Hier darf Heinrich Schütz mit seinen weltlichen Kompositionen, mit durchaus sinnesfreudigen Texten, nicht unerwähnt bleiben. Der Mann hatte es wirklich "drauf"! Und ohne weitere Aufnahmen dieser Werkgattung von Schütz zu kennen, Vergleiche mir also nicht möglich sind, ist diese Einspielung mit der WESER RENAISSANCE unter Manfred Cordes eine sehr unterhaltsame und erfreuliche Bekanntmachung mit diesem Teil des Schütz-Werkes.
Ich habe diese CD seit 17 Jahren, und während eines bitteren Krankenhausaufenthaltes im Jahre 2000 war sie ein großer Lichtblick. Hier ist die Weserrenaissance mit ihrer relativ kleinen Besetzung auch in ihrem Element. Mein Lieblingsstück: "Als Salomo in seinem Bette..."
Ypern ist ein Ort in Flandern. Wer diesen Ort sah, sah nie einen andern (Brecht)
Danke, lieber Dottore, da müssen wir uns doch beim nächsten Treffen mal wieder dem Sagittarius zuwenden. Der Meister und seine Zeitgenossen sind doch immer wieder eine "musikalische Sause" wert...
Nicht direkt VOR Bach (aber immerhin vor Bach gestorben) und zumindest in England mit ähnlichem Status wie Bach ausgezeichnet ist Henry Purcell.
Als Purcell starb, war Bach zehn Jahre alt und hatte noch nichts Bedeutendes komponiert. Ich finde, dass Purcell sogar ganz direkt vor Bach war.
Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"
Inhalten aller Art in Beiträgen anderer in diesem Forum stimme ich hier ausdrücklich nur dann zu, wenn ich ihnen in Antwortbeiträgen ausdrücklich zustimme!
Barbara Strozzi (1619-1677) war die Adoptivtochter des Dichters und Juristen Giulio Strozzi, der eine musikalische Akademie gründete, bei der auch seine Tochter mit eigenen Werken auftrat. Ihre Lehrer waren u.a. Cavalli und Cesti.
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Francesca Caccini (1587-1640, Florenz), die Tochter des Komponisten Giulio Caccini, war Sängerin ("La Cecchina - das Vögelchen"), Instrumentalistin (Laute und Cembalo) und Komponistin. Von ihr ist die erste Oper einer Frau, "La liberazione di Ruggiero dall´isola d´Alcina".
Nach dem Tode ihres Vaters war sie neben Jacopo Peri die bedeutendste Musiker-Persönlichkeit am Medici-Hof.
Bei YouTube ist sie gut vertreten. Ich zitiere hier mein Lieblingsstück "Oh che nuovo stupor".
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Das schönste Stück aus Purcells Semi-Opera "The Fairy Queen": If Love's a Sweet Passion.
Hier aus der zu Recht viel gerühmten Produktion der English National Opera aus den 90ern:
If Love's a Sweet Passion, why does it torment?
If a Bitter, oh tell me whence comes my content?
Since I suffer with pleasure, why should I complain,
Or grieve at my Fate, when I know 'tis in vain?
Yet so pleasing the Pain, so soft is the Dart,
That at once it both wounds me, and tickles my Heart.
I press her Hand gently, look Languishing down,
And by Passionate Silence I make my Love known.
But oh! I'm Blest when so kind she does prove,
By some willing mistake to discover her Love.
When in striving to hide, she reveals all her Flame,
And our Eyes tell each other, what neither dares Name.
Ich habe nochmal was von Arcadelt: Da bei rami scendea, interpretiert vom Mirandola Ensemble. Vor allem die Akkorde, die sich zwischendurch mal sehr reiben, sind interessant. Zum Schluß endet es aber wieder in einer wunderbaren Harmonik.
Der kleine Fleck direkt unterhalb verlinkt auf die CD.
Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist.
(Alfred Polgar)
Von der Renaissance der englischen Tudor-Musik profitierte John Sheppard erst relativ spät, trotz der Bemühungen des Westminster Cathedral Choirs oder der Clerkes of Oxenford. Ein beträchtlicher Teil Teil von Sheppards Motetten ist nur fragmentarisch überliefert - der fraglichen Sammlung aus einem Oxforder College fehlen die Tenorpartien. Da diese in der Regel den Cantus firmus tragen, gelten sie freilich als rekonstruierbar. Schwieriger wäre die Situation im Falle der ersten von zwei siebenstimmigen „Libera nos“-Vertonungen gewesen, da hier der der c.f. eigentümlicherweise im Bass erklingt, welcher somit eine im doppelten Sinne tragende Rolle übernimmt. Allerdings ist dieses Werk in einer anderen Quelle überliefert, was ihm wohl eine ungebrochene Aufführungstradition und somit eine höhere Popularität gewährte.
Über dem statischen Bassfundament durchwirken sich in dichter, unregelmäßiger Imitation sechs weitere Stimmen: zwei Treble, zwei Altisten und zwei Mean. Diese Diskantlastigkeit und der damit einhergehende weite Ambitus sind durchaus bezeichnend – ebenso wie der unorthodoxe Umgang mit den harmonischen Konventionen. Sheppard neigt generell dazu, natürlichen und erhöhten Leitton nebeneinanderzustellen (und somit „ modusfremde“ Klänge zu erzeugen), im „Libera nos“ sogar zeitgleich. Daneben wird diese Motette von Quintparallelen und unvorbereiteten harmonischen Septimen geprägt. Ihre sehnsüchtige klangliche Schönheit ist also nicht zuletzt ein Verdienst der Dissonanz!
Vom Komponisten wissen wir wenig. Das Geburtsjahr ist nicht bekannt, doch herrscht sogar über den Zeitraum des Todes Verwirrung . Einerseits wird von seiner Bestattung im Jahr 1558 berichtet, andererseits taucht der Bestattete im folgenden Jahr während der Krönung Elizabeths I. wieder auf. Bei einem Musiker dieser Zeit stellt sich da zwangsläufig die Frage: „Shawm of the Dead“?
Zwei Ensembles waren mit Sheppard verbunden und existieren [ebenfalls?] noch immer. Beim Magdalen College war Sheppard wiederholt als „Informator choristarum“ tätig - der Chor gehört heute zu den fünf traditionellen „Oxbridger“ Knabenchören. Auch die Chapel Royal, als deren Mitglied er seit 1552 verzeichnet war, ist noch am St. James‘s Palace – der offiziellen, wenn auch nicht mehr faktischen Königsresidenz - angesiedelt . Da von keinem dieser Chöre eine offizielle Aufnahme vorliegt, die gemischten Ensembles, wie beim obigen Beispiel, aber zugleich zu übergroßer Glätte neigen, sei ein anderer königlicher Chor zu Gehör gebracht. Er singt in St. George’s , der Hauskapelle von Windsor Castle. Da gesellt sich zur „authentischen Besetzung“ die Akustik der zeitgenössischen Perpendicular-Architektur, die, ähnlich wie die spätmittelalterliche englische Dichtung der „Pearl“ -Tradition, ein auffallendes Äquivalent zur Kunstauffassung Sheppards darstellt. (Der geneigte Hörer möge die ersten zwei Minuten des folgenden Videos überspringen, sofern Herr Rutter nicht demonstrieren soll, dass 500 Jahre Musikentwicklung obsolet sein können…):
der Sheppard ist tatsächlich interessant, insbesondere auch die Rekonstruktionsgeschichte des Libera nos. Die Version mit The Sixteen (ein Superchor) gefällt mir besser als die zweite.
Ebenfalls eine spannende Rekonstruktionsgeschichte (inklusive Mozart und einem Übertragungsfehler im Jahre 1951, siehe Wikipedia, auch Pingel hat bereits auf den Beitrag dort verwiesen) hat eines der wohl profiliertesten Stücke vor Bach, eine der ganz dicken Perlen, das Miserere von Allegri, hier in einer epochalen Version, die auch bald 40 Jahre nach ihrer Entstehung immer noch eine Referenz ist: Die Tallis Scholars aus dem Jahre 1980 - das Stück ist schon an verschiedenen Stellen im Forum erwähnt worden, gehört aber auch definitiv hier hin.
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(Alfred Polgar)
Ich hatte den Arcadelt in Beitrag 103 einigermaßen gescreent, um nicht völligen Blödsinn zu erzählen, ohne aber das ganze Potential festzustelllen:
ab 1:45 entwickelt sich ein solch perfekter Fluß der verschiedenen Stimmen, den ich inzwischen bestimmt über 100 mal gehört habe, daß sich in diesen wenigen Takten nicht nur eine "wunderbare Harmonik", sondern die ganze Genialität der Renaissancemusik widerspiegelt.
Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist.
(Alfred Polgar)
"Vox Luminis" höre ich oft bei YouTube. Wenn du mal in meinen Satire-thread reinschaust, habe ich einiges eingestellt, aber nur, weil einer Sänger (der kleinste) aussieht wie Messi. Dazu gibt es einen extrem Langen, ist das der Leiter?
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