Ein magischer Abend Wiederaufnahme von Rossinis la Cenerentola am 3.11. 2018 an der DOR in Düsseldorf

  • Das Haus gestern Abend war fast ausverkauft. Die Inszenierung von Ponelle hat nach all den Jahren immer noch nichts von ihrem Zauber verloren und über sie muß ich glaube ich auch nicht viel schreiben. Antonio Fogliani dirigierte eine schwungvolle und sängerfreundliche Cenerentola und atmete mit den Sängern und und er scheint auf dem Weg zu sein ein neuer Publikums Liebling unter den Dirigenten an der Rheinoper zu werden. Großartig wie immer der Chor, diesmal Herrenchor der Rheinoper. Aber auch der Rest der Besetzung war phänomenal. Herrlich die beiden bösen Stiefschwestern gesungen von Caterina di Tonno und Kimberly Boettger-Soller. Auch Adrian Sampetrean konnte als Alidoro mit seinem weichem warmen Baß gefallen und durfte eine meiner Lieblingsarien " La del ciel nell`arcano profondo " vor dem Vorhang singen. Wo gibt es das noch heutzutage ? Das war eine jener Momente warum ich lieber live in die Oper gehen und nicht nur ins Kino. Laimonas Pautientius verfügt als Dandini ebenfalls über einen raumfüllenden Bariton . Der Don Magnifico wurde von Paolo Bordogna gesungen. Das war meine erste Begegnung mit ihm und in der Interpretation kam er schon fast an meinen Lieblings Don Magnifico Enzo Dara heran. Der Don Ramiro wurde von Juan Jose de Leon zelebriert. Im Vergleich zum Vorjahr ist sein Tenor noch etwas kräftiger geworden und auch gestern Abend beendete er seine Arie im zweiten Akt mit einem lang anhaltendem hohen C. Die zur Zeit wohl beste Angelina ist Maria Kataeva. Sie verfügt über eine enorme Leichtigkeit in den Koleraturen. Am Ende gab es einen fast zehnminütigen Beifalls und Bravo Orkan für Chor, Sänger und den Dirigenten. Viele Zuschauer hatten sich von den Plätzen erhoben . Eine Frage an die regelmäßigen Besucher der Wiener Staatsoper. Im Januar wird Miriam Albano die Cenerentola in Duisburg singen. Sie soll seit 2016 Ensemble Mitglied der Staatsoper sein. Ich hab ja auch ein Jahres Abo für die Livestreams der Wiener Staatsoper, aber ihren Namen kenne ich bislang noch nicht. Hat sie jemand schon mal live erlebt ?


    Als Link hab ich mal das Finale von La Cenerentola aus Düsseldorf vom letzten Jahr reinkopiert ebenfalls mit Maria Kataeva als Cenerentola.


    https://www.youtube.com/watch?v=cyuRX9XTHgo

  • Lieber Rodolfo, vielen Dank für diesen Bericht. Ich habe die alte Ponnelle-Inszenierung auch mehrfach gesehen und muss sagen, dass Ponnelle die besten Rossini-Inszenierungen überhaupt gemacht hat. Ich war früher mit allen Düsseldorfer Sängern vertraut, so wie man die Fußball-Heimmannschaft kennt und weiß, was die frühstücken. Von den neuen Sängern kenne ich keinen mehr, aber ich weiß ja allzugut, dass es bei den Sängern um den Nachwuchs gut bestellt ist, besonders bei den Frauen. Adrian Sampetrean war wohl im Opernstudio, ich habe ihn damals als Anfänger in einer Oper von Rameau gesehen. Ich weiß nur noch, dass Konrad Junghänel dirigiert hat.
    Hier orientiere ich mich oft an deinen Berichten aus Düsseldorf!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Lieber Rodolfo39,
    du schreibest in deinem wunderbaren Bericht:
    Der Don Ramiro wurde von Juan Jose de Leon zelebriert. Im Vergleich zum
    Vorjahr ist sein Tenor noch etwas kräftiger geworden und auch gestern
    Abend beendete er seine Arie im zweiten Akt mit einem lang anhaltendem
    hohen C.

    Steht das wirklich so in Noten? Es wird so viel über richtige Notenwerte geschrieben, dass mich das zu interessieren beginnt.


    Liebe Grüße

    Erich

  • Lieber Erich,
    ich bin jetzt kein Musik wissenschaftler, aber ich kann mir vorstellen, daß das entweder mit der Tagesform des Sängers zu tun hat oder mit dem Dirigenten abgesprochen wird. Ich kann mich an den Tenor Jörg Schneider erinnern, der jetzt im Ensemble der Volksoper Wien singt, der hat auch ein paar Mal versucht die Arie des Don Ramiro mit dem hohen C zu beenden, was ihm jedoch nie gelang oder mehr schlecht als recht. Oder die Stretta des Alfredo in La Traviata beenden auch einige Tenöre mit einem langanhaltenden hohen C. Kann man machen, muß man aber glaub ich nicht. Aber ich denke Rossini hätte beim zuhören seine Freude an José de Leon gehabt.

  • Hallo, lieber Rodolfo
    Auch von mir vielen Dank für Deinen interessanten Bericht. Du schilderst den Abend mit so viel Euphorie und nachhaltiger Freude, daß man spürt,
    es war für Dich ein beglückendes Erlebnis. Und mich machst Du damit neugierig, mir diese Oper demnächst in "meinem" Theater /Opernhaus anzusehen.

    Das war eine jener Momente warum ich lieber live in die Oper gehen und nicht nur ins Kino.

    ... oder TV und DVD. Da stimme ich Dir zu - live ist eben live!
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Rodolfo,


    danke für deinen Bericht. Das ist ja endlich wieder einmal ein Lichtblick in der sonst so trüben Soße und diese Ponelle-Inszenierung würde mich wirklich dazu bringen, ausnahmsweise einmal das Düsseldorfer Opernhaus zu besuchen. Aber im Moment habe ich manches Andere gebucht und meine Mittel für diesen Zweck sind erschöpft. Jedoch habe ich heute einer Kölnerin, die ich zwar persönlich nicht kenne, die mich anrief und sich wegen der miserablen Inszenierungen der letzten Jahre im Opernhaus und im Fernsehen beklagte, den Tipp gegeben, dass Düsseldorf diese Inszenierung wieder aufgenommen habe.
    Der Publikumszuspruch, den du schilderst, zeigt ja, dass diese Inszenierungen begehrt sind. Warum kann das nicht wenigstens zur Hälfte so sein, das das Publikum mal wieder von der Oper beglückt wird und "magische" Abende, wie du jetzt einen hattest, erleben darf, statt verbittert nach Hause zu gehen?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Liebe Taminos,
    meine Erinnerungen an diese "Cenerentola"-Inszenierung der Deutschen Oper am Rhein gehen zurück bis zum 17. 3. 1974, als das Werk in Düsseldorf Premiere hatte (mit Julia Hamari, Ugo Benelli, Paolo Montarsolo und Peter-Christoph Runge unter Alberto Erede), nachdem es bereits am 9. 1. 1974 im Duisburger Haus der DOR zum erstenmal gezeigt wurde.


    Jean-Pierre Ponnelle hatte "La Cenerentola" erstmals 1968 in Florenz und danach in San Francisco (1969), Edinburgh (1971) und Mailand (1973) inszeniert und ausgestattet. Er konnte den riesigen Erfolg seiner Arbeit in vielen Opernhäusern der Welt wiederholen; letztendlich hat auch die Verfilmung von 1981 (mit Frederica von Stade, Francisco Araiza, Paolo Montarsolo und Claudio Desderi) dazu beigetragen. Nach der Düsseldorfer Premiere habe ich diese Oper dort gefühlt ein Dutzend mal - mit wechselnden Besetzungen - gesehen und konnte auch Freunde und Bekannte, die sonst mit 'Oper' - noch dazu in italienisch - nicht viel anzufangen wussten, überreden, sich diese witz-sprühende, elegante und auch das Sentiment nicht scheuende Inszenierung anzusehen.
    Zum Rossini-Zyklus Ponnelles an der DOR zählten auch "L' Italiana in Algeri" (1972), "Le comte Ory" (1975), "Il barbiere di Siviglia" (1976) und "Il turco in Italia" (1979), wobei sich "La Cenerentola" am längsten im Repertoire gehalten hat. (Ponnelles Assistent Grischa Asagaroff sorgte in den späteren Wiederaufnahmen für eine sorgfältige 'Aufbereitung'.) Schön wäre es natürlich, wenn man diese Produktionen 're-aktivieren' könnte - ich bin überzeugt, dass auch das RT-gewöhnte Publikum für diese nostalgische Erfahrung dankbar wäre.
    Zuletzt habe ich diese "Cenerentola" in Düsseldorf zweimal im Juni 1988 gesehen (mit Graciela Araya, Jorge Lopez-Yanez, Constantin Dumitru und Peter-Christoph Runge unter Alberto Zedda). Die Gelegenheit, sie dort zu sehen, hat man noch dreimal diesen November 2018 sowie Ende Februar/Anfang März 2019 und im Januar 2019 in Duisburg. (Die Deutsche Oper am Rhein zeigt auf ihrer Internet-Seite 15 große Fotos als 'Appetit-Anreger'!) Oder man sieht sie sich an der Mailänder Scala im Februar/März 2019 an, wo Marianne Crebassa und Maxim Mironov in dieser Muster-Inszenierung die Hauptrollen singen.
    Viele Grüße!Carlo

  • Liebe Taminos,
    meine Erinnerungen an diese "Cenerentola"-Inszenierung der Deutschen Oper am Rhein gehen zurück bis zum 17. 3. 1974, als das Werk in Düsseldorf Premiere hatte (mit Julia Hamari, Ugo Benelli, Paolo Montarsolo und Peter-Christoph Runge unter Alberto Erede), nachdem es bereits am 9. 1. 1974 im Duisburger Haus der DOR zum erstenmal gezeigt wurde.


    Zum Rossini-Zyklus Ponnelles an der DOR zählten auch "L' Italiana in Algeri" (1972), "Le comte Ory" (1975), "Il barbiere di Siviglia" (1976) und "Il turco in Italia" (1979), wobei sich "La Cenerentola" am längsten im Repertoire gehalten hat.
    Viele Grüße!Carlo


    Lieber Carlo, vielen Dank für diese Erinnerungen an Ponnelle in Düsseldorf. Wenn man da hinging, wusste man, dass es eine Luxus-Aufführung werden würde, nicht nur von der Regie und dem Bühnenbild, sondern auch von der Musik. Meine beiden Lieblingsdirigenten waren Alberto Erede und, wenn der nicht dirigierte, Arnold Quennet. Der konnte alles!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich habe mich schon gewundert, warum es beim Zeilenabstand meiner letzten Beiträge 'gehapert' hat; nun weiß ich, dass es wohl technische Probleme bei "Tamino" gibt. Sei's drum - auf die inhaltliche Aussage kommt es an.


    Zu meinem Beitrag Nr. 7 ist noch nachzutragen, dass sich die Ponnelle-Inszenierung der "Cenerentola" seit Dezember 1980 - damals sangen Frederica von Stade, Francisco Araiza, Paolo Montarsolo und Renato Capecchi unter Bruno Bartoletti - im Repertoire der Bayerischen Staatsoper in München befindet und dort in den letzten Jahren regelmäßig aufgeführt wurde. Z. B. als 'Angelina' mit Anna Bonitatibus (2007), Joyce DiDonato (2012) und Tara Erraught (2017); mit Kenneth Tarver (2004), Lawrence Brownlee (2012 und 2014) und Javier Camarena (2015 und 2017) als 'Don Ramiro' und mit Bruno Praticò (2003 bis 2007), Paolo Bordogna (2014 und 2018) und Lorenzo Regazzo (2015 und 2017) als 'Don Magnifico'. Hoffen wir, dass es noch viele Vorstellungen davon in München (und an der DOR) gibt - z. Zt. gibt es so viele hervorragende Rossini-Sänger wie schon lange nicht mehr...


    Carlo

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  • Lieber Dr. Pingel,


    ja, Alberto Erede und Arnold Quennet waren wirklich gute Dirigenten. Sie waren das, was man heute im Zeitalter der 'Star-Dirigenten' so abfällig einen 'Kapellmeister' nennt: ohne Profilneurosen, uneitel, kenntnisreich, thematisch nicht festgelegt, stets dem Werk verpflichtet und doch von persönlicher Ausdruckskraft. Wie oft ist Arnold Quennet an der DOR ohne Proben kurzfristig eingesprungen! Seinen reichen akustischen Nachlass hat er dem Düsseldorfer Theatermuseum hinterlassen. Leider hat die 2004 groß angekündigte Veröffentlichung von Mitschnitten aus der DOR bei der Münchner 'orfeo' nur zu einer CD ("Elektra"-Szenen von 1964 ) geführt, vermutlich aus tontechnischen Gründen. (Wenigstens hat sich auf 'Opera Depot' ein kompletter "Ring" aus Düsseldorf von 1966 erhalten.) Und das Theatermuseum sitzt auf seinen Schätzen und rückt nichts heraus. Schade, sehr schade!


    Carlo

  • Ich kann den Vorschreibern nur beipflichten, was Erede und Quennet betrifft. In den Siebzigern bis zum Beginn der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts war Quennet auch mein immer wieder gute (wenn nicht beste!) Leistungen versprechender Dirigent - ein musikalisch hervorragender Opernabend war garantiert.


    Was der - wie immer - gut unterrichtete Carlo über die Mitschnitte aus der DOR schreibt ist nun wirklich mehr als Schade (ich möchte nicht zu laut "Skandal" schrei(b)en, weil ich natürlich die Probleme, seien sie rechtlicher oder anderer Art, nicht kenne). Aber die Ahnung, dass da Schätze zu heben wären, treibt den Herzschlag schon höher...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER