Emil Grigorjewitsch Gilels

  • Noch ein sehr eindrucksvolles Gilels-Zeugnis, das zeigt, über welche "Urkräfte" und zugleich höchste Sensibilität und größten Formsinn er verfügte: Prokofieffs 3. Klaviersonate, aufgenommen in London 1969:



    Schöne Grüße
    Holger


  • Auszug aus dem Booklet (bei jpc zu lesen):


    "Im Juni 2017 sollte ich in Moskau auftreten, als ich Kirill Gilels – den Enkel des berühmten Pianisten Emil Gilels – kennenlernte. Er hörte sich an, was unser Phoenix Mastering Restaurationsprozess leisten kann und traf die Entscheidung, uns die Ergebnisse mehrjähriger Forschungsarbeiten anzuvertrauen: Er gab uns eine Liste mit Daten und Orten der bisher unveröffentlichten Aufnahmen seines Großvaters.


    In Berlin, Moskau und Sankt Petersburg stießen wir auf eine Fundgrube, die sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Beständigkeit von Emil Gilels’ Spiel beeindruckt. Wir wussten, dass er einer der größten Musiker des 20. Jahrhunderts war.
    Es war Amsterdam, wo es uns dank der unermüdlichen Bemühungen von Piet Tullenaar endlich gelungen ist, fünf Aufnahmen von Aufführungen zu extrahieren, die Gilels zwischen 1975 und 1980 im Concertgebouw gegeben hatte – Aufnahmen, die in Vergessenheit geraten waren. Uns wurde ein Studio zugeteilt, in dem wir uns die Bänder nacheinander anhörten. Dort saßen Piet Tullenaar, Michel Navarra und ich. Wir haben kein Wort gesagt, wir waren von der Schönheit des Gehörten überwältigt. (F. D’Oria-Nikolaus)"


    Dass ich daran nicht vorbei gehen kann, ist klar... :)


    Schöne Grüße
    Holger


  • Ich habe gerade die Horbeispiele gehört. Das ist ja schlicht sensationell. Das Andante aus der Sonate Nr. 25 und der Schlusssatz aus der Sonate Nr. 27 klingen wie von einem anderen Stern. Da kann man wirklich nicht dran vorbeigehen. Ich habe die Box auch sofort notiert.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe gerade die Horbeispiele gehört. Das ist ja schlicht sensationell. Das Andante aus der Sonate Nr. 25 und der Schlusssatz aus der Sonate Nr. 27 klingen wie von einem anderen Stern.

    Genau, lieber Willi! "Wie von einem anderen Stern" - so klang der 2. Satz von op. 90, der Ausklang von Gilels letztem Solo-Klavierabend in der Düsseldorfer Tonhalle, den ich zum Glück miterleben durfte. Das war so himmlisch, dass jede Zugabe (die der Meister verweigerte!) ein Fall vom Himmel auf die Erde gewesen wäre! :)


    Herzlich grüßend
    Holger

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  • Danke für den Hinweis, das ist ein atemberaubende Veröffentlichung! Leider aber nur als CD-Box und nicht als Download :-(


    Viele Grüße
    Christian

  • Hallo,


    Zitat

    Eine wunderbare Aufnahme von Gilels, gespielt mit "russischer Seele"...


    darüber gab es ja eine kleine Diskussion, was darunter zu verstehen ist bzw. ob es so etwas überhaupt gibt.


    Die recht unterschiedlichen Spielweisen von S.Richter und Gilels, beide russischer Herkunft, helfen auf den ersten Blick nicht weiter.


    Andererseits ist ja bekannt, daß das russische Volk eine allgemein recht ausgeprägte Neigung/Liebe zur Musik hat.


    Diese tiefe Verehrung und Begeisterung, die einem natürlichen Empfinden entspringt, verbinde ich mit dem Begriff "russische Seele".


    Der Zuhörer erkennt, daß ohne auf technische Fertigkeit zu verzichten, die Interpretation aus dem Bauch heraus und im Moment entsteht.


    Das Gegenteil wäre für mich ein seelenloses, nichtssagendes Herunterspielen auf hohem handwerklichen Niveau.


    Es grüßt


    Karl

  • So sehr ich die bekannte Gilels-Aufnahme der Brahms-Konzerte mit Eugen Jochum und den Berliner Philharmonikern schätze (sie wurde hier bereits lobend genannt), noch prägnanter, nicht ganz so bedeutungsschwer ist die folgende Studio-Aufnahme, die ich leider nicht auf Standard-Format bekomme:



    Emil Gilels (Klavier), Chicago Symphony Orchestra, Dirigent: Fritz Reiner (Aufnahme: Chicago Music Hall, 1958, STEREO). Nicht nur wegen des Pianisten, sondern auch wegen Reiners überragendem Dirigat unverzichtbar.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • In dieser sehr empfehlenswerten Box:



    ist diese CD auch enthalten.


    Lieb e Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Ich bin dabei, so langsam mich durch die Gilels-Aufnahmen aus dem Concertgebouw durchzuhören. Das ist wirklich beeindruckend. Und man erlebt dann doch Überraschungen, obwohl man etliche andere Mitschnitte von ihm kennt. So z.B. die Schumann-Arabeske. Er spielt sie mit einer für ihn ungewohnten improvisatorischen Freiheit. Toll auch "Jeux d´eau" von Ravel, was er mit einer französischen clarté spielt ohne jede Romantisierung.


    Schöne Grüße
    Holger


  • Gilels´ späte Aufnahmen sind deshalb von Bedeutung, weil sie seinen Spätstil dokumentieren: die Langsamkeit einer tiefen Versenkung in die Schönheiten der Musik. Dieser Mitschnitt, den ich heute erhielt, ist aber nur zum Teil eine Erstveröffentlichung. Das Programm ist zu mehr als der Hälfte die Doppelung einer ebenfalls von Melodya herausgegebenen älteren Veröffentlichung:



    Die Doppelung betrifft den Schumann aus Tokyo und Yokohama. Erstveröffentlichungen auf der neuen CD sind die beiden Mendelssohn-Stücke, die Gilels als Zugaben in Tokyo spielte, sowie von Brahms die 7 Fantasien op. 116 aus Tokyo - die ältere CD enthält die Paganini-Variationen aus demselben Konzert.


    Die Anschaffung lohnt sich aber auf jeden Fall! Die getragene Schönheit bei Mendelssohns "Lied ohne Worte" ist tief berührend und einmaliger Gilels. Dazu kommt die Aufnahmetechnik: Bei der älteren Ausgabe wurde der Rauschteppich herausgefiltert und entsprechend fehlt der Hochtonglanz und die Offenheit des Klangs, welche die Lebendigkeit der Konzertatmosphäre vermittelt. :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Eine der großartigsten Aufnahmen dieses bedeutenden Pianisten ist diese hier:


    LISZT: Sonate h-Moll / SCHUBERT: Sonate D-Dur D. 850
    Aufnahme: 1960 (Schubert), 1964 (Liszt).
    Für nicht wenige Kenner gilt die Liszt-Aufnahme als pianistisches "Non-plus-ultra". So schreibt z.B. Matthias Kornemann in "Rondo": ".... Gilels stürmt mit seinem Riesenton durch die virtuosen Aufgaben, stellt ein ungebrochen glanzvolles 'Grandioso'-Thema auf, vertraut einfach Liszts siegessicher auftrumpfender Tonsprache. Wenn Gilels sich in die Rezitative oder das 'Andante sostenuto' versenkt, kann er fast schwelgerisch aufblättern, wie wandelbar sein Ton ist, wenn er leise spielt." Klanglich wurden die Aufnahmen übrigens bestens aufgefrischt.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Für nicht wenige Kenner gilt die Liszt-Aufnahme als pianistisches "Non-plus-ultra".


    Nachtrag zu meinem gestrigen Beitrag: Wie ich soeben sehe, ist diese großartige CD auch in der Gilels-Box von RCA enthalten, die Willi in Beitrag Nr. 69 abgebildet hat.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Für nicht wenige Kenner gilt die Liszt-Aufnahme als pianistisches "Non-plus-ultra".

    Bei Gilels empfiehlt es sich, lieber Nemorino, seine Konzertmitschnitte hinzuzunehmen. Im Konzert ist Gilels ganz anders als im Studio. In der in Beitrag 70 abgebildeten Box mit Mitschnitten aus dem Concertgebouw Amsterdam ist auch die Liszt-Sonate dabei. Habe ich aber noch nicht gehört.


    Lazar Berman erzählt die witzige Anekdote, wo sie in einem Gilels-Konzert saßen und der Meister bei der Fuge der Liszt-Sonate eine Gedächtnislücke hatte. Er musste drei Anläufe nehmen, bis er durchkam. Nach dem Konzert im Künstlerzimmer lobten sie ihn alle für die Interpretation, aber Gilels wusste natürlich, was ihm passiert war. Also fragte er scherzend: "Wie hat Euch meine dreifache Fuge gefallen?" :D


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Bei Gilels empfiehlt es sich, lieber Nemorino, seine Konzertmitschnitte hinzuzunehmen. Im Konzert ist Gilels ganz anders als im Studio. In der in Beitrag 70 abgebildeten Box mit Mitschnitten aus dem Concertgebouw Amsterdam ist auch die Liszt-Sonate dabei.


    Lieber Holger,


    vielen Dank für Deinen Hinweis! Immer wieder hört man, daß Gilels in seinen Konzerten wesentlich freier ist und oftmals seine Studioaufnahmen dort in den Schatten stellt.


    Mein persönliches Problem ist, daß ich im allgemeinen um Live-Mitschnitte einen Bogen mache, wegen der unvermeidlichen Nebengeräusche und auch den sonstigen technischen Unwägbarkeiten. Das hat sich zwar in den letzten Jahren deutlich gebessert, aber Mitschnitte aus den 1960/70er Jahre sind oftmals Husten- und Schneuzkonzerte, die mir die Freude an der Musik ziemlich trüben.
    Ich kenne (von Besprechungen her) die Gilels-Mitschnitte der Liszt-Sonate vom Oktober 1961 aus Moskau und von den Salzburger Festspielen 1970. Beide werden von der Kritik hochgelobt und der von mir präferierten Studio-Aufnahme von 1964 vorgezogen. So nennt ein Kritiker den 1961er Mitschnitt ein "wahres Psychodrama; Gilels spiele "wie ein Vulkan, mit ungeheurer Wucht und Präzision", und zu seiner Version aus Salzburg (ORFEO) spricht man von der "immensen gestalterischen Kraft" des Pianisten, der im Prestissimo "alle Dämme brechen läßt". Daß es einen weiteren Mitschnitt aus dem Amsterdamer Concertgebouw gibt, war mir bisher nicht bekannt. Ich bin gespannt auf Deine Eindrücke! Vielleicht lasse ich mich doch einmal zum Kauf eines Mitschnitts hinreißen.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Daß es einen weiteren Mitschnitt aus dem Amsterdamer Concertgebouw gibt, war mir bisher nicht bekannt. Ich bin gespannt auf Deine Eindrücke! Vielleicht lasse ich mich doch einmal zum Kauf eines Mitschnitts hinreißen.

    Das lohnt sich auf jeden Fall, lieber Nemorino. Die Aufnahmequalität ist wirklich hervorragend, was bei Gilels-Mitschnitten ja leider nicht immer der Fall ist. Ich habe sonst einige Mitschnitte von ihm (1949, 1961, 1968) - den aus Salzburg habe ich nicht, aber dafür einen aus Aix en Provence vom 20.7.1966 - kostet heute 140 Euro! :D


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    Schöne Grüße
    Holger


  • LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)