Erneut großartiger, beglückender Opernabend - "Rigoletto" in Liberec /Reichenberg

  • Willkommen im Klub "Freunde der ital. Oper"


    In zwei Wochen beginnen im Opernhaus Liberec /Reichenberg die Theaterferien und so waren wir vorgestern nach einem 3/4 Jahr
    nochmal zu "Rigoletto", bevor die lange Pause bis zur neuen Spielzeit beginnt.
    Ich habe ja in mehreren Beiträgen schon ausführlich berichtet und kann mich somit kurz fassen und auf das musikalisch Wesentliche beschränken:
    Chor und Orchester, wie gewohnt, hervorragend den Verdi - Klang treffend.
    Die drei Hauptsolisten waren dieselben, wie zur Premiere vor gut einem Jahr.
    Vanda Sipova war wieder eine großartige Gilda, die vor allem auch bei ihrer Arie "Caro nome..." mit sicheren Koloraturen glänzte und dafür lang anhaltenden Szenenapplaus erhielt.
    Andrij Shkurhan als Rigoletto überzeugte stimmlich und darstellerisch mit glaubhaften und passenden Gefühlsausbrüchen. Richtig gut die Szene "Si, vendetta..."
    Den Duca gab Ales Briscein a. G. von der Staatsoper /Nationaltheater Prag. Er brillierte mit tenoralem Glanz, sicher in allen Höhen. Seine Arie "Parmi, veder le lagrime..."
    gelang ihm besonders gut, für die er viel Beifall mit Bravo - Rufen bekam. Aber ich will nicht unerwähnt lassen, es passierten ihm auch zwei ziemliche Schnitzer:
    Sowohl im Duett "E il sol dell´anima", wie auch im Quartett " Bella figlia..." hatte er je zwei kurze Aussetzer, verpaßte seinen Einsatz, verhaspelte sich im Text,
    der dann kurz mehr Kauderwelsch als italienisch war. Ich erwähne das nicht als Kritik, denn das tat seiner Gesamtleistung keinen Abbruch, zumal das wohl auch die
    Wenigsten mitbekommen haben werden. Sondern das mitzuerleben ist auch mal interessant und gut, zeigt es doch, daß da trotz aller Erfahrung und Routine,
    Menschen auf der Bühne stehen, denen wie jedem anderen auch mal ein Fehler passieren kann und das wiederum macht das Ganze auch sympathisch und akzeptabel.
    Auch die "kleineren Rollen", wie Maddalena, Marullo und als Sparafucile (hier wieder mit dem großartigen Pavel Vancura), waren hervorragend besetzt.



    Das Haus war gut besucht, auch von vielen jüngeren Zuschauern, es gab viel Szenenbeifall und am Schluß wurden alle zurecht mit viel Beifall und Bravo - Rufen gefeiert.
    Unter´m Strich - alles in allem wieder ein beglückender Opernabend für Freunde und Liebhaber einer traditionellen Aufführung mit werkgetreuem Bühnenbild und Kostümen - allerdings nichts für diejenigen, die einen modernen, neuzeitlichen Klamauk bevorzugen, bzw. erwarten.
    (Und bevor mich M. Schenk oder ein anderer für meinen letzten Satz wieder kritisieren, will ich vorgreifen - er ist bewußt und beabsichtigt von mir so formuliert).


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • allerdings nichts für diejenigen, die einen modernen, neuzeitlichen Klamauk bevorzugen, bzw. erwarten.
    (Und bevor mich M. Schenk oder ein anderer für meinen letzten Satz wieder kritisieren, will ich vorgreifen - er ist bewußt und beabsichtigt von mir so formuliert).

    Schön und durchaus erfreulich, dass du dir eine beglückende Opernaufführung reinziehn konntest !


    Danke für dein Feedback.


    Allerdings kommen dabei höchst schlichte Allgemeinplätze bzw. stammtisch-selige Klassifizierungen wie „nichts für diejenigen, die einen modernen, neuzeitlichen Klamauk bevorzugen“ keinesfalls plausibler rüber, bloß weil sie "absichtlich" bzw. "bewusst formuliert" wurden.

  • (Und bevor mich M. Schenk oder ein anderer für meinen letzten Satz wieder kritisieren, will ich vorgreifen - er ist bewußt und beabsichtigt von mir so formuliert).

    Zuviel der "Ehre" ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Unter´m Strich - alles in allem wieder ein beglückender Opernabend für Freunde und Liebhaber einer traditionellen Aufführung mit werkgetreuem Bühnenbild und Kostümen - allerdings nichts für diejenigen, die einen modernen, neuzeitlichen Klamauk bevorzugen, bzw. erwarten.

    Die Hervorhebung ist natürlich von mir. Aber das, was Du mit dem Ausdruck Klamauk belegst, bringt mich auf eine Spruch eines seinerzeit berühmten Görlitzers, heute vielleicht nur noch wenigen bekannt: Werner Finck (1902-1978):


    Früher genügte es, mit einem winzigen Hämmerchen an ein winziges Glöckchen zu tippen - schon übertrug es sich wie Sturmläuten auf das ganze Land. Heute muss man mit einem Mordshammer auf eine Mordsglocke hauen - und das Publikum fragt: "Hat da jemand geläutet?"


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Lieber Chrissy,
    danke für den Bericht aus Liberec. Er liegt im Tenor auf der Linie der vorigen Besprechungen. Du entwickelst Dich immer mehr zum beachtenswerten Bericherstatter. Chapeau! Bitte lasse uns weiterhin an Deinen Erlebnissen in der Reichenberger-Oper teilhaben und uns von den erstaunlichen guten Aufführungen dieser Bühne hören. Nach diesem positiven Bericht schreibst Du wieder bewußt einen Satz, der als Brandbeschleuniger zum Widerspruch direkt herausfordert, der auch prompt kommt. Du solltest wieder einmal Beethoven 9. mit den Worten "Freunde nicht diese Töne" hören und berücksichtigen!

    In Herzlichkeit und Verbundenheit :hello:

    Dein Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Zitat von Musikwanderer (nach Werner Finck): Früher genügte es, mit einem winzigen Hämmerchen an ein winziges Glöckchen zu tippen - schon übertrug es sich wie Sturmläuten auf das ganze Land. Heute muss man mit einem Mordshammer auf eine Mordsglocke hauen - und das Publikum fragt: "Hat da jemand geläutet?"

    Lieber Musikwanderer,


    wieder einmal ein treffendes Zitat, was auf das, was uns modische Regisseure in ihrem Zeitgeistwahn bieten und was einige sich für modern haltende Zuschauer für die einzig wahre Methode halten. Danke! :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:
    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • Mein lieber Hans
    Vielen Dank für Deine lobenden Worte, über die ich mich sehr gefreut habe. Es ist ja nicht ganz leicht und einfach, ein eigenes Erlebnis, anderen, die nicht mit dabei waren,
    einigermaßen verständlich und anschaulich rüberzubringen. Um so schöner ist es, wenn man als Reaktion Interesse und eine Mitfreude bestätigt bekommt.
    Mein abschließender Satz in meinem Bericht, sollte nicht als "Brandbeschleuniger" verstanden werden. Es ist lediglich die Feststellung, daß wir alle, egal zu was auch immer,
    unterschiedliche Meinungen, Geschmäcker, Ansprüche, Erwartungen, Ansichten etc. haben. So ist es und so soll es sein - das ist auch völlig normal und i. O.
    Es ist auch z. B. ein kleiner Hinweis an den geschätzten Amfortas 09, der ja auch, nicht ganz unerwartet, prompt reagiert hat.
    Es kann ja sein, daß er mal besuchsweise in meiner Region ist und evtl. Zeit und Interesse für einen Theaterbesuch hat.
    Und da war mein gutgemeinter Hinweis sich solch einen Besuch zu überlegen. Denn, um mit seinem Sprachstil zu sprechen, ich glaube nicht,
    daß er am "Reinziehn dieser Verdi - Mucke", Freude hätte. Für ihn, und eine Handvoll anderer unter uns, sind solche Inszenierungen
    "verstaubt, museal und nicht mehr dem heutigen Zeitgeist" entsprechend.
    Diese Meinung und Ansicht sei ihm und einigen anderen selbstverständlich unbenommen. Jeder, wie er´s halt braucht und will...


    Und in ebensolcher herzlicher Verbundenheit sende ich Dir mit dem Wunsch für ein rundum schönes WE, allerbeste Grüße
    CHRISSY


    Und zum Thema (unterschiedlicher) Ansicht, fällt mir da glatt ein Lied von der legendären ostdeutschen Rockband PUHDYS ein.


    Neben einem sinnvollen Text, hatten sie darin einen etwas lockeren Refrain, den ich mal spaßeshalber zitiere:
    Es ist alles nur eine Frage der Ansicht, der eine sieht´s gar nicht und der andre sieht´s so,
    es ist alles nur eine Frage der Ansicht, einer pinkelt daneben und der andre ins Klo...

    Jegliches hat seine Zeit...

  • wieder einmal ein treffendes Zitat, was auf das, was uns modische Regisseure in ihrem Zeitgeistwahn bieten und was einige sich für modern haltende Zuschauer für die einzig wahre Methode halten. Danke! :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:

    Gerhard Wischniewski gibt damit eine treffliche Charakteristik des „Gehalts“ seines Postings, den er selbstverständlich für den einzig richtigen hält. G.W. ignoriert üblicherweise dieses Posting, weil es ihm an Courage gebricht.

    Es ist auch z. B. ein kleiner Hinweis an den geschätzten Amfortas 09, der ja auch, nicht ganz unerwartet, prompt reagiert hat.
    Es kann ja sein, daß er mal besuchsweise in meiner Region ist und evtl. Zeit und Interesse für einen Theaterbesuch hat.
    Und da war mein gutgemeinter Hinweis sich solch einen Besuch zu überlegen. Denn, um mit seinem Sprachstil zu sprechen, ich glaube nicht,
    daß er am "Reinziehn dieser Verdi - Mucke", Freude hätte. Für ihn, und eine Handvoll anderer unter uns, sind solche Inszenierungen
    "verstaubt, museal und nicht mehr dem heutigen Zeitgeist" entsprechend.
    Diese Meinung und Ansicht sei ihm und einigen anderen selbstverständlich unbenommen. Jeder, wie er´s halt braucht und will...

    Danke herzlichst für den Hinweis !


    Der Amfortas zieht sich auch Opernaufführungen in Inszenierungen rein, welche RT-Phobe z.B. als „werkgetreu“ bzw. „wie es vom Komponisten gewollt“ identifizieren. Gelegenheiten gibt es dafür genug. Ob eine derartige Identifikation („wie es vom Komponisten gewollt“") überhaupt triftig bzw. möglich ist oder nicht, wäre eine andere Frage. Selbstverständlich würde Amfortas eiine derartige Frage verneinen.


    RT-Phobe haben häufig Schwierigkeiten (verbunden mit plakativ-aggressiver Ablehnung) mit dem zeitgenössischen Inszenierungsstil; sofern es überhaupt sinnvoll ist, in diesem Bereich eine bestimmte Stilrichtung zugrunde zu legen. Dem Amfortas verknüpfen sich dagegen keine vergleichsweisen Schwierigkeiten mit dem als „traditionell“ klassifizierten Inszenierungen, selbst wenn diese nicht von vorne herein unwidersprochen reingeschlürft werden. Nebenbei: sog. RT gleichfalls nicht.


  • Der Amfortas zieht sich auch Opernaufführungen in Inszenierungen rein, welche RT-Phobe z.B. als „werkgetreu“ bzw. „wie es vom Komponisten gewollt“ identifizieren. Gelegenheiten gibt es dafür genug.
    Ob eine derartige Identifikation („wie es vom Komponisten gewollt“") überhaupt triftig bzw. möglich ist oder nicht, wäre eine andere Frage.
    Selbstverständlich würde Amfortas eiine derartige Frage verneinen.


    RT-Phobe haben häufig Schwierigkeiten (verbunden mit plakativ-aggressiver Ablehnung) mit dem zeitgenössischen Inszenierungsstil; sofern es überhaupt sinnvoll ist, in diesem Bereich eine bestimmte Stilrichtung zugrunde zu legen. Dem Amfortas verknüpfen sich dagegen keine vergleichsweisen Schwierigkeiten mit dem als „traditionell“ klassifizierten Inszenierungen, selbst wenn diese nicht von vorne herein unwidersprochen reingeschlürft werden. Nebenbei: sog. RT gleichfalls nicht.

    Hallo, Amfortas 09
    Da wäre es doch sehr interessant, statt allgemeinem Geschwafel, wenn Du uns mal in einem ausführlichen Bericht, an einem selbst erlebten "reingeschlürften"Theaterabend,
    nachträglich teilhaben läßt. Und zwar so richtig - mit Schilderung des Bühnenbildes, der Kostüme, Beurteilung der Solisten und des Ensembles,
    bis hin zu eigener Zusammenfassung und persönlichem Fazit - was und warum hat es Dir gefallen, oder auch nicht.
    Wichtig auch, das Haus zu erwähnen, wo Du Dir diese "Opern - Mucke reingezogen" hast.

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Ich freue mich mit unserem Chrissy über den guten Abend - und freue mich selbst (als Freund der italienischen Oper) auf Dienstag, wo ich eine "La Wally" geniessen werde.
    (Eine Inszenierung, die weder an den "Freischütz" aus der Staatsoper noch an den "Gasparone" in der Volksoper erinnert. :pfeif: )