Gedanken zur Freiheit der Kunst in anderen Medien - Gastkommentare von Prof. Dr. h.c. Bernd Weikl

  • ggg@Joseph...


    Also, solange es hier Leute gibt wie Operus oder Dottore Pingel, ist das doch weiterhin Dein Forum.

    Liebe Freunde,


    also auch ich wollte mich aus diesem nicht mehr zu einem Ergebnis führenden Thread verabschieden. Die Zeilen von m-müller :hello: haben mich gefreut und sofort wieder auf den Pfad der Tugend zurückgeführt. Keiner von uns sollte ich aus dieser Diskussion ganz zurückziehen, wohl wissend, dass die Bewertung von Richard Wagners politischen Aktivitäten und Bestrebungen in der Fachwelt unterschiedlich betrachtet und gewertet wird. Ich werde mich also bei dieser Thematik zurückhalten, weil wie bei der Regietheater-Diskussion unverrückbare Meinungen sich ständig wiederholend aufeinander treffen.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Vielleicht noch ein Erlebnis aus früher Jugendzeit:
    1955 erstmals in Bayreuth mit dem Auftrag, Impressionen für das damalige Neckar-Echo zu schreiben. War wahrscheinlich der einzige Weg, um für einen gelegentlich schreibenden Jungspund Karten zu bekommen. Ich konnte damals sogar ein kurzes Interview mit Wolfgang Windgassen machen. Selbstverständlich war ich stark beeindruckt vom Mythos Bayreuth und habe brav auch Wagner-Museen besucht. Bei einer solchen Führung wurde Wagner in Verbindung mit der chinesischen Mythologie gebracht. Erster geringer, noch unsausgesprochener Zweifel von mir. Dann wurde der Schriftwechsel zwischen Wagner und König Ludwig betrachtet, darin häuften sich Formulierungen wie, "Geliebter, wann darf ich ich Dich wieder in die Arme schließen/in dein edles Angesicht blicken.." stellte ich die naive Frage: "Hatten die beiden ein homoerotisches Verhältnis?" Zunächst eisiges Schweigen und ab da war ich für den Führenden und die Besichtigungsgruppe Persona non grata und hatte gelernt, dass bestimmte Fragen besser nicht gestellt werden sollten. Man sieht jedoch, welche Spekulationen bei der schillernden Persönlichkeit Wagner noch möglich sind. Hoffentlich heißt es jetzt für mich nicht." Die ich rief,die Geister werd ich nun nicht los."

    Herzlichst
    Operus


    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wie sicherlich auch für die Diskussion der Frage, wessen Ästhetik man den Vorrang einräumen sollte. Im Moment dazu von mir nur zwei Bemerkungen: Hanslick ist ein großer Mann, aber es gibt auch andere große Männer, ich habe bisher nicht bemerkt, dass ich mit seinem ästhetischen Denken besonders weit komme, darum ziehe ich andere vor.

    Stimmt, wir sind vom Thgema etwas abgekommen! Es ging auch nur darum - das war ein Nebenthema - ob reine Instrumentalmusik "antisemitisch" konnotiert sein kann. Und in diesem Zusammenhang hatte ich auf Hanslick verwiesen, der das exemplarisch formuliert hat: Sätze wie "Robert liebt Clara" oder "Richard hasst Juden" sind musikalisch schlicht nicht ausdrückbar, weil Musik eben die Form von Vorstellungsintentionalität, die dazu gehört, nicht aufweist. Mir ist jetzt kein namhafter Musiktheoretiker bekannt, der hier das Gegenteil behaupten würde. :)

    De Basis des Theaters ist nicht Text, auch nicht die »Umsetzung« von Text, sondern die körperliche Bewegung des Darstellers vor einem Publikum (die sehr gut ohne Text auskommen kann).

    Wagner zumindest denkt aber sehr klassisch. Es geht immer um die "Dichtung", die Handlung und das Verständnis der Motive der Handlung. Die Gestik kommt bei ihm in seiner - durch seine Schopenhauer-Lektüre inspirierten - Ausdruckstheorie.

    In dieser Hinsicht halte ich übrigens Nietzsches Wagner-Kritik, so schätzenswert und erhellend ich sie in vielen anderen Pnkte finde, für verfehlt. Er hat die enorme gestische Präzision der musikalischen Formulierungen, ihre kraftvolle Theatralität nicht erkannt (bzw. als Schauspielerei abgelehnt) und damit gerade das verfehlt, was die theatralische Kraft dieser Schöpfungen ausmacht.

    Auf die "Gebärde" bei Wagner geht Nietzsche aber auch ein. Interessant im Kontext von Wagners Antisemitismus ist Nietzsches Kritik finde ich deshalb, was das "Rhythmische" angeht. An Meyerbeer wird von den Antisemiten immer am "Rhythmische" als dem Jüdischen Anstoß genommen. Nietzsches Kritik kehrt das nun um, indem sie bei Wagner von einer "Entartung des rhythmischen Gefühls" spricht.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Wer immer noch glauben will, daß Wagners Schrift eine Rolle bei den zukünftigen Ereignissen gespielt hat, der lese die beiden genannten Bücher.


    Wer sich an einer Diskussion über das Thema beteiligen will, ob und wie Wagner – nicht nur mit der »Judenbroschüre« – einen Rolle bei dem gespielt hat, was Du so hübsch euphemistisch »die zukünftigen Ereignisse« nennst, der sollte sich über das Thema informieren, also die entsprechende Literatur lesen. Die ist leicht zugänglich und meist auch ziemlich leicht verständlich.


    Aber waren nicht eigentlich die beiden am Anfang verlinkten Beiträge von Prof. Dr. h. c. Bernd Weikl das Thema des Threads?


    Und in diesem Zusammenhang hatte ich auf Hanslick verwiesen, der das exemplarisch formuliert hat: Sätze wie "Robert liebt Clara" oder "Richard hasst Juden" sind musikalisch schlicht nicht ausdrückbar


    Das bestreite ich. Ob diese Sätze musikalisch ausdrückbar sind oder nicht, hängt vom Kontext ab. Es gibt vorläufig keine Konvention, die es möglich macht, aber diese ist durchaus denkbar. Wenn die Musik audrücken kann »Isolde denkt daran, wie sie Tristan nicht erschlagen konnte«, was sie zweifellos kann, wie die »Tristan«-Partitur mit zahllosen Beispielen belegt, kann sie auch diese Sätze ausdrücken, wenn der entsprechende Kontext geschaffen wird. Das kann eine übergreifend geltende Konvention sein (wie sie für die musikalischen Symbole, die allgemein bekannt sind und verwendet werden), es kann eine Konvention sein, die nur für das betreffende Werk gilt (indem eine bestimmte musikalische Formulierung »semantisiert« wird).


    Aber das gehört alles wirklich nicht in diesen Thread, darum sollten wir die Diskussion hierüber verlagern oder abbrechen. Was den gestischen Charakter der Wagnerschen Musik betrifft, muss ich noch sagen, dass ich lieber die Partituren lese als die Sekundärliteratur. Und da lassen sich nicht nur bei Wagner, aber eben auch bei ihm zahllose Beispiele für den gestischen Charakter seiner Musik finden. Genauer dafür, dass die musikalischen Formulierungen erst ihren Sinn entfalten, den sie in das theatralische Geschehen einbringen, wenn man sie als Gesten bzw. Bewegungen von Körpern in Zeit und Raum (unter Umständen auch auf einer Bühne) hört und deutet.


    Aber ich lasse mich schon wieder hinreißen... Das gehört hier nicht her, darum: Punkt.


    Ein Nachtrag dennoch: Ich schätze Nietzsches Texte zu Wagner sehr, was mich aber nicht hindert, so einiges doch fragwürdig zu finden. Was er mit der »Entartung des rhythmischen Gefühls« meinte, und wie er darauf kam, die ausgerechnet bei Wagner zu finden, wusste er vermutlich selbst nicht. Ich weiß es jedenfalls nicht und kann mit diesem Diktum überhaupt nichts anfangen. Auf Wagners Musik trifft es jedenfalls nicht zu. Dass Nietzsche darauf verfiel, mag daran liegen, dass er als Amateur-Komponist, der Peter Gast für ein Genie hielt, von den mitunter recht komplexen rhythmischen Strukturen bei Wagner überfordert war. Aber ich sehe nicht, wie dieser Mangel an Verständnis produktiv zu machen wäre. Ein paar beliebige Takte aus irgendeinem der reifen Werke Wagners widerlegen Nietzsches Behauptung einer »Entartung des rhythmischen Gefühls« vollkommen.

  • Ich darf nocheinmal darum bitten, von Beleidigungen und Abqualifizierungen anderer Mitglieder und deren Meinungen abzusehen. TP

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Das bestreite ich. Ob diese Sätze musikalisch ausdrückbar sind oder nicht, hängt vom Kontext ab.

    Nee. Adorno (Fragment über Musik und Sprache) "Gegenüber der meinenden Sprache ist die Musik von ganz anderem Typus." Also: Musik als "Sprache" betrachtet kann nichts "meinen", also auch keinen Antisemitismus. "Musik zielt auf eine intentionslose Sprache." Anders als die Wortsprache, die die Dinge ausdrücklich benennen kann, hat die Musik kein Objekt als Referenten, wie die Sprachanalytiker sagen, auf das sie sich in ihrer Intention der Benennung und Bezeichnung bezieht. Sie kann also auch Liebe und Hass nicht adressieren an ein bestimmtes Objekt.

    Es gibt vorläufig keine Konvention, die es möglich macht, aber diese ist durchaus denkbar. Wenn die Musik audrücken kann »Isolde denkt daran, wie sie Tristan nicht erschlagen konnte«, was sie zweifellos kann, wie die »Tristan«-Partitur mit zahllosen Beispielen belegt, kann sie auch diese Sätze ausdrücken, wenn der entsprechende Kontext geschaffen wird.

    Das Beispiel ist aber wieder eine Oper, wo Musik in Verbindung mit der Wortsprache fungiert und eben nicht reine Instrumentalmusik.

    Ein Nachtrag dennoch: Ich schätze Nietzsches Texte zu Wagner sehr, was mich aber nicht hindert, so einiges doch fragwürdig zu finden. Was er mit der »Entartung des rhythmischen Gefühls« meinte, und wie er darauf kam, die ausgerechnet bei Wagner zu finden, wusste er vermutlich selbst nicht.

    Ich verstehe das sehr gut. "Schwimmen und nicht Tanzen." Er betont das "Trocken-Afrikanische". Wenn ich an Debussy und mehr noch Strawinskys "Sacre" denke, leuchtet mir das sofort ein. Nietzsches Wagner-Kritik nimmt hier die antiwagnerischen Tendenzen der Musik des 20. Jhd. vorweg. :D


    Nietzsche kritisiert an Wagner die Dramaturgie, den "Sieg des Schauspielers über die Musik". Die Position kehrt ja später interessanter Weise in der Auseinandersetzung zwischen Weill und Brecht wieder. Wie Nietzsche gegenüber Wagner pocht Weill Brecht gegenüber auf den Vorrang der Musik. ;)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Hallo Thomas,


    Zitat

    von Beleidigungen und Abqualifizierungen anderer Mitglieder und derene Meinungen abzusehen


    gilt das dann für alle?


    Ich bitte um diesbezüglich ergänzende Streichungen.


    Mit freundlichen Grüßen


    Karl

  • Eine kurze Information von seiten der Forenleitung:


    Das Mitglied Timante ist soeben auf eigenen Wunsch aus dem Tamino-Klassikforum ausgeschieden


    Dies Info wird in einigen Tagen gelöscht - und ich bitte, sie hier in diesem Thead nicht zu kommentieren


    Alfred SCHMIDT
    Forenbetrieb Tamino Klassikforum

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein Nachtrag dennoch: Ich schätze Nietzsches Texte zu Wagner sehr, was mich aber nicht hindert, so einiges doch fragwürdig zu finden. Was er mit der »Entartung des rhythmischen Gefühls« meinte, und wie er darauf kam, die ausgerechnet bei Wagner zu finden, wusste er vermutlich selbst nicht. Ich weiß es jedenfalls nicht und kann mit diesem Diktum überhaupt nichts anfangen. Auf Wagners Musik trifft es jedenfalls nicht zu. Dass Nietzsche darauf verfiel, mag daran liegen, dass er als Amateur-Komponist, der Peter Gast für ein Genie hielt, von den mitunter recht komplexen rhythmischen Strukturen bei Wagner überfordert war. Aber ich sehe nicht, wie dieser Mangel an Verständnis produktiv zu machen wäre. Ein paar beliebige Takte aus irgendeinem der reifen Werke Wagners widerlegen Nietzsches Behauptung einer »Entartung des rhythmischen Gefühls« vollkommen.

    Timantes Entscheidung bedaure ich sehr - kann sie allerdings sehr gut nachvollziehen.


    Damit die Diskussion nicht unvollständig bleibt meine Sicht und Deutung von Nietzsche.


    Es gibt einen Nietzsche-Aphorismus, wo es heißt, der Aphorsimus dürfe und solle "ungerecht" sein. Durch Übertreibung und Überzeichnung soll etwas nicht gleich Sichtbares sichtbar gemacht werden. Man sollte also die satirische Überspitzung bei Nietzsche nicht ganz wörtlich nehmen. Zudem war Nietzsche Professor für Altphilologie. Er kannte also den etymologischen Ursprung von griech. rhythmos, die Wurzel rhei=fließen. Man darf also vorraussetzen, dass er das bei seiner Satire im Hinterkopf hat. Wagner gehört letztlich in den Kontext der Lebensphilosophie, die mit Schopenhauer beginnt, deren Lieblingsmetapher die vom "Lebensstrom" ist. Wagner wollte eine Musik, die das "Leben" spiegelt, entsprechend polemisierte er gegen das starre Metrum, gegen das, was er verächtlich "Quadratmusik" nennt. In der Schrift über das Dirigieren betont er - gegen Mendelssohn - die "Modifikationen des Tempos", was noch einmal darauf hinweist, dass es ihm um eine Verflüssigung des starren Metrums ging. Nietzsches Satire nennt das nun "Schwimmen und nicht Tanzen". Offensichlich spielt er hier zwei Bedeutungen von Rhythmus gegeneinander aus. Im Unterschied zum fließenden Lebensrhythmus, an dem sich Wagner orientiert, ist der Tanz-Rhythmus dagegen einer, der an einem festen Taktmaß, einem Metrum, orientiert bleibt und von daher nicht fließt. Nietzsches Vorbild war hier Bizets "Carmen", für ihn das Ideal einer anti-wagnerischen Oper. Wenn natürlich ein "Modernist" wie Pierre Boulez Wagner dirigiert, der durch Debussy und Strawinsky geprägt ist, dann erfährt man allerdings, dass auch Wagner durchaus tänzerisch-rhythmisch sein kann. Das ist letztlich das Spannende an der Interpretationsgeschichte, dass sich die Traditionen kreuzen und vermischen. :D


    Schöne Grüße
    Holger

  • Zitat

    In der Schrift über das Dirigieren...


    Hallo Holger,


    das darf und soll nicht untergehen, daß Wagners Diktat und Vorstellungen über das Dirigieren uns über Bülow direkt zu den Berlinern führen, die nach diesen Maßstäben und Vorgaben zu einem Vorzeigeorchester erzogen wurden.


    Es grüßt


    Karl

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  • das darf und soll nicht untergehen, daß Wagners Diktat und Vorstellungen über das Dirigieren uns über Bülow direkt zu den Berlinern führen, die nach diesen Maßstäben und Vorgaben zu einem Vorzeigeorchester erzogen wurden.

    Hallo Karl,


    und Furtwängler verkörpert die Tugenden dieser Wagner-Tradition wirklich ideal, finde ich. Nach Wagner sollen die "Modifikationen" ja immer organisch-natürlich und nie gewaltsam sein, so dass man sie eigentlich gar nicht merkt. Und genau das konnte Furtwängler unvergleichlich. :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Hallo Holger,


    ich muss gestehen, wenn ich die Berichte über Furtwängleraufführungen lese, scheint es nicht selten zu diesem Ereignis gekommen zu sein, wo Orchester, Dirigent und Publikum in und mit der Musik förmlich verschmolzen sind.


    Blöd, daß ich nie dabei sein konnte. X(


    Nette Grüße


    Karl

  • Ich darf nocheinmal darum bitten, von Beleidigungen und Abqualifizierungen anderer Mitglieder und deren Meinungen abzusehen. TP


    Ach, lieber Thomas, liebe engagierte Freunde. Wie schade, dass bei der im Grunde vorhandenen Substanz der Beiträge, in einem Klassik-Forum immer wieder auf Selbstverständlichkeiten hingewiesen werden muss.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Timantes Entscheidung bedaure ich sehr - kann sie allerdings sehr gut nachvollziehen.

    Um Dir und anderen Musikwissenschaftlern, Philosophen, Theoretikern die Möglickeit zu geben, ihre zugegeben starken Fachkenntnisse gebührend zu diskutieren, sollte man sich seitens der Forenleitung tatsächlich einmal Gedanken darüber machen, einen Themenkomplex über Musiktheorie zu eröffnen. Ich hatte das schon einmal vorgeschlagen, es hat aber niemand geantwortet. Ich glaube schon, daß Dr. Kaletha und dieser Timante eine gemeinsame Basis zum Theoretisieren gehabt hätten, für beide von Vorteil, und sicher für andere auch. Wohl eher nicht für mich.


    Es gibt aber im Forum eine Mehrheit, für die Musik Hobby ist und nicht Beruf. Das Ideal - die Verbindung von Hobby und Beruf - führt bei "Fachsimpelei" zu Unverständnis auf der einen Seite und Begeisterung auf der anderen. Ich schlage nicht vor, hier ein Ghetto zu bilden, nur möchte ich Diskussionen etwas lenken und damit Emotionen zurückzudrehen. Ich würde ja nicht wünschen, daß ein solcher Themenkomplex intern würde. Wenn ich einen solchen Themenkomplex anklicke, weiß ich, daß das für mich nur zum Lesen da wäre und hielte mich mit Beiträgen zurück. Und Theoretiker und berufsmäßige Musikpraktiker sowie fachlich kompetente "Amateure" hätten eine Plattform, die jedem zugänglich ist, den das interessiert. Und auch Timante hätte nicht das Handtuch zu schmeißen brauchen.


    Vielleicht, wenn die Moderation das aufgreifen sollte, könnte man das erst einmal in einem forumsinternen Thread diskutieren.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Um Dir und anderen Musikwissenschaftlern, Philosophen, Theoretikern die Möglickeit zu geben, ihre zugegeben starken Fachkenntnisse gebührend zu diskutieren, sollte man sich seitens der Forenleitung tatsächlich einmal Gedanken darüber machen, einen Themenkomplex über Musiktheorie zu eröffnen. Ich hatte das schon einmal vorgeschlagen, es hat aber niemand geantwortet. Ich glaube schon, daß Dr. Kaletha und dieser Timante eine gemeinsame Basis zum Theoretisieren gehabt hätten, für beide von Vorteil, und sicher für andere auch. Wohl eher nicht für mich.


    Ich finde diesen Vorschlag praktikabel, gut und Diskussionen entschärfend. Timante bitte ich, wieder einzusteigen und mitzuschreiben. Wer bei Tamino bei elitären Diskussionen mitmachen will sollte bitte auch hart in Nehmen sein!


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • "Auf einen dicken Klotz gehört ein grober Keil."


    Und so verstehe ich die beanstandete Wortwahl von Timante, den ich höflich bitte, seine Entscheidung zu revidieren und zugleich Alfred, den Wiedereintritt möglich zu machen.


    Dankbare Grüße sendet
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Um Dir und anderen Musikwissenschaftlern, Philosophen, Theoretikern die Möglickeit zu geben, ihre zugegeben starken Fachkenntnisse gebührend zu diskutieren, sollte man sich seitens der Forenleitung tatsächlich einmal Gedanken darüber machen, einen Themenkomplex über Musiktheorie zu eröffnen. Ich hatte das schon einmal vorgeschlagen, es hat aber niemand geantwortet. Ich glaube schon, daß Dr. Kaletha und dieser Timante eine gemeinsame Basis zum Theoretisieren gehabt hätten, für beide von Vorteil, und sicher für andere auch. Wohl eher nicht für mich.

    Lieber La Roche,


    ich bin doch reichlich befremdet von diesem Einwurf. Worum geht es denn in diesem Thread? Um zwei befremdliche Artikel von Bernd Weikl, die nun wirklich reichlich wenig mit Musik zu tun haben, sondern kulturpolitische Agitation darstellen. Wenn Dich diese Problematik nicht interessiert, warum beteiligst Du Dich dann überhaupt an diesem Thread? Weikl wählt den Titel "Selbstzerstörung der Kunst und Kultur in Deutschland" und Ausdruck dieser "Selbstzerstörung" soll dann u.a. sein, dass ein jüdischer Regisseur in Bayreuth die Meistersinger inszeniert, dem er dann auch noch die "Vernichtung" von Wagners Werk vorwirft. Das ist einfach nur grotesk. Die abstrusen Behauptungen von Weikl, darüber regt sich kein RT-Gegner hier auf, denn nach dem Freund-Feind-Schema haben die Freunde, die RT kritisieren, immer Recht, auch wenn sie den größten Unfug schreiben. Das Einzige, was dagegen hilft ist aber nun mal Aufklärung. Und die besteht eben darin, dass man sich kompetent macht und die entsprechenden Fachkenntnisse sich aneignet bzw. wirklich auch bereit ist, Wagners unsäglichen Text zu lesen. Timante hat das sehr präzise gemacht und darauf hast Du ziemlich befremdlich reagiert, dass Du Dich von Wagners Musik berauschen lassen willst und alles Andere Dich nicht interessiert. Darum geht es aber nicht in diesem Thread, sondern u.a. darum, ob ein Herr Weikl das Recht hat, einem jüdischen (!) Regisseur im Jahre 2018 vorzuhalten, er "vernichte" Wagners Werk und er sei damit ein Zerstörer der deutschen Kunst und Kultur.


    Da ich zu den ganz Wenigen gehöre, die Wagners Schrift im Original gelesen haben, nur einige Anmerkungen dazu. Es ist für mich unfassbar, warum Weikl nicht merkt, dass er sich derselben Sprache und identisch derselben Polemik bedient wie Wagner in seiner antisemitischen Schrift. Das ist dieselbe Art von radikalistischer Kulturkampfpolemik, der den Diskurs über entartete Kunst auszeichnete und der wesentlich mit von antisemitischer Polemik gefüttert wurde.


    Was ich sage, pflege ich zu belegen und tue das deshalb hier mit Wagners Schrift. Die Zweitausgabe von 1869 war als Broschüre veröffentlicht, die gegenüber der Erstausgabe von 1850 den "offenen Brief" an Marie Muchanoff als Schluss enthielt. Darin erläutert Wagner, was er mit seiner Schrift bezwecken will:


    "Was ich damit bezwecken wollte, könnte ich daher nicht klar bezeichnen, dagegen nur eben mich berufen, daß die Einsicht in den unvermeidlichen Verfall unsrer Musikzustände mir die innere Nötigung zur Bezeichnung der Ursachen davon auferlegte."


    Wagner bemüht hier zweimal etwas "Unausweichliches", eine "höhere Notwendigkeit". Einmal sei der Verfall der deutschen Musikkultur unvermeidlich und er fühlt sich deshalb gezwungen, die Ursache dafür zu finden. Das ist natürlich "der Jude" - Wagner spricht in seiner Schrift von "dem Juden" (!) Und dann wird er nochmals konkreter:


    "Denn über Eines bin ich mir klar: so wie der Einfluß, welchen die Juden auf unser geistiges Leben gewonnen haben, und wie er sich in der Ablenkung und Fälschung unsrer höchsten Kulturtendenzen kundgibt, nicht ein bloßer, etwa nur physiologischer Zufall ist, so muß er auch als unleugbar und entscheidend anerkannt werden."


    Also: Der Einfluss der "Juden" auf die deutsche Kultur ist dafür verantwortlich, dass diese korrumpiert wird, von ihrer eigentlichen und höchsten Bestimmung abgelenkt und verfälscht wird. Diese Satz hat nun noch eine wirklich haarsträubende Fortsetzung, wo Wagner dann alle Masken fallen lässt. Zuvor aber ist noch zu klären, was Wagner meint, wenn er sagt, dass sei kein bloß "physiologischer Zufall". Wie man schon merkt, ist das eine gewissermaßen "protorassische" Argumentation (den Rassismus von Gobineau hat Wagner erst später kennengelernt). Denn das Judesein ist bei Wagner keine "religiöse" Kennzeichnung mehr, sondern eine der "Physiologie", d.h. so etwas wie eine "Naturanlage". In diesem Kontext zeigt sich auch das Niveau der Aussagen von Weikl, der sich auf den israelischen Musikwissenschaftler Arad Atir:


    Hier Auszüge aus Atirs Antworten beim Interview: „Wagner war nicht der Antisemit, für den die Leute ihn halten, sagt Irad Atir, seine Kritik an Juden war Teil seines Widerstandes gegen die generelle soziopolitische und kulturelle Situation in diesem 19. Jahrhundert – einschließlich seiner nicht-jüdischen Gesellschaft.


    Wagner kritisierte bestimmte Aspekte an den Deutschen, z. B. deren Rückständigkeit, die bedingungslose Religiosität, den Stolz des Adels und den Militarismus. Und hat andererseits den jüdischen Separatismus auf’s Korn genommen. Generell gab es für unseren Komponisten gute und schlechte Deutsche – und gute und schlechte Juden. Wagner wusste mehr über Juden und Judentum und arbeitete mehr mit Juden, als alle anderen Komponisten in seiner Zeit. Seine obsessive Voreingenommenheit gegen Einzelne und Gruppen war komplex und jederzeit veränderlich.


    Atir behauptet hier allen Ernstes, Wagner hätte keine generellen Voreingenommenheiten gegen Juden überhaupt, sondern nur gegen einzelne Juden gehabt. Das ist aber nun nachweislich falsch und auch am Text eindeutig zu belegen. Wagners Antisemitismus ist in vielerlei Hinsicht epigonal, aber in einer Hinsicht bringt er 1850 etwas Neues ins Spiel, was auf den rassistischen Antisemitismus vorausweist. Wagner redet von der "unbewußte(n) Empfindung, die sich im Volk als innerlichste Abneigung gegen jüdisches Wesen kundgibt". Oder an anderer Stelle ist die Rede von dem "unwillkürlich Abstoßende(n), welches die Persönlichkeit und das Wesen der Juden für uns hat". Wagner ist ein philosophisch gebildeter Autor. Er weiß also, was er sagt, wenn er vom "jüdischen Wesen" redet. Das "Wesen" ist in der philosophischen Tradition seit Aristoteles eine "Essenz", eine "Naturanlage", welche den Menschen prägt und die er mitbekommen hat, ohne dass er daran etwas ändern könnte. Und das Wesen ist etwas Zeitlos-Ewiges. Wagner hat also das "Jüdische" zu einer unveränderlichen Naturanlage gemacht, an dem deshalb natürlich auch keine Taufe etwas ändern kann und ebenso ist die "innerlichste Abneigung" (man beachte den Superlativ!) der Nichtjuden gegenüber den Juden etwas in der "Natur" Gründendes: Der Nichtjude kann den Juden nur als widerwärtig empfinden, weil es in seiner Natur und seinem Wesen liegt, dass er dem "jüdische Wesen" mit "innerlichster Abneigung" begegnet - und das ist völlig unabhängig von persönlichen Vorlieben, die der einzelne nichtjüdische Mensch gegenüber einzelnen Juden hat.


    Und weiter behauptet Atir:


    "Seine obsessive Voreingenommenheit gegen Einzelne und Gruppen war komplex und jederzeit veränderlich. Selbst das sehr schlimme Essay: "Über das Judentum in der Musik< endet mit einem Aufruf, die jüdische und deutsche Kultur zu vereinigen."


    Was steht nun aber in dem "offenen Brief" an Marie Muchanoff, den Wagner in publikumswirksam seiner Broschüre 1869 an den Schluss stellte - in der Fortsetzung des oben zitierten Satzes? - ich zitiere die Stelle komplett:


    "Denn über Eines bin ich mir klar: so wie der Einfluß, welchen die Juden auf unser geistiges Leben gewonnen haben, und wie er sich in der Ablenkung und Fälschung unsrer höchsten Kulturtendenzen kundgibt, nicht ein bloßer, etwa nur physiologischer Zufall ist, so muß er auch als unleugbar und entscheidend anerkannt werden. Ob der Verfall unsrer Kultur durch eine gewaltsame Auswerfung des zersetzenden fremden Elementes aufgehalten werden könne, vermag ich nicht zu beurteilen, weil hierzu Kräfte gehören müßten, deren Vorhandensein mir unbekannt ist."


    Da sträuben sich mir als Leser nun wirklich die Nackenhaare! Wagner spricht hier erst einmal eine menschenverachtende Sprache, die in keiner Hinsicht gegenüber der des Nazi-Antisemitismus zurücksteht, die geradezu wie eine Wagner-Imitation wirkt. In der üblichen biologistischen Metaphorik werden Juden als "zersetzende" Elemente gekennzeichnet, die man wie bei einem krankhaften Husten den Schleim "auswirft". Und es geht um eine gewaltsame (!) Auswerfung! Wagner spielt hier - und das ist an Verlogenheit nicht zu überbieten - das scheinbar unverbindliche Gedankenspiel, was vielleicht eine "Medizin" gegen die Juden als gefährliche Krankheitserreger der Kultur und ein wirksames Mittel sein könnte, um den Heilungsprozess einzuleiten, nämlich sie gewaltsam aus dem Kulturkörper zu entfernen. Und dann macht er auch noch eine vieldeutige Andeutung, die von unverhohlener Sympathie für das Unverstellbare geprägt ist, dass es politische Kräfte geben könnte - die es 1869 tatsächlich nicht gab - die das in Angriff nehmen. Spätestens hier sieht man, dass alle verzweifelten Wagner-Apologien zum Scheitern verurteilt sind. Denn diese "Kräfte" sind tatsächlich auf der historischen Bildfläche erschienen: nämlich mit dem Nationalsozialismus.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    zunächst einmal herzlichen Dank für Deine sehr ausführliche Darstellung. Das von Dir gefettete Zita am Ende hab ich gesucht und nicht gefunden, danke auch dafür.


    In einem Punkt versuche ich indes, den Faden von LaRoche aufzunehmen. Die Zusammensetzung de Taminos ist recht heterogen. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass bestimmte Themenkomplexe für Verwirung sorgen. Du erinnerst Dich vielleicht an den Philosophie-Thread (ich meine, dass ich den seinerzeit gestartet hätte) und der in der Diskussion über einzelne Sätze von Jean-Paul Sartre völlig entgleist ist. Da hätte man mit LaRoche auch sagen können, dass ich derjenige bitte raushalten möge, ders nicht versteht oder verstehen will. Das ist aber leider nicht so. Ähnlich die Inszenierungsdebatten: es ist niocht möglich, einen Bereich für Ästhetikdebatten aufzumachen, der nicht alsbald von denjenigen gestört werden wird, denen das nich passt. Hatten wir auch schon alles.


    Die Idee von LaRoche wäre lediglich dann umsetzbar, wenn man Diskussionsbereiche schafft, in denen schreibend nur entsprechend angemeldete Taminos Zugang haben.


    Insofern muss man auch bei der rezenten Diskussion hinnehmen, dass es Musikliebhaber gibt, die bestimme Debatten nicht oder nicht mehr haben wollen. Und genau in diesem Spannungsfeld bewgt sich auch die Diskussion über Wagners Antisemitismus. Was ich allerdings nie verstehen werde: wenn ich denn für mich selber sage: ich habe genug von der Diskussion über seinen Antisemitismus, warum beteilige ich mich dann an der Diskussion?


    Tatsächlich müssen wir alle von uns abverlangen, das Gegenüber in der Diskussion zu verstehen. Da verbietet es sich, Äußerungen als dumm o.ä. abzuqualifizieren. Ebenso freilich Bildung zu diskreditieren, di nun mit einigem Aufwand erworben wurde. Äußerungen wie die von den "gebildeten Herren" gehören zu den absoluten nogos einer Debatte.


    Um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen: ich verstehe Deinen Vorschlag, lieber LaRoche ich verstehe Deinen Einwand, lieber Holger und stelle fest: gelöst werden könnte das Problem wenn überhaupt mit einem erhöhten technischen Aufwand oder, ganz einfach, mit Disziplin und Höflichkeit untereinander.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo Holger,


    ich habe dazu eine Frage:


    Was ist denn für dich das jüdische Wesen, welches Wagner anspricht? Worin äußert es sich?


    Es grüßt


    Karl

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  • Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass bestimmte Themenkomplexe für Verwirung sorgen. Du erinnerst Dich vielleicht an den Philosophie-Thread (ich meine, dass ich den seinerzeit gestartet hätte) und der in der Diskussion über einzelne Sätze von Jean-Paul Sartre völlig entgleist ist.

    Ja, lieber Thomas. Deshalb habe ich mir auch geschworen: einmal und nie wieder! :D

    Ähnlich die Inszenierungsdebatten: es ist niocht möglich, einen Bereich für Ästhetikdebatten aufzumachen, der nicht alsbald von denjenigen gestört werden wird, denen das nich passt. Hatten wir auch schon alles.

    Das Problem ist, dass RT-Gegner ständig mit Versatzstücken aus der Ästhetik argumentieren um sich damit Autorität gegenüber den ungeliebten Regisseuren zu verschaffen, dann aber allergisch reagieren, wenn man das fachlich richtig stellt.

    ich habe dazu eine Frage:


    Was ist denn für dich das jüdische Wesen, welches Wagner anspricht? Worin äußert es sich?

    Das ist, lieber Karl, eine Frage an den Fachphilosophen. Auch hinter Wagners antisemitischem Text steht seine Feuerbach-Lektüre. Der weltoffene und liberale Ludwig Feuerbach war allerdings das krasse Gegenteil von einem Antisemiten. Wagner imitiert z.B. regelmäßig Feuerbachs Stil, den Superlativ zu benutzen (ich habe im Text das hervorgehoben), allein schon das ist ein Hinweis. Bei Feuerbach ist das "Wesen" nun ein "leiblich-sinnliches", entsprechend kann Wagner dann die Abneigung gegen das jüdische Wesen auch in einer physiologisch-leiblichen Reaktion begründen.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Hallo Holger,


    danke für die erste Antwort.


    Du sprichst von einem leiblich-sinnlichen Wesen.


    Aber worin sieht Wagner da eine konkrete Gefahr für die Musikwelt?


    Nette Grüße


    Karl

  • Lieber La Roche,

    Lieber Dr. Kaletha,


    zunächst einmal darf ich meine positive Verwunderung über Deine Anrede zum Ausdruck bringen. Ich nehme an, daß Du damit eine Möglichkeit eröffnen willst, den in der internationalen Politik sich verschärfenden kalten Krieg wenigstens zwischen uns zu beenden. Voraussetzung auf beiden Seiten ist gegenseitige Achtung auch unterschiedlicher Meinungen. Mir ist eigentlich immer sauer aufgestoßen, daß Du nicht nur mich immer so behandelt hast, als wären wir Deine Studenten. Sicher warst andererseits Du nicht begeistert darüber, daß ich etwas unfair Deine Kenntnisse in Musiktheorie und Philosophie ignoriert habe. Und sicher hat das beidseitig Reaktionen und Gegenreaktionen erzeugt, die im Prinzip unnötig sind. Ich gehöre aber nicht zu Deinen Schülern, habe daher auch nicht dieselben Grundkurse besucht und verfüge nicht über die Literatur, die Du in Deinem Schrank oder entsprechenden Bibliotheken finden kannst. Für sehr viele hier im Forum ist Musik in erster Linie Hobby bis hin zur Leidenschaft. Du hast den Vorteil zu wissen was wo geschrieben steht. Viele hier haben das nicht und vermissen es auch nicht oder haben einfach nicht die Zeit dazu, in den Weiten des www danach zu suchen.


    Zum Glück sind die Geschmäcker unterschiedlich, auch die Meinungen!! Wie schlimm und einseitg wäre es doch, wenn alle nur Mahler mögen würden und da nur Aufnahmen von Chailly mit dem Concertgebouw!!


    Ich bin unter der Voraussetzung der gegenseitigen Achtung bereit, mit jedem hier im Forum im zivilisierten Ton zu sprechen, erwarte aber auch das gleiche gegenüber anderen Personen hier bei Tamino. Ich werde daher meine Ignorierliste erst einmal löschen und hoffe auf ein friedlicheres Klima unter uns Musikfreunden. Unterschiede in den Auffassungen müssen aber sein und auch angesprochen werden, sonst wäre das Forum stinklangweilig, ja sogar sinnlos.


    Herzlichst La Roche


    PS Dein Beitrag 258 wird von mir noch gründlich gelesen werden, nur klappt das halt im Moment nicht. Er erfordert Zeit.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Das Problem ist, dass RT-Gegner ständig mit Versatzstücken aus der Ästhetik argumentieren um sich damit Autorität gegenüber den ungeliebten Regisseuren zu verschaffen,

    Lieber Dr. Kaletha,


    allerdings glaube ich nicht, daß es irgendeinen Regisseur irgendwo juckt, wenn ich seine Arbeit kritisch oder in manchen begründeten Fällen abfällig kommentiere, weil sich mir der Sinn nicht erschließt geschweige denn mir bei ihm Autorität veschaffen soll!! Du solltest manche Zeitungsauschnitte auch aus regionalen Presseerzeugnissen lesen, in denen Regiearbeiten immer häufiger sehr, sehr kritisch und auch mit der Frage nach einer Aussage einer veränderten Handlung bewertet werden! Zum Glück ändert sich das Rezeptionsverhalten und hoffentlich bald auch die Inszenierungspraxis!!!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zit. Thomas Pape: „In einem Punkt versuche ich indes, den Faden von La Roche aufzunehmen.“

    Schön, dass Du das tust, lieber Thomas Pape. Schön auch, dass Du dich in diesem Thread so stark moderierend engagierst.
    Aber dem Anliegen von La Roche wirst Du darin, so wie ich das sehe, der ich diesen Thread sehr aufmerksam lesend verfolgt habe, nicht voll gerecht.


    La Roche reklamiert – und dies mit guten Gründen – das Recht, sich in Gestalt von eigenen Beiträgen kommentierend in einem Thread äußern zu dürfen, der ein ihn interessierendes und ihn ansprechendes Thema aufweist. Er kann dies natürlich nur – wie wir alle hier – auf der Basis seiner Kenntnisse und argumentativ-diskursiven Fähigkeiten tun.


    Wenn aber nun der mit dem Thema des Threads mehr oder weniger stark berührte allgemein musikwissenschaftliche oder philosophische Komplex von einem Mitglied dieses Forums in den Vordergrund gerückt und der Diskurs dabei auf ein Niveau angehoben wird, dem andere nicht mehr folgen können, dann geraten sie zwangsläufig ins Abseits.


    Die Schuld an dieser äußerst unangenehmen und durchaus deprimierenden Erfahrung des in einem Diskurs Ausgesperrt-Seins liegt aber nicht an dem, der sich im Rahmen und auf der Grundlage seiner Fähigkeiten und Kenntnisse beteiligen möchte, - sie liegt bei dem, der das fachliche Niveau auf eine Ebene angehoben hat, das für den Anderen, der nicht über die einschlägigen Kenntnisse verfügt, unerreichbar ist.


    Schlimm daran ist die Haltung, die für gewöhnlich dahinter steht: Es ist die des Sich-selbst-Darstellens in der eigenen fachlichen und argumentativen Kompetenz, ohne Rücksicht darauf, ob die im jeweiligen Thread anwesenden und damit potentiellen Gesprächspartner dabei folgen können oder nicht.
    Und noch schlimmer wird’s, wenn der Betreffende in dieser Haltung dem Anderen Inkompetenz vorhält, weil dieser – nicht etwa vorsätzlich, sondern infolge der fachlichen Voraussetzungen, die er mitbringt – der jeweiligen Argumentation nicht folgen kann.


    In meinen Augen ist dies eine eminent egozentrisch-elitäre und damit wesenhaft undemokratische Haltung, ein Verhalten, das nicht wirklich das Gespräch mit dem Anderen sucht, sondern diesen in dem, was er an Beiträgen zu einem Thread einbringt, im Grunde nur zum Zwecke der Selbstdarstellung benutzt.

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  • Das ist einer der weisesten Kommentare, die ich in diesem Thread bisher gelesen habe. Vielen lieben Dank, lieber Helmut.


    Das wäre in etwa so, als wenn ich als Historiker in einer Diskussion über Michael Praetorius oder Heinrich Schütz sehr weit ausschweifen (um nicht zu sagen: abschweifen) und auf die Deutschen Reichstagsakten verweisen würde, die ein Nichtfachmann in aller Regel nicht kennt und die ihn vermutlich auch gar nicht interessieren (was sein gutes Recht wäre), die vor allen Dingen aber nicht das Geringste zur eigentlichen Diskussion beitragen, sondern vielmehr eine unnötige weitere Ebene eröffnen würden, die geschätzte 95 Prozent der Mitdiskutanten von vornherein de facto von der Diskussion ausschließen würde.


    P.S. Oder wenn ich in Sachen Mozart auf einmal zum Josephinismus ins Detail ginge ...

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Zitat von LaRoche: Ich gehöre aber nicht zu Deinen Schülern

    Lieber La Roche,


    ich auch nicht, aber auch Schüler behandelt man nicht, indem man in überheblicher Selbstdarstellung ihnen Dummheit oder Ignoranz vorwirft und dann, wenn sie einen nicht verstehen, einfach erklärt, sie sollten doch selbst nachschlagen, was ich mit vielen Fachbegriffen sage. Ich selbst habe pädagogische Lehrgänge mitgemacht, auch wenn ich nur Fachunterricht in meinem Beruf gegeben habe. Das schlimmste Wort, das man einem zu Unterrichtenden sagen konnte, war das Wort:"Falsch", auch wenn Aussage zu einer Arbeitsweise im Beruf tatsächlich falsch war und unter Umständen sogar zu mehr als Störungen hätte führen können. Auf diese Weise nimmt man ihnen die Motivation. Deshalb war das in meinen Unterrichtungen verpönt. Es war vielmehr Pflicht des Lehrers, ihn mit für sie verständlichen Worten zu der richtigen Überzeugung zu bringen. Es ist das Wesen eines guten Lehrers, den Schüler nicht durch Darstellung mit hochtrabenden Fachbegriffen abzuwürgen und ihm dann vielleicht noch - wie schon oben gesagt - für dumm und ignorant zu erklären, sondern ihn auf seinem Niveau sachte auf den richtigen Weg zu führen. Ich hatte viele Lehrgänge mit Teilnehmern unterschiedlichsten Niveaus und konnte sie alle zu einem guten Abschluss führen, indem ich ihre Sprache sprach. Deshalb wäre ich auch dafür, dass Leute, die diese Kunst nicht beherrschen, Ihre gesonderte Abteilung im Forum bekommen, wo sie sich mit ihresgleichen austauschen können.
    Hier aber geht es noch nicht einmal um Fakten, sondern um Meinungen, und da muss ich anerkennen, das der Partner anderer Meinung ist, auch wenn ich seine Meinung nicht teile. Einen wegen anderer Meinung für dumm oder ignorant zu erklären, geht deshalb in meinen Augen garnicht. Ich kann ihm höchstens meine Meinung entgegenhalten. Ich werde deshalb auch die Beiträge einiger Leute nicht mehr lesen, wenn sie sich weiterhin auf dem reinem Niveau der Überheblichkeit, der Arroganz und des Stänkerns bewegen.


    Lieber Helmut,


    ich möchte nicht alles noch einmal zitieren, was du im Beitrag 265 gesagt hast, ich möchte dir nur sagen, dass du damit den Nagel zielgenau auf den Kopf getroffen hast. Einer der besten Beiträge hier im Forum! Vielen Dank!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • in den Vordergrund gerückt und der Diskurs dabei auf ein Niveau angehoben wird, dem andere nicht mehr folgen können, dann geraten sie zwangsläufig ins Abseits.


    Also meine Ehrfurcht vor dem hohen Niveau hielt sich in Grenzen ... ich habe mich teilweise geschämt!

  • Sorry, aber ich verstehe es mal wieder nicht: Auf der einen Seite hebt nicht zuletzt Alfred immer wieder gerne den elitären Status der klassischen Musik und damit ja auch dieses Forums hervor, es wird auch von anderen auf die geballte Sachkompetenz verwiesen, die sich hier im Forum zu den verschiedensten Themen findet. Auf der anderen Seite gibt es dann große Probleme, wenn es mal etwas kontrroverser und ob der behandelten Materie auch etwas komplexer wird, wenn ein Gedanke nicht auf einfache Art ausgedrückt wird bzw. nicht werden kann und es erschallt der Ruf, bitteschön allgemeinverständlich zu bleiben. - Sicher ist es nur mein persönlicher Eindruck, dass es hierbei nicht mehr um die Sache, sondern letztlich gegen Personen geht.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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