Salome - Salzburger Festspiele 2018

  • Hallo!


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    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Amfortasisch für Anfänger.
    Mucke: wissen wir
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    Amfortas 08: 08 wissen wir auch nicht
    Ist hier eine geheime Sekte am Werk? Die Frei-Maurer? Die Gefangenen-Maurer? Oder die Schwachsinns-Maurer?


    Warum sind Ameisen nicht in der Kirche?
    Sie sind In-sekten.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich habe das jetzt nicht so verstanden, dass der Pferdekopf den Kopf des Jochanaan darstellen soll. Dieser Kopf liegt ja schon vor dem Befehl zur Hinrichtung auf der Bühne. Er wird aber für Salome zum Symbol. Dass man ihr statt des gewünschten Hauptes den Körper ohne Kopf überbringt, und Salome dann versucht, den Pferdekopf auf Jochanaan's Körper draufzusetzen, entbehrt nicht einer gewissen Komik.
    Zweiter Aufreger war natürlich der fehlende Schleiertanz. Salome sieht man stattdessen minutenlang bewegungslos zusammengekauert auf einem Sockel! Die exstatische Musik von Richard Strauss konterkariert natürlich mit dem Bühnengeschehen, oder nennen wir es besser Bühnenstillstand.
    Dass Herodes von Salome fasziniert ist, ist in dieser Inszenierung nicht nachvollziehbar. Dafür stellt Asmik Grigorian sie zu nüchtern und zu wenig feminin dar. Sie wirkt erstaunlich geschlechtslos. Es ist so, als wollte der Regisseur Strauss' Salome von jeglicher Erotik befreien.


    Stimmlich gefiel mir Grigorian jedenfalls besser als darstellerisch. Die Stimme ist noch frisch und jugendlich genug. Sie hat keine Mühe mit den großen Ausbrüchen, muss nicht forcieren, bietet Klarheit bei den Spitzentönen und verfügt auch über genügend Reserven für das anspruchsvolle Finale. Aber sie singt auch zu kontrolliert, was Leidenschaft vermissen lässt. Aber das vielleicht ganz bewusst. Den Jochanaan sang Gabor Bretz mit zu wenig Nachdruck. Ein Jochanaan muss einen stimmlich fesseln. Dem muss man abnehmen, dass er ein Prophet ist, der die Massen zu faszinieren weiß. Das schafft Bretz vokal nicht. Die Regie gibt ihm ja keine Möglichkeit dazu. Ist er doch zu einer Art schwarzen Vogel gemacht worden, der mit seinen stets kreisenden Armbewegungen die Vermutung nahe legt, dass er jede Minute davonfliegen wolle. Es sind wohl seine eigenen Flügel die er und Herodes im Palast rauschen hören.
    Unbedingt zu erwähnen ist der junge Julian Prégardien der als Narraboth vom ersten Ton an faszinierte. So einen schönstimmigen Narraboth hört man nicht alle Tage.


    Und Opernaufführungen besuchen, tun ja eh nur sehr wenige Taminos.


    Das würde ich nicht sagen. Ich glaube, dass mehr Tamino-Mitglieder als du denkst, Opernaufführungen besuchen. Sie berichten jedoch nicht groß darüber. ;)
    Auch ich habe mich diesbezüglich - aus unterschiedlichen Gründen - davon distanziert. Aber in Opernaufführungen gehe ich natürlich schon.


    Ich habe übrigens zuletzt die neue, eigenwillige Don Giovanni-Inszenierung am Royal Opera House gesehen - mit einer faszinierenden Rachel Willis-Sorensen als Donna Anna. Und dann auch noch Lucia di Lammermoor am Teatro Real in Madrid mit einer überragenden Lisette Oropesa in der Titelrolle.


    Gregor

  • Ich glaube, dass mehr Tamino-Mitglieder als du denkst, Opernaufführungen besuchen. Sie berichten jedoch nicht groß darüber.


    So ist es, lieber Gregor! Nicht, dass es mich in der Woche dreimal in Opernhäuser zieht, aber mit schöner Regelmäßigkeit schon. Inzwischen wieder deutlich mehr als noch vor ein, zwei Jahren. Warum darüber berichten? Im Forum ist die Luft für diejenigen ziemlich dünn geworden, die sich unvoreingenommen und neugierig einer szenischen Deutung nähern. Es gibt eine starke, gar gnadenlose Neigung zur Polarisierung. Da ist Facebook nichts dagegen. In so einem Klima fühle ich mich nicht wohl. Ich hoffe, es geht Dir gut. :hello:

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es gibt eine starke, gar gnadenlose Neigung zur Polarisierung. Da ist Facebook nichts dagegen. In so einem Klima fühle ich mich nicht wohl.


    Lieber Rheingold!


    Dieses Klima wird ja auch vom Besitzer und Betreiber des Forums mit beispielloser Skrupellosigkeit angeheizt. Er glaubt, dadurch mehr Besucher anzulocken und in den Threads, in denen die Polarisierungen ausgefochten werden, mehr Posts zu erhalten.
    Die zweite Erwartung geht offensichtlich auf. Ob die erste aufgeht, bezweifle ich!
    Auf jeden Fall diskreditiert diese "Politik" aber das Forum als Plattform, wie sie in Operus Signatur so hochgestimmt imaginiert wird!


    Ich werde mich unter diesen Bedingungen hüten, in Zukunft über Opernbesuche zu berichten. Allenfalls berichte ich über die Leistung einzelner Dirigenten oder Sänger in den dafür vorgesehenen Threads.
    Insgesamt habe ich mein Engagement ziemlich reduziert. Nur das Spiel mit den Opernrollen macht mir nach wie vor Spaß. Da habe ich übrigens gerade Froh eingestellt und auf Deine Begeisterung für die Stelle im Finale des "Rheingold" Bezug genommen, in der er die Brücke besingt!


    Beste Grüße
    Caruso41


    PS.:
    In der Salome war ich inzwischen! Es hat sich sehr gelohnt. Vor allem wegen Asmik Grigorian, der ja Kesting ( zwei oder drei Tage nach seiner Rezension der Salome in der FAZ) einen eignenen langen Artikel gewidmet hat. Ich habe ihre Karriere schon seit einiger Zeit verfolgt: die Tatjana in der Komischen Oper und die Fedora in Stockholm waren schon außergewöhnlich - diese Saloma aber war einfach atemberaubend. Vielleicht werde ich gelegentlich einen Thread für sie eröffnen. Da werde ich dann auch auf Gregors einschänkende Bemerkungen über ihre Anlage der Partie eingehen!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Zweiter Aufreger war natürlich der fehlende Schleiertanz. Salome sieht man stattdessen minutenlang bewegungslos zusammengekauert auf einem Sockel! Die exstatische Musik von Richard Strauss konterkariert natürlich mit dem Bühnengeschehen, oder nennen wir es besser Bühnenstillstand.


    Da gebe ich dir großteils Recht, wobei man sagen muss, dass die Musik zwar schon ekstatisch ist, gleichzeitig aber nicht „oberflächlich“, sondern durchaus „psychologisch“, wenn man das so einfach sagen will. Richard Specht hat es in seiner Strauss-Biografie von 1920 (zugegeben recht wortreich) so ausgedrückt:


    Von diesem Tanz sind viele enttäuscht. Vor allem jene, die hier eine Ballettmusik erwarten. Aber er ist eine symphonische Dichtung; ist ein Seelengemälde in Tönen, der aufpeitschende und aufgepeitschte Reigen aller argen Begierden und Gedanken, aller Gelüste nach Blut und Wollust, aller Erinnerung an verschmähten Reiz und fluchgetroffene Liebesträume von einem Rhythmus voll lechzender Sinnlichkeit ans Licht gelockt und immer feuriger beflügelt; wild und jagend zuerst, müde und schmachtend dann, zügellos ausartend zum Schluß. Wäre es Strauß hier um das Ethnographische eines billigen Orientalismus zu tun gewesen, so hätte er bloß irgendeinen der Basars für exotische Musik zu plündern brauchen und nachahmen können, was Goldmark in den Tänzen der Königin von Saba oder Felicien David oder Rubinstein in ihren Opernballetten zu höchster Wirksamkeit gebracht hatten: ein paar Triolenwindungen, ein paar drängende Synkopen, erniedrigte Leittöne, übermäßige Quarten und Quinten, ein bißchen Moll-Dur-Farbe, ein Schellenbaum und Zymbeln — das wäre im Ausverkauf leicht zu haben gewesen und der „echt orientalische" Tanz wäre fertig und ein Paradestück der Oper; Arrangement für Klavier zu sechzehn Händen oder für Zither und Flöte in der hochbeliebten Sammlung „Album bekannter Operntänze" unbedingt garantiert. Und was für ein Geschäft wäre das allein gewesen, mit dem Bild der reichlich entblößten Salome-Diva auf dem Umschlag! Der „geldgierige" Strauß hat lieber darauf verzichtet. (…) Nicht auf sie, ja kaum auf den Tanz selbst, sondern auf die dramatische Persönlichkeit kommt es dem Tondichter an: auf die Frau, die ihn tanzt, zerrissen von Leidenschaft, voll betäubender Lust am Wehtun, von grellen Stimmen verwirrter Weiblichkeit durchlärmt, lauernd auf die entnervte Geilheit des Tetrarchen, dem sie das Täuferhaupt abjagen will, voll verzweifelter und hoffnungsloser Selbstpreisgabe. Das will er in seinem Tonbild zeigen. Das Äußere dieses Tanzes der sieben Schleier, die von Salomens gleißend schönem Körper fallen — und von ihrer gleitend argen Seele dazu. Den Rhythmus ihrer Glieder — und den ihrer mörderischen Qual. Das ist Strauß in diesem Stück in beispielloser Intensität gelungen. Es ist dadurch weniger Paradestück der Kurkapellen geworden. Obgleich es in seinem Wurf, seiner sinnlichen Pracht, seinen gleich schweren Priestergeschmeiden glutenden Themen „dankbar" und fesselnd genug ist. Strauß wird es hoffentlich verschmerzen können. Aber ein Paradestück des Musikpsychologen ist es geworden, des Seelenmalers in Tönen. Ein Husarenstreich: wie man mit „tönend bewegten Formen" wortlos alles ausdrückt, was seelisch bewegt und unsagbar ist.


    Dennoch finde ich persönlich die Idee, Salome gar nicht tanzen zu lassen verkehrt, weil ich meine, dass der Tanz rein oberflächlich Herodes gefallen sollte – und die Musik ist es, die, wie Specht auch sagt, mehr verrät, und nicht bloße oberflächliche Begleitmusik ist.


    Specht meinte auch:


    (…) eindringlicher als in Worten, erzählt der Tanz von all den rasenden, begehrenden, vernichtenden, wieder zurückgedrängten und dann doch von gräßlichem Verlangen überschwemmten Gedanken in der Seele Salomens


    Ein schönes Beispiel ist das „Den Kopf des Jochanaan“-Motiv, das schon kurz vor Herodes´ erstem Auftritt das erste Mal zu hören ist, und auch in diesem Tanz ein paar Mal vorkommt, jedoch erst später „entschlüsselt“ wird, wenn Salome diese Worte tatsächlich sagt. Das Motiv im Tanz zeigt aber bereits, welches Ziel sie vor Augen hat, anders kann ich mir nicht erklären, warum während des Tanzes ausgerechnet dieses Motiv auftaucht, und das gleich mehrmals (z.B. Buchstabe A, T. 6-8, oder Buchstabe N, T. 1-3, wo es in verkürzter Form kurz mal aufblitzt).




    Dass Herodes von Salome fasziniert ist, ist in dieser Inszenierung nicht nachvollziehbar. Dafür stellt Asmik Grigorian sie zu nüchtern und zu wenig feminin dar.


    Ich finde nicht, dass man das so verallgemeinernd sagen kann. Die Figur Salome IST in dieser Oper sehr nüchtern, zumindest Herodes gegenüber; er erlebt sie praktisch die ganze Zeit über nur schmollend und genervt irgendwo herumsitzend. Gerade diese abweisende Haltung könnte Herodes´ Jagdtrieb aber umso mehr anstacheln, vielleicht ist gerade das für ihn das faszinierende.
    Was „feminin“ ist ist natürlich Geschmackssache, aber faszinierend kann auch ein vergleichsweise burschikoser Typ sein, speziell dann, wenn er sich vielleicht von der Mutter abhebt. (Ich weiß nicht, wie Herodias hier in dieser Inszenierung dargestellt wurde, aber Herodes sucht ja offenbar immer Abwechslung)




    Sie wirkt erstaunlich geschlechtslos. Es ist so, als wollte der Regisseur Strauss' Salome von jeglicher Erotik befreien.


    Da ist halt auch die Frage, wie der Zuschauer Erotik für sich definiert.




    Stimmlich gefiel mir Grigorian jedenfalls besser als darstellerisch. Die Stimme ist noch frisch und jugendlich genug. Sie hat keine Mühe mit den großen Ausbrüchen, muss nicht forcieren, bietet Klarheit bei den Spitzentönen und verfügt auch über genügend Reserven für das anspruchsvolle Finale.


    Das ist mir auch positiv aufgefallen, als ich den Schlussgesang gehört habe. Kein Kreischen, auch in den hohen Lagen wurde noch gesungen.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Die gesendete Salome-Vorstellung fand ich überwältigend. Die Darsteller von Salome, Jochanaan und Narraboth sangen sensationell gut. Was szenisch geboten wurde, war hochinteressant und spannend, aber - so faszinierend es auch war - im wörtlichen Sinne einmalig, sprich: so etwas möchte ich nur einmal erleben. Oder wer kann sich vorstellen, sich das öfter anzuschauen? Aber das sind eben Festspiele.
    Für ein Opernhaus, in dem die Produktion dann regelmäßig gezeigt wird, fände ich so eine Inszenierung weniger geeignet - aber darum geht es hier ja nicht. Da wäre etwa die schöne Inszenierung in London (David McVicar) geeigneter. In die würde ich immer wieder mal gehen.
    Als Fernsehzuschauer hätte ich mir etwas mehr Überblick gewünscht und nicht immer nur die aufgezwungenen Kameraausschnitte. Da ist das Dabeisein vor Ort natürlich unersetzlich. Der Normalsterbliche kann leider nicht immer überall dabei sein.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ich habe leider nur den Schluss der Salomé gesehen. Ich war von der Sängerin und dem Orchester sehr angetan. Der sitzende Körper Jochanaans und der Pferdekopf waren eher lächerlich (vom Erhabenen zum....). Ich habe es einfach ausgeblendet!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Der über Strauss, Richard, nicht so bewanderte musikwanderer hat sich diese Festspiel-Inszenierung angesehen und war vom Gesang und von dem, was aus dem Orchester kam, sehr angetan. Was die Regiearbeit und die Alltagsbekleidung der handelnden Personen angeht, konnte er es - und kann es noch immer nicht - nicht fassen!
    Warum die Bemalung der Gesichter? Bei den momentanen Temperaturen muss doch mit 'Abschmelzung' gerechnet werden.
    Warum kein Schleiertanz? Diese Salome hat das Zeug dazu, den auch mit Bravour abgeleistet zu haben.
    Was hat das arme Pferd in dem Zisternenloch zu suchen? Tierschützer auf den Plan!
    Der abgetrennte Pferdekopf? ;(
    Inszenatorisch gefiel es mir überhaupt nicht. Ein Dummerjungenstreich?


    ?(

    .


    MUSIKWANDERER

  • Die "Salome" habe ich mir nicht angetan.
    Aber danach kam eine Sendung von etwa einer Stunde über Richard Stauss, die ich mir angesehen hatte.
    Seine Nachfahren, sowie Brigitte Fassbänder und Inge Borkh erzählten über Stationen aus dem Leben und Wirken des Komponisten.
    Ein Bericht - sehr einfühlsam hochinteressant und wissenswert vermittelt.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Musikalisch eine der besten Salomes, die ich je gesehen habe. Die Salome war phänomenal.
    Leider ist es aus der Mode gekommen, faule Tomaten und Eier für das Theater aufzuheben. Das Regieteam hätte sie verdient. Ich habe mir die ganze Oper nicht antun können, die Wut hat mich gepackt, zeitweise habe ich den Umstellknopf genutzt, aber den Schluß mußte ich erleben. Zwischen kotzübel und begeistert habe ich den Fenseher danach ausgemacht.
    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich habe, weil ich schon wusste, was mich da erwartet, den Abend anders verplant. Kurz vor Schluss habe ich einschaltet. Zwar gefiel mir die Sängerin der Salomé sowohl in Stimme und Darstellung. Als ich aber die ekelhafte "Kriegsbemalung" der übrigen Figuren und das blöde Drumherum einschließlich Jochanaan ohne Kopf, dafür das Spielchen mit dem Pferdekopf, gesehen habe, war ich glücklich, nicht den Abend mit diesem Schwachsinn verplempert zu haben. Von der Inszenierung her eine Salomé zum Abgewöhnen. Wenn ich dran denke, dass sich mir fast zwei Stunden lang der Magen vor Übelkeit herum gedreht hätte ..... In welchen Köpfen mag so etwas nur entstehen??
    Mit solchen Übertragungen werden die Fernsehsender wohl die meisten Opernfreunde vergraulen. Vielleicht zielt das auch dahin, Opernübertragungen im Fernsehen ganz zu streichen, weil die Einschaltquote auf diese Weise immer mehr verringert wird. Einen Opernneuling wird man damit wohl nicht locken können, es sei denn, er ist ein Sadist.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Nun reichts. Ich will kein Pferd anstelle von Jochanaan. Da rettet bei mir auch die grandiose Musik und auch keine gesanglich noch so gute Salome den Abend. Ich werde das weder ansehen noch aufnehmen. So etwas will ich einfach nicht sehen!! Und ich werde darüber auch nicht diskutieren.


    Musikalisch eine der besten Salomes, die ich je gesehen habe. Die Salome war phänomenal. Leider ist es aus der Mode gekommen, faule Tomaten und Eier für das Theater aufzuheben. Das Regieteam hätte sie verdient. Ich habe mir die ganze Oper nicht antun können, die Wut hat mich gepackt, zeitweise habe ich den Umstellknopf genutzt, aber den Schluß mußte ich erleben. Zwischen kotzübel und begeistert habe ich den Fenseher danach ausgemacht.


    Das ist jetzt nicht wirklich konsequent, oder?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich habe, weil ich schon wusste, was mich da erwartet, den Abend anders verplant. Kurz vor Schluss habe ich einschaltet. Zwar gefiel mir die Sängerin der Salomé sowohl in Stimme und Darstellung. Als ich aber die ekelhafte "Kriegsbemalung" der übrigen Figuren und das blöde Drumherum einschließlich Jochanaan ohne Kopf, dafür das Spielchen mit dem Pferdekopf, gesehen habe, war ich glücklich, nicht den Abend mit diesem Schwachsinn verplempert zu haben. Von der Inszenierung her eine Salomé zum Abgewöhnen. Wenn ich dran denke, dass sich mir fast zwei Stunden lang der Magen vor Übelkeit herum gedreht hätte ..... In welchen Köpfen mag so etwas nur entstehen??
    Mit solchen Übertragungen werden die Fernsehsender wohl die meisten Opernfreunde vergraulen. Vielleicht zielt das auch dahin, Opernübertragungen im Fernsehen ganz zu streichen, weil die Einschaltquote auf diese Weise immer mehr verringert wird. Einen Opernneuling wird man damit wohl nicht locken können, es sei denn, er ist ein Sadist.


    Liebe Grüße
    Gerhard


    Lieber Gerhard,
    ich finde die szenischen Gegebenheiten so seltsam wie du sie findest. Mir muss das aber nicht prinzipiell die Stimmung vermiesen. Vor allem, wenn der gebotene Stoff ohnehin schon vom Original her "krank" ist (da lasse ich mir viel gefallen) und wenn erstklassig musiziert wird. Ich war immer mehr von dieser Aufführung gefesselt und bin froh, mir das gegeben zu haben. "Einschaltquoten" oder "Lockmittel für Opernneulinge" werden als Rechtfertigung für eine Übertragung einer Hochkulturproduktion im öffentlichen Rundfunk hoffentlich noch eine Zeit lang zweitrangig bleiben, aber ich hoffe, dass sich möglichst viele Opernneulinge der Sendung hingegeben haben. Die, die sich wirklich von Anfang bis Ende darauf eingelassen haben und sich konzentriert haben, werden sicher beeindruckt gewesen sein.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Grandioses Rollenportrait von Asmik Grigorian, da wäre ich gerne dabei gewesen. Auch wenn mir die Inszenierung genauso fremd bleibt, wie anderen hier. Hätte ich aber ausgeblendet, um diese tolle Sängerdarstellerin zu erleben, deren Mimik auch in den vielen close-ups immer überaus eindrucksvoll war. Ein musikalisch großer Abend in m.E. nicht festspielwürdigem Rahmen.

  • Ein musikalisch großer Abend in m.E. nicht festspielwürdigem Rahmen.


    Mich würde interessieren, was du mit "nicht festspielwürdigem Rahmen" meinst. Meinst du die Felsenreitschule?

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Wenn wir hier doch recht einhellig und vollkommen zu Recht nicht nur die sängerische, sondern auch die darstellerische Leistung Frau Grigorians als Salome und auch der anderen Beteiligten hervorheben, wäre es vielleicht bedenkenswert, dass es einer guten Regie bedarf, hierfür überhaupt erst die Räume und Möglichkeiten zu bieten und eine entsprechende Personenregie zu liefern. - Sicher neben den eindruckvollen, symbolbehafteten und assoziativen Bildern dieser Inszenierung ein (Mit-)Verdienst Romeo Castelluccis.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Das ist jetzt nicht wirklich konsequent, oder?


    Ich wollte einfach nur mitreden können. Und nur anhand der Kritiken zu urteilen, das habt ihr mir ja beigebracht, das ist nix. Nun hab ich ca. 60 min Salome geguckt und es war auch wieder nicht richtig?
    Ich habe ja geschrieben, daß es musikalisch (und im Gegensatz zur Meinung einiger auch von der Salome darstellerisch) eine meiner besten Salomes war. Genauso muß ich jetzt sagen, daß es szenisch die mit Abstand mieseste Salome war, die mir bisher untergekommen ist. Da bei mir oft das szenische mindestens gleichberechtigt neben der musikalischen Leistung steht, bleibt insgesamt der Gedanke, daß ich mir die gesehene Stunde auch hätte ersparen können, ein nachhaltiger Eindruck blieb mir versagt. Ich werde in den nächsten Tagen die DVD mit Teresa Stratas einlegen und einfach das genießen, was mich in Salzburg angewidert und abgestoßen hat.


    Mich würde nur interessieren, was die Befürworter der Inszenierung so toll fanden. Den fehlenden Tanz, den Pferdekopf, die blöd unten bemalten Fratzen, die ins heute transformierten Klamotten, der Torso auf dem Stuhl, der lächerliche Pool usw. Nee, diese Welt will ich nicht verstehen. Das war nicht Salome von Wilde und Strauss, das war Parmesankäse in Ketchup mit Musikuntermalung.
    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Sicher neben den eindruckvollen, symbolbehafteten und assoziativen Bildern dieser Inszenierung


    Lieber Michael,
    davon habe ich wenig gesehen. Wie deutest Du denn das assoziative Bild Jochanaan - Pferd. Mir fällt dazu nicht anderes ein, als dass viele pubertierende Mädchen ihre noch unfokussierten Sehnsüchte gerne auf dem Rücken von Pferden abarbeiten ??? Ansonsten habe ich vieles aus der RT-Toolbox gesehen, das mir ziemlich beliebig erschien. Immer wieder diese alter ego Figuren (die junge Salome), das gab es doch schon zigmal. Die Boxkämpfer ??? Die halbbemalten Gesichter ??? Also mich hat da wenig beeindruckt. Und mit der tollen Felsenreitschulkulisse hätte man doch viel mehr machen können.
    :hello:
    lutgra

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  • Ich wollte einfach nur mitreden können. Und nur anhand der Kritiken zu urteilen, das habt ihr mir ja beigebracht, das ist nix. Nun hab ich ca. 60 min Salome geguckt und es war auch wieder nicht richtig?

    Natürlich kannst Du im Prinzip tun und lassen, was Du willst. Trotzdem, Du warst hier vor zwei einer der Ersten, die durchaus vehement und ernstzunehmend kundgetan haben, sich diese Salome anschauen, noch darüber diskutieren zu wollen, und da finde 60 gesehene Minuten eben nicht sehr konsequent.


    Mich würde nur interessieren, was die Befürworter der Inszenierung so toll fanden. Den fehlenden Tanz, den Pferdekopf, die blöd unten bemalten Fratzen, die ins heute transformierten Klamotten, der Torso auf dem Stuhl, der lächerliche Pool usw. Nee, diese Welt will ich nicht verstehen. Das war nicht Salome von Wilde und Strauss, das war Parmesankäse in Ketchup mit Musikuntermalung.

    Warum sollte sich jetzt jemand - ob Befürworter oder Gegner - versuchen, Dir etwas zu erklären, was Du ja ganz ausdrücklich nicht verstehen willst?


    Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ich möchte in beiden Punkten überhaupt nicht ironisch erscheinen. Mir scheint Deine Haltung einfach nur sehr widersprüchlich.

    mfG Michael


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  • Ich lehne mich jetzt weit aus dem Fenster, aber ich behaupte kühn, dass niemand diese "Inszenierung" verstanden hat. (Ich zumindest gestehe offen, dass ich dafür zu dumm bin!) Wie ich gelesen habe, hat Castellucci im Programmheft viele Erläuterungen (bis auf Heidegger zurückgehend) gegeben, aber eine Inszenierung, die nicht aus sich selbst erklärbar ist, ist doch verfehlt.
    Was bleibt? Eine umwerfende Grigorian und eine weitgehend packende musikalische Gestaltung.
    Der Rest ist Schweigen!

  • Hallo lutgra,


    davon habe ich wenig gesehen. Wie deutest Du denn das assoziative Bild Jochanaan - Pferd. Mir fällt dazu nicht anderes ein, als dass viele pubertierende Mädchen ihre noch unfokussierten Sehnsüchte gerne auf dem Rücken von Pferden abarbeiten ??? Ansonsten habe ich vieles aus der RT-Toolbox gesehen, das mir ziemlich beliebig erschien. Immer wieder diese alter ego Figuren (die junge Salome), das gab es doch schon zigmal. Die Boxkämpfer ??? Die halbbemalten Gesichter ??? Also mich hat da wenig beeindruckt. Und mit der tollen Felsenreitschulkulisse hätte man doch viel mehr machen können.

    ich hatte mit die Salzburger Salome erst heute morgen aus der Mediathek heruntergeladen und angeschaut und natürlich kann ich diese Inszenierung nicht für Dich entschlüsseln, wenn ich sie kaum für mich selber entschlüsseln kann. Trotzdem kann ich vielleicht einige Gedanken beitragen:

    • Castellucci ist offenbar ein Regisseur, der in seinen Inszenierungen keine eigene Geschichte hinter oder vor der eigentlichen Opernhandlung erzählen will. Ein Vorwurf übrigens, der dem sog. Regietheater ja gerne gemacht wird und in der Umkehrung vielelicht bedeuten würde, dass es sich bei dieser Salome eben gerade nicht um eine Regietheater-Arbeit handelt.
    • Dein Einwurf bzgl. pubertierender Mädchen, ihrere Sehnsüchte und der Projektion derseleben auf Pferde ist vielleicht garnicht weit hergeholt. Immerhin dürfte die Prinzessin Salome nicht viel älter als 16 Jahre alt sein, wenn überhaupt so alt. Und sie ist vermutlich tatsächlich auf der Suche nach Verständnis und Liebe, was sie weder in ihrer Umgebung, noch bei ihrer Mutter und schon garnicht bei ihrem Stiefvater zu finden vermag.
    • Der Schriftzug im Hintergrund dürfte - ich bin leider kein Altsprachler - Ich bin! geheißen haben; hier taucht ja auch kurz eine Fahne entsprechenden Inhaltes auf. Wir kenne alle das Ich bin der Anfang und das Ende, ich bin das Alpha und das Omega. und am Schluß bleibt nur das kleine Omega hängen.
    • Salome tanzt nicht, d.h. genaugenommen tanzt sie die ganze Zeit in fließenden Bewegungen und eleganten Verenkungen, nur eben im alles entscheidenden Moment nicht. Hier scheint sie zwischen zwei Felsen (lat. Saxa) zerrieben zu werden.
    • Was die Doppelung betrifft, so empfinde ich diese etwa im Vergleich zu Inszenierungen Claus Guths sehr dezent und nicht störend.
    • Zu den Masken fällt natürlich auf, dass Salome nicht so geschminkt ist und Herodias anders als die anderen, nämlich grün. Auch ist nur jeweils die Mundpartie geschmickt, der Mund, der soviel böses und falsches ausspricht, aber auch der Mund, der küsst und geküsst sein will.
    • Herodes kommt sein Ring abhanden, der steht als zerbrochener Ring an der rückwärtigen Wand.
    • Ein toter Hauptmann steht in dem Moment wieder auf, als davon gesungen wird, dass Jesus Tote wieder auferweckt hat.

    usw. usf.


    Ich glaube schon, dass es in dieser Iszenierung viel zu entdecken gibt und leider, wie oben jemand schrieb, ist man in diesem Fall auf die jeweilige Kameraperspektive beschränkt. Ein Rätsel eigentlich, warum man später für entsprechende DVD-Produktionen nicht viel mehr z.B. die technischen Möglichkeiten verschiedener auswählbarer Perspektiven nutzt. Ob nun die angebotenen Bilder die Handlung unterstützen, deuten, erklären, erhellen oder erweitern, muss schlussendlich jeder für sich entscheiden. Und vielleicht mögen sich ja einige hier noch weiter auf dieses Assoziations-Spiel einlassen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich lehne mich jetzt weit aus dem Fenster, aber ich behaupte kühn, dass niemand diese "Inszenierung" verstanden hat. (Ich zumindest gestehe offen, dass ich dafür zu dumm bin!) Wie ich gelesen habe, hat Castellucci im Programmheft viele Erläuterungen (bis auf Heidegger zurückgehend) gegeben, aber eine Inszenierung, die nicht aus sich selbst erklärbar ist, ist doch verfehlt.

    Wenn es sich denn wirklich um eine Inszenierung im üblichen Sinne handelt; insofern sind die von Dir verwendeten Gänsefüßchen vielleicht ganz richtig. Vielmehr fühlte ich mich zwischenzeitlich dabei ertappt, abstrakte Bilder zu betrachten (Dali?). Insofern handelt es sich bei dieser Arbeit und anderen Arbeiten Castelluccis m.E. weniger um Inszenierungen und schon garnicht um Regietheater, sondern eher um eben abstrakte Kunst (die so abstrakt vielleicht auch wieder nicht ist). Und er erreicht damit in meinen Augen deutlich mehr, als wenn man Georg Baselitz (Parsifal, München) oder Rauch/Loy (Lohengrin, Bayreuth) als Bühnenbildner engaiert. Wobei ich finde, dass die Arbeit von Neo Rauch und Rosa Loy in Bayreuth trotzdem durchaus gelungen ist und sehr deutlich vor Baselitz Parsifal-Bebilderung liegt.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.