Mezzo-Ereignis mit Flair und Charisma - Anita Rachvelishvili

  • [timg]https://www.operamusica.com/me…bfa91e82c.jpg;l;350;350;*[/timg]Anita Rachvelishvili wurde am 28. Juni 1984 im georgischen Tiflis geboren.
    Nach einem Klavier- und Gesangsstudium und dem Gewinn eines Gesangswettbewerbes im Jahr 2007 debütierte sie am Staatstheater in Tiflis als Maddalena in Rigoletto.


    Im selben Jahr kam sie ans Opernstudio der Mailänder Scala an der sie als Carmen - an der Seite von Jonas Kaufmann als Don José - für große Aufmerksamkeit sorgte. Danach ging es steil bergauf mit ihrer Karriere. Die Carmen hat sich inzwischen zu ihrer Paradepartie entwickelt mit der sie an vielen Häusern für Furore sorgte: Metropolitan Opera New York, San Francisco Opera, Bayerische Staatsoper München, Deutsche Oper Berlin, Semperoper in Dresden, Arena di Verona, Opera Roma, Royal Opera in London, um nur einige zu nennen.


    Zu ihrem Rollenrepertoire gehören aber auch Isabella in L’Italiana in Algeri, Orfeo in Gluck’s Orfeo ed Euridice, Lyubasha in Die Zarenbraut, Marfa in Chowanschtschina, Kontschakovna in Fürst Igor, Principessa di Bouillon in Adriana Lecouvreur, Azucena in Il Trovatore oder Saint-Saëns' Dalila.


    2013 sang sie erstmalig die Amneris in Aida – eine Partie, mit der sie ebenfalls an bedeutenden Opernhäusern beachtliche Erfolge feiert. Genauso wie mit dem Mezzo-Part in Verdi’s Requiem.


    Für 2018 geplant ist ihre erste Santuzza in Cavalleria Rusticana an der Oper in Rom sowie ihr Debüt an der Wiener Staatsoper als Amneris.


    Rachvelishvili verfügt nicht nur über einen farbenreichen Mezzosopran, der in der Höhe als auch in der Tiefe Eindruck macht und zu üppiger Klangfülle fähig ist, sie ist zudem auch eine sehr engagierte Schauspielerin, die sich mit Leidenschaft in ihre Rollen wirft. Kritiker beschreiben sie gar als ein Naturereignis und als eine Sängerin, die einen sofort in ihren Bann zieht.






    Auf DVD sind folgende Mitschnitte mit Anita Rachvelishvili erschienen:





    Gregor

  • Ein mir unbekannter Mezzo, der Carmen singt - das musste ich mir sofort anhören!



    Jedoch gefiel mir das nicht wirklich gut, speziell bei den langen "l´amour" (ab T.2 nach RZ 29) ist das Vibrato schon extrem stark und eiert fast, in der Tiefe höre ich da ein leichtes Knödeln, statt einen satten, schönen Mezzo-Klang. Sicher nicht schlecht, aber leider doch nicht meines.


    Aber trotzdem Danke für den schönen Eröffnungsbeitrag :)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Auch ich lese Gregors Beiträge immer sehr gern. :hello: Mit gefällt sein Enthusiasmus. Der macht mich immer neugierig. Anita Rachvelishvili ist - wenn man so will - stimmlich schon ein Naturereignis. In meinem Ohren klingt so wie ein Rohdiamant, der noch einen edleren Schliff vertragen würde. Dann glänzte und leuchtete er mehr. Wie ich finde, singt sie ziemlich äußerlich, zu sehr auf Effekte bedacht. Mehr Innerlichkeit wäre besser. Die Prinzessin Eboli ist so ein Fall, wie ich finde. Ihr Lied sollte in Wahrheit viel raffinierter und auch ironischer klingen. Man muss sich den Text und seinen Inhalt genau vergegenwärtigen. Die Dalila ist offenbar auch deshalb für meine Vorstellung nicht ausgeschöpft, weil ich die Inszenierung in dem ausgewählten YouTube-Clip für total verunglückt halte. Die Verführung findet in Wahrheit mit der Stimme statt und nicht mit dem roten Spitzenunterrock in einem Lust töteten Hotelzimmer. Diese Privatisierung dieser hinreißend erotischen Musik macht sie klein und unbedeutend. Irrtümer der Regie führen dazu, dass die Sänger ihre Potenziale nicht immer ausspielen können. Außerdem ist der Klang dieser YouTube-Schnipsel meistens ziemlich fatal. Ich fürchte, wir gewöhnen uns zu sehr daran.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Gregor, lieber Rheingold!

    Auch ich lese Gregors Beiträge immer sehr gern. :hello: Mit gefällt sein Enthusiasmus.


    Ich auch!
    Du, lieber Gregor,bist einer der wenigen im Forum, den ich wirklich als passionierten Melomanen erlebe!

    ...ein Rohdiamant, der noch einen edleren Schliff vertragen würde....


    Das hast Du sehr höflich und fein formuliert, lieber Rheingold! Ich fürchte, ich hätte mich weniger diplomatisch und galant zu Anita Rachvelishvili geäussert. Aber Deinen Bemerkungen kann ich voll zustimmen.
    In den Zeiten als es noch die Sowjetunion gab, war ich oft in Moskau. Ich musste immer persönlich dorthin fliegen, da es ja damals kein Internet und keine EMails gab, die Telefonverbindungen ständig überlastet waren und Briefe nicht selten einen ganzen Monat brauchten - wenn sie denn überhaupt ankamen.
    Meistens war ich dann für vier oder fünf Tage in der Stadt. Nach 16:00 Uhr aber konnt man keine Termine mehr machen! Was also sollte ich an den Abenden anderes tun als Aufführungen im Bolschoi zu besuchen. Dort begegnete man immer wieder Stimmen, die höchst eindrücklich waren aber völlig ungezähmt ihr Potential und ihre Leidenschaft verschleuderten. Daran muss ich denken, wenn ich Anita Rachvelishvili höre! Sie hat ja nicht nur eine eindrucksvolle Stimme, sie singt auch technisch durchaus versiert! Aber Disziplin, Geschmack und Stil sind ihr nicht gegeben. Leider!


    Beste Grüße euch beiden!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Auch ich lese Gregors Beiträge immer sehr gern. :hello: Mit gefällt sein Enthusiasmus.


    Noch ist er vorhanden, lieber Rüdiger. Noch. 8-)


    Du, lieber Gregor,bist einer der wenigen im Forum, den ich wirklich als passionierten Melomanen erlebe!


    Das freut mich natürlich, lieber Caruso. In den Kreis der Sängerinteressierten gehören aber zweifellos auch du und Rüdiger, da ihr zu den ganz wenigen gehört, die immer wieder Sänger vorstellen.


    Was Anita Rachvelishvili betrifft, hat das Rüdiger ja schon sehr gut beschrieben - ein Rohdiamant, der noch den nötigen Feinschliff braucht. Das trifft es genau. Sie hat enormes Potential, eine tolle Stimme, und weiß, wie sie mit ihr umgehen muss. Auch stimmtechnisch. Aber vieles kommt eben noch "ungezähmt". Aber geben wir der Sängerin auch noch Zeit sich weiterzuentwickeln. Sie ist ja immer noch sehr jung. Gerade mal 33.
    Hoffentlich findet sie auch noch den Stil, von dem Caruso meint, dieser würde ihr abgehen. ;)
    Es ist schon mal erfreulich, dass ihr beide euch schon früher mit Rachvelishvili beschäftigt habt. Außer euch ist wohl noch niemand hier im Forum der Sängerin auf der Bühne begegnet.


    Und bald werden wir ja wieder die Möglichkeit haben sich mit der Entwicklung der Sängerin befassen zu können. Denn erst vor wenigen Tagen wurde Rachvelishvili als neue Exklusiv-Künstlerin bei Sony Classical bestätigt. Ihr erstes Arien-Recital hat sie bereits aufgenommen, welches im Frühjahr auf den Markt kommt. :)


    Gregor

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  • Außer euch ist wohl noch niemand hier im Forum der Sängerin auf der Bühne begegnet.

    Doch, 2013 in der "Zarenbraut" im Berliner Schiller-Theater. War von ihr durchaus eindrucksvoll.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Gerade hatte sie einen Riesenerfolg als Azucena und war der von Publikum und Presse umjubelte Mittelpunkt einer Troubadour-Serie an der MET. Jetzt ist das Debütalbum von Anita Rachvelishvili bei Sony Classical erschienen.



    Seguidilla - Carmen (Bizet)
    Printemps qui commence - Samson et Dalila (Saint-Saens)
    Condotta ell'era in ceppi - Il Trovatore (Verdi)
    Canzone del velo - Don Carlo (Verdi)
    Je vous écris de ma petite chambre - Werther (Massenet)
    Misi sakheli Tinatin - Die Legende von Shota Rustaveli (Arakishvili)
    Mon coeur s'ouvre à ta voix - Samson et Dalila (Saint-Saens)
    Arie der Lyubasha - Die Zarenbraut (Rimsky-Korsakov)
    Habanera - Carmen (Bizet)
    Voi lo sapete, o mamma - Cavalleria rusticana (Mascagni)
    O ma lyre immortelle - Sapho (Gounod)
    O don fatale - Don Carlo (Verdi)




    Gregor

  • Disziplin, Geschmack und Stil sind ihr nicht gegeben.

    Eigentlich ist dieser Kommentar eine Beleidigung wenn nicht gar Rufschädigung. Denn er stimmt einfach nicht. Wenn man genau hinhört, dann kann man leicht erkennen, dass Frau Rachvelishvili sehr wohl geschmackvoll und diszipliniert singen kann. Das beweist sie auch, wenn man sich ihre Debüt-CD und sich beispielsweise ihre Aufnahmen von Printemps qui commence, O ma lyre immortelle oder die Arie der Lyubasha anhört.



    Rachvelishvili wächst in ein Fach hinein, dass Mezzos wie Fiorenza Cossotto oder Giulietta Simionato einst so beherrschten, ein Fach welches dann Dolora Zajick für sich eroberte, und ein Fach, dass seit dem Abgang von Luciana D'Intino sehnsüchtig auf eine Nachfolgerin wartet. Mit Anita Rachvelishvili scheint diese Lücke nun wirklich wieder gefüllt zu werden. Wenn man Rachvelishvili hört, fällt einem aber nicht nur ihre Fähigkeit große Töne zu produzieren auf, sondern auch, dass sie sehr wohl mit Feinheit und Sensibilität aufwarten kann.


    Manchmal scheint sie Mühe zu haben ihren fülligen Mezzo zu zähmen, so auch beim CD-Opener, der Seguidilla der Carmen. Aber vielleicht ist das auch so gewollt. Denn hier hört man nicht so sehr die Verführerin, sondern auch schon die Bedrohung, die von ihrer Carmen ausgeht. Der Don José der das hört, müsste hier schon gewarnt sein. Verführerischer klingt dann schon ihre Habanera.

    Ihre Dalila, die ebenfalls zweifach auf dem Album vertreten ist, ist ganz klar die Verführerin. Printemps qui commence ist betörend, auch Mon coeur s'ouvre a ta voix wird herausragend gesungen, ist technisch sehr gut und präzise. Dem Vortrag fehlt es vielleicht an Emotion, was aber auch an dem etwas forschen Dirigat von Giacomo Sagripanti liegt, der Rachvelishvili etwas durch die Arie hetzt. Da kann sich der Zauber dieser Arie nicht so recht entfachen.


    Ganz hervorragend singt die Georgierin Condotta ell'era in ceppi aus Verdi's Il trovatore. Sie beginnt die Erzählung der Azucena geradezu nüchtern klar, und steigert sich dann immer mehr in Verzweiflung und Besessenheit. Großartig! Kein Wunder, dass sie mit der Partie an der MET einen phänomenalen Erfolg feiern konnte.


    Auf der CD trifft man auch auf nicht so gängiges Repertoire. Da ist zum einen die betörend vorgetragene A-cappella-Arie der Lyubasha aus Die Zarenbraut, und mit Misi sakheli Timatin aus Dimitri Arakishvili's Die Legende von Shota Rustaveli nutzt Rachvelishvili die Gelegenheit Musik ihrer georgischen Heimat einem breiteren Publikum vorzustellen und demonstriert dabei ihre ganze vokale Leidenschaft. Hier hört man deutlich wie viel Geschmack und Stil dieser Sängerin gegeben ist.

    Eine Partie die man vielleicht nicht sofort mit ihr in Verbindung bringen würde, ist die Charlotte in Massenet's Werther, die sie mit der Brief-Arie ausgezeichnet und sehr subtil als auch sehr expressiv zu Gehör bringt. Angefangen von der leisen Zurückhaltung bis zum großen dramatischen Ausbruch. Da darf man schon auf ihre Live-Charlotte gespannt sein.

    Was das französische Repertoire der CD betrifft, gehört O ma lyre immortelle aus Gounod's Sapho sicherlich zu einem absoluten Höhepunkt.


    Verdi's Don Carlo kommt ebenfalls zweimal zum Einsatz. Im Schleier-Lied der Eboli spielt sie gekonnt mit den Verzierungen, mit O Don Fatale macht sie dann Eindruck mit der Kraft und der Emotionalität ihrer Stimme. Die Rolle singt sie erstmalig im Herbst 2019 in Paris.


    Ihrer Santuzza aus Cavalleria Rusticana - wenn auch wieder sehr gut gesungen - fehlt es noch an Verzweiflung, an Drama. Jedenfalls scheint sie hier (derzeit noch) an ihre Grenzen zu stoßen.

    Vielleicht ist es aber auch so, dass Rachvelishvili erst Live auf der Bühne das komplette Package abliefert. Das, was einem vielleicht manchmal an Emotion noch fehlt, bietet sie dann auf der Bühne. Andererseits ist die Sängerin mit 35 Jahren noch sehr jung. Lassen wir sie reifen und Erfahrung sammeln. Das was sie bisher hat hören lassen, zeugt von enormen Potential. Ihre Debüt-CD unterstreicht dies.


    Gregor