ich sie ebenfalls unbedingt besitzen wollte.
    »Die Spielkultur der Wiener Philharmoniker in diesen Aufnahmen dürfte kaum zu überbieten sein.« (Fono Forum, Juni 2017)


    mfg aus Wien
    Alfred
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Schon zwei Jahre ist hier nun nichts mehr über Franz Schmidt geschrieben worden.
    Das ist eigentlich schade, denn beim Lesen dieses Threads hatte ich viel Vergnügen sowohl an verschiedenen analytischen Beiträgen und nicht weniger an einzelnen Hörberichten. Man merkt, dass hier Musikfreunde mit einem engen Verhältnis zu der Musik von Schmidt geschrieben haben.


    Noch vor ein paar Jahren hatten ja wirklich nicht sehr viele diese Musik überhaupt gehört. Vor allem die Sinfonien wurden kaum gespielt und die Aufnahmen, die es gab, wurden nur von eingeschworenen Schmidtianern gekauft und gehört. Seine unselige Verbindung zum Nationalsozialismus mag einer der Gründe dafür gewesen sein.

    Selten zu hören (mit Ausnahme der vierten) sind Schmidts Sinfonien.

    Seit zwei oder drei Jahren aber werden diese Sinfonien wieder gespielt. Vor allem auch außerhalb Deutschlands und Österreichs. Sogar bei den BBC PROMS, in Stockholm, Glasgow, Kopenhagen, Houston, Philadelphia, Cleveland und so weiter.

    Paavo Järvi hat in den letzten Spielzeiten alle vier Sinfonien mit dem Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks aufgeführt. Er nimmt diese klangverliebten und schönheitstrunkenen Werke überraschend schlank und durchsichtig. Er hat ein großartiges Formgefühl, Sinn für Proportionen und weite Spannungsbögen. Die Kontrapunktik geht im Klang-Rausch nicht unter und das Spektrum der Farben wird subtil ausgeleuchtet. Dabei bleiben Järvi und sein famoses Orchester der Glut und dem Enthusiasmus dieser spätromantischen Musik nichts schuldig. Sie machen aber deutlich, dass hier auch die Moderne schon aufklingt - ohne freilich die Musik unziemlich in diese Richtung zu drängen.



    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Als ich zum ersten Mal die Sinfonien von Franz Schmidt, den ich lange Zeit überhaupt nicht kannte, gehört habe, dachte ich: Schei*e ist das gut! Es ist mir ziemlich rätselhaft, warum Schmidt doch immer noch so ein relatives Schattendasein in der Musikwelt führt. Paavo Järvi und die Frankfurter sind das namenhafteste Orchester seit langer Zeit, die sich da mal wieder an Einspielungen heran getraut haben. Schade, dass er weitgehend auf Konzertprogrammen fehlt. Ausnahme scheint die 4. Sinfonie zu sein, die ja nicht nur Petrenko in Berlin gegeben hat, sondern die z.B auch in dieser Spielzeit in Köln erklingt. Ich würde mir aber noch mehr Schmidt wünschen - vielleicht hilft das Engagement von Järvi und Petrenko...

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Es ist mir ziemlich rätselhaft, warum Schmidt doch immer noch so ein relatives Schattendasein in der Musikwelt führt.

    Nach meinem Eindruck hat das auch mit seinem Verhalten während des Nationalsozialismus zu tun. Schmidt war für den Anschluss Österreichs an Deutschland. So etwas vergisst sich nicht so schnell. Ungedachtet dessen bin auch ich dafür, ihn wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Immerhin hatte und hat er in Dirigenten wie einst Mitropoulos und nun Petrenko starke Befürworter.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Nach meinem Eindruck hat das auch mit seinem Verhalten während des Nationalsozialismus zu tun. Schmidt war für den Anschluss Österreichs an Deutschland. So etwas vergisst sich nicht so schnell. Ungedachtet dessen bin auch ich dafür, ihn wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Immerhin hatte und hat er in Dirigenten wie einst Mitropoulos und nun Petrenko starke Befürworter.

    Vielleicht ist das so. Ich hätte es nicht unbedingt so eingeschätzt, da er zwar dafür gestimmt hatte, aber trotz Hofierung wegen seiner Orgelmusik von den Nazis eher als Kirchenmusiker belächelt wurde. Er selbst scheint sich auch weniger angebiedert zu haben, als z.B. Pfitzner oder Graener. Aber ich lasse mich auch gerne belehren, wenn es doch so gewesen sein sollte. Und möglicherweise hat schon die 'leise Zustimmung' incl. dieser unvollendeten Kantate ausgereicht um seinen Ruf nachhaltig zu schaden.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Und möglicherweise hat schon die 'leise Zustimmung' incl. dieser unvollendeten Kantate ausgereicht um seinen Ruf nachhaltig zu schaden.

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    Der Text, den ich vor Jahren in einer Bibliothek las, hat es in sich. Nur zu gern würde ich diie Kantate in der von Robert Wagner vollendeten Form einmal hören. Sie sezt sich überwiegend aus einer Folge groß- und kleinbesetzter orchesterbegleiteter Vokalnummern zusammen, die von einem Zwischenspiel des Orchesters und einem Zwischenspiel (Fuga solemnis für Orgel und Blechbläser) unterbrochen werden, ist hier nachzulesen. Folgende Chorgruppen und Soli stehen im Dialog:

    • Das heimkehrende Heer (Chor, Tenor und Bass)
    • Wütende Weiber (Chor, Sopran und Alt)
    • Die falschen Führer (Soloquartett)
    • Volk (Chor)
    • Der Rufer (hoher Bass)
    • Jugend (Chor, Soprane und Alte)
    • Ein Arbeitsloser (Bass)
    • Eine Frau (Sopran)
    • Zwei Frauen und zwei Männer (Soloquartett)
    • Die unerlösten Deutschen im Auslande (kleiner Chor)
    • Das Dritte Reich (großer Chor)
    • Großdeutschland (beide Chöre zusammen und Soloquartett)[6]

    In der Version von Wagner wurde Schmidts "Deutsche Auferstehung" am 24. April 1940 im Wiener Musikverein unter dem Dirigenten Oswald Kabasta uraufgeführt, wobei die Darbietung live im Österreichischen Rundfunk übertragen wurde. Mitwirkende der Uraufführung waren Margarete Teschemacher (Sopran), Gertrude Pitzinger (Alt), Hans Hoffmann (Tenor), Hans Hermann Nissen (Bariton) und Hans Songström (Bass), der Wiener Singverein, die Wiener Symphoniker sowie der Organist Franz Schütz, damals vom NS-Regime eingesetzter Leiter der Gesellschaft der Musikfreunde und Auftraggeber der Komposition.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Bezüglich seiner Anbiederung an die Nazis will ich Franz Schmidt nicht verteidigen, aber er ist 1939 verstorben und war vorher krank, so dass er die grauenhafte Entwicklung in ihren Konsequenzen nicht mitbekam. Pfitzner wiederum, den ich fast so gerne höre wie Schmidt - und in beiden Fällen interessieren mich die sonderbaren Kantaten ohnehin nicht -, war wohl kein Freund der Nazis, die ihm nicht elitär genug waren - er war quasi der radikalere Nazi.


    Kabasta wiederum hat ja gleich nach dem Krieg die radikalste Konsequenz gezogen. Einem Werner Egk wäre das nicht eingefallen. (Und so weiter und so fort ...)


    Profundes angelesenes Drittelwissen natürlich. ;):) EDIT: Auch bei Kabasta war es wahrscheinlich wieder ein wenig anders, als ich bislang dachte. Dazu genügt ein Blick in die Wikipedia. :untertauch:

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Bezüglich seiner Anbiederung an die Nazis will ich Franz Schmidt nicht verteidigen, aber er ist 1939 verstorben und war vorher krank, so dass er die grauenhafte Entwicklung in ihren Konsequenzen nicht mitbekam. Pfitzner wiederum, den ich fast so gerne höre wie Schmidt - und in beiden Fällen interessieren mich die sonderbaren Kantaten ohnehin nicht -, war wohl kein Freund der Nazis, die ihm nicht elitär genug waren - er war quasi der radikalere Nazi.


    Kabasta wiederum hat ja gleich nach dem Krieg die radikalste Konsequenz gezogen. Einem Werner Egk wäre das nicht eingefallen. (Und so weiter und so fort ...)


    Profundes angelesenes Drittelwissen natürlich. ;):) EDIT: Auch bei Kabasta war es wahrscheinlich wieder ein wenig anders, als ich bislang dachte. Dazu genügt ein Blick in die Wikipedia. :untertauch:

    Aber bei all diesen Fällen, von denen Richard Strauss an Prominenz an der Spitze steht, finde ich es wichtig und gut diesen Zweischritt zwischen Werk und Person zu vollziehen: Beides lässt sich nie vollständig trennen - ist aber auch nicht identisch. Biographien kann man in die Zeit einordnen, wo es notwendig ist kritisieren und auf keinen Fall verteidigen. Alles mit historischem Augenmaß und gleichezeitig moralischem Bewusstsein. Auf der anderen Seite das Werk davon weitgehend unabhängig würdigen. Dies ist freilich bei Vokalmusik und erstrecht ideologischen Kantaten etc. schwieriger bzw. kaum möglich. Aber oft genug funktioniert es problemlos. Auch ich höre gerne Pfitzner und Graener - Schmidt und Strauss sowieso. Diese Fähigkeit zur Differenzierung scheint mir mithin in der heutigen Gesellschaft verloren zu gehen - wo Empörung und Verurteilung einen höheren Rang haben.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Diese Fähigkeit zur Differenzierung scheint mir mithin in der heutigen Gesellschaft verloren zu gehen - wo Empörung und Verurteilung einen höheren Rang haben.

    Das ist leider richtig und kann mich in bestimmten Bereichen wütend machen - wenn man ein ungeahntes Maß an Dummheit bemerkt hinter bestimmten Attitüden. Aber ich will es bewenden lassen - hier ist nicht der Ort dazu und Du wirst Dir Dein Teil denken können. :)

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

    • Das heimkehrende Heer (Chor, Tenor und Bass)
    • Wütende Weiber (Chor, Sopran und Alt)
    • Die falschen Führer (Soloquartett)
    • Volk (Chor)
    • Der Rufer (hoher Bass)
    • Jugend (Chor, Soprane und Alte)
    • Ein Arbeitsloser (Bass)
    • Eine Frau (Sopran)
    • Zwei Frauen und zwei Männer (Soloquartett)
    • Die unerlösten Deutschen im Auslande (kleiner Chor)
    • Das Dritte Reich (großer Chor)
    • Großdeutschland (beide Chöre zusammen und Soloquartett)[6]

    Schon die Besetzung lässt erahnen, in welche üble Richtung das inhaltlich wahrscheinlich geht. Von daher vermute ich, dass die Chancen schlecht stehen, dass man das Werk noch zu Gehör bekommt. Vermutlich hat sich nach dem Krieg auch niemand getraut es einzuspielen?!

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Was mich an Das Buch mit sieben Siegeln fasziniert sind einerseits die großen Chor-Passagen, andererseits die Vielseitigkeit der Musik. Schmidt findet 1937 einen Weg ein Oratorium beziehungsvoll in die Gattungsgeschichte einzureihen und gleichzeitig den eigenen Klang zu verleihen. Unwillkürlich vergleiche ich dieses Werk mit Spohrs "Die letzten Dinge oder Raffs "Welt-Ende - Gericht - Neue Welt" ob der gleichen Thematik. Schmidts Werk schneidet dabei ziemlich gut ab, denn die Musik enthält in ihrer Stimmungsvielfalt den emotionalen Gehalt des Offenbarungstextes. Sicherlich mehr als bei Raff oder Spohr - deren Oratorien ich nichtsdestotrotz sehr mag.

    Eine der bemerkenswerten Chorpassagen ist "Du bist würdig zu nehmen das Buch". Der Chor stellt dies zunächst in feierlichen Akkorden fest. Und sofort folgt eine kontrapunktische Passage zu "Du ließest dich schlachten und hast uns erlöst". Diese kurze Passage ist IMO eine offene Remineszenz an Bachs Chorsatz in den Passionen und h-Moll-Messe (z.B. "Et in terra pax"). Faszinierend transformiert sich das zu Grunde liegende rhythmische Motiv anschließend zu peitschenden Blechbläser-Fanfaren, bevor der prächtige Chor, übertönt vom strahlenden Sopran die Passage beendet und das erste Orgelsolo folgt. Das ist ganz große Oratorienkunst.

    Am meisten erschüttert mich die Gottesrede im letzten Abschnitt. "Ich bin das A und das O" vom Bass in feierlicher und hymnischer Deklamation vorgebracht. Der feierliche Gesang wird zunehmend melodischer und geht in ein großes und mitreißendes Chor-Halleluja über. In blockhaften und homophonen Hallelujarufen, unterbrochen von den aufstrebenden Streicherfiguren, scheint das Werk hier ein grandioses Ende zu finden, dem allerdings noch der Epilog des Johannes folgt - gewissermaßen das Echtheits-Siegel des Textes (das Schmidt aus dramaturgischen Gründen meinem Geschmack nach auch gerne hätte weglassen dürfen).

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)