Richard Tauber - Star einer Epoche

  • Die Worte «Vincerò! Vincerò!» («Ich werde siegen») enden übrigens nicht auf dem berühmten hohen C der Tenöre, sondern einen Halbton tiefer: auf einem H.

    Grandioser Opernführer! Die Worte enden weder auf einem hohen C noch auf einem hohen H (das ist der vorletzte Ton und nicht der letzte!).

    gibt dieser wunderschönen Arie erst den nötigen Effekt und die Aussage.

    Da war der Komponist anderer Meinung!

    Das endlos gehaltene Brüllen des Spitzentones bringt meiner Meinung nach die Arie um ihre poetische Wahrheit.

    Dieser Auffassung schließe ich mich absolut an!

    Dir fehlt es nicht, lieber Caruso, mir schon.

    Wieder ein wunderbarer Beleg dafür, dass es den angeblichen Verfechtern der Werktreue (zumindest diesem einen!) gar nicht um Werktreue geht, zumindest nicht musikalisch. Da ist die schlampige Tradition viel heiliger als der zweifelsfrei dokumentierte Autorenwille.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat

    Caruso41: Da kann man allerdings auch wirklich anderer Meinung sein.

    Ja, natürlich! Akzeptiere ich unbedingt!


    Zitat

    Das endlos gehaltene Brüllen des Spitzentones bringt meiner Meinung nach die Arie um ihre poetische Wahrheit. Da überzeugt mich weit eher Antonio Cortis, den Mme. Cortese eingestellt hat. Kalaf tut ja nicht gerade gut daran, nächstens ganz Peking zusammenzubrüllen. Und er muss auch keine Fußball-Mannschaft zum Sieg antreiben!


    Hier sehe ich es so: In Erwartung seines "Sieges" über Prinzessin Turandot kann Kalaf seine Freude kaum zügeln und jubelt "... und der Sieg sei mein"! So würde ich als Kalaf auch meine Vorausfreude laut kundtun und nicht in einem zaghaften Hauch enden.

    W.S.

  • Seit über 4 Jahren ruht nun der Thread über Richard Tauber, der nicht nur der Star einer Epoche war, sondern inzwischen zu einer Legende geworden ist. Ein Sänger, der von sich bekannte "Ich kann ohne ein Bett leben, aber nicht ohne ein Klavier." Er brauche täglich fünf Stunden Schlaf, aber acht Stunden am Klavier, die seien ihm weitaus wichtiger! Richard Tauber war bekannt dafür, daß er Zeit seines Lebens sorgfältig an seiner Stimme arbeitete und darauf achtete, sie nicht zu überfordern. Das führte dazu, daß er noch am 27. September 1947 in einem Gastspiel der Wiener Staatsoper in London die Partie des Octavio in Mozarts DON GIOVANNI singen konnte, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nur noch über einen funktionsfähigen Lungenflügel verfügte, der andere wurde ihm drei Tage später operativ entfernt. Lungenkrebs, unheilbar! Am 8. Januar 1948 starb der Tenor, erst 57 Jahre alt, in seinem Londoner Exil, wohin er vor der wahnhaften Verfolgung durch die Nazis geflohen war. Tauber war Halbjude, was in den Augen der NS-Machthaber einem Verbrechen gleichkam. In ihrem Banausentum und blindwütigen Haß brachten sie es 1937 sogar fertig, das Abspielen seiner Platten in Deutschland unter Strafe zu stellen. Unglaublich, aber wahr.

    er war das Symbol einer Epoche, sein Ruhm war unvergleichlich.

    .... etwas, das heute ganz unvorstellbar erscheint, aber Tauber genoß eine schier grenzenlose Verehrung und eine Anhängerschaft, die heutzutage nur den Größten im Bereich der Popmusik zuteil wird. Mein Vater zählte zu seinen Verehrern, er hat ihn mehrfach in Köln sowohl in der Deutzer Messehalle als auch in der Oper am Rudolfplatz (u.a. als Kalaf in der Kölner Premiere von Puccinis "Turandot") erlebt. Bis zu seinem Tod schwärmte er von diesem Sänger, und zahlreiche 78er Platten befanden sich in seiner Sammlung. Durch sie war mir der Künstler schon in Kindertagen vertraut.


    Ich habe mich in den vergangenen Wochen wieder einmal ausgiebig mit diesem großartigen Künstler beschäftigt, angeregt durch die Tauber-Biographie von Michael Jürgs "Gern hab' ich die Frau'n geküßt" (List-Verlag, München, 2002), die ich mit großem Vergnügen wieder einmal gelesen habe. Sie ist inzwischen gebraucht für ganz kleines Geld zu haben.


    Musikalisch habe ich mich vor allem mit seinen Opernaufnahmen befaßt und habe dabei festgestellt, daß ich, ohne es recht zu wissen, über zwei Versionen der großen Arie des Max aus Webers "Freischütz" verfüge, eine Studioversion aus 1946 sowie einen Live-Mitschnitt (AD nicht genannt), den unser früheres Mitglied "Antracis" 2005 genannt, aber nicht gekannt hat. Der bekannte englische Musikkritiker John Steane stellte diese Version sogar noch über die Studioproduktion:

    Großartig auch die große Arie des Max aus dem Freischütz (Version 1946). Taubers Legato imponiert hier (nicht nur gebundene Töne, sondern auch die verbundene Dynamik und der wunderbare Übergang zwischen den Klangfarben), aber auch die klangliche Vielfalt, und wieder einmal sein unbeschreiblicher Sinn für das richtige Tempo, die richtige Phrasierung, das Rubato zur rechten Zeit. (...)

    Es ist die schönste Version die ich kenne. Die Bemerkung von Steane, dass irgendwo hinter den 7 Bergen eine noch bessere Liveaufnahme der Arie aus den 30er Jahren existiere, grenzt wegen der beim Leser augenblicklich ausgelösten Gier an Körperverletzung.

    Ich habe beide Versionen miteinander verglichen und konnte sängerisch nur ganz geringfügige Unterschiede ausmachen. Beide Male ist ist Tauber der Vollendung nahe, ich kenne keine einzige Aufnahme, die die seinigen übertreffen könnte. Die Live-Version wird von dem (ungenannten) Dirigenten um knapp 30 Sekunden langsamer genommen, doch ansonsten gibt es nur minimale Differenzen. Technisch klingt die Studioaufnahme besser, doch beide Versionen sind für ihr Alter ausgezeichnet gelungen. Tauber selbst scheint vom Publikum noch befeuert zu werden, jedenfalls wirkt er hier noch eine Spur präsenter.


    Die Studio-Aufnahme gibt es auf zahlreichen CDs zu hören; wer sich für den Live-Mitschnitt interessiert, dem sei dieses 2 CD-Album des Labels VERONA empfohlen:



    GILBERT I SULLIVAN: HMS PINAFORTE... 2CD - 2097104862 - oficjalne archiwum  Allegro


    das insgesamt ca. 40 Titel enthält, u.a. auch Taubers Aufnahme des Bajazzo-Prologs von Leoncavallo, den der Komponist für den Tonio, eine Bariton-Partie, geschrieben hat. Tauber singt auch dieses Stück mit großartiger Verve und Hingabe. Erwähnung verdient auch die "Gralserzählung" aus dem Lohengrin. Tauber hat die Titelrolle der Oper nie auf der Bühne gesungen, es handelt sich hier ebenfalls um einen Live-Mitschnitt (aus dem Jahr 1938, Aufnahmeort nicht genannt).


    Höhepunkte seiner Opernaufnahmen sind (für mich) neben dem Freischütz-Max die Aufnahmen aus Korngolds "Die tote Stadt" (mit Lotte Lehmann), das Lied des Kleinzack und "Ha, wie in meiner Seele" aus "Hoffmanns Erzählungen" von Offenbach, vier Puccini-Arien aus "Tosca" und "Turandot" sowie die beiden Arien des Walther von Stolzing aus Wagners "Meistersingern", während er mich als Verdi-Sänger ("Troubadour", "Rigoletto") zwar beeindruckt, aber nicht ganz überzeugt. Sehr schön aber wieder "Di rigori armato" aus dem "Rosenkavalier" und die Wilhelm Meister-Arie aus "Mignon" von Ambroise Thomas, von seinen unvergleichlichen Mozart-Arien ganz zu schweigen!

    Bleibende Eindrücke aus seinen schier unüberschaubaren Operetten-Aufnahmen haben bei mir das "Uhrenduett" (mit Vera Schwarz) und "Brüderlein und Schwesterlein" mit Lotte Lehmann und Karin Branzell aus der "Fledermaus" sowie aus Lehárs "Giuditta" das Duett "Schön wie die blaue Sommernacht" mit der unvergessenen Jarmila Novotna, die wie auch Tauber von den Nazis zur Persona non grata erklärt wurde.

    Abschließend: Wenn nun jemand meint, so wie Tauber dürfe man heute aus Geschmacksgründen nicht mehr singen, stellt sich mir allerdings die Frage, ob es in den letzten Jahrzehnten denn auch überhaupt jemanden gegeben hätte, dessen technisches und musikalisches Rüstzeug für diese Art des Singens ausreichend gewesen wäre.

    Besser kann man es gar nicht sagen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zitat von nemorino

    Octavio

    Ottavio ;)!


    ......das Schluss Fazit von dir und Antracis......bedeutet also wir hätten nach Taubers Tod die Opernhäuser besser schliessen sollen!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • sowie die beiden Arien des Walther von der Vogelweide aus Wagners "Meistersingern",

    ??.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Richard Tauber ist mir von Erzählungen meiner Großmutter in Erinnerung......

    Um die aufzufrischen habe ich mir jetzt die EMI Icon 5er Box bestellt, wurde auf Seite 1 gezeigt. Leider bei unseren Handelspartner nicht zu finden.


    Kalli

  • ??.

    Klar, lieber La Roche, war ein Denkfehler von mir. Habe ihn gleich korrigiert. Danke für den Hinweis.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • das Schluss Fazit von dir und Antracis......bedeutet also wir hätten nach Taubers Tod die Opernhäuser besser schliessen sollen!

    Wer lesen kann, ist klar im Vorteil:

    stellt sich mir allerdings die Frage, ob es in den letzten Jahrzehnten denn auch überhaupt jemanden gegeben hätte, dessen technisches und musikalisches Rüstzeug für diese Art des Singens ausreichend gewesen wäre.

    Kein Mensch bestreitet ernsthaft, daß es vor und nach Tauber Tenöre gegeben haben mag, die schöner und besser - vor allem höher - als er gesungen, aber eben nicht seine spezielle Technik des Singens beherrscht haben. Ich bin mir sicher, daß Du den Satz richtig verstanden hast, aber Du kannst nun einmal das Herummäkeln nicht lassen. Weiterhin viel Spaß dabei!


    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Wer lesen kann, ist klar im Vorteil:

    Kein Mensch bestreitet ernsthaft, daß es vor und nach Tauber Tenöre gegeben haben mag, die schöner und besser - vor allem höher - als er gesungen, aber eben nicht seine spezielle Technik des Singens beherrscht haben. Ich bin mir sicher, daß Du den Satz richtig verstanden hast, aber Du kannst nun einmal das Herummäkeln nicht lassen. Weiterhin viel Spaß dabei!


    Nemorino

    Ich bin gewiss des Lesens mächtig, aber wenn du den Daumen hoch hälst und den Satz darunter schreibst bist du doch der gleichen Meinung!

    Und Herummäkeln liegt mir nicht, es ist nur so.......du kannst keine Kritik vertragen! Denn.....den Ottavio hast du ja immer noch nicht ausgebessert!


    In Zukunft werde ich dich einfach ignorieren!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Den Tauber wohl auch! Durch die Nase singen muss eine besondere Technik sein, die außer ihm keiner beherrschte. Da wird kein Widerspruch zu erwarten sein.

    Freundliche Grüße Siegfried

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