Haydn-Symphonien-Edition 2032 - ein ehrgeiziges Projekt und andere Projekte aus Vergangenheit und Zukunft


  • Auch dieser Zyklus ist in HIP gespielt, wenn auch mit modernen Instrumenten!


    Hübs Hinweis folgend hab ich ihn letzte Woche günstigst erstanden, seit Samstag ist er da und bis jetzt hab ich die ersten 12 CDs durchgehört: ein unterhaltsamer, kurzweiliger, beschwingter und schöner Haydn. Die Ecksätze flott, ohne überhastet zu sein, die Mittelsätze einschließlich der Menuette sehr gesanglich und melodiös.
    Und obwohl Haydn definitiv nicht den Schwerpunkt meines Interesses bildet, bereitet mir diese Aufnahme tatsächlich Lust, nach dem Ende einer ihrer CDs noch deine weitere zu hören (Und das haben die letzten Jahre weder der Fischer, noch der Dorati und auch nicht der Hogwood geschafft.).


    John Doe

  • Antonini begann seinen Beethoven-Sinfonien-Zyklus mit den Sinfonien 1 und 2 , die 2006 beim Label Oehms Classics veröffentlicht wurden. Erst 2010 folgten die Sinfonien 5&6 beim Label Sony sowie 2014 die Sinfonien 3&4 und 7&8. Die 9. Sinfonie steht noch aus. 2016 brachte Sony Beethovens Triplekonzert mit Antonini heraus, sodaß noch Hoffnung besteht, dass auch die 9. Sinfonie noch bei Sony erscheinen wird. Dann wäre nach 10 Jahren Antoninis Beethoven-Sinfonie-Zyklus komplett.
    Die Vollendung seines Haydn-Sinfonien-Zyklus im Jahre 2032 könnte ich mit 83 Jahren noch erleben, bis dahin sind es nur noch 16 Jahre.


    Antoninis Beethoven-Sinfonien-Zyklus ist jetzt komplett auf 5 einzelnen CDs erhältlich.
    2018 erschien die 9. Sinfonie mit dem Kammerorchester Basel.
    Vielleicht erscheint bei Sony sogar eine komplette Sinfonien-Box?
    Dazu müßte Sony entweder die Sinfonien 1 und 2 von dem Label Oehms Classic übernehmen
    oder beide Sinfonien neu aufnehmen.

    mfG
    Michael

  • Alfred_Schmidt

    Hat den Titel des Themas von „Haydn-Symphonien-Edition 2032 - ein ehrgeiziges Projekt“ zu „Haydn-Symphonien-Edition 2032 - ein ehrgeiziges Projekt und andere Projekte aus Vergangenheit und Zukunft“ geändert.
  • Die Zeit vergeht - und macht auch vor Klassikprojekten nicht halt - und auch nicht vor Tamino Threads.

    Immerhin können letztere angepasst werden, weil hier ein "Fleckerlteppich" (österr. für "Patchwork) sogar erwünscht ist. Angesichts der 10 CD Box -Edition der "Edition 2032" kann man sich darüber Gedanken machen ob einige der Kassandrarufe von Mitgliedern aus der Vergangenheit in vorstellbare Nähe gerückt sind und man kann auch darüber nachgdenken wie notwendig - oder nicht notwendig - komplette Editionen eines im Original etwa 50 Jahre dauernden Lebenswerkes - überhaupt sind. Und man könnte auch darüber nachdenken, WARUM gewisse Projekte gescheitert sind - und ob das im Einzelnen vermeidbar gewesen wäre. Meist wird es aber um Geld gegangen sei und ein eher mäßiges Interesse der Hörer und Sammler.

    Daher hat man sich in der Vergangenheit eher mit Teilaspekten begnügt, wie den Pariser und Londoner Sinfonien - möglichst mit großen prestigeträchtigem Orchester. Die Gesamtaufnahme unter Dorati wurde dann bei ihrem Erscheinen für den guten Willen und den Mut gelobt, weniger aber für die Aufname an sich. Ich erinnere mich an einen Satz in einer der Rezensionen (aus dem Gedächtnis zitiert) "leider lässt es sich nicht überhören, daß die "Philharmonica Hungaria" kein Klangköper erster Güte ist"......

    Karl Böhm mit den Wienern hätte hier bessere Chancen gehabt, aber entweder er oder die Deutsche Grammophon wollten sich auf ein solches Projekt gar nicht erst einlassen. Es ist interessant, daß Böhm nur ganz wenige Haydn Sinfonien aufgenommen hat - zumindest in Stereo. Damals galt Eugen Jochum als Haydn Wunderwuzzi oder -Guru, aber auch hier wurden nur die letzten, "großen" Sinfonien aufgenommen....


    Im Hinblich auf die verbilligte 10 CD Edition als ersten Teil der Edition 2032 habe ich den Titel des Threads - und damit das Thema erweitert...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich fühle mich bemüßigt, da mal etwas wider den Stachel zu löcken. Heute auf meinem Sonntagslauf habe ich via Apple Music Vol.1 der genannten Ausgabe gehört, und fand sie keineswegs irgendwie vergnüglich. Ich verstehe ja, dass man bei Haydn nicht unbedingt zu Bernstein oder Karajan greifen mag, aber gegen die gespannten Drahtseile von "Il Giardino Armonico" ist ja zum Beispiel Brüggens historisch informierte Einspielung die pure Opulenz. Mir fehlt es da ganz klar an Klangsinnlichkeit, und ich bin froh, dass ich dieses Projekt sammlungstechnisch an mir vorbeiziehen lassen kann. Die oben genannte Gesamtaufnahme von Russell Davies steht dagegen bei mir auf der Liste.


    Gutes Hören
    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Heute auf meinem Sonntagslauf habe ich via Apple Music Vol.1 der genannten Ausgabe gehört, und fand sie keineswegs irgendwie vergnüglich. Ich verstehe ja, dass man bei Haydn nicht unbedingt zu Bernstein oder Karajan greifen mag, aber gegen die gespannten Drahtseile von "Il Giardino Armonico" ist ja zum Beispiel Brüggens historisch informierte Einspielung die pure Opulenz.

    Das finde ich wirklich interessant. Für mich war dieses kontrastreiche, straffe Spiel absolut hinreißend, zumal es den "Il Giardino Armonico"s doch bei den langsamen Sätzen (ich erinnere mich an ein faszinierendes Andante) gelingt eine gefühlsmäßige Spannweite zu erreichen, die ich zumindest bei den Fischers (viel mehr habe ich leider nicht) nicht im Ansatz wahrgenommen habe.


    BTW Il Giardino hat mit teilweise 26 Mitgliedern wohl eine größere Besetzung als Haydn bei den Uraufführungen bei Esterhazys zur Verfügung stand.


    Im übrigen bin ich sowieso kein Verfechter "allein seeligmachender" Aufnahmen. Großartige Musik bietet da dem Interpreten häufig ganz verschiedene Ansätze. Die Beurteilungen der Brüggeneinspielungen reizen mich später vielleicht auch noch zum Kauf.....


    Ob nun ein solches Vorhaben, alle Haydn Sinfonien aufzunehmen, wirklich gelingt, ist sehr schwierig zu beurteilen. Allerdings finde ich den thematischen Ansatz von Antonini wirklich schön, weil man eben nicht mit irgendwas liegenbleibt, wenn er nicht zuende kommen sollte, sondern mit einer interessanten Auswahl ...

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  • Bisher scheint es 11 Volumes dieser neuen Edition "Haydn 2032" zu geben. Ich habe mich vorhin etwas durchgeklickt, was die jeweiligen Inhalte anbelangt. Zumindest für mich ist die geplante Gesamtaufnahme weitestgehend noch nicht bei den wirklich interessanten Symphonien angekommen. Immerhin Nr. 82 "Der Bär" ist in Vol. 11 enthalten, ein Werk, das ich ganz besonders liebe. Als ich vor einiger Zeit einige Aufnahmen des "Bären" verglich, kristallisierte sich als Sieger für mich immer noch Bernstein heraus, den ich bei Haydn nach wie vor als sehr stark und überzeugend empfinde. Aber auch wenn man allein HIP-Aufnahmen vergleichen will, fällt es mir schwer, diese Neueinspielung ganz vorne zu sehen, denke ich etwa an Günther Wich mit der Süddeutschen Kammerphilharmonie oder (trotz einiger Manierismen) an Nikolaus Harnoncourt mit dem Concentus Musicus Wien.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Diese Aufnahmen sind teilweise abstoßend* in ihrer Unerbittlichkeit - das wird man inzwischen von Seiten der Haydn-Hörer auch herausgefunden haben - Vermutlich deshalb der plötzliche Preissprung nach unten. Haydn Hörer sind eine spezifische Gruppe und nicht mit anderen Hörern vergleichbar. Ausserdem haben sie sich - die abgebrochenen Projekte sind traurige Zeugen für diese Behauptung - nur für die Top-Werke interessiert - oder für das was Krethi und Plethi gemeinhin darunter verstehrn.

    Wir haben es bei Haydn mit einer enormen Zeitspanne zu tun, die vermutlich auch verschiedene Generationen von Hörern anspricht.

    *ABER - es gibt auch quasi als Kontrast - wunderbar lieblich klangschöne Stellen, die das Projekt hörenswert machen.

    Ich habe inzwischen die Zehner-Box bestellt. Für mich gibt es nur wenig "uninteressante " Haydn Sinfonien (ich mag keinen Sturm und Drang) obwohl die so gerühmten Spätwerk mit "großen, romantischen" Orchester besser versorgt sind.

    Für mich ist diese Edition eine interessante Alternative, zu jenen, die in meiner Sammlung sind - und es ist mir persönlich gleichgültig ob sie plsnmässig zu Ende geführt wird - oder nicht. Und ich bin mir nicht mal sicher ob ich sie zu Ende kaufen werde, sollte sie tatsächlich zu Ende gebracht werden. Das hat vermutlich mit meiner Prägung zu tun. Denn in meiner Jugend entstanden "Gesamtaufnahmen " von Sinfonik eher zufällig, als geplant. Das hat dazu geführt. daß ich nie angestrebt habe, alle Sinfonien oder Konzerte (oder was auch immer) eines Komponisten von EINEM Interpreten zu hören. Im Gegenteil, die VIELFALT machte es aus.

    Interessant ist übrigens, daß die Gesamtaufnahme von Russell Davies bei den Sammlern nicht auf Gegenliebe stiess. Sie wurde allmählich immer preisgünstiger angeboten und ist nun gestrichen.

    Übrigens ist es KEINE HIP Aufnahme. Dieses Wort hat bei mir Reizcharakter. Weil es IMO eine "falsche Flagge " ist. Dazu demnächst mehr in einem eigenen Thread (ich glaube , er besteht bereits)

    Russel Davies Aufnahme ist eine moderne mit modernem Orchester, zudem Konzertmitschnitte in tadelloser Tonqualität mit anschliessendem Applaus.

    Sie war eine preiswerte Möglichkeit alle Haydn Sinfonien kennenzulernen, und in sich geschlossener als die Fischer-Aufnahme,. wo man mitten im Projekt einen Interpretationswechsel vornahm. Kein Mensch hätte diese Aufnahme gekauft, wenn rd nicht so viel Aufhebens um ihre "Rettung" gegeben hätte und sie nicht so günstig wäre. Ursrünglich war sie nämlich ein Vollpreisprojekt von Nimbus Records....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich fühle mich bemüßigt, da mal etwas wider den Stachel zu löcken. Heute auf meinem Sonntagslauf habe ich via Apple Music Vol.1 der genannten Ausgabe gehört, und fand sie keineswegs irgendwie vergnüglich. Ich verstehe ja, dass man bei Haydn nicht unbedingt zu Bernstein oder Karajan greifen mag, aber gegen die gespannten Drahtseile von "Il Giardino Armonico" ist ja zum Beispiel Brüggens historisch informierte Einspielung die pure Opulenz. Mir fehlt es da ganz klar an Klangsinnlichkeit, und ich bin froh, dass ich dieses Projekt sammlungstechnisch an mir vorbeiziehen lassen kann. Die oben genannte Gesamtaufnahme von Russell Davies steht dagegen bei mir auf der Liste.


    Gutes Hören
    Christian

    Gib Antonini noch eine Chance und hör dir mal eine Symphonie zu Hause, über die heimische Hifi-Anlage und nicht über Kopfhörer an. Alpha bietet hier eine bestechende Klangqualität. Man bekommt das Gefühl im Konzert zu sitzen, so plastisch baut sich das Ensemble vor mir auf.


    Ich finde Brüggen oder all die anderen auch sehr gut, aber hier, das messerscharfe Spiel des Orchesters in Verbindung mit ausgefeilter Tontechnik zu erleben - ist ein Erlebnis.


    So mein Empfinden.


    Grüße

    Apollon

  • Danke, Apollon. Ich werde das mit einer anderen Folge der Reihe gerne probieren.


    Beste Grüße

    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Interessant ist übrigens, daß die Gesamtaufnahme von Russell Davies bei den Sammlern nicht auf Gegenliebe stiess. Sie wurde allmählich immer preisgünstiger angeboten und ist nun gestrichen.

    Eine GA, mit der ich mich bisher noch nicht so richtig anfreunden konnte. Ich habe natürlich bei Weitem noch nicht alle Symphonien daraus gehört, aber die, die ich hörte, erschienen mir teilweise recht gleichförmig musiziert. Individuelle Charakterelemente der einzelnen Werke scheinen mir da etwas unterzugehen. Aber bitte - das ist nur eine sehr vorsichtige Einschätzung, da ich ja, wie gesagt, bisher nicht allzu viel aus dieser Box gehört habe. Sicher sagen lässt sich so etwas erst, nachdem man die gesamte GA durchgehört hat.


    Grüße

    Garaguly

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  • Die günstige Box würde mich im Prinzip reizen, wenn mich nicht die oft ziemlich wilde unsystematische Zusammenstellung zögern ließe. Und die Tatsache, dass ich schon SEHR viele Haydn-Sinfonien im Regal habe und die Auswahl dieser ersten 10 CDs schon recht gut abgedeckt ist.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Bei der Beurteilung von Doratis Aufnahmen muss man m.E. mehrere Faktoren berücksichtigen.

    - Verglichen mit dem, was es Anfang der 1970er sonst gab, waren die Aufnahmen sehr gut. Ein berühmter Dirigent, erstklassige Aufnahme- und Pressqualität, Erhältlichkeit dank Major Label. Auch das Orchester war zumindest im Prinzip besser als die "Telefonorchester" der damaligen abgebrochenen Projekte von Blum, Goberman etc. Niemals hätte ein Spitzenorchester, vermutlich nicht einmal ein Rundfunkorchester oder so etwas wie English Chamber Orchestra für solch ein Projekt (fast 50 LPs) lange genug oder nicht bezahlbar zur Verfügung gestanden. Vermutlich hat Telefunken/Decca eh draufgelegt.. Dorati hat mit der Philharmonia Hungarica auch Bartok und Kodaly, also technisch wesentlich anspruchsvollere Musik aufgenommen. (Und Märzendorfer war zwar komplett, aber erst recht kein Spitzenorchester und kaum erhältlich)

    - Es war ziemlich aus einem Guß, innerhalb von dreieinhalb Jahren ausgenommen.

    - Philologisch sehr sorgfältig, einschließlich Alternativsätze/fasssungen.


    Es ist daher kein Wunder, dass diese Aufnahmen praktisch seit ihrem Erscheinen zum Standard zählten; einfach weil es so wenige anderen Optionen, außer für die bekanntesten 20 Stücke gegeben hat. Erst in den 1990ern standen mit den ersten Naxos-Aufnahmen, mit Goodman und Hogwood (aber dafür musste man eben HIP mögen, andere Aufnahmen der weniger bekannten Stücke zur Verfügung und es war keineswegs gewährleistet, dass sie überzeugender waren als Dorati.

    Ich habe auch nur einen Teil der Dorati-Aufnahmen gehört und obwohl sie selten die allererste Wahl sind, jetzt, 50 Jahre später, da andere Optionen vorliegen (und man zumindest für die frühen und mittleren Werke vermutlich eher einen historisierenden Ansatz bevorzugen mag), finde ich von denen, die ich gehört habe, viele überraschend gut, gerade für so ein schnell durchgezogenes Projekt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Symphonien Nr. 1-17, 19-24, 26, 27, 32, 34, 35, 37, 40, 41, 48, 49, 51, 52, 55-57, 60, 65, 92, 96, 98; Symphonien B-Dur H1: 108 & 109

    +L'Infedelta delusa-Ouvertüre; Lo speziale-Ouvertüre; Acide e Galatea-Ouvertüre


    Ich finde besonders schade, dass der schon ziemlich weit gediegene Zyklus unter Max Goberman mit dem Wiener Staatsopernorchester (zwischen 1959 und 1962 immerhin 45 Symphonien und 3 Ouvertüren) so jäh zum Erliegen kam (Goberman starb, erst 51-jährig, am Silvestertag 1962 an einer Herzattacke). Von dem, was ich daraus so hörte, war ich doch sehr angesprochen. Nicht HIP und mit großem Orchesterklang, was gerade bei den frühen Symphonien ja sonst kaum aufnahmetechnisch verfügbar ist. Sony hat die Aufnahmen vor einigen Jahren in einer 14-CD-Box auf den Mark gebracht. Offenbar ist sie mittlerweile zumindest in dieser Form schon wieder vergriffen. Hätte Goberman länger gelebt, er hätte ihn wohl vollendet. Soweit ich weiß, bestritt er das Projekt zu einem guten Teil sogar auf eigene Kosten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zumindest als Download in CD-Qualität sind die Aufnahmen von Gobermann erhältlich.


    Auch die Dorati-Box ist übrigens vergriffen.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Interessant, daß der Name Gobermann mir so gar nichts sagt. Wobei es heisst er sei ein berühmter amerikanische Dirigent gewesen.

    Ich würde sein Orchester nicht als "Telefon-Orchester bezeihnen. Es ist immerhin das Wiener Staatsopernorchester - dahiner "verbergen" sich deie Wiener Philharmoniker - oder zumindest ein Teilbereich davon.

    Im Internet wurde vermutet, es könne sich ein anderes Orchester bei dieser Aufnahme dahinter verbergen.

    Aber das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. zum einen würden die Wiener Philharmoniker protestieren, zum anderen die Wiener Staatsoper.

    Wie dem auch sei - auch wenn die Aufnahme komplett überliefert wär - heute würde sie genaus in den Archiven schwinden wie alle anderen Gesamtaufnahmen von Haydns Sinfonien - ob komplett oder als Torso.

    Derzeit gibt es ZWEI ehrgeizige Projekte, die Sinfonien Haydns komplett einzuspielen: Das eine ist das hier titelgebende, unter Antonini, das andere ist jenes mit den Heidelberger Sinfonikern unter Johannes Klumpp, bzw Thomas Fey. Auch wenn das übertrieben ist, so werden beide Aufnahmen von Puristen als "Stückwerk" gesehen werden. Im reinen Fall wegenzweierlei Orchester, im anderen Fall wegen zwei verschiedenen Dirigenten....

    Da fällt mir soeben ein, daß die Naxos Gesamtaufnahme auch noch mit im Spiel ist. Da hab ich einige davon - und natürlich sind sie recht unterschiedlich. Ob sie schon komplett ist, das weiss ich nicht. Bei Naxos sieht man derlei lockerer ähnlich wie einst bei allen Schallplattengesellschafen, wo man nach Lust und Laune "wurstelte" und dann nach jahre aus dem vorhandenen Material eine Gesamtaufnahme bastelte - oder eben nicht...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich habe vorhin herausgefunden, dass Columbia in den späten 1960ern die Rechte an Gobermans mit ihm 1962 gestorbenem Liebhaberprojekt erwarb und beabsichtigte, das Vorhaben tatsächlich zu Ende zu bringen. Dazu wurden niemand Geringerer als Charles Mackerras (damals noch nicht Sir) und das London Symphony Orchestra verpflichtet, die den Rumpfzyklus weiterführen sollten. Tatsächlich spielte man 1969 dann die Symphonie Nr. 18 von Haydn in den Abbey Road Studios in London ein (diese schloss die erste Lücke, die Goberman hinterlassen hatte). Wer nun aber glaubt, dass man die weiteren Lücken sukzessive füllte, der irrt leider. Offenbar verlor man sehr rasch wieder das Interesse daran. Vielleicht auch, weil Decca parallel zeitgleich mit Doráti den Konkurrenzzyklus in Angriff nahm. Es wurde also nur diese eine Hinzufügung zum Goberman-Zyklus eingespielt, nichts weiter. Schade, aber es zeigt, dass die kommerziellen Interessen schon um 1970 herum nicht unbedingt für eine Gesamtaufnahme der Haydn-Symphonien sprachen.

    Hier übrigens das Cover der LP:

    ZWc.jpeg

    Das bei Discogs ausgewiesene Jahr 1968 stimmt mitnichten, wie mir die Diskographie des London Symphony Orchestra beweist (Studio No. 1, Abbey Road, London, 30 January - 1 February 1969). Die Platte muss eher 1970 erschienen sein.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe soeben die Versandmitteilung bekommen und auc die dazugehörende Rechnung.

    Der Preis der Edition wurde - vorübergehend bis 31. März 2022 - erneut (um 2 Euro) gesenkt und kostet derzeit statt 39.99 nur 37.99 Das ist IMO nicht die Welt und ich frage mich, ob dadurch ein zusätzlicher Kaufanreiz gegeben ist - aber für "Schnäppchenjäger" vielleicht doch....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe soeben die Versandmitteilung bekommen und auc die dazugehörende Rechnung.

    Der Preis der Edition wurde - vorübergehend bis 31. März 2022 - erneut (um 2 Euro) gesenkt und kostet derzeit statt 39.99 nur 37.99 Das ist IMO nicht die Welt und ich frage mich, ob dadurch ein zusätzlicher Kaufanreiz gegeben ist - aber für "Schnäppchenjäger" vielleicht doch....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Ich auch. Ich habe lange überlegt, bin jetzt aber doch eingeknickt. Die Hörbeispiele waren wirklich spannend. Da kann man nicht meckern ...

    Beste Grüße von der Waterkant sendet Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Ich habe die Lieferung heute bekommen. Hineingehört habe ich zuerst in Disc Nr 10.

    Gegenüber den Hörbeispielen ist se wesentlich dynamische - eigentlich an der Grenze des Erträglichen. Schrille Violinen Knallende und wummernde Bässe. Dazwischen sehr naturnah wiedergegeben Instrumente, beinahe "Liver als Live"

    Ich muß zugeben, daß hier die Eigenarten (m)eines Röhrenverstärkers mit im Spiel sein können, der ja üblicherweise "lebendigrer und spritziger" klingt, als ein stark gegengekoppelter und "domestizierter" Transitorversärker. Bei übersteuerten - oder übertrieben dynamischen Aufnahmen kann sich der Vorteil allerdings auch ins Gegenteil verkehren.....

    Sollte das auf allen heimischen Anlagen so klingen wie bei mir, dann kann ich mir gut vorstellen, warum man die ersten zehn CDs der Edition in eine preisgünstige Sammelbox gepackt hat.

    Auf der Disk Nr 10 sind die Tageszeiten-Sinfonien von Haydn enthalten, die quasi mit Brachialgewalt exekutiert werden - ideal für Leute, die Haydn nicht mögen, weil sie ihn für langweilig halten....

    Als Quasi- Zugabe: Mozarts Serenatta notturna. Zugegeben ist das improviserte Finale beeindruckend, den Pauken sind da die Pferde durchgegangen - und nicht nur ihnen.

    Ansonsten aber: Grobschlächtig, derb, brutal - Ich habe die elegante, fein ausbalanzierte Aufnahme mit Den Zagreber Solisten unter Janigro im Ohr (Amadeo ?- Stereo ca 1965)mit den dezenten, eber gut hörbaren Pauken, da kann nicht ma Böhm mit seinen Wienr Philharminikern mit, obwohl diese Aufnahme in iher maestätischen Strenge, bei gleichzeitiger Lieblichkeit an sich schon sehr gut - und vor allem nicht verhetzt und rabiat ist...

    Ungeachtet dessen ist die hier zur Diskussion stehende Aufnahme ein interessantes Gegenstück zu den herkämmlichen "klassischen" Aufnahmen.

    Meinungen ?


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vielleicht der „Haydn für den Wutbürger“?


    :cursing:

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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  • Als Quasi- Zugabe: Mozarts Serenatta notturna. Zugegeben ist das improviserte Finale beeindruckend, den Pauken sind da die Pferde durchgegangen - und nicht nur ihnen.

    Ansonsten aber: Grobschlächtig, derb, brutal - Ich habe die elegante, fein ausbalanzierte Aufnahme mit Den Zagreber Solisten unter Janigro im Ohr (Amadeo ?- Stereo ca 1965)mit den dezenten, eber gut hörbaren Pauken, da kann nicht ma Böhm mit seinen Wienr Philharminikern mit, obwohl diese Aufnahme in iher maestätischen Strenge, bei gleichzeitiger Lieblichkeit an sich schon sehr gut - und vor allem nicht verhetzt und rabiat ist...

    Ungeachtet dessen ist die hier zur Diskussion stehende Aufnahme ein interessantes Gegenstück zu den herkämmlichen "klassischen" Aufnahmen.

    Meinungen ?


    Mir fehlt jede musikwissenschaftliche Kompetenz, Einspielungen von Haydn Sinfonien zu beurteilen. Mir fehlen sogar bei den Sinfonien viele Hörbeispiele. Bei Haydns "Drei Tageszeiten" habe ich nur Antonini und Adam Fischer. Eben habe ich mir noch einmal Fischer mit dem Morgen angehört. Ja, der spielt schön und ausgewogen, man hört förmlich die Vöglich um Schloß Esterhazy pfeifen .... Also ist das die bessere Interpretation?


    Antonini ist deutlich weniger subtil, seine Dynamik ist extrem und seine Vögelein sind ziemlich laut ... aber irgendwie ist das eher der Morgen in "Schloss" astewes.:P


    Ich finde es gigantisch, dass Haydns Musik so direkt klingen kann. Aus einer gedrechselten Konversation des 18. Jahrhunderts wird ein zeitgenössisches Gespräch. Das wird nicht mit jeder Musik erfolgreich funktionieren ...


    Umgekehrt gibt es keinen Grund eine Interpretation durch die andere zu ersetzen. Es ist doch schön, dass es beide gibt ...


    Vielleicht der „Haydn für den Wutbürger“?


    :cursing:

    Also bei mir hat das mit Wut überhaupt nichts zu tun ... :) Ich finde die Antonini Einspielung bloß frischer und leichter verständlich. Die subtile Ausgewogenheit der Fischer-Interpretation bringt eben nicht den ganzen Haydn zum Klingen 8-)

  • Kann (und will) hier leider nicht mitreden. Wenn es im Bereich der Musik Allergien gibt, dann habe ich eine: Die Giardino-Antonini-Allergie...

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Ich habe dagegen eine Allergie gegen alles Klassische, das „gegen den Strich gebürstet ist.“ Was soll das? Die klassische Zeit dem Techno-Publikum schmackhaft machen? Ist es so schwierig, die klassischen Werte wie Ausgewogenheit, Maß, Form etc. wieder zu lernen und als kulturelles Erbe zu akzeptieren?

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Ich habe dagegen eine Allergie gegen alles Klassische, das „gegen den Strich gebürstet ist.“ Was soll das?

    Das klingt so, als wäre es der Sinn dieser Aufnahme anders zu sein. So sehe ich das aber nicht. Es ist nur ein anderer Blick, ein direkterer ...



    Die klassische Zeit dem Techno-Publikum schmackhaft machen?

    Auch so sehe ich das nicht. Antonini hört Haydn eben anders. das hat doch nichts mit schmackhaft machen zu tun ....


    Ist es so schwierig, die klassischen Werte wie Ausgewogenheit, Maß, Form etc. wieder zu lernen und als kulturelles Erbe zu akzeptieren?


    Das ist eine schwierige Frage. Kann man die klassischen Werte heute in einem Sinne wie damals überhaupt noch lernen? Ich sehe a priori keinen besonderen Wert darin, Haydn so zu spielen, wie es vor 250 Jahren der Fall war. Das mag für einen Historiker natürlich von Interesse sein, aber für mich als einfachen Rezipienten zum Beispiel hat es doch keine Bedeutung, oder?

  • Das Problem ist hier ein ganz grundlegendes: Was ist der Kern klassischer Musik? Die historischen Instrumente? Meiner Meinung nach: Nein, hätten die Komponisten bessere Instrumente gehabt, hätten sie sie genutzt. Die zugrundeliegenden Werte? Meines Erachtens nach: Ja, denn die Musik ist ein Kind der Werte ihrer Zeit, auch wenn sie überzeitliche Bedeutung hat. Die Frage des richtigen Tempos, der richtigen Temperierung ist viel wichtiger als die von „HIP“. Wenn wir Heutigen schroffere Kontraste mögen, macht diese heutige Präferenz das Akzentuieren schrofferer Kontraste bei Haydn und Mozart nicht richtiger.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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  • Ich habe dagegen eine Allergie gegen alles Klassische, das „gegen den Strich gebürstet ist.“ Was soll das? Die klassische Zeit dem Techno-Publikum schmackhaft machen? Ist es so schwierig, die klassischen Werte wie Ausgewogenheit, Maß, Form etc. wieder zu lernen und als kulturelles Erbe zu akzeptieren?

    Diese "klassischen Werte" sind das Feindbild einer gewissen Schicht, denen Bildung aufgezwungen wurde, und die dan unglücklicherweise in irgendwelche Schlüsselpositionen kamen, von wo sie das verhasste konservative Bürgertum tyrranisieren - oder es zumindest versuchen:baeh01:

    Das Problem ist hier ein ganz grundlegendes: Was ist der Kern klassischer Musik? Die historischen Instrumente? Meiner Meinung nach: Nein, hätten die Komponisten bessere Instrumente gehabt, hätten sie sie genutzt.

    Genau - die moderneren Instrumente wurden ja nach und nach erfunden bzw alte verbessert. Beethoven würde jubeln, könnte er seine Sonaten oder Konzerte auf modernem Flügel hören


    Wenn es im Bereich der Musik Allergien gibt, dann habe ich eine: Die Giardino-Antonini-Allergie...

    :hahahaha::hahahaha::hahahaha::hahahaha::hahahaha:


    Ich behaupe, daß die meisten HIP -Interpretationen trojanische Pferde sind, die unter dem Deckmäntelchen HIP (ein Begriff den der unselige Nikolaus Harnoncourt geprägt hat.) klassische Werke an heutigen "Zeitgeist" anpassen wollen - etwa wie das Regietheater die klassische Oper....

    HIP - in seiner jetzigen Auslegung ist im Intrumentalbereich nichts anderes, als was Regietheater im Fall der oper darstellt:

    Eine radikale Anpassung an unseren Zeitgeist der Unterschicht und deren Sympathisanten.


    HIER ist die eigentliche Diskussion - mit zahlreichen Thema-Abweichungen

    War "HIP" ein "trojanisches Pferd" ?


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die zugrundeliegenden Werte? Meines Erachtens nach: Ja, denn die Musik ist ein Kind der Werte ihrer Zeit, auch wenn sie überzeitliche Bedeutung hat. Die Frage des richtigen Tempos, der richtigen Temperierung ist viel wichtiger als die von „HIP“.

    Das mit dem "richtig" scheint mir ein nicht unerhebliches Problem zu sein. Mir geht es nicht selten so, dass ich manchmal eine Interpretation genieße und ein paar Tage später eine andere mir mehr zusagt. Ich kannte einmal eine Pianistin, die in Schumanns Papillons eine Stelle mit Orgelpunkt auf einem Erard-Flügel so spielen konnte, dass ich fast auf den Rücken gefallen wäre.... Wilhelm Kempff kann, sieht oder will das nicht. Ist jetzt seine Interpretation falsch? oder eventuell sogar umgekehrt....


    Musik ist doch ein Panorama und keine Olympiade. Wer nur besser sein will als ein anderer, verfehlt gründlich das Ziel und wäre wahrscheinlich im Sport besser aufgehoben. Es gibt eine Anekdote (ich weiß leider nicht mehr wo ich sie her habe) Strawinski fragt Busoni ob seine "Neoklassik" das sei, war er mit junger Klassizität meine und Busoni antwortet sinngemäß: Wenn er sich überhaupt da was gedacht hätte, sei es schon gut ....:) (Busoni war nur ein eingeschränkter Strawinky-Verehrer ;))


    So sehe ich das auch. In dem Augenblick, wo ein ernsthafter Interpret sich mit dem Stoff auseinandergesetzt hat, gibt es was zu lernen (und zu hören :)). Klassische Werte schaffen es immer wieder auf die "Hitliste" und damit auch Ausgewogenheit und und Formvollendung, aber sie transformieren sich auch. Keiner würde Prokofieffs oder Strawinskis Neoklassik mit der Klassik verwechseln. Meine Fragen zur Sonatenform haben einen direkten Bezug zu diesen Werten, aber (Jammer! ;)) das Interesse beschränkt sich auf wenige. Man kann eben auch beim Komponisten Philip Glass diesen Bezug zur Klassik oder sogar zu musikalischen Werten des Barock sehen, aber interessiert das jemanden?


    Ich hatte mal einen Freund, der wollte von mir die zehn "besten" Werke der Musik haben, um sich dann mit diesen zu beschäftigen. Ein kluger Kopf und auch sehr ökonomisch! Wäre die Welt nur so einfach, dann wäre meine Musiksammlung deutlich kleiner .....^^


    Also in dem Sinne 'ran an den Antonini!


    BTW Busoni sah schon im Notentext eine Transkription. Also, in leichter Abwandlung und mit mehr Optimismus: Frei ist die Musik! (und keineswegs akademisch!)

  • Ich behaupe, daß die meisten HIP -Interpretationen trojanische Pferde sind, die unter dem Deckmäntelchen HIP (ein Begriff den der unselige Nikolaus Harnoncourt geprägt hat.) klassische Werke an heutigen "Zeitgeist" anpassen wollen - etwa wie das Regietheater die klassische Oper....

    Ich habe einmal eine interessante Diskussion mit Harnoncourt zu dem Thema gesehen. So wie ich ihn verstanden habe, ging es darum musikalische Strukturen offenzulegen, die in der damals üblichen Aufführungspraxis nicht zu hören waren. Ich kann mich noch erinnern, dass er (sinngemäß) sagte: "Ginge es nur darum, Musik historisch korrekt aufzuführen, würde ihn die Sache nicht interessieren". Es ist also eine Gegenbewegung und keineswegs der Versuch, etwas "schmackhaft" zu machen oder an den Zeitgeist anzupassen. Der Zeitgeist scheint durch solche Musiker ja erst definiert worden zu sein ;)


    Es ist ein tieferliegendes musikalisches Interesse im Hintergrund.

  • In gewisser Hinsicht sind Interpretationen, wie jene von Antonini nichts Neues:

    Schon in meiner Jugend gab es - allerdings nicht so ausgeprägt wie heute - und nicht auf so große Projekte angewandt.

    zwei Gegensätzliche Richtungen:


    a) "normale" Interpretationen - so wie man es schon immer gemacht hat.

    Gelobt von den einen als "werktreu" , uneitel und traditionsverbunden -

    Verachtet von den anderen, die diese Lesarten als "Langweilig", "Brav", "profillos" belächelten oder verhöhnten


    b) "individuelle", "mutige", "mitreissende" und "geniale", Aufführungen/Aufnahmen, wo der Interpret, Dirigrnt, oder wer auch immer, sein "Charisma" in die Waagschale wirft,

    Bejubelt von den "Zeitgeistigen", gehasst vin den Traditionalisten...


    Die Vertreter beider Gruppen sind einander schon immer mit Verachtung begegnet......


    Immer wieder werden Werke vom "Staub der Jahrhunderte" befreit, oft auch solche, deren einiger Reiz dieser "Staub" überhaupt ist,


    Kommen wir zurück zu Antonioni: Man kann diese Aufnahmen durchaus kaufen (hab ich ja auch selbst getan)

    Aber man sollte sich dessen bewusst sein, daß man, wenn es die einzige Lesart ist, die man kennt, man Haydns Sinfonie nicht wirklich kennt, allenfalls eine Modifikation davon, Böswillige werden sagen: Parodie.

    Aber auch das ist eine sehr individuelle Sicht der Dinge. Wir haben hier eine Aufnahme vor uns, die IMO "radikal" ist. Und wen das interessiert, der soll sie auch kaufen (beim derzeitigen Preis kein Risiko). Man sollte sich aber Vor Augen halten, daß diese Einspielung als "Einstiegsdroge" IMO ungeeignet ist...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ginge es nur darum, Musik historisch korrekt aufzuführen, würde ihn die Sache nicht interessieren"

    Interessant !

    Viele Interpreten mißinterpretieren ihre Aufgabe;

    Sie sind Sklaven des Publikums und haben dessen Wünsche zu erfüllen


    Es gibt immer eine Ausrede, wenn etwas nicht präsentabel ist.

    Beim Obst ist es beispielsweise so, daß mißratene, wurmstichige und schrumpelige Äpfel als "biologisch" zu überhöhten Preisen angeboten werden - Äpfel, die normalerweise auf dem Komposthaufen entsorgt werden sollten....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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