Schumann: Carnaval op. 9

  • Hier bei jpc kann man in die wie ich finde sehr hörenswerte Cziffra-Aufnahme reinhören (Einzel-CD für nur 9 Euro) - es handelt sich um die ältere Mono-Aufnahme. Es gibt noch eine spätere in Stereo - beide sind in der inzwischen vergriffenen großen EMI-Box enthalten.



    Schöne Grüße
    Holger

  • also seit ich die ABM-Aufnahme dieser Sonate erstmals gehört habe, bin ich für alle anderen Interpretationen verloren. Das ist sicher ungerecht gegenüber vielen bedeutenden Pianisten, aber es ist so!

    :) Da ist es mir ganz genauso ergangen, lieber Nemorino! :) :thumbsup: Es gibt seit einiger Zeit noch diesen Mitschnitt aus Tokyo - zusammen mit dem Carnaval (!) aus derselben Zeit (1973), aber aufnahmetechnisch viel besser als das, was die DGG produziert hat! Den kann ich nur empfehlen - es lohnt sich, ihn aus Japan zu bestellen!



    Ich erinnere mich noch gut, die Sonate erschien erstmals noch zu LP-Zeiten und nahm nicht eine, sondern gleich alle zwei Plattenseiten in Anspruch. Schon das machte neugierig auf die Aufnahme. Das war natürlich auch ein Werbegag der DGG-Marketingstrategen, aber viel Platz für einen "Füller" war wirklich nicht vorhanden, höchstens noch "Die Wut über den verlorenen Groschen" oder "Für Elise", aber wer wäre nach dem Erlebnis dieser Sonate noch bereit gewesen, sich ein solches Stück anzuhören?

    Das war ja ABMs erste Aufnahme bei der DGG - und der Produzent (Cord Garben) war gleich enttäuscht wegen des "unpopulären" Programms! :D


    Schöne Sonntagsgrüße
    Holger

  • Was Barenboim angeht: Dieser "Hans Dampf in allen musikalischen Gassen" war einmal, aber das ist lange her, ein guter Pianist und mutierte zum mittelmäßigen Dirigenten.

    P.S. zu Barenboim: ... als Begleiter von ABM beim Schumann-Konzert ist er aber wirklich nicht schlecht! ;)


  • als Begleiter von ABM beim Schumann-Konzert ist er aber wirklich nicht schlecht!


    Guten Abend, Holger,


    das wollte ich mit meinem Beitrag auch nicht sagen. Aber gemessen an seiner fast unübersehbaren Fülle von Aufnahmen, über einen Zeitraum von über 50 Jahren, ist die Ausbeute an wirklich herausragenden Aufnahmen mehr als bescheiden.
    Das Schumann-Konzert von ABM mit Barenboim kenne ich leider nicht, aber die Frage sei gestattet, was die Aufnahme so wertvoll macht, das Spiel von Michelangeli oder Barenboims Begleitung? Lohnt die Anschaffung? (bei mehr als 20 Einspielungen des Konzerts). Vielleicht hatte Barenboim hier, vom Pianisten beflügelt, mal eine Sternstunde. Es wäre ja auch traurig, wenn es davon in diesem langen Künstlerleben gar keine gäbe.


    Meine Barenboim-Aufnahmen beschränken sich auf wenige Exemplare, da sind einmal die 5 Beethoven-Konzerte mit Otto Klemperer, die ich aber vor allem wegen des Dirigenten in meiner Sammlung gelandet sind, dann gibt es noch ein paar Beethoven-Sonaten aus dem DGG-Zyklus, und einige Mozart-Klavierkonzerte mit dem ECO (EMI). Letztere halte ich für sehr gelungen, aber für wirklich überragend halte ich sie nicht.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).


  • Angeregt durch die schöne Diskussion hier habe ich in den Tokyo-Mitschnitt wieder reingehört - was mich dazu beflügelt, diesen kompletten Carnaval demnächst noch einmal zu hören, wenn ich denn die Zeit dafür finde. (Deshalb mignonhaft zwei gegensätzliche Smilies :) ;( - :D ) Der Tokyo-Mitschnitt ist doch signifikant unterschiedlich zur zwei Jahre später gemachten Studioaufnahme bei EMI, hat eine ganz eigene Qualität! Auch hier nimmt ABM langsamere Tempi, aber die Tendenz geht nicht auf eine charakterisierende Objektivierung, sondern eher eine Subjektivierung im Sinne einer lyrischen Verinnerlichung. Im selben Jahr 1973 machte er bei der DGG die Chopin-Platte, wo die Mazurken eine ganz ähnliche "Intimisierung" erfahren. ABM ist in Tokyo oft sogar weniger virtuos als in der späteren Studioaufnahme, aber dafür entsteht ein ganz eigener Zauber lyrischer Innerlichkeit. Zugleich werden die scharfen Kontraste in einer Weise "vergrößert", was auf den "Expressionismus" des ganz späten ABM verweist. Besonders eindrucksvoll ist das zu erfahren bei "Chiarina". Da kommt so etwas wie Wut und Trotz heraus, also der Ausdruck gequälter Subjektivität wie auch in "Chopin". (Man vergleiche das mal mit z.B. Kissin. Kissin spielt "Chiarina" einfach nur mit russischem Expressivo, aber im Unterschied zu ABM hat das so gar nichts Beunruhigendes und Beklemmendes (als Ausdruck von Verletzlichkeit einer tief verletzten "schönen Seele", was zugleich das Psychogramm von ABM ist)!) Da ist sie, diese Faszination des Schönen mit ihren feinsinnigen Abtönungen und zugleich eine fast schon beklemmende Ausdrucksintensität, die aber im Unterschied zur Studioaufnahme nicht "gefiltert" wird was die Selbstbeteiligung des Interpreten angeht. Die Mitschnitt aus Tokyo ist nicht weniger hypergenau als die Studioaufnahme zwei Jahre später, aber eben nicht so abstrakt-selbstlos. Man kann sich in sie - weniger "sperrig" als die EMI-Studioaufnahme - wirklich spontan verlieben. Nur bei den ganz wenigen "Großen" gibt es solche "Entwicklungen" der Interpretation in kürzester Zeit. Wenn man die Dimension von ABMs Interpretation des Carnaval erfassen will, muss man finde ich zu den beiden Dokumenten von 1957 und der EMI-Studioaufnahme von 1975 unbedingt diesen eindrucksvollen Mitschnitt dazu nehmen. Wie bei Beethovens op. 7 bringt mich ABM jedenfalls dazu, Schumanns Werk nicht nur zu schätzen, sondern wirklich zulieben! :) :) :)


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Das Schumann-Konzert von ABM mit Barenboim kenne ich leider nicht, aber die Frage sei gestattet, was die Aufnahme so wertvoll macht, das Spiel von Michelangeli oder Barenboims Begleitung?

    Lieber Nemorino,


    es ist einmal die einzige "offizielle" Produktion des Schumann-Konzerts von ABM - alles andere sind Konzertmitschnitte, die meisten aus den 50igern. Der zweite von 1948 mit Mitropoulos war sein Amerika-Debut und ist von einem umwerfenden Feuer. Wo ABM im Dirigenten einen auch künstlerisch seinem Niveau entsprechenden Partner hatte, war Hermann Scherchen 1956. Die ganz späten Mitschnitte (mit Celibidache) sind leider nicht auf CD erschienen. Nach Gavazzeni 1962 kommt dann erst 22 Jahre später (1984) die Aufnahme mit Barenboim, die sich durch einen wirklichen Dialog des Klaviers mit dem Orchester auszeichnet. Das finde ich macht sie so besonders und auch, dass sie dokumentiert, wie sich ABMs Sicht des Konzerts seit der Teldec-Aufnahme von 1942 doch sehr verändert hat. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Meine Barenboim-Aufnahmen beschränken sich auf wenige Exemplare,

    ... das ist bei mir ähnlich, lieber Nemorino. In seinen späten Jahren, wo er sich für das Klavierspielen offenbar wieder Zeit nimmt, gibt es allerdings wirklich sorgfältig durchdachte, geistvolle Interpretationen von ihm wie z.B. die Liszt-Konzerte mit seinem Freund Pierre Boulez. Aber das gehört eigentlich in einen Barenboim-Thread...


    Kommen wir zurück zum "Carnaval". Unumgänglich ist die Beschäftigung mit dem Klavierpoeten Alfred Cortot. Es gibt mehrere Aufnahmen von ihm, die in der großen Cortot-Box enthalten sind. Die Zeit habe ich noch nicht gefunden, mich damit ausführlich zu beschäftigen. (Ich werde sie bei Gelegenheit mal auflisten.) Bei Youtube eingestellt ist eine ganz frühe Aufnahme von 1923. Die belegt, was für ein Poet er war - und in seinen frühen Jahren hatte er einen göttlich-leichten Anschlag. Er spielt die einzelnen Nummern als "Schwänke" (so wollte Schumann die Stücke ursprünglich ja nennen), also durchaus burleskenhaft, dabei aber präzise charakterisierend mit den in dieser Zeit noch nicht verpönten "Modifikationen des Tempos" aus der Wagner-Tradition.


    (Es wurmt mich ja wirklich, dass ich ausgerechnet als großer Rubinstein-Liebhaber die große Rubinstein-Box nicht habe! 1000 Euro kostet sie inzwischen. Können sie die nicht nochmals auflegen? Auch da würde ich die verschiedenen Aufnahmen gerne vergleichen, zumal Rubinstein im Konzert ein ganz anderer Pianist war als im Studio. Aber das nur in Klammern!)



    Schöne Grüße
    Holger

  • Wenn die Charaktere nur Rollen und Masken sind, die man spielt, dann ist das einerseits eine Subjektivierung. Aber zugleich liegt darin eine Objektivierung. Denn das Subjekt kann sich wie die Sphinx ganz hinter der Maske verstecken - also gleichsam komplett hinter der Objektivität der Maske zurücktreten.
    ...
    Das Fehlen einer Vortragsgestik kann freilich als "leblos" emfunden werden - weil diese Reduktion letztlich verlangt, dass der Hörer sie mitvollzieht, sich ganz dem Maskenspiel hingibt und nicht ein romantisches Subjektivitäts-Theater sucht. Genau letzteres macht aber Horowitz als Gegenextrem und verfehlt damit den Carnaval finde ich völlig. Er spielt ihn so, als wäre der Carnaval nicht der Carnaval, sondern die Kreisleriana. In der kreislerianischen Verrücktheit äußert sich exaltierte Subjektivtät, im Carnaval (wie auch in den Davidsbündlertänzen) geht es dagegen um die präzise Charakteristik, also das "Objektive". Die präzise Charakterzeichnung einer Maske und subjektivistische Exaltiertheit schließen sich wechselseitig aus, denn die Maske muss ganz genau passen, damit sie erkennbar ist bzw. die Person dahinter unerkennbar bleibt. Deshalb hört da die "subjektive Freiheit" auf. Mein Lehrer (der als Konzertpianist wie schon gesagt den Carnaval selber aufgeführt hat - das Urteil von Pianisten untereinander ist immer aufschlussreich finde ich) hat mir angekündigt, die Horowitz Aufnahme kritisch auseinanderzunehmen.

    Lieber Holger,


    vielen Dank für Deine aufschlussreichen Gedanken, das kann ich gut nachvollziehen! Es ist allerdings nicht schwer, einen der beiden Horowitz-Mitschnitte aus der UNRELEASED RECORDINGS-Box zu verreisen, da er sehr oft daneben greift. Wobei ein Konzert besser ist, ich müsste nachsehen, welches es war.
    Mir leuchtet Dein Gedanke, dass man einem Maskenspiel wie dem CARNAVAL mit subjektivistischer Exalktiertheit nicht beikommt, zwar theoretisch ein, aber ganz überzeugt bin ich nicht. Darüber muss ich nachdenken.


    Viele Grüße
    Christian

  • Hallo, lieber Holger,


    Ich selbst habe bisher eine etwas rauschende Bandaufnahme des SWR- Archivs (früher SDR) aus den Mitt-60er- Jahren, vieleicht von Sonntraud Speidel ? Wunderschön gespielt ! Ausserdem CDs von Kissin, aufg. Weihnachten 2001 und Rachmaninow, aufg. April 1929 (von RCA- Tapes). Nebenbei bemerkt heisst es auf der letztgenannten CD "Carnaval op. 9 - Scenes mignonnes sur quatre notes". Über Kissin ist hier schon geschrieben worden. Ich möchte im Verlauf noch ein paar Sätze über Rach. als Interpret sagen, sobald sich der Verpflichtungsstau gelöst hat.


    (Wir hatten am vergangenen Wochenende ein grosses Familienfest, weshalb ich ein paar Tage nichts schreiben konnte). Habe Boris Giltburg`s Hörschnipsel angeklickt, war sogleich beeindruckt und habe bestellt !



    MlG
    D. :)

  • Die Entstehungsgeschichte des CARNAVAL ist sehr interessant, ich kannte sie nicht genau und kann mich nicht erinnern, in einem Booklet etwas über die unrühmlichen Hintergründe gelesen zu haben. Die Wahrheit wird offenbar zumeist verschwieen! So wusste ich nicht, dass Schumann Ernestine von Fricken - die aus ASCH stammte - regelrecht vertoßen hat und ich kannte auch nicht den Grund - das rückt für mich einiges in ein anderes Licht:


    "Schumann löste die Verlobung, als er erfuhr, dass es sich bei der
    vermeintlich wohlhabenden Adeligen um eine nicht erbberechtigte
    Adoptivtochter handelte. Am 11. Febr. 1838 schrieb er an Clara Wieck:
    Es war im Winter 1834. Als sie [Ernestine] nun
    aber fort war u. ich zu sinnen anfing, wie das wohl enden könne, als
    ich ihre Armuth erfuhr, ich selbst, so fleißig ich auch war, nur wenig
    von mir brachte, so fing es mich an wie Fesseln zu drücken – ich sah
    kein Ziel, keine Hülfe – noch dazu hörte ich von unglücklichen
    Familienverwicklungen, in denen Ernestine stand und was ich ihr
    allerdings übelnahm, daß sie mir es so lange verschwiegen hatte. Das
    Alles zusammengenommen, –verdammt mich – ich muß es gestehen, ich wurde
    kälter; "


    aus: http://www.sophie-drinker-inst…php/fricken-ernestine-von

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  • Lieber Christian,


    das kannte ich ja nicht und ist in der Tat unglaublich. Da scheint bei Schumann noch das alte "philisterhafte" Eheverständnis als Zweckbündnis durch, dass er offenbar sehr berechnend in Anspruch nimmt, um eine finanzielle Grundlage für seine Karriere als Komponist zu haben. Für die Liebe hat er dann Clara als außereheliche Beziehung - wohl zu dieser Zeit noch. So gar nicht romantisch ist das... :D

    Ich selbst habe bisher eine etwas rauschende Bandaufnahme des SWR- Archivs (früher SDR) aus den Mitt-60er- Jahren, vieleicht von Sonntraud Speidel ? Wunderschön gespielt ! Ausserdem CDs von Kissin, aufg. Weihnachten 2001 und Rachmaninow, aufg. April 1929 (von RCA- Tapes). Nebenbei bemerkt heisst es auf der letztgenannten CD "Carnaval op. 9 - Scenes mignonnes sur quatre notes". Über Kissin ist hier schon geschrieben worden. Ich möchte im Verlauf noch ein paar Sätze über Rach. als Interpret sagen, sobald sich der Verpflichtungsstau gelöst hat.

    Lieber Damiro,


    Sonntraut Speidel kenne ich nicht. Rachmaninow habe ich natürlich (die kompletten Aufnahmen). Die russische Schule wäre ein in der Tat interessantes Feld (Rachmaninow, Gilels, Sofronitzky, Ashkenazy, Kissin...). Nur ist es schon länger her, dass ich die Genannten zuletzt gehört habe. Da müsste ich mir also die Mühe machen, wieder nachzuhören! (Kissin habe ich glaube ich nicht auf CD.)


    Bei den Jüngeren denke ich, dass auch sie in der Regel ihre großen Vorbilder haben. Wirklich originelle Ansätze sind von daher eher selten zu erwarten - aber wenn es sie gibt: um so besser! :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Hallo Holger,


    ich denke, Frau Speidel zu kennen ist keinesfalls eine nationale Pflicht. :D. Sie hat mich kurzfristig während eines Wettbewerbs etwas betüttelt (sie war damals 18, ich 13 und ein nervöser, präpubertärer Bub. Dabei musste sie -ebenfalls als Klavierschülerin- der Jury die Papillons op. 2 schmackhaft machen ). Sie ist später am Karlsruher Konservatorium Professorin geworden und war eine sehr begehrte Lehrerin und gute Pianistin, eine sehr anziehende und eher bodenständige Person. Ich war später dann hinter ihren Aufnahmen her, meist durch den damals noch selbständigen Südwestfunk (=SWF) produziert.


    Ich warte auf eine Giltburg- und auch auf eine Uchida- CD, über die ich mir vorgenommen habe hier zu berichten :?:


    MlG
    D. :)

  • Auf diese Idee muss man kommen, Schumanns Klavierzyklen Carnaval op. 9 sowie Kinderszenen op. 15 mit Blechblasinstrumenten zu spielen. Die Meister ihres Faches der Canadian Brass haben es gewagt und überzeugen mit ihrer Transkription. Das sage ich, der diese Klavier-Musik schätzt. Die sechs Bläser lassen mich in den Sätzen "Papillon" oder "Paganini" staunen, was sie an Lippen- und Zungentechnik drauf haben. Aufschlussreich ist es, wenn man die einzelnen Stimmen durch die breite Aufstellung in der Stereoaufnahme verfolgen kann. Die perkussive Motorik des Klavierparts haben sie gelungen umgesetzt und durch die Klangflächen der Melodieinstrumente kommen andere bisher ungehörte Klänge hinzu. Den kurzen, geheimnisvollen Satz "Sphinxen" bringen sie mit Klangflächen zum Klingen. Eine Aufnahme für Kenner, die Blechbläser lieben oder sich mit anderen ungewohnten Höreindrücken mit dem schumannschen Werk beschäftigen wollen.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Auf diese Idee muss man kommen, Schumanns Klavierzyklen Carnaval op. 9 sowie Kinderszenen op. 15 mit Blechblasinstrumenten zu spielen.

    Dazu wollte ich doch etwas sagen, lieber Moderato: Das ist wirklich sehr originell! Und toll geblasen! Wenn ich die CD in die Finger bekomme, nehme ich sie mit! :hello:


    Schöne Ostergrüße
    Holger

  • Liebe Forianer, lieber Christian B.,


    zuvor eine Erinnerung an vorher Geschriebenes:

    Weil diese Stückesammlung soviel Typisches und Tolles der Klaviermusik Schumanns enthält, habe ich mich entschlossen, meine vorhandenen CDs und LPs mir mal herzunehmen, sie gut und konzentriert zu hören und was darüber zu schreiben, immer im Vertrauen darauf, dass mir die Klavierfans und Spezialisten etwas dabei helfen in Form von Infos, und auch, wenn es nur Daten sind, Kritik, Bestätigung und Kommentare wünsche ich ausdrücklich - - - ja, i.S. eines gehobenen Amateurstatus. Auch was die Lockerheit der Reihenfolge angeht.


    Ich habe vor, meine Beiträge in mehreren Posts hier hereinzustellen, zwei davon noch vor dem 22. Mai. Danach erst wieder ab ca. 10. Juni (Ende meiner Urlaubsreise).
    Ich habe mich mit folgenden CDs bzw. Pianisten befasst, d.h. die CDs und LPs mindestens einmal ganz, auch meistens mehrmals gehört und Notizen gemacht. Die Noten habe ich, diese aber bisher nicht gebraucht... ?(


    --- E. Kissin, S. Rachmaninow, W. Horowitz, E. Leonskaja, W. Sofronitzki, ABM (eher nur streifen durch mich), W. Gieseking, M. Uchida, A. Rubinstein, L. Akopova, B. Giltburg.


    Es gibt noch viele weitere Aufnahmen und Pianisten. Ich wiill, falls möglich, noch Guiomar Novaes (aus YT dazunehmen). Ich würde mich sehr über Beiträge freuen, bes. über einen Hörbericht über A. de Larocha (YT ?). Aber auch andere natürlich.


    Ich strebe keine Qualitätsreihenfolge an, deren richtige Propagierung ohnehin das Schwierigste ist !


    Die zwei Berichte für diese Woche sollen Kissin, Rachmaninow und Horowitz, sowie Leonskaja und Sofronitzki oder W. Gieseking enthalten. Für diese Berichte habe ich das Prinzip der Gegensätzlichkeit der Interpretation gewählt.


    Die aus Helsinki gelieferte Sofronitzki CD war eine leichte Enttäuschung, warum, wird später hier stehen. Gibt es von ihm eine frühere Aufnahme als 1959, z.B. anfangs 50er oder 40er Jahre (auch historisch) ?
    Von Horowitz gibt es zwei Aufnahmen aus 1983 (aus der "Unreleased..."- Cassette). Kennt da jemand eine frühere Aufnahme, welche nicht zu sehr historisch klingt ?
    Umsonst gesucht habe ich Aufnahmen von Richter und Gilels bei AMAZ. und JPC und einigen sec. hand- Versendern.


    Wünsche und Anregungen...



    MlG
    Damiro :) :untertauch: 8-) :)

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  • Ach bitte, lieber Mod,


    mehrfach schon habe ich diesen Thread gesucht. Falls nichts dagegen spricht, könnte man den Thread auch unter --> Themenverzeichnis --> Komponisten ---> Schumann einordnen.


    Danke.

  • Beginnen möchte ich nicht mit der Carnaval- Version von Lang Lang, weil ich nicht weiss, ob es sie gibt, sondern mit denen von
    Evgeny Kissin (aufg. 2001, SWR- Studio Freiburg)
    Sergej Rachmaninow (aufg. 1929)
    Vladimir Horowitz (aufg. live 1983 in Symphony Hall, Boston und - drei Wochen später - live in Metropolitan Opera House, New York), aus: The Unreleased Live Recordings 1966- 1983 (RCA, 60 CDs, ca. € 65)


    Kissin liefert eine mE zeitgemässe Version des Carnevals: strahlend, männlich, gewichtig, manchmal etwas virtuos, immer kontrolliert, sehr sauber und präzise gespielt. Das ist nicht breit oder gar behäbig. Er ist jedoch fernab von Geistern und Maskengestalten, wohl erinnert nichts an seinem superguten und -sicheren, sehr ausgewogenem Spiel an Liebeszauber, Sehnsucht, Gedichte, Schwärmen. Nicht nur, dass alles wie aus einem Guss wirkt, auch gestaltet er viele kleine Details mit pianistischem Donner und auch lieblich- leisem Pianospiel. Er verfügt über die ganze Palette der Klaviertöne und all ihrer Schattierungen, des nicht zu sparsamen Pedalgebrauchs, des Rhythmus, des Singens etc..


    Man liest, er spiele kühl, ja sogar kalt. Als Musikhörer will ich manchmal ganz emotionale, ja extreme Erlebnisse haben beim Hören, aber meine Lieblinge sind S. Rachmaninow, Radu Lupu, F. Gulda, auch Igor Levit u.ä. Pianisten, welche die Sachen ziemlich neutral und definiert angehen und durchziehen. Ich will dann mehr hören. Wie spielt er/ sie wirklich ? Die Aussicht auf zukünftige Höreindrücke reizt mich und befördert meinen Musikgenuss und -konsum.


    Deshalb schätze ich die Interpretation von E. Kissin, den ich bisher drei Mal live erlebt habe, doch sehr hoch ein.
    Die Aufnahme ist technisch in Ordnung, mindestens überdurchschnittlich; mit tollem wunderbaren klaren, aber ausreichend weichen Flügelklang, mitten- und untere Höhen- betont.


    Rachmaninow habe ich als Pianist erst langsam zu verstehen gelernt. Ich musst über ihn einiges lesen, wo es darum ging, wie er Bach und Mozart spielt. Dann den Carnaval, 9.- 12. Mai 1929 in NYC aufgenommen, wobei das zugehörige Gebäude ein akustisch günstiges, von RCA gemietetes Haus an einer verkehrsreichen Strasse war. Ich war angenehm überrascht über den relativ guten Klang des Steinways und kaum Störgeräusche.
    Dann der Interpretationsstil - wie sollte ich das verstehen ? Neben den virtuosen Passagen, wo es um schnellste Läufe, Serien von Oktavakkorden und andere pianistische Schweinereien ging, wo war die Lyrik, der Ausdruck, die Kantilenen ? Ich habe gelernt, dass das lyrische Vermögen eines Pianisten aus dem Singen erwachsen kann, oder aber auch aus dem gleichzeitigen Hören verschiedener Stimmen und ihrer simultanen Darbietung auf Klavier und Orgel, wie es JSB und als Höchstes und Extremstes Reger uns geschenkt haben (ja, auch Bruckner natürlich). Die Polyphonie. Dann ist mir der Aspekt Tanz eingefallen, insbesondere bei den Wiederholungen oder ähnlichen Passagen. Die absolviert Rachmaninow manchmal völlig gleichlautend, gleichschnell, gleich hart oder gleich weich. (bei meiner Klavierlehrerin gab es da wg. Faulheit - früher, oder Fantasiemangel- später, durchaus Nüsse auf Oberarme und Halswirbelsäule). Jedenfalls wurde klar, dass diese Aspekte nun strukturell und mittelbar wirksam sein können, insbesondere beim Hören in grösseren Abschnitten oder sogar des ganzen Zyklus. Ja, das war wohl doch nicht Tanz !?
    Ein weiteres Erlebnis für das Verständnis von Rachmaninows Spiel und seine Carnaval- Interpretation ist die Entwicklung der Musikgestaltung aus den pianistischen Fähigkeiten des Spielers heraus - es ist die Virtuosität, mit der er gar nicht geizt und die nahezu ein Eigenleben führt. Die schnellen Läufe werden rasend (Harlekin, Florestan, Valse allemand/ Paganini/ V.a.), Hüpferchen (notenmässige Auftakte) werden zu bizzaren Weitsprüngen (Harlekin) und v.m.
    Genau das, was wir für den Carnaval brauchen. Mut und Risiko für einen gewagten Ritt auf der Rasierklinge vor 1500 bis 3000 Leuten.


    Interessant ist, dass die virtuosen Aspekte des Spielens nicht im Gegensatz zur Polyphonie stehen, sondern dass im Idealfall die Polyphonie den Aspekt der Schlichtheit einer Darbietung noch hervorkehrt. Locker gesagt, die virtuosen Steigerungen so nebenbei geliefert werden.
    Und nun sind wir bei V. Horowitz, über den hier und anderswo schon viel geschrieben worden ist, und noch geschrieben werden wird. Horowitz hatte imho die Gabe, im Rahmen eines Konzertes klavieristische Extreme dem Publikum entgegen zu werfen, die Dinge zu übertreiben, alle möglichen Mätzchen und Wundermittel zu verstreuen (aufm Klavier nur!). Die Leute zu provozieren und jubelnd- rasend zu machen. Und kurz vor Zwölf auf den Pfad des nahezu perfekten Klavierspiels zurückzukehren, mit aller Harmonie, als ob nichts gewesen wäre.
    Öfter in seiner Karriere ist ihm einiges entglitten, er hat sein Spiel nicht mehr kontrollieren können und ist überall gestolpert, am Ende nicht gestürzt. Nur falsch gespielt, daneben gegriffen, die Noten vergessen.



    Insbesonders auch bei den vorliegenden CDs (vom Carnaval scheint es einfach keine besseren Aufnahmen zu geben). Mit 79 !!! hat er sie aufgenommen, im Drei- Wochen- Abstand. Gegen Schluss seines Lebens konnte er soviele Fehler machen, wie er wollte. Die Leute waren ausser sich, haben geschrieen und geweint... Er haut daneben in vollem Bewusstsein. Ausser sofort mit dem Spielen aufzuhören, hatte er ja wg. der absurden Nachfrage keine Wahl.


    Verrückt, es scheint ein unhörbarer Puls in seinem Spiel mitzulaufen. Selbst, wenn er einen kompletten Takt oder noch mehr vergisst, führt der innere Pulsgeber dazu, dass das Stück weitergeht. Er bringt es zu Ende, zaubert es in die Tasten, tupft und streichelt diese.


    (bei dem Boston- Konzert spiellt er Beethovens A- Dur op. 101, ein Stück, welches ohnehin transzendenten Charakter hat, in seinem körperlichen Unvermögen, das wie ein nicht- tonales Werk wirkt, dem man atemlos zuhört. Was ist das ? Was war das ?)
    Und dann bringt er wieder einzelne Passagen des Carnaval rasend schnell und federleicht und jede Note sitzt !!!


    Es gibt von Horowitz erstens recht konventionell gespielte Stücke, z.B. Brahms B- Dur Klavierkonzert, zweitens recht gute CDs mit unterschiedlichen Stücken und drittens eine ganze Reihe herausragender und atemberaubender CDs, z.B. von Schumann Kinderszenen, Kreisleriana, Arabeske !!!, Chopin b-moll Sonate op.35, Rachmaninow Preludes, Skriabin u.v.m. (Info BITTESCHÖN nur für Neulinge !)


    Bis bald.
    MlG
    Damiro :)

  • Bin im letzten Post die passenden Links schuldig geblieben.
    Zunächst für E. Kissin: weiter vorne in #18 durch moderato genannt

    In einer Kissin- CD- Cassette ist es dann folgendes Teil

    Die Rachmaninow- Interpretation liegt als Einzel- CD vor; man sollte aber die 10 CD Box für € 20 kaufen. Hier:

    Und schliesslich Horowitz, den bereits Christian B. in #12 dieses Threads bespricht:
    R-9352705-1499764735-7865.jpeg.jpg


    Bis bald !MlG
    D.

  • Ich würde mich sehr über Beiträge freuen, bes. über einen Hörbericht über A. de Larocha (YT ?).

    Diese Aufnahme fehlt mir leider, lieber Damiro. Ihren Schumann habe ich nicht komplett - es fehlen mir ihr "Carnaval" und "Kreisleriana". Beim Hören der Hörschnipsel war ich aber heute sehr angetan. Wunderbar gespielt! Die CD werde ich mir wohl bestellen müssen und meine A. de Larrocha-Sammlung komplettieren. Den Thread mit Deinen Beiträgen lese ich natürlich sehr gerne. :hello:


    Schöne Pfingsten wünschend
    Holger

  • Ich würde mich sehr über Beiträge freuen, bes. über einen Hörbericht über A. de Larocha (YT ?).

    Hallo, Damiro,


    ich selber besitze die Aufnahme nicht, aber sie ist z.Zt. spottbillig beim großen Urwaldfluss zu erwerben, in dieser Ausgabe:
    81C8GAjvsLL._AC_UY218_.jpg
    und zwar gebraucht für € 3,16 + Versandspesen. Es gibt bei Amazon 5 Rezensionen, sämtlich lobend bis überschwenglich.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Guten Abend,


    Angeregt durch diesen Thread habe ich meine Sammlung durchsucht - und nur eine Aufnahme gefunden . Sie ist in einer Box von Eric Le Sage......
    https://www.jpc.de/jpcng/class…-Klavierwerk/hnum/1287680


    Natürlich gleich angehört - gefällt mir sehr gut. Die Rubinstein Aufnahme aus den 60ern die hier schon gelobt wurde habe ich mir auch bestellt. Die Eric Le Sage Aufnahme finde ich erstmal sehr gut - mal sehen ob er gegen Rubinstein bestehen kann.

  • ich selber besitze die Aufnahme nicht, aber sie ist z.Zt. spottbillig beim großen Urwaldfluss zu erwerben, in dieser Ausgabe:


    und zwar gebraucht für € 3,16 + Versandspesen. Es gibt bei Amazon 5 Rezensionen, sämtlich lobend bis überschwenglich.

    Lieber Nemorino,


    Danke für die Recherche :) - ich würde dann aber doch ihren Schumann lieber komplett haben - denn so würde mir die "Kreisleriana" von ihr fehlen, die hier mit drauf ist:



    Einen schön Pfingstsonntag wünscht
    Holger

  • Hallo, Christian B.,
    danke für dein Post bzgl. A.de L. Ich denke, dass die CD mit op. 9 und den zwei Schubertwerken für mich das Richtige ist (nach meinem Urlaub).


    An dieser Stelle gestehe ich jetzt, dass ich kein Sammler bin, sondern nur "viele CDs" besitze und noch welche kaufe. Es ist aber ein Kläckschen ggü. den CD- Mengen, die viele von uns haben. Noch nicht mal alles von V. Horowitz habe ich. Diese Diskussion vielleicht an anderer Stelle weiter....


    MlG
    D.

  • Im folgenden Post (und letzten vor dem Urlaub) möchte ich von meiner Planung (s.o.) etwas abweichen.


    Sofronitzky muss ich zunächst ältere Aufnahmen z. Vgl. hören (vgl. Post im Sofronitzky- Thread).
    Die Gieseking- Aufnahmen, aufgen. 1943 Berlin, haben einen verfremdeten Klavierklang, dig. remastered steht drauf. Das klingt zu hart und zu obertonarm, insbes. auf meinem neuen T + A- Receiver. Das gleiche bei Geza Anda ORFEO Salzburg live 1972. Beide kürzlich gekauft bei JPC.. (ist bei höheren Lautstärkepegeln der Fall)


    (Kann man solche CDs eigentlich zurückgeben ? Die Geza Anda- CD würde bei leiserer Aussteuerung noch gehen...)


    Damit entfällt der Programmpunkt Frau Leonskaja im Moment mal.
    .


    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    .
    Ich werde heute über Alfred Cortot, Myra Hess, Guiomar Novaes (nova-esch) und Artur Rubinstein (1962 oder 1963) schreiben.
    .
    Von Cortot habe ich mehrere YouTube- Clips sowie Klangschnipsel diverser Aufnahmen, meist der 20er Jahre, gehört, er war damals ca. 45 Jahre alt, wie für einen Chirurgen so auch für einen Pianisten ein erfolgversprechendes Alter. Cortot, Franzose mit Schweizer Herkunft (1877 bis 1962), war ein vielbeschäftigter Musiker, Theoretiker und Pädagoge (ich habe nach seiner Klavierschule zwei Jahre lang Fingertraining gemacht, immer wieder mal einige Wochen bei täglichem Üben). Er hatte berühmte Schüler wie Gina Bachauer, Idil Biret, Samson Francois, Branka Musulin, Vlado Perlemuter, Clara Haskil.


    Man liest, keinem Pianisten habe man seine (häufigen) Fehler so verziehen wie ihm. M.E. traten diese während der seiner ganzen Pianistenkarriere ständig auf, in etwas wechselndem Umfang. Deswegen ist mein CD- und LP- Bestand bei drei Stück geblieben...
    Dies ist umso schmerzlicher (im wahrsten Sinne dieses Wortes), als er in Spiel und Konzept ein höchstentwickelter Lyriker war, ja ein Vorbild für Generationen von Lehreren und ihren Klavierschülern, ganz zu schweigen von Legionen einer weltweiten Cortot- Gemeinde.


    Beim Carnaval sollte man besonders auf die wunderbaren Papillons, Valse allemande mit Paganini- Zwischenteil und Aveu (Geständnis) achten. Auch Chopin und andere Bilder sind ungewöhnlich poesievoll. Alles ist äusserst abwechslungsreich, originell gespielt und von grosser Geschlossenheit der Darbietung.


    Die Klangqualität ist bei den 1920er/1930er Aufnahmen ziemlich historisch, auch inkonstantes (!) Rauschen und störendes Knuspeln müssen ertragen werden, sind dennoch nicht zwangsläufig für eine Aufnahme von 1923.
    https://www.youtube.com/watch?v=bEVmfxzay3Y
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    Auch Myra Hess, 1890 bis 1965 jeweils in London, gehört in diese Epoche. Sie hatte elsässische Wurzeln und wurde zur "Dame" der Royal Philharmonic Society ernannt. Beim ersten Hören schienen mir die Aura des Unheimlichen, des Sagen- und Maskenhaften neben ihrer poetischen Grundauffassung wesentlich für meine Hörempfindung zu sein. Doch nach weiteren Hörabschnitten, dann nochmals ganz, änderte sich mein Verständnis. Einesteils bin ich von der Klarheit ihres Spiels sehr beeindruckt, anderenteils aber verblasste der erstgenannte Eindruck und wich dem Bild, dass hier stilistische Feinheiten der musikalischen Abschnitte und deren Bezug zueinander, das harmonische Grosse und Ganze einen beträchtlichen Raum einnehmen.



    Die Klangqualität ist für 1938 recht gut.
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    https://www.youtube.com/watch?v=X5sM_aeQQF8
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    Eine wunderbare Überraschung ist für mich die brasilianische Pianistin Guiomar Novaes (1894 - 1979, bei Sao Paolo geboren und in S.P. gestorben), welche ich bei Freunden in Porto in den 90er Jahren öfter gehört hatte (als schwarze Scheibe). Diese Leute haben durch Frau Novaes die mitteleuropäische Klaviermusik überhaupt richtig kennengelernt, v.a. Beethoven. Mozart und Haydn- LP waren dort in beträchtlicher Anzahl schon vorher vorhanden. Nicht nur für jene, sondern auch für uns zählt G.N. zur Pianisten- Weltelite ihrer Zeit.


    Sie spielt einen unglaublich originellen und technisch versierten Carnaval. Nicht nur Masken und Charaktere führt sie vor, sondern auch das Spukhafte, Mystische und Heidnische ist da drin. Ich finde, das ist das Unbeschreibliche auch eines gleichwohl Baseler oder oberschwäbischen (Fasnet) wie auch brasilianischen Karnevals mit Holz- und Pappmacheefiguren, Fratzen und auch weissen Kleidern (ja, genau wie in den Kirchen dort oder bei Hahnenkämpfen zur Weissagung von Glück, Geld, Schwangerschaft etc. etc.). Das äußert sich z.B. in rasendem und richtig gespielten Preambule, rhythmisch leicht verzerrtem Arlequin, und weiter . vielen charakterisierenden musikalischen Einfällen. Musikalisch übertrifft sie dabei einen Rubinstein noch, weil ihr Spiel so individuell ist.



    Klangtechnisch ist die YT- Aufnahme die von (oder vor) 1955 ("released") schon mehr als befriedigend, auch weitgehend fehlerfrei. Ein anderer Track ist von 1969, live in Rio de Janeiro, auch auf YT zu finden und klanglich ausreichend, wo sie teils noch witzigere Sachen bringt, leider ihr aber auch eine ganze Reihe von Fehlern unterlaufen.


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    https://www.youtube.com/watch?v=CTrCDs5ozUM (Studio)
    https://www.youtube.com/watch?v=TDQEu2Fiy0o (live)
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    Zu Artur Rubinstein reicht`s jetzt nicht mehr, ich möchte mich morgen nochmals kurz einloggen.
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    MlGD.

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  • Lieber Christian,


    besten Dank für den Link! Ich hätte zu gerne dieses Programm von ihr - leider ist die CD total vergriffen:



    http://larrocha-discography.bl…10/09/blog-post_7198.html



    Die Gieseking- Aufnahmen, aufgen. 1943 Berlin, haben einen verfremdeten Klavierklang, dig. remastered steht drauf. Das klingt zu hart und zu obertonarm, insbes. auf meinem neuen T + A- Receiver.

    Ich habe diese Box hier, lieber Damiro, die ich nicht missen möchte. Denn Giesekings Schumann ist genialisch (die "Davidsbündlertänze"!):



    Mit dem Carnaval gibt es diese Ausgabe, die den Hörschnipseln zufolge sehr gut remastert ist:



    Das gleiche bei Geza Anda ORFEO Salzburg live 1972. Beide kürzlich gekauft bei JPC.. (ist bei höheren Lautstärkepegeln der Fall)


    (Kann man solche CDs eigentlich zurückgeben ? Die Geza Anda- CD würde bei leiserer Aussteuerung noch gehen...)


    Das ist eins der wirklich unglaublichen Anda-Konzertdokumente!!! Vom Carnaval gibt es verschiedene Mitschnitte von ihm, die mir nicht alle gefallen im Unterschied zu diesem hinreißenden hier - ich müsste allerdings nochmals nachhören! Meine Elektronik hat keine Probleme damit, das klanglich hörbar rüberzubringen. :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Es ist kaum zu glauben und -im Nachhinein- schleunigst zu korrigieren, dass ich mich bisher mit


    Artur Rubinstein


    nur am Rande beschäftigt habe. Durch seine bekannte RCA Chopin- Walzer- LP, die mir vor langer Zeit meine Mutter zum Geburtstag geschenkt hatte - kurz nachdem ich bei Flachsmann in Heilbronn meinen Dual 1019 V Plattenspieler erstanden hatte, nach dem Praktikum bei Wolffkran, 500 m weiter nördlich (eindeutig "was Rechts und Ordentliches", wie der Schwabe zu sagen pflegt, in seiner ganz breiten Zurückhaltung ! :D :D :D ) wurde er irgendwie etwas achtlos, aber eher behutsam zur Seite getan .


    Es ist diese LP, die heute nochmals lief




    R-5302477-1443614381-1201.jpeg.jpg
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    Ich wußte nicht recht, dass er technisch so souverän ist ! Jedenfalls ist bei den Preambule- Anfangsakkorden keinerlei Missklang dabei, was nur einige Wenige so rein spielen. Der interessierte Laie soll hier wissen, dass mit jeder Hand minutenlang vier-, seltener dreistimmige (stimmige = fingerige) Akkorde gegriffen werden, wobei in wechselnden Kombinationen weisse und schwarze Tasten gedrückt/ bedient werden müssen. Das Problem ist dabei, dass mit Power und gleichzeitig hoher Fingerpräzision die Höhenunterschiede zwischen den weissen und schwarzen Tasten zurückgelegt werden müssen und man nirgendwo hängenbleiben oder vorbeistreifen und -zwängen sollte. Das muss teuflisch geübt werden ! [/size]
    Genausogut machte es beinahe Novaes, wenn sie gut drauf war und mit Schmackes der Kissin.
    .


    Es war gut für mich, 20 bis 30 x Carnevals aus verschiedenen Händen zu hören, ehe mich A.R. beeindruckt hat. Insgesamt ist die Darbietung sehr harmonisch und geschlossen in der Wirkung, nicht nur auf die Ohren. Ich möchte ausnahmsweise mal die Vokabel "geschmackvoll" benutzen, um dieses schöne, elegante, männliche Spiel zu beschreiben. Er scheint alles zu haben, praktisch alles gelingt ihm. Er spielt auch sehr poetisch, aber nicht weich(lich), sauber aber nicht steril, herrisch aber nie donnernd. Es ist keine Attitude, nein, eine besondere Nachempfindung dieser Noten und ihres unbeschreiblichen Gehalts. Er kommt ohne alle Extreme aus.


    Was soll ich noch sagen...Es ist sicher angreifbar zu sagen: wie er da sitzt und spielt, sagt alles.


    .


    MlG., Damiro


    .
    Bin bald zurück ! :hello:

  • Lieber Dr. Holger,


    ich habe nun mal die Gieseking- CD zum Umtausch zu JPC gegeben und habe das als Produktmangel beschrieben. Mal sehen, ob sie mich verstehen wollen.


    Anda / Salzburg 1972 habe ich behalten, man weiss ja nie ;) .


    Danke für deine Mühe und Geduld mit den diversen Schräglagen, die du mit uns oder im Alleingang bewältigst. Oder ganz einfach für den Schatz an kleinen Infos.


    MlG.,
    Damiro

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